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Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 09.11.2007
Aktenzeichen: 9 K 2275/06 G
Rechtsgebiete: ErbbauRG, GewStG


Vorschriften:

ErbbauRG § 12 Abs. 1 S. 2
GewStG § 8 Nr. 1
GewStG § 8 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

9 K 2275/06 G

Tenor:

Unter Änderung der Gewerbesteuermessbescheide vom 24. März 2005 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2006 werden die Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 1998 bis 2002 in der Weise festgesetzt, dass

1. die bisher berücksichtigten Entgelte für Dauerschulden um die folgenden Beträge vermindert werden:

 199872.050 DM
199971.470 DM
200071.856 DM
200171.856 DM
200236.518 EUR

2. die sich aus der Entscheidung zu 1. ergebende Minderung des Gewerbesteuer-Aufwands gegenläufig berücksichtigt wird.

Die Neuberechnung der Messbeträge wird dem Beklagten übertragen, der das Ergebnis der Klägerin unverzüglich formlos mitzuteilen und nach Rechtskraft der Entscheidung die Verwaltungsakte mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben hat.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Streitig ist, ob Erbbauzinsen einen (Dauerschuld-)Zinsanteil enthalten, wenn das Erbbaurecht an einem bereits bebauten Grundstück bestellt wird und der Erbbauberechtigte das Eigentum an den bestehenden Bauwerken erwirbt.

Am 22. Juni 1972 schloss die Stadt A-Stadt (Stadt) als Erbbauverpflichtete mit S......(S) einen Erbbaurechtsvertrag über ein Industriegrundstück (Flurstücke 351, 388, 466; insgesamt 25.060 qm). S war seit 1964 als Einzelunternehmer (Spedition und Lagerei) tätig; zuvor war das Unternehmen von einer Personengesellschaft betrieben worden, an der S beteiligt war.

Auf dem Erbbaugrundstück waren bereits Bauwerke (Lagerhallen, Kran- und Gleisanlagen) vorhanden, die kraft Gesetzes (§ 12 Abs. 1 Satz 2 der Erbbaurechtsverordnung - ErbbauVO -) Eigentum des S wurden. Der jährliche Erbbauzins sollte 200.000 DM betragen; zur Sicherung war eine Reallast einzutragen. S teilte den Gesamtbetrag in einen Bodenanteil (40.000 DM) und einen auf die Bauwerke entfallenden Anteil (160.000 DM) auf. Er passivierte den Kapitalwert der auf die Bauwerke entfallenden anteiligen Zahlungsverpflichtung und aktivierte gegenläufig die erworbenen Wirtschaftsgüter. Von diesen Bilanzansätzen nahm er in der Folgezeit AfA vor.

Nach Ablauf von jeweils zehn Jahren sollte eine Anpassung der Höhe der Erbbauzinszahlungen an den Preisindex für die Lebenshaltungskosten erfolgen (§ 19 Abs. 3 des Vertrags). Dies hätte im Jahr 1982 eine Erhöhung um knapp 50% auf 299.800 DM gerechtfertigt, die die Stadt zunächst auch verlangt hatte. Nach Einwendungen des S wurde schließlich mit Vertrag vom 12. September 1983 eine Erhöhung des Erbbauzinses auf 220.000 DM jährlich vereinbart. Die Stadt hat die Hintergründe der Erhöhungsvereinbarung im Schreiben vom 20. Mai 1999 dahingehend erläutert, dass der Bauwerksanteil (160.000 DM) habe unverändert bleiben sollen und nur der Bodenanteil entsprechend der Entwicklung der Lebenshaltungskosten (+ 50%) von 40.000 DM auf 60.000 DM habe erhöht werden sollen.

Im Jahr 1992 gründete S als Alleingesellschafter die Klägerin, eine GmbH. Er brachte sein Einzelunternehmen zu Buchwerten in die Klägerin ein, deren Gegenstand die Vermietung und Verpachtung von Anlagevermögen an zwei andere GmbH ist, die das Speditions- und Lagergeschäft betreiben.

Am 31. Mai 1994 wurde der Erbbaurechtsvertrag unter gleichzeitiger Verlängerung der Laufzeit bis ins Jahr 2044 (bisher: 2021) neu gefasst. Der Erbbauzins wurde in zwei Teilbeträge aufgeteilt und wie folgt bemessen: Ein Teilbetrag von anfänglich 4,20 DM/m² (105.252 DM) sollte nach Ablauf von jeweils zehn Jahren an die Entwicklung des Preisindex für die Lebenshaltungskosten angepasst werden. Ein zweiter Teilbetrag von 80.000 DM sollte hingegen während der Laufzeit des Erbbaurechtsvertrags unverändert bleiben (§ 19 Abs. 5 der UR-Nr. 645/1994).

Die Stadt hat die Hintergründe dieser Preisfindung im Schreiben vom 20. Mai 1999 dahingehend erläutert, dass der Bodenanteil habe erhöht und der auf die Bauwerke entfallende Anteil (als "Festbetrag" bezeichnet) habe gemindert werden sollen. Diese Minderung sei erforderlich gewesen, weil zugleich die Gesamtlaufzeit des Vertrags erheblich verlängert worden sei und ohne gleichzeitige Herabsetzung des Jahresbetrags von der Klägerin ein weitaus höherer Gesamtbetrag für die Bauwerke zu zahlen gewesen wäre als von den Vertragsparteien bei Abschluss der ursprünglichen Vereinbarung mit ihrer wesentlich kürzeren Laufzeit gewollt gewesen sei. Eine Würdigung dahingehend, die Stadt habe der Klägerin einen Teilbetrag der Zahlungen erlassen, sei unzutreffend.

Im Jahr 2004 bat die Klägerin die Stadt, den Erbbauzins wegen wirtschaftlicher Probleme einer der beiden Betriebsgesellschaften deutlich zu reduzieren. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2005 hat die Stadt der Klägerin angeboten, den Festbetrag für die Bauwerke ab dem 1. Januar 2006 auf 20.451 EUR (40.000 DM) zu halbieren. Weil die Klägerin dieses Angebot der Stadt für unzureichend hält, zahlt sie gegenwärtig noch den - höheren - vertraglichen vereinbarten Erbbauzins fort und verhandelt über eine stärkere Reduzierung.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung kam der Prüfer zu der Auffassung, bei dem auf die Bauwerke entfallenden Anteil der Zahlungen handle es sich um Kaufpreisraten. Aus diesen Raten sei ein Zinsanteil herauszurechnen, der gewerbesteuerrechtlich als Entgelt für Dauerschulden zu beurteilen und dem Gewerbeertrag zur Hälfte hinzuzurechnen sei. Der Prüfer ermittelte den Zinsanteil - rechnerisch zwischen den Beteiligten unstreitig - in folgender Höhe (Betriebsprüfungsbericht vom 27. Dezember 2004, Tz. 2.8):

 199872.050 DM
199971.470 DM
200071.856 DM
200171.856 DM (rechnerisch richtig wären insoweit 72.240 DM gewesen)
200236.518 EUR

Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) erließ am 24. März 2005 entsprechend geänderte Gewerbesteuermessbescheide; die Änderung stützte er auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Im Klageverfahren hat die Klägerin zunächst auf die - frühere - Rechtsprechung verwiesen, wonach Erbbauzinsen grundsätzlich unter die Vorschrift des § 8 Nr. 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) fielen, die gegenüber § 8 Nr. 1 GewStG spezieller sei. Die Voraussetzungen des § 8 Nr. 2 GewStG seien im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt, weil die Zahlungen nicht mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs in Zusammenhang stünden.

Der Berichterstatter hat in einem rechtlichen Hinweis die Auffassung vertreten, dass es für die Entscheidung des Streitfalls darauf ankommen könnte, ob die auf die Bauwerke entfallenden Zahlungen als Kaufpreisraten oder aber als Zeitrenten zu beurteilen seien. Für diese Abgrenzung könnte wiederum entscheidend sein, ob die Zahlungen wagnisbehaftet seien. Daraufhin hat die Klägerin geäußert, die Zahlungen seien wagnisbehaftet; das FA ist dem entgegen getreten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 1998 bis 2002 unter Änderung der Gewerbesteuermessbescheide vom 24. März 2005 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2006 in der Weise festzusetzen, dass die bisher berücksichtigten Entgelte für Dauerschulden um die Zinsanteile aus den Zahlungen für die Erbbaurechte vermindert werden und die Gewerbesteuerrückstellung gegenläufig angepasst wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Berichterstatter hat die Sache am 6. September 2007 mit den Beteiligten erörtert. Auf das Protokoll wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind im Umfang ihrer Anfechtung rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die als "Erbbauzins" bezeichneten Beträge sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb weder nach § 8 Nr. 1 GewStG noch nach anderen Vorschriften ganz oder teilweise hinzuzurechnen.

1. Die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 GewStG liegen für sich genommen zwar vor. Denn die Pflicht zur Zahlung der Erbbauzinsen hängt wirtschaftlich mit einer Erweiterung oder Verbesserung des Betriebs zusammen; im Übrigen dienen die Erbbaurechtsverträge auch der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals. Jedoch ist eine Anwendung des § 8 Nr. 1 GewStG wegen der Sperrwirkung des § 8 Nr. 2 GewStG ausgeschlossen.

a) Wird ein Erbbaurecht an einem bereits bebauten Grundstück bestellt, ist eine einheitliche, als "Erbbauzins" bezeichnete Zahlung aufzuteilen in ein Entgelt für die Übertragung des Eigentums an den Bauwerken einerseits und ein Entgelt für die Nutzung des Grund und Bodens ("Erbbauzins im engeren Sinne") andererseits (BFH-Urteil vom 19. Januar 1982 VIII R 102/89, BFHE 135, 434, BStBl. II 1982, 533, unter I.2.a).

Von diesem rechtlichen Ansatz gehen mittlerweile auch beide Beteiligte übereinstimmend aus. Übereinstimmung besteht ferner darin, dass S - bzw. später die Klägerin - durch den Erbbaurechtsvertrag bereits das rechtliche Eigentum an den vorhandenen baulichen Anlagen erhalten hat (§ 12 Abs. 1 Satz 2 ErbbauVO) und Anhaltspunkte für eine abweichende Zurechnung des sog. wirtschaftlichen Eigentums nicht gegeben sind.

Dies hat im Streitfall zur Folge, dass die für die Übertragung des Eigentums an den Bauwerken gezahlten laufenden Beträge trotz ihrer entsprechenden Bezeichnung durch die Vertragsparteien gewerbesteuerrechtlich von vornherein nicht als "Erbbauzins" anzusehen sind (vgl. zur Nichthinzurechnung "echter" Erbbauzinsen BFH-Urteil vom 7. März 2007 I R 60/06, BFHE nn, BStBl. II 2007, 654). Gewerbesteuerrechtlich handelt es sich vielmehr um eine Form der Finanzierung des Erwerbs der genannten Bauwerke.

b) Im Streitfall sind die zur Finanzierung des Erwerbs der Bauwerke vereinbarten Leistungen entgegen der Auffassung des FA nicht als Kaufpreisraten, sondern als Zeitrenten zu beurteilen.

aa) Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der der Senat sich anschließt, sind laufende Zahlungen, die gegen ein Entgelt gewährt werden und bei denen sich Leistung und Gegenleistung nach der Vorstellung der Vertragsparteien gleichwertig gegenüber stehen, grundsätzlich als ratenweise erbrachte Kaufpreisleistungen anzusehen. Eine Beurteilung als Zeitrente kommt nur in Betracht, wenn zu der zeitlich gestreckten Umschichtung zusätzliche Umstände - z.B. die Bemessung nach ins Gewicht fallenden Wagnisgesichtspunkten - hinzutreten (BFH-Urteil vom 29. Oktober 1974 VIII R 131/70, BFHE 114, 79, BStBl. II 1975, 173, unter 2.a; für den Wagnischarakter als Abgrenzungskriterium auch Kratsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 2 GewStG Rn. 11, Stand März 2007; undifferenziert für die Behandlung als Kaufpreisraten hingegen Naujok/Bujotzek, FR 2007, 882, 884).

In seiner Rechtsprechung zur Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge nennt der BFH als Beispiele für wagnisbehaftete wiederkehrende Bezüge u.a. Umsatz- und Gewinnbeteiligungsrenten, Leibrenten sowie solche Zeitrenten, die für einen ungewöhnlich langen, nicht mehr übersehbaren Zeitraum bedungen sind (BFH-Urteil vom 26. Juli 1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl. II 1984, 829, unter 1., mit weiteren Nachweisen). Bei einer auf 25 Jahre befristeten Zeitrente ist der Wagnischarakter - trotz Vorhandenseins einer Wertsicherungsklausel - im Hinblick darauf bejaht worden, dass eine derartige Laufzeit außerhalb der im Geschäftsleben üblichen Stundungszeiträume liege und nicht mehr annähernd vorhersehbar und berechenbar sei, wie sich die gesamtwirtschaftlichen Verhältnisse im Allgemeinen und die Leistungsfähigkeit der Vertragsparteien im Besonderen entwickeln würden (BFH-Urteil vom 26. Juli 1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl. II 1984, 829, unter 2.). Eine Laufzeit von lediglich zehn Jahren reicht hingegen nicht aus (BFH-Urteil vom 12. Juni 1968 IV 254/62, BFHE 92, 561, BStBl. II 1968, 653).

Diese Rechtsprechung ist - entgegen der Auffassung des FA - nicht überholt. Denn die vom FA angeführten Entscheidungen, in denen der BFH die Annahme einer "Versorgungs-Zeitrente" ablehnt (BFH-Urteile vom 24. April 1970 VI R 212/69, BFHE 99, 38, BStBl. II 1970, 541, und vom 31. August 1994 X R 44/93, BFHE 176, 19, BStBl. II 1996, 676, unter 5.), sind zum Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes) ergangen und ausdrücklich auf dieses Rechtsinstitut beschränkt. Zu der Abgrenzung zwischen Kaufpreisraten und (Zeit)-Renten auf anderen Gebieten des Ertragsteuerrechts hat der BFH in diesen Entscheidungen keine Aussage treffen wollen und auch nicht getroffen.

Der Auffassung des Senats steht auch der BFH-Beschluss vom 29. März 2007 XI B 56/06 (BFH/NV 2007, 1306) nicht entgegen. Bei dieser Entscheidung war der XI. Senat an die finanzgerichtliche Würdigung gebunden, wonach im dortigen Streitfall "Kaufpreisraten" vorlagen. Zu Aussagen über die Behandlung von - dort nicht gegebenen - Zeitrenten bestand schon deshalb kein Anlass. Zwar hat sich der XI. Senat - wohl in einem obiter dictum - kritisch dazu geäußert, ob langfristige wiederkehrende Bezüge, die der Versorgung des Veräußerers dienen sollen, noch als Zeitrente behandelt werden können (BFH-Beschluss vom 29. März 2007 XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306, unter 1.a cc). Gleichwohl hat auch der XI. Senat auf die grundlegende Entscheidung des IV. Senats (BFH-Urteil vom 26. Juli 1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl. II 1984, 829) Bezug genommen und nicht zu erkennen gegeben, dass er von den dort niedergelegten Grundsätzen abrücken will. In der zuletzt genannten Entscheidung hat der IV. Senat aber zwischen zwei Fallgruppen differenziert, die - im Fall einer Betriebsveräußerung gegen wiederkehrende Bezüge - jeweils das Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung auslösen: Zum einen die auch vom XI. Senat angesprochenen Bezüge, die der Versorgung des Veräußerers dienen sollen, zum anderen aber solche langfristigen wiederkehrenden Bezüge, die wagnisbehaftet sind. Tragend für die Entscheidung des IV. Senats war allein die Fallgruppe der wagnisbehafteten Bezüge. Auch im vorliegend zu beurteilenden Fall geht es ausschließlich darum, ob Wagnisgesichtspunkte die Einordnung als Zeitrente rechtfertigen. Hingegen befasst sich der Beschluss des XI. Senats vom 29. März 2007 XI B 56/06 (BFH/NV 2007, 1306) ausschließlich mit der Abgrenzung zwischen Bezügen, die im einen Fall der Versorgung, im anderen Fall aber nicht der Versorgung des Empfängers dienen sollen, und ist schon deshalb im Streitfall nicht einschlägig.

Der Senat sieht sich in seiner Auffassung zudem noch dadurch bestärkt, dass auch Heger (in [...]Praxisreport Steuerrecht 28/2007 Anm. 5, zum BFH-Urteil vom 7. März 2007 I R 60/06, unter D.) eine Hinzurechnung des auf die Gebäude entfallenden Erbbauzinses nur unter dem Gesichtspunkt des § 8 Nr. 2 GewStG, nicht aber nach § 8 Nr. 1 GewStG problematisiert.

bb) Nach diesen Maßstäben, die der Senat auch zum Zwecke der Abgrenzung zwischen "Renten" (§ 8 Nr. 2 GewStG) und "Schulden" (§ 8 Nr. 1 GewStG) für geeignet hält, weil das GewStG insoweit keine eigene Teleologie aufweist, haben die Parteien im Streitfall eine Zeitrente vereinbart.

(1) Die wiederkehrenden Leistungen sollten bereits nach dem ursprünglichen Vertrag für eine Dauer von 50 Jahren erbracht werden. Im Jahr 1994 ist die Laufzeit dann auf insgesamt 73 Jahre verlängert worden. Diese Zeitspanne überschreitet die vom BFH für die Annahme einer Zeitrente bereits für ausreichend erachteten 25 Jahre bei Weitem. Hinzu kommt, dass der Festbetrag im vorliegenden Fall - anders als in dem Fall, der dem BFH-Urteil vom 26. Juli 1984 IV R 137/82 (BFHE 141, 525, BStBl. II 1984, 829) zugrunde lag - nicht wertgesichert ist. In Ermangelung einer Wertsicherung folgt der Wagnischarakter der Bezüge aber bereits daraus, dass die Auswirkungen der Geldentwertung auf den realen Wert des - nominal dauerhaft unverändert bleibenden - Zahlbetrags über eine Dauer von 50 bzw. 73 Jahren nicht mehr prognostizierbar und kalkulierbar sind.

Danach kann offen bleiben, ob sich weitere Gesichtspunkte für ein vorhandenes Wagnis auch daraus ergeben könnten, dass die Stadt - sei es aus Gründen der Wirtschaftsförderung, sei es aus anderen Gründen - bereits in der Vergangenheit bereit war und möglicherweise auch zukünftig bereit sein wird, über die Höhe des Festbetrags mit der Klägerin zu verhandeln.

(2) Als ergänzendes Auslegungskriterium tritt hinzu, dass die Parteien für den Gesamtbetrag des "Erbbauzinses" die Eintragung einer Reallast vereinbart haben. Damit besteht ein Stammrecht für diese Zahlungen, auch soweit sie der Finanzierung des Erwerbs der bereits vorhandenen Bauwerke dienen. Das Bestehen eines Stammrechts stellt aber ein weiteres Indiz zugunsten der Auslegung als Rente dar (vgl. Güroff in Glanegger/Güroff, 6. Auflage 2006, § 8 Nr. 2 GewStG Rn. 2).

Zwar weist das FA zutreffend darauf hin, dass das Vorhandensein eines Stammrechts im Anwendungsbereich des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen für die steuerliche Abgrenzung zwischen Leibrente und dauernder Last nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne Bedeutung ist (BFH-Beschluss vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl. II 1992, 78, unter C.II.2.). Diese Rechtsprechung ist vom BFH jedoch bisher nicht auf den steuerrechtlichen Rentenbegriff außerhalb des Anwendungsbereichs des Sonderrechts der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen übertragen worden und nach Auffassung des Senats auch nicht übertragbar. Vielmehr ist im Rahmen des § 8 Nr. 2 GewStG kein Gesichtspunkt dafür erkennbar, dass von einem anderen als dem zivilrechtlich geprägten Rentenbegriff - der aber ein Stammrecht voraussetzt - auszugehen wäre.

Das FA wendet ferner ein, wenn jedes Stammrecht sogleich zur Verneinung der Anwendung des § 8 Nr. 1 GewStG führen würde, könnten Grundschulden nicht mehr unter diesen Tatbestand gefasst werden. Dieser Einwand geht jedoch schon deshalb ins Leere, weil das Stammrecht nur ein ergänzendes Auslegungskriterium darstellt und für die Annahme einer (Zeit-)Rente in jedem Fall die Feststellung des Wagnischarakters erforderlich ist. Bei einer gewöhnlichen Grundschuld - bzw. der ihr zugrunde liegenden Darlehensforderung - fehlt es aber an eben diesem Wagnischarakter, so dass das mögliche Vorhandensein eines Stammrechts der Anwendung des § 8 Nr. 1 GewStG nicht entgegen stehen würde.

(3) Auch der weitere Einwand des FA, eine Gebietskörperschaft könne nicht Empfängerin einer Rente sein, weil Renten stets darauf gerichtet seien, die Versorgung des Rentenempfängers zu sichern, vermag nicht zu überzeugen. Denn Renten müssen nicht zwingend Versorgungscharakter haben; vielmehr kann ihre Vereinbarung durchaus auch aus Sicht des Käufers - z.B. zur Liquiditätsschonung - erwünscht sein. Gerade Zeitrenten sind - anders als Leibrenten - zu Versorgungszwecken ohnehin nur sehr bedingt geeignet.

c) Als Zeitrenten fallen die Finanzierungsleistungen in den Regelungsbereich des § 8 Nr. 2 GewStG.

Unter § 8 Nr. 2 GewStG fallen sämtliche Renten, zu denen auch die Zeitrenten gehören (BFH-Urteil vom 22. November 1972 I R 124/70, BFHE 108, 202, BStBl. II 1973, 403, unter 1.b; Kratsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 2 GewStG Rn. 10a, Stand März 2007).

Im Verhältnis zu § 8 Nr. 1 GewStG stellt § 8 Nr. 2 GewStG die speziellere Norm dar, die in ihrem Regelungsbereich die Anwendung der letztgenannten Vorschrift ausschließt (BFH-Urteile vom 4. Dezember 1962 I 71/60 S, BFHE 76, 259, BStBl. III 1963, 93, und vom 22. November 1972 I R 124/70, BFHE 108, 202, BStBl. II 1973, 403, unter 1.b; Hofmeister in Blümich, § 8 GewStG Rn. 114, Stand August 2006; Kratsch in Lenski/Steinberg, § 8 Nr. 2 GewStG Rn. 8, Stand März 2007; Meyer, BB 1985, 52).

Der Gegenauffassung (Urteil des FG Köln vom 20. Oktober 1983 V 354/81, EFG 1984, 362, rkr.; Güroff in Glanegger/Güroff, § 8 Nr. 2 GewStG Rn. 1), die von ihren Vertretern nicht näher begründet wird, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Spezialität des § 8 Nr. 2 GewStG folgt vielmehr schon daraus, dass zum einen die Rechtsfolge dieser Norm eine andere ist (nach § 8 Nr. 2 GewStG Hinzurechnung in voller Höhe, nach § 8 Nr. 1 GewStG hingegen nur zu 50%), und zum anderen die Voraussetzungen deutlich enger sind als diejenigen nach § 8 Nr. 1 GewStG.

An diesem Ergebnis ändert sich auch dadurch nichts, dass im konkreten Fall eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 2 GewStG deshalb nicht erfolgen darf, weil die weiteren Voraussetzungen dieser Norm - mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs der Rentenleistungen mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebs - nicht erfüllt sind. Denn die Sperrwirkung einer spezielleren Norm, deren Regelungsbereich eröffnet ist, entfällt nicht dadurch, dass weitere Voraussetzungen dieser Norm nicht erfüllt sind (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 2004 X R 18/03, BFHE 206, 68, BStBl. II 2004, 1047, unter II.2.a aa, mit weiteren Nachweisen auf die rechtsmethodologische Literatur). Ansonsten würden - wie gerade der vorliegende Fall zeigt - die besonderen tatbestandlichen Einschränkungen des § 8 Nr. 2 GewStG unterlaufen.

2. Die Anwendung weiterer Hinzurechnungstatbestände kommt nicht in Betracht. Insbesondere ist § 8 Nr. 7 GewStG nicht einschlägig, weil die Bauwerke, die mit den laufenden Zahlungen finanziert werden, nicht im Eigentum eines anderen stehen.

3. Die Entscheidung des Senats führt zu einer Minderung des Gewerbesteueraufwands der Klägerin und damit zu einer Erhöhung des Gewinns aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG). Dies ist bei der Berechnung der neuen Gewerbesteuer-Messbeträge gegenläufig zu berücksichtigen. Die Berechnung der Messbeträge wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).

4. Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beruht auf § 90 Abs. 2 FGO, die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 709 der Zivilprozessordnung.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen. Zu der hier maßgebenden Rechtsfrage liegt noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Auch der BFH hat es in seinem Urteil vom 7. März 2007 I R 60/06 (BStBl. II 2007, 654, unter II.2.b bb) ausdrücklich als "offen" bezeichnet, ob der auf die Bauwerke entfallende Erbbauzins nach § 8 Nr. 2 GewStG hinzugerechnet werden kann.



Ende der Entscheidung

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