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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Münster
Urteil verkündet am 21.09.2007
Aktenzeichen: 9 K 4007/06 K
Rechtsgebiete: KStG 1977/1999, AktG, EStG


Vorschriften:

KStG 1977/1999 § 14 Abs. 1 S. 1
KStG 1977/1999 § 16
AktG § 304 Abs. 1 S. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster

9 K 4007/06 K

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Streitig ist, ob der angefochtene geänderte Körperschaftsteuer(KSt)-Bescheid 1994 rechtswidrig ist,

weil keine Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG 1977/1999), sondern eine Kaufpreisminderung vereinbart wurde oder

weil im Falle der Annahme von Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 1977/1999 diese nicht im Streitjahr 1994, sondern erst im Folgejahr zu versteuern wären oder

weil die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine erneute Änderung gem. § 174 der Abgabenordnung (AO) nicht vorlagen.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin (Klin.), die bis zum Jahre 2002 in der Rechtsform einer AG tätig war und als Stadtwerke X-Stadt AG firmierte, ist die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme. Gesellschafter der Klin. waren zu Beginn des Jahres 1994 die X-Stadter Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH (XVG-GmbH) zu ca. 76 % und zu ca. 24 % die Stadt X-Stadt, die wiederum 100%ige Gesellschafterin der XVG-GmbH war. Die XVG-GmbH hielt im Jahr 1994 außerdem zwischen ca. 31 % und 41 % der Anteile an der Y....... AG (Y...... AG).

Zwischen der XVG-GmbH und der Klin. bestand seit dem 18. Juli 1962 mit Wirkung zum 1. Juli 1962 ein "Organvertrag mit Ergebnisabführungsvereinbarung" (GAV 1962). Der GAV 1962 beinhaltete keine Regelungen zu Ausgleichszahlungen an außenstehende Gesellschafter.

Am 29. Juni 1994 schlossen die Klin., die XVG-GmbH und die Y...... AG einen notariell beurkundeten "Rahmenvertrag", der die Neuordnung der Stromversorgung im Stadtgebiet X-Stadt betraf. Gemäß § 1 des Rahmenvertrages verkaufte und übereignete die XVG-GmbH 16.320 Aktien ihrer Beteiligung an der Klin. (d.h. 24 % des Grundkapitals der Klin.) an die Y...... AG. Weiter wird in § 1 des Rahmenvertrages auszugsweise ausgeführt:

"4. Der Kaufpreis beträgt 105.000.000,-- DM. ... Er ist am 1. Juli 1994 in voller Höhe fällig und zahlbar. ...

7. XVG hat Y...... die Satzung der Stadtwerke ..., den Organvertrag mit Ergebnisabführungsvereinbarung zwischen XVG und Stadtwerke in der Fassung vom 18.07.1962 ... übergeben ...

10. Für die Teilnahme der verkauften Aktien am Gewinn des Geschäftsjahres 1994 gilt der Ausgleich gemäß § 2 Abs. 9."

§ 2 des Rahmenvertrages regelte unter der Überschrift "Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag" insbesondere:

"1. Zwischen Stadtwerke und XVG besteht zur Zeit ein Organvertrag mit Ergebnisabführungsvereinbarung. Der Vertrag sieht keine Ausgleichszahlungen gemäß § 304 Aktiengesetz vor. Als Folge des Verkaufs der Aktien gemäß § 1 endet der bestehende Organvertrag gemäß § 307 Aktiengesetz zum 31.12.1994.

2. Die Parteien sind darüber einig, daß mit Wirkung vom 1. Januar 1995 ein neuer Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen werden soll, ... Der Wortlaut des abzuschließenden Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages ist dem vorliegenden Vertrag als Anlage 2 beigefügt.

3. Der Vertrag sieht den folgenden Ausgleich an außenstehende Aktionäre durch die Stadtwerke vor:

a) XVG garantiert den außenstehenden Aktionären der Stadtwerke als angemessenen Ausgleich für jedes volle Geschäftsjahr der Stadtwerke und für jede Aktie der Stadtwerke im Nennbetrag von 1.000 DM eine feste Ausgleichszahlung in Höhe von 165,-- DM. Sollte der Bilanzgewinn der Stadtwerke gemäß § 158 Abs. 1 Aktiengesetz, der sich ergeben würde, wenn ein Ergebnisabführungsvertrag mit der XVG nicht bestehen würde, den Betrag von 165,-- DM je Aktie übersteigen, so verpflichtet sich XVG, daß dieser Unterschiedsbetrag als variabler Ausgleich zusätzlich an die außenstehenden Aktionäre gezahlt wird. Die Ausgleichszahlung ist am Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung der Stadtwerke für das abgelaufene Geschäftsjahr fällig.

b) Die feste Ausgleichszahlung von 165,-- DM je Aktie entspricht der Bardividende (also der ausgezahlten Dividende vor Abzug der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlags) im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes. ...

4. a) Im Vorgriff auf die Zahlung gemäß § 3 a) erhalten die außenstehenden Aktionäre am ersten Werktag nach Ablauf des Geschäftsjahres der Stadtwerke einen Betrag in Höhe der festen Ausgleichszahlung abzüglich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag.

b) Die Ausgleichszahlung nach Absatz 3 a) erfolgt erstmalig für das Geschäftsjahr 1995. ...

6. Der Vertrag sieht weiter eine Verpflichtung der XVG vor, die Aktien der außenstehenden Aktionäre zum Preis von 6.434,-- DM pro Aktie innerhalb der gemäß § 305 Abs. 4 Aktiengesetz bestimmten Mindestfrist zu erwerben. Y...... verpflichtet sich, ihre Rechte aus dieser Verpflichtung nicht auszuüben. ...

8. Y...... anerkennt, daß bei der Bewertung der Aktien gemäß § 1 ... das Bestehen und der Fortbestand eines Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrages wie hier vorgesehen unterstellt ist. ...

9. Als Ausgleich dafür, daß der gesamte Gewinn des Jahres 1994 aufgrund des bestehenden Organvertrages mit Ergebnisabführungsvereinbarung an XVG abgeführt wird und Y...... daran nicht beteiligt ist, ist XVG verpflichtet, an Y...... einen Betrag in Höhe von 50 % des Betrages zu leisten, der für das Jahr 1994 bei Y...... Ertrag wäre (Bardividende zuzüglich Körperschaftsteuergutschrift), wenn für 1994 der künftige Ergebnisabführungsvertrag bereits bestünde und Y...... für das ganze Jahr 1994 Inhaberin der gemäß § 1 verkauften Aktien wäre. Hinsichtlich der Ermittlung und der Fälligkeit des Ausgleiches gelten die Regelungen gemäß § 3 a) und b) entsprechend."

Nach § 8 des Rahmenvertrages stand unter näher bestimmten Umständen der XVG-GmbH das Optionsrecht zu, von der Y...... AG sämtliche Aktien der Klin. zurückzuerwerben. Falls das das Optionsrecht auslösende Ereignis vor dem 1. Januar 1997 eintrat, sollte der an die Y...... AG zu entrichtende Kaufpreis 6.434 DM je Aktie betragen.

Aufgrund § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages wurden von der XVG-GmbH an die Y....... AG folgende Zahlungen geleistet:

2. Januar 1995 Verrechnungsscheck der XVG-GmbH

 "Verwendungszweck Ausgleichszahlung"984.555,00 DM
16. Februar1995 938.873,57 DM
21. Juni 1995402.193,43 DM
8. September 199532.775,00 DM
insgesamt2.358.397,00 DM

Das Anschreiben der Klin. an die Y...... AG vom 2. Januar 1995 lautete dazu auszugsweise: "Garantierte Ausgleichszahlung für 1994 ... gemäß der ... unter dem 29. Juni 94 geschlossenen Rahmenverträge erhalten Sie als Aktionär am ersten Werktag eines jeden Geschäftsjahres die vereinbarte feste Ausgleichszahlung. Für 1994 beträgt diese Ausgleichszahlung 1.346.400,-- DM abzüglich 25 % KapESt (336.600,00 DM) und 7,5 % SolZ (25.245,-- DM). Danach sind Ihnen 984.555,-- DM auszuzahlen. Über diesen Betrag liegt diesem Schreiben ein Verrechnungsscheck bei. Gleichzeitig liegt diesem Schreiben als weitere Anlage die entsprechende Steuerbescheinigung bei. ..." Beigefügt war ein Scheck über den vorgenannten Betrag (ausgestellt von der XVG-GmbH und mit dem angegebenen Verwendungszweck "Ausgleichszahlung") und eine von der Klin. zugunsten der Y...... AG ausgestellte Steuerbescheinigung, wonach "am 2. Januar 1995 für die Zeit vom 01.07.1994 bis 31.12.1994 folgende Ausgleichszahlung gezahlt ..." wurde.

Für Vorauszahlungszwecke hatte die Klin. bereits zuvor dem Beklagten (dem Finanzamt - FA -) mit Schreiben vom 24. November 1994 mitgeteilt: "... für das Geschäftsjahr 1994 wird die Stadtwerke X-Stadt AG an ihren Minderheitsgesellschafter Y...... AG keine Ausgleichszahlungen vornehmen. Aufgrund des Gewinnabführungsvertrages wird der Jahresgewinn 1994 in voller Höhe an die X-Stadter Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (XVG) abgeführt. ..."

Am selben Tage erklärte die XVG-GmbH gegenüber dem FA: "... Aufgrund des Planergebnisses der Stadtwerke X-Stadt AG wird die XVG an den Minderheitsaktionär der Stadtwerke, an die Y...... AG, eine Ausgleichszahlung (Bardividende) leisten von voraussichtlich 1.501.000 DM. Die darauf anfallende Körperschaftsteuer beträgt ca. 685.000 DM, der anfallende Solidaritätszuschlag ca. 52.000 DM. ... Für das Geschäftsjahr 1995 und folgende wird die Stadtwerke X-Stadt AG selbst die Ausgleichszahlung an die Y...... AG vornehmen." In den beigefügten Anlagen wird das "Einkommen aus Ausgleichszahlung" mit 2.238 TDM bzw. die Korrektur des Jahresüberschusses wegen "Ausgleichszahlung Y......" mit 1.501 TDM beziffert.

Nach Erstellung eines aktienrechtlichen Gutachtens vom 6. Februar 1995 durch die Z..... AG sah die Klin. die Zahlungen aufgrund des § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages als Kaufpreisminderung an. In diesem Gutachten vertrat die Z..... AG die Auffassung, die Y...... AG habe für das Jahr 1994 keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen im Sinne des § 304 AktG bzw. § 16 des KStG erwerben können, weil der GAV 1962 noch im Jahr 1994 gegolten (vgl. § 307 AktG) und keine Ausgleichszahlungen vorgesehen habe. Die in § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages vereinbarte "Ausgleichszahlung" habe daher eine andere rechtliche und steuerliche Qualität als eine Ausgleichszahlung i.S. des § 304 AktG bzw. § 16 KStG. Dies werde auch durch den Wortlaut von § 2 Abs. 9 bestätigt, wonach bei der Ermittlung des Ausgleichsbetrages die "Fiktion" zugrunde gelegt werden sollte, dass der künftige Ergebnisabführungsvertrag bereits für 1994 bestünde und die Y...... AG das ganze Jahr 1994 außenstehende Aktionärin gewesen sei. Den Parteien sei also offensichtlich bewusst gewesen, dass Y...... hinsichtlich der gemäß § 2 Abs. 9 zu leistenden Zahlungen nicht am körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren teilnehmen würde. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH seien die Anschaffungskosten des Erwerbers beim Erwerb eines GmbH-Anteils vor dem Gewinnverwendungsbeschluss nicht auf das Stammrecht und ein daneben bestehendes Gewinnbezugsrecht aufzuteilen (BFH, BStBl II 1986, 794 und 815). Die in § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages vereinbarte Zahlungsverpflichtung der XVG-GmbH sei deshalb als "Kaufpreisminderung" zu werten.

Auf dieses Gutachten verwies die XVG-GmbH in ihrem Schreiben vom 15. Februar 1995 an die Y...... AG und führte weiter aus: "Die Vorstände unserer Gesellschaften sind zu der Erkenntnis gekommen, daß die Ergebnisse aus diesem Gutachten realisiert werden sollen. Dies bedeutet, daß die o.g. Ausgleichszahlung als Kaufpreisminderung zu werten ist. Die von uns ausgestellte Steuerbescheinigung haben wir bereits zurückerhalten, so daß Sie unsererseits die einbehaltene Kapitalertragsteuer, die anrechenbare Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag zusätzlich nachträglich erhalten müssen. Wir haben deshalb über den Betrag in Höhe von 938.873,57 DM einen Verrechnungsscheck ausgestellt und diesem Schreiben beigelegt. Wir bitten Sie, dieses Schreiben als Vertragsänderung zu betrachten und den bekannten Rahmenverträgen beizulegen."

Im Schreiben vom 7. September 1995 "zur Ermittlung der endgültigen Ausgleichszahlung bzw. Kaufpreisminderung für 1994" wird der der Y...... AG zustehende Betrag mit 2.358.396 DM und die noch ausstehende Restsumme mit 32.775,-- DM berechnet. In der Anlage "Ermittlung der Ausgleichszahlungen Y...... AG 1994" wird die "Bemessungsgrundlage Ausgleichszahlungen" aus dem Jahresüberschuss und verschiedenen Korrekturposten (insbesondere Ertragsteuern) mit 19.653.299 DM abgeleitet und die Ausgleichszahlung mit 24 % (entsprechend der Beteiligungsquote) für 1/2 Jahr berechnet.

Die XVG-GmbH passivierte in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1994 Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, i.H.v. 2.325.622 DM mit der Erläuterung: "Es handelt sich um eine Kaufpreisrückerstattung im Rahmen der Veräußerung der Anteile an der Stadtwerke X-Stadt AG an die Y...... AG."

Das FA setzte die KSt 1994 gegenüber der Klin. zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß mit 0 DM fest, ausgehend von einem Einkommen i.S. des § 47 Abs. 2 KStG a.F. i. H. v. 0 DM (Steuerbescheide vom 1. März 1996 und vom 19. November 1998). Im Anschluss an eine Betriebsprüfung (Betriebsprüfungsbericht vom 6. November 2001, insbesondere Tz. 35) beurteilte das FA die im Jahr 1995 getätigten Zahlungen nach § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages als Ausgleichszahlung im Sinne des § 16 KStG 1977/1999 und setzte in dem gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten KSt-Bescheid 1994 vom 27. Mai 2002 ausgehend von einem Einkommen i.S. des § 47 Abs. 2 KStG a.F. i.H.v. 3.369.081 DM (bare Ausschüttung durch Organträger i.H.v. 2.358.358 DM zzgl. KSt-Belastung aus Ausschüttung i.H.v. 1.010.724 DM) die KSt 1994 mit 1.010.723 DM fest (Tarifbelastung 1.516.086 DM, KSt-Minderung 505.363 DM).

Die Klin. legte hiergegen Einspruch ein. Zur Begründung machte sie geltend, es liege keine Ausgleichszahlung i.S. des § 16 KStG vor. Außerdem sei auch die Höhe des vom FA angesetzten Betrages unzutreffend. Falls das FA eine Ausgleichszahlung von netto 2.358.396 DM berücksichtige, würde die Y...... AG inklusive der Steuergutschrift 3.369.137 DM vereinnahmen und damit 1.010.741 DM mehr als dieser vertraglich zustünden. Dieser Mehrbetrag würde einseitig zu Lasten der XVG-GmbH gehen. Wenn das FA von einer Ausgleichszahlung i.S. des § 16 KStG ausgehe, müsse diese rechnerisch anders ermittelt werden, nämlich wie in den Folgejahren 1995 bis 2000. In diesem Fall ergebe sich eine rechnerische Ausgleichszahlung i.H.v. 1.581.932 DM. Während des Einspruchsverfahrens stellte die Klin. der Y...... AG (unter der neuen Firmenbezeichnung Mark-E Aktiengesellschaft) eine Steuerbescheinigung über Leistungen, die zur Anrechnung von KSt berechtigen, i.H.v. 2.358.354 DM, anrechenbarer KSt i.H.v. 1.010.723 DM und Einnahmen aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 EStG i.H.v. 3.369.077 DM aus. Auf Nachfrage des FA teilte die Klin. dazu mit, die pflichtgemäße Ausstellung der Bescheinigung stelle keinerlei Anerkennung der Rechtsauffassung des FA dar. Bei Erfolg in der Hauptsache werde sie, die Klin., selbstverständlich die dann unrichtige Bescheinigung von der Mark-E AG zurückfordern.

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2003).

Die Klin. erhob hiergegen Klage (Az. 9 K 4127/03) und trug zur Begründung vor, dass es sich bei den streitbefangenen Zahlungen nicht um solche im Sinne des § 16 KStG 1977/1999 handele und - hilfsweise - dass im Falle der Annahme einer Ausgleichszahlung diese jedenfalls nicht im Jahr 1994, sondern erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung(en) im Jahr 1995 zu erfassen sei. Das FA vertrat zwar weiterhin die Auffassung, es handele sich um eine Ausgleichszahlung im Sinne des § 16 KStG, schloss sich jedoch hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung der Auffassung der Klin. an und ging nunmehr ebenfalls davon aus, dass Ausgleichszahlungen im Sinne des § 16 KStG von der Organgesellschaft (hier der Klin.) erst im Jahr des Abflusses der Ausgleichszahlungen (hier unstreitig im Jahr 1995) zu versteuern seien (vgl. Schriftsätze des FA vom 30. Juli 2004 und vom 7. Oktober 2004 im Klageverfahren 9 K 4127/03). Mit Datum vom 8. November 2004 erließ das FA einen gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten KSt-Bescheid 1994, in dem es das Einkommen i.S. des § 47 Abs. 2 KStG a.F. und die KSt 1994 mit 0 DM feststellte bzw. festsetzte und dazu erläuterte: "Dieser Bescheid enthält die dem Finanzgericht mit Schreiben vom 7.10.2004 bereits angekündigte Änderung." Die Beteiligten erklärten daraufhin das Klageverfahren 9 K 4127/03 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt.

Für den Veranlagungszeitraum 1995 hatte das FA zunächst im Anschluss an die Betriebsprüfung einen gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten KSt-Bescheid 1995 vom 27. Mai 2002 erlassen, den Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben und das Einkommen gem. § 47 Abs. 2 KStG a.F. mit 4.851.211 DM festgestellt sowie die KSt 1995 mit 1.455.362 DM festgesetzt (Tarifbelastung 2.183.044 DM, KSt-Minderung 727.682 DM). Zeitgleich mit dem vorgenannten Abhilfebescheid für das Streitjahr 1994 erließ das FA mit Datum vom 8. November 2004 einen gem. § 174 AO geänderten KSt-Bescheid 1995, in dem es ausgehend von einem Einkommen i.S. des § 47 Abs. 2 KStG a.F. i.H.v. 7.209.568 DM die KSt 1995 mit 2.162.869 DM festsetzte (Tarifbelastung 3.244.305 DM, KSt-Minderung 1.081.436 DM). Dagegen legte die Klin. mit der Begründung Einspruch ein, bei den gemäß § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages geleisteten Zahlungen handele es sich nicht um Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG. Im Übrigen seien die aufgrund des GAV 1995 geleisteten Ausgleichszahlung für 1995 in Höhe von 3.395.800 DM erst im Jahr 1996 abgeflossen und bislang zu Unrecht bereits im Jahr 1995 versteuert worden. Falls die Zahlungen gemäß § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages als Ausgleichszahlungen zu beurteilen wären, müsse zumindest in gleicher Höhe eine Fehlersaldierung nach § 177 Abs. 1 AO mit den zu Unrecht bereits im Jahr 1995 erfassten Ausgleichszahlungen für 1995 nach dem GAV 1995 erfolgen. Mit Scheiben vom 14. Juni 2006 teilte das FA der Klin. mit, dass es weiterhin die Zahlungen gemäß § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages als Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG beurteile, jedoch nunmehr (wieder) davon ausgehe, dass diese bereits im Jahr 1994 zu erfassen seien. Dementsprechend werde für das Jahr 1995 ein Abhilfebescheid und für das Jahr 1994 ein erneuter Änderungsbescheid erlassen. Wie angekündigt erließ das FA mit Datum vom 4. Juli 2006 einen gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten KSt-Bescheid 1995, in dem es die KSt 1995 wieder mit 1.455.362 DM festsetzte und den eingelegten Einspruch als erledigt ansah.

Ebenfalls mit Datum vom 4. Juli 2006 erging der gleichermaßen angekündigte erneut geänderte KSt-Bescheid 1994, in dem die KSt 1994 wieder mit 1.010.723 DM festgesetzt wurde. Das FA stützte diesen Änderungsbescheid auf § 174 AO und führte zur Erläuterung aus: "Die Änderungsgründe wurden Ihnen bereits mit Schreiben vom 14.06.2006 mitgeteilt." Die Klin. legte hiergegen Einspruch ein und machte zur Begründung wie bisher geltend, Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG lägen weder dem Grunde nach vor, noch komme eine zeitliche Zuordung zum Jahr 1994 in Betracht. Darüber hinaus vertrat die Klin. die Auffassung, die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine erneute Änderung des KSt-Bescheides 1994 seien nicht gegeben. § 174 Abs. 4 AO solle nur die Änderung einer anderen Steuerfestsetzung, nicht dagegen die nochmalige Änderung der gleichen Festsetzung ermöglichen.

Das FA wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 24. August 2006 als unbegründet zurück.

Die Zahlungen nach § 1 Abs. 10 i.V.m. § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages stellten Ausgleichszahlungen im Sinne des § 16 KStG dar. Nach dem Wortlaut der vorgenannten Regelungen im Rahmenvertrag und dem Schreiben der XVG-GmbH vom 24. November 1994 müsse davon ausgegangen werden, dass ursprünglich tatsächlich eine Ausgleichzahlung und keine Kaufpreisminderung gewollt gewesen sei. Erst nach Würdigung des Vertrages durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft seien die Abrechnungsmodalitäten als Kaufpreisminderung angesehen worden. Dagegen spreche jedoch, dass die Vertragsparteien in Kenntnis der GAV 1962 und 1995 den Kaufpreis festgelegt hätten und die Festpreisvereinbarung von 6.424 DM je Aktie bis zum 1. Januar 1997 gegolten habe. Wenn im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Kaufpreisminderung wegen des GAV 1962 gewollt gewesen wäre, hätte diese - etwa in Höhe von 50 % des Mindestgewinnanteils von 165 DM je Aktie - bereits bei Vertragserfüllung in Abzug gebracht werden können. Für die Besteuerung sei an die tatsächlich gewollte und getroffene Vereinbarung anzuknüpfen; für eine Umdeutung in eine andere steuerlich günstigere Gestaltung bestehe rechtlich keine Handhabe. Zwar möge der Y...... AG nach den Schutzvorschriften des Aktienrechts kein gesetzlicher Ausgleichsanspruch zugestanden haben. Die zwischen allen Beteiligten (der Klin., der XVG-GmbH und der Y...... AG) freiwillig vereinbarte "Gewinnbeteiligung" könne steuerlich nicht anders beurteilt werden als gesetzlich vorgeschriebene oder richterlich festgesetzte Zahlungen, denn letztlich handele es sich in beiden Fällen um eine Beteiligung am Gewinn der Klin. Die Behandlung des Vorgangs als Ausgleichszahlung entspreche deshalb dem Sinn und Zweck des § 16 KStG.

Die Ausgleichszahlung nach § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages müsse bereits im Streitjahr 1994 der Besteuerung unterworfen werden. Für die Frage der Zurechnung einer Ausgleichszahlung nach § 16 KStG sei es dabei unerheblich, wer die Zahlung geleistet habe. In der Literatur vertrete lediglich Herrmann/Heuer/Raupach in Anm. 37 zu § 16 KStG die Meinung, dass die Organgesellschaft die Ausgleichszahlung aufgrund der gesetzlichen Formulierung in § 16 KStG erst in dem Veranlagungszeitraum zu versteuern habe, in dem die Ausgleichszahlung geleistet werde. Die Fachliteratur bezeichne die Ausgleichszahlung oft als Garantiedividende. Gleichwohl handele es sich nicht um eine Ausschüttung, sondern um eine Verpflichtung aus einem zivilrechtlichen Vertrag heraus. Gemäß § 7 KStG und § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 9 EStG sei die als Aufwand erfasste, also auch die passivierte, noch nicht abgeflossene Ausgleichszahlung als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe zur Ermittlung des Einkommens in dem Veranlagungszeitraum hinzuzurechnen, in dem sie als Aufwand berücksichtigt worden sei. Damit werde der gesetzlichen Intention Rechnung getragen, die Betriebsausgabe "Ausgleichszahlung" einer Ausschüttung, die den Gewinn ebenfalls nicht mindern dürfe, gleichzustellen. Sofern § 16 KStG auf eine geleistete Ausgleichszahlung abstelle, so solle damit lediglich sichergestellt werden, dass die Organgesellschaft diesen Betrag statt als an den Organträger abgeführten Gewinn nur dann als einen Teil des eigenen Einkommens zuzüglich der darauf entfallenden Ausschüttungsbelastung selbst zu versteuern habe, wenn die Ausgleichszahlung auch tatsächlich abfließe. Entgegen der Auffassung der Klin. lasse sich aus dem von ihr zitierten BMF-Schreiben vom 22. November 2001 nichts hinsichtlich des Zeitraums der Versteuerung ableiten. Dieses beziehe sich allein auf den Übergang vom alten zum neuen Körperschaftsteuerrecht. Die offizielle Meinung der Verwaltung ergebe sich auch aus den amtlichen Erklärungsvordrucken. Bis zum VZ 2003 hätten die Angaben zu Kz 17.16 gelautet: " ... vom OT an außenstehende Anteilseigner der OG zu leistende Ausgleichszahlungen" und zu Kz. 17.34 "an ihre außenstehenden Anteilseigner zu leistenden Ausgleichszahlungen". In den Vordrucken ab VZ 2004 sei der Text nur aus redaktionellen Gründen kürzer gefasst worden.

Der KSt-Bescheid 1994 vom 8. November 2004 habe auch erneut gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 S. 1 AO geändert werden können, um die Ausgleichszahlung für 1994 zu berücksichtigen. Die Tatsache, dass die Ausgleichszahlung nach nunmehr besserer Rechtserkenntnis bereits einmal zu Recht im Veranlagungszeitraum 1994 erfasst gewesen sei, hindere eine erneute Anwendung dieser Vorschrift nicht. Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage einer nochmaligen Änderungen im Fall einer - hier vorliegenden - klaren "Periodenkollision" liege noch nicht vor. Nach dem Grundgedanken des § 174 Abs. 4 AO müsse sich ein Steuerpflichtiger, der die Änderung eines Steuerbescheides zu seinen Gunsten erwirkt habe, an seinem Rechtsstandpunkt auch insoweit festhalten lassen, als dieser zu für ihn nachteiligen Konsequenzen führe. Als der jetzt aufgehobene KSt-Bescheid 1995 am 8. November 2004 erlassen worden sei, sei für diesen bereits die Festsetzungsverjährung eingetreten gewesen. Im Streitfall lägen aber auch die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 S. 1 AO vor. Dieser Beurteilung stehe der BFH-Beschluss vom 3. September 1997 IV B 166/96 nicht entgegen, da im vorliegenden Streitfall nur eine streng alternative Behandlung entweder in dem einen oder in dem anderen Veranlagungszeitraum zulässig sei. Die "Ausgleichszahlung 1994" stelle einen bestimmten Sachverhalt dar, der in dem während des ersten Klageverfahrens geänderten KSt-Bescheid 1994 in vollem Umfang nicht mehr berücksichtigt worden sei.

Die Klin. hat hiergegen Klage erhoben und trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor:

Der erneuten Änderung des KSt-Bescheides 1994 stünden dessen Bestandskraft und der Ablauf der Festsetzungsverjährung entgegen. Das FA habe zwar nach der Aufhebung des anlässlich der Betriebsprüfung ergangenen KSt-Bescheides 1994 den Bescheid für 1995 ändern können. § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 AO ermögliche hingegen nicht die nochmalige Änderung des bereits gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 AO geänderten Bescheides für 1994. Eine andere Betrachtung würde es dem FA ermöglichen, eine endlose Folge von Änderungsbescheiden gem. § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 AO zu erlassen. Dies widerspräche jedoch dem Rechtsstaatsgebot, wonach es der Verwaltung grundsätzlich verwehrt sei, ihre eigenen Entscheidungen ständig aufzuheben oder abzuändern. Entgegen der Auffassung des FA lägen auch die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 S. 1 AO im Streitfall nicht vor. Der Sachverhalt sei allen Beteiligten bekannt gewesen und deshalb nicht unberücksichtigt geblieben. Eine unzutreffende rechtliche Würdigung der Zuflussproblematik (bei Unterstellung einer Ausgleichszahlung i.S. des § 16 KStG) berechtige nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zu einer Korrektur (BFH, BFH/NV 1989, 482; FG Nürnberg, EFG 1990, 555).

Der angegriffene Bescheid verstoße darüber hinaus gegen das Verbot der Verböserung. Die Abhilfe im Einspruchsverfahren betreffend den KSt-Bescheid 1995 habe sich auf die dort zuvor erfasste streitige Ausgleichszahlung für 1994 in Höhe eines Betrages von 2.358.357 DM bezogen. Hingegen habe das FA in dem erneut geänderten KSt-Bescheid 1994 nunmehr für diese streitige Ausgleichszahlungen einen Betrag von 3.369.081 DM berücksichtigt.

Entgegen der Ansicht des FA handele es sich bei den Zahlungen gem. § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages nicht um Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG a.F.

Der Begriff der "Ausgleichszahlung" sei im Steuerrecht nicht definiert. Eine gesetzliche Bestimmung finde sich jedoch in § 304 des AktG. Bei den vorliegend strittigen Zahlungen handele es sich nicht um Ausgleichszahlungen i.S. des § 304 AktG, weil die Zahlungen ihren Rechtsgrund weder in dem GAV 1962 noch in dem GAV 1995 hätten. Der GAV 1995 sei erst zum 1. Januar 1995 wirksam geworden. Der GAV 1962 habe keine Regelungen zu Ausgleichszahlungen enthalten und sei auch nicht durch die Vereinbarungen im Rahmenvertrag geändert worden. Nach § 295 Abs. 1 AktG sei zur Änderung eines Unternehmensvertrages i.S. der §§ 291 f. AktG (u.a. Gewinnabführungsvertrag) insbesondere die Zustimmung der Hauptversammlung (§ 293 AktG) und die (konstitutive) Handelsregistereintragung (§ 294 AktG) erforderlich. Beides sei nicht erfolgt.

Nach der Rechtsprechung könnten zwar unter Umständen Ausgleichszahlungen auch dann unter § 16 KStG subsumiert werden, wenn sie ihre Rechtsgrundlage nicht in einem Ergebnisabführungsvertrag selbst hätten, sondern wenn es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung um Zahlungen an Minderheitsgesellschafter auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage als Ausgleich für die Gewinnabführung an den Organträger handele (BFH, BStBl III 1957, 139; BFH, BStBl II 1973, 791). Auch im Schrifttum gebe es Äußerungen, wonach unter den Begriff der Ausgleichszahlungen alle Zahlungen fallen sollten, die an Minderheitsgesellschafter zum Ausgleich für den Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrages gezahlt würden. Dabei bleibe allerdings offen, unter welchen Voraussetzungen außerhalb des § 304 AktG von Ausgleichszahlungen ausgegangen werden könne. Im Streitfall könne dies dahingestellt bleiben. Denn bei der Klin. habe es sich im Streitjahr um eine Aktiengesellschaft gehandelt und bei einer solchen könne nur dann von Ausgleichszahlungen ausgegangen werden, wenn die Voraussetzungen des § 304 AktG erfüllt würden; der neu hinzutretende Gesellschafter werde durch die Beendigung des Gewinnabführungsvertrages gem. § 307 AktG hinreichend geschützt. Außerdem wäre es widersprüchlich, an einen Ergebnisabführungsvertrag für steuerliche Zwecke strenge formale Voraussetzungen zu stellen, hingegen von Ausgleichszahlungen, die ein immanenter Bestandteil jedes Ergebnisabführungsvertrages seien, steuerlich auch dann auszugehen, wenn diese außerhalb eines Ergebnisabführungsvertrages und damit unabhängig von den aktienrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen vereinbart worden seien. Schließlich seien im Streitfall die Zahlungen der XVG-GmbH an die Y...... nach § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages nicht durch das Gesellschaftsverhältnis, sondern durch eine schuldrechtliche Vereinbarung im Rahmen des Anteilserwerbs veranlasst. Die Zahlung und die Vereinbarung stellten keine Gegenleistung für die Einräumung des GAV 1995 oder für einen anderweitigen gesetzlichen Anspruch auf Ausgleich für die fehlende Gewinnberechtigung für das Jahr 1994 dar. Nach § 307 AktG habe der erstmals beteiligte außenstehende Aktionär vorbehaltlich etwaiger besonderer vertraglicher Grundlagen (die auch im bestehenden Gewinnabführungsvertrag enthalten sein könnten) keinerlei Anspruch auf eine Ausgleichszahlung für den Zeitraum zwischen dem Erwerb der Beteiligung und dem Ende des laufenden Geschäftsjahres. Die Y... AG habe Anteile erworben, die von vornherein durch den GAV 1962 belastet gewesen seien. Daraus folge, dass im Streitfall der Rahmenvertrag eben nicht lediglich einen gesetzlich bestehenden Ausgleichsanspruch ersetzt, sondern einen eigenen schuldrechtlichen Anspruch begründet habe. Die wirtschaftliche Ursache für die Einräumung des Zahlungsanspruchs der Y...... AG an die XVG-GmbH in § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages sei allein in dem Anteilserwerb zu sehen, bei dem ansonsten ein zu hoher Kaufpreis gezahlt worden wäre. Für den Erwerber von Anteilen an einer Organgesellschaft, die ihm keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen vermittelten, sei ausschließlich bei der Kaufpreisfindung zu berücksichtigen, ob eine "Kompensation" dafür gewährt werde, dass der Erwerber erst für das Folgegeschäftsjahr am Gewinn teilnehme. Im Streitfall sei der Gewinn der Klin. sehr sprunghaft gewesen und deshalb habe die Belastung der Anteile durch den GAV 1962 nicht von vornherein als fester Betrag im Rahmen der Kaufpreisbestimmung berücksichtigt werden können.

Nach überwiegender Ansicht fielen zwar auch verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an außenstehende Gesellschafter unter § 16 KStG (verdeckte Ausgleichszahlungen). Unabhängig von der Frage, ob eine vGA im Falle einer Organschaft auch bei einer Zuwendung des Organträgers an außenstehende Gesellschafter der Organgesellschaft vorliegen könne, fehle es im Streitfall an der für die Annahme einer vGA erforderlichen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Eine Kaufpreisminderung aufgrund einer bestehenden Organschaft bzw. die Zahlung eines Ausgleichs hierfür beinhalte weder eine handelsrechtlich unzulässige noch eine unangemessene Leistung.

Den Parteien des Rahmenvertrages hätten verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden, etwa den GAV 1962 abzuändern und darin eine Pflicht zur Zahlung von Ausgleichszahlungen an außenstehende Aktionäre bereits für das Jahr 1994 vorzusehen oder den GAV 1995 rückwirkend bereits für das Jahr 1994 zu vereinbaren. Die Erfüllung eines derartigen Ausgleichsanspruchs wäre unzweifelhaft als Ausgleichszahlung i.S. des § 16 KStG anzusehen gewesen, da sie unabhängig von der Anteilsübertragung und ohne besondere Vereinbarung zwischen Veräußerer (hier der XVG-GmbH) und dem Erwerber (hier der Y...... AG) der Anteile aufgrund der mit den übertragenen Anteilen verbundenen Rechte erfolgt wäre. Aus der Sicht des Erwerbers der Anteile wäre der Anspruch auf Ausgleichszahlung in diesem Fall aus dem GAV 1962 durch die erworbenen Anteile vermittelt worden. Eine derartige Vereinbarung hätten die XVG-GmbH und die Y...... AG aber bewusst nicht getroffen, sondern den GAV 1962 unverändert belassen und den GAV 1995 erst mit Wirkung vom Geschäftsjahr 1995 abgeschlossen. Als Ausgleich für die bereits bei Erwerb fehlende Gewinnbeteiligung hätten die XVG-GmbH und die Y...... AG vielmehr - wie sich aus aus dem Wortlaut des Vertrages ergebe - die Kaufpreisanpassung nach § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages vereinbart. Die Klin. sei von Anfang an davon ausgegangen, dass für das Jahr 1994 keine Ausgleichszahlung zu leisten sei (vgl. Schreiben der Klin. vom 24. November 1994 an das FA). Der Einbehalt von Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer auf die erste Auszahlung sei lediglich irrtümlich erfolgt. In der Praxis sei es auch durchaus üblich, nachträgliche Kaufpreisminderungen zu vereinbaren. Dies gelte inbesondere in Fällen, in denen - wie im Streitfall - die abschließende Höhe der späteren Kaufpreisminderung (bzw. des zugrunde liegenden Gewinns 1994) bei Vertragsabschluss nicht bekannt sei.

Selbst wenn die Zahlung als Ausgleichszahlung i.S. des § 16 KStG zu qualifizieren wäre, komme eine Erfassung im Jahr 1994 nicht in Betracht. Vielmehr müsste eine solche Ausgleichszahlung im Zeitpunkt des tatsächlichen Abflusses der Gelder im Jahr 1995 erfasst werden. § 16 KStG setze "geleistete Ausgleichszahlungen" voraus. Eine Passivierung der Verpflichtung zur Leistung von Ausgleichszahlungen gegenüber den außenstehenden Aktionären bzw. Gesellschaftern genüge nicht. Auch wäre es inkonsequent, einerseits die Anwendung des § 16 KStG von der Leistung und damit dem Abfluss der Zahlungen abhängig zu machen, andererseits für die zeitliche Zuordnung nicht auf die Leistung abzustellen. Die tatsächliche Auszahlung stelle kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar, weil in der Vergangenheit noch kein für die Besteuerung relevanter Sachverhalt verwirklicht worden sei, der durch ein nachfolgendes Ereignis (hier die Auszahlung) verändert werde. Ausgleichszahlungen könnten auch nicht anderen Dividendenzahlungen gleichgestellt werden, denn Ausgleichszahlungen seien nach dem BMF-Schreiben vom 22. November 2001 (BStBl I 2001, 874) keine Gewinnausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnausschüttungsbeschluss beruhten. Allerdings solle es nach dem vorgenannten BMF-Schreiben gleichwohl nicht beanstandet werden, wenn die für das Wirtschaftsjahr der letztmaligen Anwendung des KStG a.F. geleisteten Ausgleichszahlungen unter entsprechender Anwendung des § 34 Abs. 10a KStG n.F. nach den gleichen Grundsätzen abgewickelt würden, die für Gewinnausschüttungen gelten, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruhten. Letzteres zeige deutlich, dass das BMF die bisherige nicht gesetzmäßige Praxis der steuerlichen Gleichbehandlung von Dividenden und Ausgleichszahlungen erkannt habe, diese aber toleriere. Mit der bloßen "Nichtbeanstandung" werde aber lediglich dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt, nicht dagegen dem FA. Dieses habe nach der Gesetzeslage Ausgleichszahlungen zu versteuern, wenn sie geleistet seien (§ 16 KStG).

Nur der Vollständigkeit halber werde nochmals vorgetragen, dass weder die XVG-GmbH noch die Klin. steuerlich wirksam Aufwand i.S. des § 158 Abs. 2 AktG gebucht hätten, den es gem. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Nr. 9 EStG zu korrigieren gelte. Vielmehr seien die Zahlungen bislang - wie auch der Bp-Bericht unter Tz. 35 feststelle - als Kaufpreisminderung behandelt worden.

Die Klin. beantragt,

den KSt-Bescheid 1994 vom 4. Juli 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 24. August 2006 ersatzlos aufzuheben,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist es auf die EE vom 24. August 2006 und macht ergänzend Folgendes geltend:

Die Frage einer Verböserung stelle sich entgegen der Auffassung der Klin. nicht. Es sei zwar richtig, dass das zu versteuernde Einkommen 1995 lediglich um 2.358.357 DM gesenkt worden sei, jedoch übersehe die Klin., dass auch im Änderungsbescheid vom 8. November 2004 nur 2.358.357 DM hinzugerechnet worden seien. Nach Aktenlage beruhe die Hinzurechnung des zu niedrigen Nettobetrages auf einem Eingabefehler bei der Datenerfassung, was jedoch für die Beurteilung der hier stritten Frage unerheblich sei. § 174 AO ermögliche die Änderung eines Steuerbescheides, um aus einem Sachverhalt die richtigen steuerlichen Folgen zu ziehen; eine betragsmäßige "Deckelung" sehe die Norm nicht vor. Im Übrigen verstoße die nochmalige Änderung eines bereits nach § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 AO geänderten Bescheides auch nicht gegen das Rechtsstaatsgebot. Die Überlegung, das FA könne eine endlose Folge von Änderungsbescheiden erlassen, sei rein theoretischer Natur. Der Steuerpflichtige habe es in der Hand, einen Steuerbescheid bestandskräftig werden zu lassen, so dass die Voraussetzungen der oben genannten Vorschrift nicht mehr vorlägen.

Ausgehend von der tatsächlich erfolgten baren Auszahlung sei die Ausschüttungsbelastung in der erfolgten Höhe herzustellen. Selbst die nachträgliche Berücksichtigung einer - noch zu vereinbarenden - Rückzahlungsverpflichtung führe nicht zur Korrektur der Ausschüttung. Rückzahlungen auf Gewinnausschüttungen seien steuerlich im Zahlungsjahr als Gesellschaftereinlage zu berücksichtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die im Klageverfahren und vorhergehenden Verwaltungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II. Die Klage ist unbegründet.

1) Das FA hat zu Recht Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 1977/1999 angenommen und diese im Streitjahr 1994 besteuert.

a) Verpflichtet sich eine AG oder eine KGaA mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag (GAV) i.S. des § 291 Abs. 1 AktG, ihren ganzen Gewinn an ein anderes inländisches gewerbliches Unternehmen abzuführen, so ist gemäß § 14 KStG 1977/1999 das Einkommen der Organgesellschaft, soweit sich aus § 16 KStG 1977/1999 nichts anderes ergibt, dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen, wenn die weiteren, in § 14 KStG 1977/1999 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. Nach § 16 Satz 1 KStG 1977/1999 hat die Organgesellschaft ihr Einkommen in Höhe der geleisteten Ausgleichszahlungen und der darauf entfallenden Ausschüttungsbelastung i.S. des § 27 KStG 1977/1999 selbst zu versteuern. Ist die Verpflichtung zum Ausgleich vom Organträger erfüllt worden, so hat die Organgesellschaft die Summe der geleisteten Ausgleichszahlungen zuzüglich der darauf entfallenden Ausschüttungsbelastung gemäß § 16 Satz 2 KStG 1977/1999 anstelle des Organträgers zu versteuern. Nach § 17 KStG 1977/1999 gelten die §§ 14 bis 16 KStG 1977/1999 entsprechend, wenn eine andere als die in § 14 Satz 1 bezeichnete Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland sich wirksam verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen i.S. des § 14 KStG 1977/1999 abzuführen, eine Gewinnabführung den in § 301 AktG genannten Betrag nicht überschreitet und eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart wird.

b) Die von der XVG-GmbH an die Y...... AG geleisteten Zahlungen aufgrund § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages stellen Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 1977/1999 dar.

aa) Eine steuerrechtliche Legaldefinition des Begriffs "Ausgleichszahlungen" fehlt. Anders als § 14 KStG 1977/1999, der den erforderlichen Gewinnabführungsvertrag durch Verweis auf § 291 Abs. 1 AktG näher bestimmt, enthält § 16 KStG 1977/1999 zwar keine direkte Bezugnahme auf den Begriff der Ausgleichszahlung im Sinne des § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG, knüpft nach dem Gesamtzusammenhang der Regelungen an die letztgenannte Norm jedoch insoweit an, als Ausgleichzahlungen i.S. des AktG zumindest den Grundfall der Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 1977/1999 darstellen. Nach § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG muss ein GAV einen angemessenen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre durch eine auf die Anteile am Grundkapital bezogene wiederkehrende Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen. § 304 Abs. 2 AktG regelt, welcher Betrag "mindestens" als Ausgleichszahlung zuzusichern ist, d.h. zu Gunsten außenstehender Aktionäre darf von Bestimmungen dieser Norm abgewichen werden. Dementsprechend kann neben einem festen Ausgleich i.S. des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG ein variabler Ausgleich in Form eines Zuschlags gezahlt werden, der von dem Ergebnis der Organgesellschaft abhängig ist (BMF-Schreiben v. 13. September 1991, DB 1991, 2110 f.; Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 KStG Anm. 35; Walter in Ernst & Young, KStG, § 16 Rz. 12; Erle/Sauter, KStG, § 16 Rz. 49; krit. Neumann in Gosch, KStG, § 16 Rz. 10; a.A. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 16 Rz. 10). Das Urteil des BFH vom 31. März 1976 I R 123/74 (BFHE 118, 459, BStBl II 1976, 510) steht dieser Beurteilung nicht entgegen, weil es im dortigen Streitfall an einem festen Gewinnausgleich fehlte.

Als Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 1977/1999 sind jedoch auch andere als die in § 304 AktG bezeichneten Gestaltungen zu behandeln, wenn sie das gleiche wirtschaftliche Ergebnis haben, d.h. wenn sie dem außenstehenden Anteilseigner an Stelle seiner Beteiligung am Gewinn der Organgesellschaft einen Ausgleich gewähren, der den Wertungen des § 304 Abs. 2 AktG entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 1973 I R 225/71, BFHE 110, 184, BStBl II 1973, 791; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 16 Rz. 12; Schumacher in Herzig, Organschaft, 2003, S. 204; Erle/Sauter, KStG, § 16 Rz. 11; wohl auch Streck, KStG, 6. Aufl., Anm. 3; kritisch Neumann in Gosch, KStG, § 16 Rz. 2; a.A. Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 KStG Anm. 33, 36 und wohl auch Walter in Ernst & Young, KStG, § 16 Rz. 3, 9, 32). Ob der erkennende Senat der weitergehenden herrschenden Meinung, wonach vGA an außenstehende Gesellschafter wie Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG zu behandeln sind (Abschn. 57 Abs. 6 S. 4 KStR 1995, Abschn. 61 Abs. 4 S. 4 KStR 2004; Sauter/Heurung, GmbHR 2001, 754; Walter in Ernst & Young, KStG, § 16 KStG, Rz. 10; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, § 16 Rz. 12; Neumann, VGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl., Teil II "Organschaft", S. 354; Laudan in Ernst & Young, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, F 4 "Organschaft" Rz. 9; Ott, DB 1978, 1515; Erle/Sauter, KStG, § 16 Rz. 29; Schmidt/Müller/Stöcker, Die Organschaft, 5. Aufl., Rz. 532; Jurkat, Die Organschaft im Körperschaftsteuerrecht, Rz. 540c, 753; Witt/Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG n.F., Rz. 298; zweifelnd Neumann in Gosch, KStG, § 16 Rz. 13; a.A. Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 KStG Rz. 39), uneingeschränkt folgen könnte, bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung.

Der Wortlaut des § 16 KStG 1977/1999 verweist nicht direkt auf § 304 AktG und zwingt deshalb nicht zu einer Auslegung, wonach als Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 1977/1999 ausschließlich Ausgleichszahlungen i.S. des § 304 AktG zu verstehen sind. Für die Einbeziehung wirtschaftlich vergleichbarer Sachverhalte in den Anwendungsbereich des § 16 KStG 1977/1999 lässt sich vielmehr anführen, dass diese Norm entsprechend gilt, wenn Organgesellschaft eine andere Kapitalgesellschaft ist (§ 17 KStG 1977/1999). Wirtschaftlich vergleichbare Vereinbarungen - soweit zivilrechtlich wirksam - sind bei der AG und anderen Kapitalgesellschaften jedoch gleich zu besteuern, unabhängig davon, ob die Regelungen des AktG und des GmbHG vollständig übereinstimmen (so ist z.B. streitig, ob § 307 AktG auf eine GmbH Anwendung findet: verneinend Priester in Herzig, Organschaft, 2003, S. 56 und Priester in Festschrift Pelzer, 2001, 327; bejahend Bredow, BB 2003 und wohl auch Walter in Ernst & Young, KStG, § 14 Rz. 728). Außerdem hätte eine Beschränkung des Begriffs "Ausgleichszahlungen" in § 16 KStG 1977/1999 auf Ausgleichszahlungen, die in einem den aktienrechtlichen Vorschriften entsprechenden GAV vereinbart worden sind, zur Konsequenz, dass alle anderen Zahlungen der Organgesellschaft an den außenstehenden Gesellschafter zur Nichtdurchführung des Gewinnabführungsvertrages führen würden (vgl. auch Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 16 Anm. 39). Derartige gravierende Folgen wären jedoch nicht sachgerecht. Zwar verlangt § 14 KStG 1977/1999 einen zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten GAV. Dies beruht jedoch insbesondere darauf, dass der beherrschende Gesellschafter andernfalls die Gewinnzuordnung "gestalten" könnte. Derartige "Manipulationen" sind wegen des natürlichen Interessengegensatzes zwischen einem Minderheitsgesellschafter und dem beherrschenden Gesellschafter jedoch nicht zu befürchten, soweit es um Zahlungen der Organgesellschaft (oder des Organträgers) an den außenstehenden Gesellschafter geht. Entgegen der Ansicht der Klin. ist es deshalb nicht entscheidend, ob ein bereits bestehender gesetzlicher Ausgleichsanspruch durch eine anderweitige Gestaltung ersetzt wird (wie in dem BFH-Urteil vom 25. Juli 1973 I R 225/71, BFHE 110, 184, BStBl II 1973, 791) oder ob ein gewollter Ausgleichsanspruch anstelle einer freiwilligen vorzeitigen Änderung des GAV durch eine anderweitige Gestaltung (anderweitige schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Organgesellschaft, Organträger und außenstehendem Gesellschafter) realisiert wird. Maßgebend ist vielmehr der Inhalt und die Veranlassung der getroffenen Vereinbarung. Grundsätzlich haben die Beteiligten deshalb die Wahl, den Kaufpreis wegen des fehlenden gesetzlichen Ausgleichsanspruchs für das Jahr der erstmaligen Beteiligung zu reduzieren oder freiwillig einen - dann unter § 16 KStG 1977/1999 fallenden - Ausgleichsanspruch zu regeln.

Zu Unrecht beruft sich die Klin. auf das BFH-Urteil vom 12. Oktober 1982 VIII R 72/79 (BFHE 137, 157, BStBl II 1983, 128). Danach ist eine Zahlung aufgrund eines Gewinnverwendungsbeschlusses einer Kapitalgesellschaft beim Gesellschafter keine Einnahme aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn der Gesellschafter sie nicht aufgrund seiner Gesellschafterstellung, sondern aus einer bloßen Gläubigerstellung erhält. Dies ist der Fall, wenn die Zahlung ein auf abgekürztem Zahlungsweg erbrachtes Kaufentgelt aus einer Anteilsveräußerung zwischen Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft ist. Der dortige Sachverhalt (laufende Gewinnausschüttungen bezogen auf einen Geschäftsanteil für solche Jahre an eine Person, die nicht mehr Nießbrauchsberechtigt an diesem Geschäftsanteil war und auch nicht mehr - über eine GbR - Miteigentümer dieses - veräußerten - Geschäftsanteils war), ist jedoch mit dem vorliegenden Streitfall nicht vergleichbar. Die Y...... AG hatte die Aktien mit Wirkung zum 01. Juli 1994 bereits erworben und es geht um Zahlungen wegen des Gewinns der Klin. im zweiten Halbjahr, also für einen Zeitraum, in dem die Y...... AG bereits Inhaberin der Aktien war.

Der Möglichkeit, einen Ausgleichsanspruch i.S. des § 16 KStG 1977/1999 bei unterjährigem Anteilserwerb zu vereinbaren, steht auch nicht der Grundsatz entgegen, dass die Gesellschaftsanteile und der Dividendenanspruch bis zum Gewinnausschüttungsbeschluss ein einheitliches Wirtschaftsgut bilden (zu Letzterem vgl. FG Münster, Urteil vom 19. August 2005 9 K 5138/02, EFG 2006, 205, bestätigt durch BFH-Urteil vom 28. Juni 2006 I R 97/05, BFHE 214, 276, BFH/NV 2006, 2207; BFH-Urteil vom 21. Mai 1986 I R 190/81, BFHE 147, 27, BStBl II 1986, 815). Ebensowenig ergeben sich Bedenken aus § 20 Abs. 2a EStG. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieser auf Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG überhaupt Anwendung findet (verneinend Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 20 EStG n.F. Rz. 221; bejahend wohl Walter in Ernst & Young, KStG, § 16 Rz. 32). Denn die letztgenannte Norm regelt nur, dass die Dividenden demjenigen zustehen, der im Zeitpunkt des Gewinnverwendungsbeschlusses Anteilsinhaber ist. In analoger Anwendung können/müssen aber etwaige Ausgleichsansprüche demjenigen zugerechnet werden, der im Zeitpunkt des Beschlusses über den Jahresabschluss der Organgesellschaft der außenstehende Gesellschafter ist. Mit dem Erwerb der Anteile werden eben keine gesonderten Dividendenansprüche erworben, sondern die Anteile als solche, wobei dem Erwerber steuerlich die späteren Dividenden zuzurechnen wären. Wenn dem Erwerber ein Ausgleich dafür gewährt wird, dass er später keine (auch keine zeitanteilig ermittelten) derartigen Dividenden erhält, steht dieser Ausgleich den Dividenden gleich.

bb) Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen sind die von der XVG-GmbH an die Y...... AG geleisteten Zahlungen aufgrund § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages als Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 1977/1999 zu beurteilen.

Zwischen der Klin. und der XVG-GmbH bestand - wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist - u.a. in den Jahren 1994 und 1995 eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft i.S. des § 14 KStG 1977/1999.

Gleichermaßen unstreitig handelt es sich bei den vorliegend zu beurteilenden Zahlungen gem. § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages nicht um Zahlungen, die in einem den aktienrechtlichen Vorschriften entsprechenden GAV geregelt worden sind. Der GAV 1962 wurde nicht geändert, da es insoweit zumindest an der erforderlichen Eintragung im Handelsregister (§ 295 Abs. 1 i. V. m. § 294 AktG) fehlte. Der GAV 1995 galt ausdrücklich erst ab dem Jahr 1995.

Zu Recht geht die Klin. auch davon aus, dass die Y...... AG keinen gesetzlichen Ausgleichsanspruch bezogen auf das Jahr 1994 hatte. § 307 AktG regelt die Rechtslage abschließend. War im Zeitpunkt des GAV kein außenstehender Gesellschafter vorhanden, beteiligt sich in ein solcher jedoch später, so erwirbt er weder einen vertraglichen Anspruch auf angemessenen Ausgleich noch die Option auf Abfindung (Bilda in Münchener Kommentar AktG, 2. Aufl., § 307 Rz. 1). Deshalb ordnet § 307 AktG die Beendigung des Vertrages spätestens zum Ende des Geschäftsjahres an, in dem die Beteiligung erlangt wird. Bis zur Beendigung des GAV bleiben der Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag voll in Kraft (Bilda in Münchener Kommentar § 307 Rz. 12 f.).

Die aufgrund § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages geleisteten Ausgleichszahlungen entsprechen jedoch wirtschaftlich Ausgleichszahlungen i.S. des § 304 AktG und fallen deshalb in den Anwendungsbereich des § 16 KStG 1977/1999.

Ausgehend von den von den Parteien des Rahmenvertrages getroffenen Regelungen war keine Kaufpreisminderung, sondern eine Ausgleichszahlung gewollt. Darauf weist bereits der Wortlaut des § 1 Abs. 10 des Rahmenvertrages ("Ausgleich" "für die Teilnahme der verkauften Aktien am Gewinn") und des § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages hin ("Als Ausgleich dafür, daß der gesamte Gewinn des Jahres 1994 aufgrund des bestehenden Organvertrages ..."). Insbesondere wurde aber inhaltlich die für die Jahre ab 1995 geregelte Ausgleichsverpflichtung nach dem neu abgeschlossenen GAV 1995 für das zweite Halbjahr 1994 übernommen, und zwar sowohl hinsichtlich der (nur zeitanteilig gekürzten) Höhe der Ausgleichszahlung wie hinsichtlich der Ermittlung und der Fälligkeit des Ausgleichs. Entgegen der Ansicht der Klin. ging es nicht nur um eine Korrektur der behaupteten Wertermittlung der Geschäftsanteile nach dem Ertragswertverfahren. In einem derartigen Fall wäre die Kaufpreisminderung nach dem prognostizierten und wegen des GAV nicht eintretenden Ertrages für ein halbes Jahr zu ermitteln gewesen. Ebensowenig ging es darum, sicherzustellen, dass eine der Kaufpreisfindung zugrunde liegende Ertragserwartung sich zumindest für einen gewissen Zeitraum realisierte. Denn dann wäre eine Kaufpreisminderung nur für den Fall vorgesehen worden, dass der tatsächliche Gewinn einen näher festgelegten Mindestgewinn unterschritten hätte. Vielmehr sollte die Y...... AG - unabhängig von etwaigen für die Kaufpreisfindung maßgebenden Ertragsprognosen - so gestellt werden, als "wenn für 1994 der künftige Ergebnisabführungsvertrag bereits bestünde", nur eben zeitanteilig gekürzt auf 50 %. Dafür, dass dies von den Vertragsparteien damals so gewollt und verstanden worden ist, sprechen die Angaben der XVG GmbH gegenüber dem FA für Vorauszahlungszwecke und insbesondere die Abrechnung der ersten Teilzahlung am 2. Januar 1995 nebst Ausstellung einer Steuerbescheinigung sowie die "Nachzahlung" vom 16. Februar 1995 erst nach dem Z.....-Gutachten. Inhaltlich entsprach die schuldrechtlich außerhalb des GAV 1962 und 1995 vereinbarte Ausgleichszahlung auch den Wertungen des § 304 Abs. 2 AktG. Die grundsätzliche Zulässigkeit variabler Ausgleichszahlungen (im Streitfall für 1994 rd. 435 TDM) als Zuschlag zur festen Ausgleichszahlung (im Streitfall für 1994 rd. 1.926 TDM) ist im Streitfall zwischen den Beteiligten - zu Recht - nicht streitig.

c) Das FA hat die von der XVG-GmbH an die Y...... AG aufgrund § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages geleisteten Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 1977/1999 materiell-rechtlich zu Recht im Streitjahr 1994 (und nicht erst im Jahr 1995) besteuert.

aa) Die Besteuerung nach § 16 KStG 1977/1999 setzt "geleistete Ausgleichszahlungen" voraus, d.h. Ausgleichszahlungen, die abgeflossen sind (vgl. Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand Juli 2004, § 16 KStG Anm. 37 und Stand 1999, § 16 KStG Anm. 33; Schmidt/Müller/Stöcker, Die Organschaft, 6. Aufl., Rz. 708; Ernst & Young, KStG, § 16 Rz. 17, Fußn. 4; Neumann in Gosch, KStG, § 16 Rz. 14). Im Streitfall wurden die Ausgleichszahlungen gem. § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages unstreitig im Jahr 1995 tatsächlich gezahlt und damit "geleistet".

bb) Entgegen der Ansicht der Klin. sind die geleisteten Ausgleichszahlungen allerdings nicht in dem Jahr zu versteuern, in dem sie geleistet wurden, sondern - als rückwirkendes Ereignis, welches teilweise zu einer geänderten Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft führt - in dem Jahr, für das sie geleistet wurden. Dies folgt aus dem Wortlaut der §§ 14, 16 KStG 1977/1999, der Entstehungsgeschichte und dem Sinn- und Zweck der vorgenannten Normen.

Nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG 1977/1999 ist das Einkommen der Organgesellschaft, soweit sich aus § 16 KStG 1977/1999 nichts anderes ergibt, dem Organträger zuzurechnen. Die Organgesellschaft hat ihr Einkommen gemäß § 16 Satz 1 KStG 1997/1999 "in Höhe" der geleisteten Ausgleichszahlungen und der darauf entfallenden Ausschüttungsbelastung zu versteuern. Ist die Verpflichtung zum Ausgleich vom Organträger erfüllt worden, so hat die Organgesellschaft die Summe der geleisteten Ausgleichszahlungen zuzüglich der darauf entfallenden Ausschüttungsbelastung "anstelle" des Organträgers zu versteuern. Nach dem Wortlaut der vorgenannten Normen ist somit das Einkommen der Organgesellschaft, das jeweils grundsätzlich für ein Jahr zu ermitteln ist (vgl. allgemein § 7 Abs. 3 KStG), dem Organträger ganz oder - falls Ausgleichszahlungen erfolgt sind - nur teilweise zuzurechnen, so dass im letztgenannten Fall ein Teil des Einkommens der Organgesellschaft weiterhin von dieser zu versteuern ist. §§ 14, 16 KStG 1977/1999 regeln nach ihrem Wortlaut damit lediglich die persönliche Zurechnung des in einem bestimmten Jahr erzielten Einkommens (vgl. auch Frotscher, EStG, § 4 Rz. 438; Pache in Herrmann/Heuer/Raupach , EStG, KStG,§ 16 KStG Anm. 19, 22; Walter in Ernst & Young, KStG, § 16 Rz. 1; Neumann in Gosch, KStG, § 16 Rz. 24), d.h. die zeitliche Zuordnung des Einkommens zu dem Jahr, in dem es erzielt wurde, bleibt unverändert (i. Erg. ebenso Schumacher in Herzig, Hrsg., Organschaft, 2003, S. 204; Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand 1999, § 16 KStG Anm. 12; wohl ebenso Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand 2004, § 16 KStG Anm. 20; Witt in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 37 KStG a.F. Rz. 4; a.A. Rätke in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG Anm. 1810, 1829).

Bestätigt wird diese Auslegung durch die Entwicklung des Rechtsinstituts "Organschaft". Das BFH-Gutachten vom 27. November 1956 (I D 1/56 S, BFHE 64, 368, BStBl III 1956, 139) befasste sich mit den Ausgleichszahlungen im Wesentlichen unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung des Einkommens. Im Ergebnis vertrat der BFH die Auffassung, dass die Organgesellschaft ihr Einkommen zu versteuern habe, soweit sie dieses - aufgrund der zu leistenden Ausgleichszahlungen - nicht an den Organträger abführe. Das BFH-Urteil vom 25. Juli 1961 (I 104/60 S, BFHE 73, 597, BStBl III 1961, 481) und § 7a Abs. 3 KStG 1968 stellten die Ausgleichszahlungen einer offenen Gewinnausschüttung der Organgesellschaft gleich. Ausgehend von dieser Parallele bestand kein Anlass, die Besteuerung nach § 16 KStG zu einem anderen Zeitpunkt vorzunehmen als in dem Jahr, in dem die Organgesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen ihr Einkommen bezogen hatte. Nach der Gesetzesbegründung zum KStG 1977 (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Dritten Steuerreformgesetzes - nachfolgend zitiert als KStGE -, wobei §§ 13, 15 KStGE den Entwurf der späteren §§ 14, 16 KStG beinhalteten) sollten die bisherigen Grundsätze zur Organschaft im Wesentlichen übernommen werden, wenngleich insbesondere mit Änderungen hinsichtlich der Ausgleichszahlungen (BT-Drucks. 7/1470, S. 347). Diese Änderungen bezogen sich aber auf die Behandlung der Körperschaftsteuerbelastung. Unverändert sahen die Gesetzesmaterialien in §§ 13, 15 KStGE die Regelung, "inwieweit dieses Einkommen dem Organträger zuzurechnen ist" bzw. die Bestimmung, welcher Betrag zum "Einkommensteil der Organgesellschaft" gehöre (BT-Drucks. 7/1470, S. 347 ff.), also auf das Steuersubjekt bezogene Zurechnungsnormen und keine Normen, die zu einer von den allgemeinen Grundsätzen abweichenden zeitlichen Besteuerung des Einkommens führen sollten. Auch ist nicht ersichtlich, dass sich an der Parallele zur offenen Gewinnausschüttung etwas ändern sollte. Zwar wurde die entsprechende ausdrückliche Regelung in § 7a Abs. 3 KStG 1968 nicht fortgeführt, doch wird in den Gründen unter Hinweis auf die bislang geltende Rechtslage nur zwischen dem "Fall eines ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschlusses" und "verdeckten Gewinnausschüttungen"/"nicht ordnungsgemäß vorgenommenen offenen Ausschüttungen" abgegrenzt (vgl. BT-Drucks. 7/1470, S. 349 zu § 15 KStGE unter Hinweis auf die Begründung zu § 30 KStGE, d.h. u.a. auf S. 367). Eine Besteuerung nach § 16 KStG erst im Jahr des Abflusses wäre außerdem systemwidrig gewesen, weil die entsprechenden Teilbeträge des (mit KSt belasteten) verwendbaren Eigenkapitals (vEK) noch gar nicht vorhanden gewesen wären. Nach dem KStG 1977 hatte die Verrechnung immer mit dem vEK zum Schluss des vorhergehenden Wirtschaftsjahres zu erfolgen. Zwar ließe sich erwägen, ob der Gesetzgeber dies - wie bei vGA und Vorabausschüttungen - übersehen oder in Kauf genommen haben könnte. Im Rahmen der späteren Änderung der §§ 28, 29 KStG durch das StEntlG 1984 (Verrechnung der "anderen Ausschüttungen" mit dem vEK zum Schluss des Wirtschaftsjahres) benannte die Gesetzesbegründung als zu beseitigende Problemfälle (= andere Ausschüttungen) aber nur die vGA und die Vorabausschüttungen, ohne auf die Ausgleichszahlungen einzugehen (vgl. BT-Drucks. 10/336, S. 28 ff.). Dies weist darauf hin, dass auch nach dem KStG 1977 die Ausgleichszahlungen wie der normale Gewinn einer Kapitalgesellschaft mit nachfolgender Ausschüttung aufgrund eines ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschlusses behandelt werden sollte. Von einem derartigen Verständnis gingen auch die KStR 1985 in Abschn. 92 Abs. 3 S. 5, 6 aus, wonach die Ausschüttungsbelastung für den Veranlagungszeitraum herzustellen sein sollte, in dem das Wirtschaftsjahr endete, für das die Ausgleichszahlungen geleistet worden waren (anders jetzt allerdings die Finanzverwaltung zum Halbeinkünfteverfahren, s. BMF-Schreiben vom 6. November 2003, BStBl I 2003, 575 - mit krit. Anm. von Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG § 16 KStG Anm. 10 - und BMF-Schreiben vom 22. November 2001, BStBl I 2001, 874).

Das BFH-Urteil vom 24. Januar 2001 I R 103/99, (BFH/NV 2001, 1455) steht der vorstehenden Beurteilung nicht entgegen. Im dortigen Streitfall ging es nicht um die Besteuerung von Ausgleichszahlungen, sondern um die steuerliche Beurteilung eines Verschmelzungsgewinns.

2) Das FA war auch aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht gehindert, den angefochtenen KSt-Bescheid 1994 zu erlassen. Die erneute Änderung war gemäß § 174 Abs. 4 AO zulässig. Entgegen der Ansicht der Klin. war weder die Festsetzungsfrist abgelaufen noch bestand ein Verböserungsverbot.

a) Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 AO).

Im Streitfall waren - wie dargelegt - die gem. § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages geleisteten Ausgleichszahlungen im Streitjahr 1994 zu versteuern. Dementsprechend hat das FA auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts (d. h. der Zahlungen gem. § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages) den geänderten KSt-Bescheid 1995 vom 8. November 2004 erlassen. Dieser wurde aufgrund des Einspruchs der Klin. zu ihren Gunsten geändert, indem die Zahlungen gem. § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages im Veranlagungszeitraum 1995 nunmehr unberücksichtigt blieben. Nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO konnte das FA damit aus diesem Sachverhalt nachträglich die richtigen steuerlichen Folgerungen ziehen und damit grundsätzlich - vorbehaltlich der zu wahrenden Festsetzungsfrist (s. dazu unter b) - einen geänderten KSt-Bescheid 1994 erlassen und dort die Besteuerung gem. § 16 KStG 1977/1999 vornehmen. Die Verböserung war zulässig; eines vorhergehenden Verböserungshinweises bedurfte es nicht (BFH-Urteil vom 19. Mai 2005 IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637).

b) Der erneut geänderte KSt-Bescheid 1994 ist auch noch innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen.

Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheides gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 3 AO). War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO (§ 174 Abs. 4 Satz 4 AO), d.h. nur dann, wenn ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden ist, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt.

Das FA hat die Jahresfrist gem. § 174 Abs. 4 Satz 3 AO gewahrt, weil die Aufhebung des fehlerhaften KSt-Bescheides 1995 am 4. Juli 2006 und der Erlass des erneut geänderten KSt-Bescheides 1994 am 4. Juli 2006 zeitgleich erfolgt sind.

Die Einschränkung des § 174 Abs. 4 Satz 4 AO greift bereits deshalb nicht ein, weil der fehlerhafte (und später geänderte) KSt-Bescheid 1995 vom 8. November 2004 zu einem Zeitpunkt ergangen ist, in dem die Festsetzungsfrist für den KSt-Bescheid 1994 aufgrund des gegen diesen laufenden Rechtsbehelfs noch nicht abgelaufen war; die Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 3 AO hinsichtlich des KSt-Bescheides 1994 endete erst mit dem (zeitgleich ergangenen) geänderten KSt-Bescheid 1994 vom 8. November 2004, durch den das FA dem Begehren der Klägerin rechtsfehlerhaft entsprach. Unabhängig davon liegen außerdem die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 S. 1 AO vor. Die (angenommenen) Ausgleichszahlungen i.S. des § 16 KStG 1977/1999 wurden vom FA in dem KSt-Bescheid 1994 vom 8. November 2004 erkennbar deshalb nicht mehr berücksichtigt, weil sie nach Ansicht des FA im Veranlagungszeitraum 1995 anzusetzen waren. Worauf die Einschätzung der Behörde beruht, den ihr bekannten Sachverhalt in einem anderen Bescheid zu berücksichtigen, ist ohne Bedeutung. Zwar muss die Annahme der Finanzbehörde, der Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu erfassen, für die Nichtberücksichtigung dieses Sachverhalts im Steuerbescheid kausal gewesen sein. An einer derartigen Ursächlichkeit fehlt es jedoch nur, wenn die Behörde angenommen hätte, der ihr bekannte Sachverhalt sei - jetzt und auch später - ohne steuerrechtliche Bedeutung (vgl. BFH-Urteil vom 29. Mai 2001 VIII R 20/00, BFH/NV 2001, 1372). Im Streitfall wollte das FA die Zahlungen gem. § 2 Abs. 9 des Rahmenvertrages aber ersichtlich stets der Besteuerung nach § 16 KStG unterwerfen; lediglich bezüglich der zeitlichen Zuordnung änderte es seine Auffassung.

c) Entgegen der Ansicht der Klin. ist die erneute Änderung des KSt-Bescheides 1994 nach § 174 Abs. 4 AO nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil damit die "nochmalige Änderung der gleichen Festsetzung erfolge".

Nach dem BFH-Urteil vom 8. Juli 1992 XI R 54/89, BFHE 168, 231, BStBl II 1992, 867 (zustimmend Pahlke/Koenig, AO, § 174 Rz. 69; a.A. Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 174 AO Rz. 105.1 u. 105.2) soll zwar die nochmalige Änderung des Bescheides, der die Korrekturmöglichkeit erst eröffnet hat, durch § 174 Abs. 4 AO nicht ermöglicht werden. Dieses Urteil betraf jedoch Besonderheiten der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, d.h. die Frage, inwieweit einzelne Feststellungen des Feststellungsbescheides gesondert zu betrachten sind und inwieweit nach einer gerichtlichen Entscheidung der Feststellungsbescheid nochmals geändert werden kann (vgl. auch - die vorgenannte Entscheidung einschränkend - BFH-Urteil vom 8. Juni 2000 IV R 65/99, BFHE 192, 207, BStBl II 2001, 89; BFH-Beschluss vom 11. März 2002 IX B 116/01, BFH/NV 2002, 895). Im vorliegenden Streitfall war vor der erneuten Änderung des KSt-Bescheides 1994 noch keine gerichtliche Entscheidung ergangen. Die Frage, inwieweit eine Änderung nach § 174 AO die gerichtliche Entscheidungskompetenz berühren kann, stellt sich deshalb hier von vornherein nicht. Vielmehr betrifft dieser Rechtsstreit das Problem, ob § 174 Abs. 4 AO es ermöglicht, bestimmte Besteuerungsgrundlagen, bei denen u.a. streitig ist, in welchem Veranlagungszeitraum sie zu erfassen sind, letztlich im "richtigen" Zeitraum zu berücksichtigen, oder ob ein vorhergehender Irrtum des FA über die zeitliche Zuordnung dem entgegensteht. Nach dem Sinn und Zweck des § 174 Abs. 4 AO soll diese Änderungsnorm gerade sicherstellen, dass die Finanzbehörde die richtige Entscheidung - unter Durchbrechung der Bestandskraft eines fehlerhaften Bescheides - später so durchsetzen kann, wie dies im Zeitpunkt der fehlerhaften Entscheidung möglich gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2005 X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751; vgl. auch - weitergehend - BFH-Urteil vom 18. März 2004 V R 23/02, BFHE 205, 402, BStBl II 2004, 763 zur Anwendung des § 174 AO bei zwei sich in unvereinbarer Weise gegenüberstehenden Urteilen). Vorliegend hätte das FA aber im Zeitpunkt der fehlerhaften Entscheidung (= fehlerhafte Abhilfe hinsichtlich der KSt-Festsetzung 1994 und gleichzeitige fehlerhafte Erfassung der hier in Rede stehenden Ausgleichszahlungen im KSt-Bescheid 1995) die richtige Entscheidung ohne weiteres durchsetzen können, indem es schlicht die Abhilfe im Rechtsbehelfsverfahren wegen KSt 1994 unterlassen hätte.

Entgegen der Ansicht der Klägerin droht auch keine "endlose Folge" von Änderungsbescheiden, die dem Rechtsstaatsgebot widerspräche. Vorliegend hat das FA nur ein einziges Mal eine unzutreffende Auffassung vertreten und diese nachfolgend korrigiert. Der Streitfall bietet daher keine Veranlassung zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine ständig wechselnde Verwaltungsauffassung gegen das Rechtsstaatsgebot verstoßen könnte.

3) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zuzulassen. Die Frage, ob § 16 KStG 1977/1999 nur solche Ausgleichszahlungen erfasst, die in einem Gewinnabführungsvertrag vereinbart wurden, oder auch wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte, ist von grundsätzlicher Bedeutung und erfordert zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH.

Ende der Entscheidung

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