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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 14.05.2009
Aktenzeichen: 11 K 431/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 12
EStG § 17 Abs. 1
EStG § 17 Abs. 2
EStG § 17 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist, inwieweit im Streitjahr 2002 ein Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG als (negative) Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen ist.

Die Kläger sind im Streitjahr 2002 zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehegatten. Der Kläger ist Landwirt und war im Streitjahr Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Die Klägerin war ebenfalls selbstständig tätig.

Der Kläger war im Streitjahr an mehreren Gesellschaften beteiligt. So war er Gesellschafter der A-KG und erzielte mit dieser Beteiligung Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die KG wurde zum 31. Januar 1998 gegründet. Bei Gründung waren Gesellschafter der KG die A-GmbH als - nicht am Vermögen der KG beteiligter - Komplementär sowie der Kläger und sein Bruder als Kommanditisten jeweils mit einer Kommanditeinlage von 100.000 DM. Der Kläger erhöhte später seine Kommanditeinlage auf 200.000 DM. Die KG nahm ihren Betrieb im Dezember 1998 auf. Gegenstand des Unternehmens der KG war die Planung, Erstellung, der Erwerb und Verkauf sowie die Vermietung und Verpachtung von Immobilien.

Weiterhin war der Kläger der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der B-GmbH (GmbH). Die GmbH hatte ein Stammkapital von 50.000 DM, das der Kläger voll eingezahlt hatte. Die GmbH wurde durch Gesellschaftsvertrag im Jahre 1997 gegründet und nahm ihren Betrieb im Oktober 1998 auf. Gegenstand des Unternehmens war die Planung nebst Durchführung von Bauvorhaben sowohl im eigenen als auch im fremden Namen anderer sowie der Ankauf und Verkauf nebst Vermittlung von Immobilien. Die Tätigkeit umfasste u.a. die Errichtung schlüsselfertiger Bauten auf zum früheren landwirtschaftlichen Vermögen des Klägers gehörenden Baugrundstücken. Die GmbH stellte im Dezember 2001 Insolvenzantrag. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde durch Beschluss des zuständigen Amtsgerichts im März 2002 mangels Masse nicht eröffnet.

Die Kläger gaben zunächst für das Streitjahr keine Einkommensteuererklärung ab. Deshalb schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen.

Die Kläger legten Einspruch ein und gaben zur Begründung ihres Einspruchs die Einkommensteuererklärung ab.

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens machten die Kläger erstmals einen Auflösungsverlust nach § 17 EStG geltend. Insoweit seien durch den Verlust der Beteiligung des Klägers an der GmbH negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen. Die Höhe des geltend gemachten Verlusts in Höhe von zunächst 56.770,38 EUR ermittelten die Kläger wie folgt:

 Veräußerungspreis0,00 EUR
Eingezahltes Stammkapital50.000 DM = 25.564,59 EUR
Forderungen der KG an die GmbH34.217,96 EUR
Forderungen aus laufenden Verrechnungen13.186,00 EUR
Übernahme des laufenden Kontos25.233,44 EUR
Übernahme Teilbetrag eines Kredits der GmbH15.338,76 EUR
 113.540,75 EUR

davon anzusetzen nach § 3 Nr. 40c EStG (Halbeinkünfte) 56.770,38 EUR

Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens begehrten die Kläger einen höheren Auflösungsverlust von nunmehr 111.838,46 EUR, den sie wie folgt berechneten:

 Veräußerungspreis0,00 EUR
Eingezahltes Stammkapital50.000 DM = 25.564,59 EUR
Forderungen der KG an die GmbH34.217,96 EUR
Darlehen Raiffeisen-Volksbank76.705,78 EUR
Forderungen aus laufenden Verrechnungen61.955,15 EUR
Übernahme des laufenden Kontos25.233,44 EUR
 223.676,92 EUR

davon anzusetzen nach § 3 Nr. 40c EStG (Halbeinkünfte) 111.838,46 EUR

Zur Begründung gaben die Kläger an, das durch den Kläger voll eingezahlte Stammkapital i.H.v. 50.000 DM sei im Rahmen des Auflösungsverlusts zu berücksichtigen, da es durch die Insolvenz der GmbH verloren gegangen sei. Weiterhin sei der Ausfall einer Forderung der KG an die GmbH in Höhe von 34.217,96 EUR im Rahmen des Auflösungsverlusts zu berücksichtigen, da es sich tatsächlich nicht um eine geschäftlich begründete Forderung der KG an die GmbH gehandelt habe, sondern um eine solche des Klägers gegenüber der GmbH, die durch sein Gesellschaftsverhältnis in der KG und der GmbH veranlasst gewesen sei. Insoweit verweisen die Kläger auf die Feststellungen der bei der KG durchgeführten Betriebsprüfung.

Weiterhin sei im Rahmen des Auflösungsverlusts eine Zahlung des Klägers an die Raiffeisen-Volksbank in Höhe von 76.705,78 EUR zu berücksichtigen. Insoweit habe der Kläger das Restdarlehen der GmbH nach der Löschung der GmbH abgelöst. Die GmbH habe dieses Darlehen im April 2000 aufgenommen. Die Ablösung sei durch das Gesellschaftsverhältnis des Klägers zur GmbH begründet gewesen.

Der Kläger habe weiterhin einen Betrag von 25.233,44 EUR zur Ablösung des laufenden Kontos der GmbH bei der Raiffeisen-Volksbank aufgewendet. Insoweit habe er sich bereits vor Eintritt der Krise bei der GmbH gegenüber der Bank in Höhe von 10.000 DM verbürgt gehabt.

Der vom Kläger im Rahmen des Auflösungsverlusts geltend gemachte Betrag in Höhe von 61.955,15 EUR beruhe auf dem Verlust seiner Darlehensforderungen gegenüber der GmbH. Er habe in der Zeit vor der Auflösung der GmbH dieser mehrere Male Liquidität zugeführt. Schriftliche Darlehensverträge zwischen dem Kläger und der GmbH seien zwar nicht geschlossen worden, die GmbH habe aber zugunsten des Klägers ein Verrechnungskonto geführt, welches die Darlehensforderungen des Klägers gegenüber der GmbH ausgewiesen habe.

Mit Einspruchsbescheid setzte der Beklagte die Einkommensteuer herab und wies den Einspruch der Kläger im Übrigen als unbegründet zurück. Im Rahmen seiner Einspruchsentscheidung berücksichtigte der Beklagte einen Auflösungsverlust nach § 17 EStG in Höhe von 29.891,28 EUR, den er wie folgt ermittelte:

 Stammkapital25.564,59 EUR
Forderungen der KG an die GmbH34.217,96 EUR
 59.782,55 EUR

davon anzusetzen nach § 3 Nr. 40c EStG (Halbeinkünfte) 29.891,28 EUR

Der Beklagte begründete seine Ablehnung der Berücksichtigung weiterer Aufwendungen des Klägers im Rahmen des Auflösungsverlusts wie folgt:

Die Ablösung des Darlehens sowie des laufenden Kontos der GmbH bei der Raiffeisen-Volksbank führe nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers für seine GmbH-Beteiligung. Der Kläger habe trotz Aufforderung nicht nachgewiesen, aus einer Bürgschaft in Anspruch genommen worden zu sein. Dies wäre aber erforderlich gewesen. Aber selbst für den Fall einer Bürgschaftsinanspruchnahme seien Aufwendungen daraus nicht ohne weiteres zu berücksichtigen. Denn Zahlungen aufgrund einer Bürgschaftsinanspruchnahme seien nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten für eine Beteiligung zu berücksichtigen, wenn die Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und die Bürgschaft im Zeitpunkt ihrer Abgabe eigenkapitalersetzend gewesen sei.

Der vom Kläger wegen des Verlusts von Gesellschafterdarlehen in Höhe von 61.955,15 EUR geltend gemachte Betrag sei ebenfalls nicht im Rahmen der Ermittlung des Auflösungsverlusts zu berücksichtigen. So sei schon nicht nachgewiesen, dass es sich überhaupt um Darlehen handele, da es keine schriftlichen Darlehensverträge gebe. Aber selbst bei Annahme einer Darlehensgewährung sei der Verlust dieser Darlehen nicht, zumindest nicht in voller Höhe, im Rahmen des Auflösungsverlusts berücksichtigen. Denn ein Gesellschafterdarlehen sei dem Grunde nach nur dann zu berücksichtigen, wenn es eigenkapitalersetzend gewesen sei. Hier seien verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden, je nachdem, wann und zu welchem Zweck ein Gesellschafter die Darlehen gegeben habe. Mangels entsprechender Nachweise des Klägers sei eine Prüfung der Abziehbarkeit nicht möglich.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Kläger sind weiterhin der Auffassung, die von ihnen geltend gemachten Positionen seien in vollem Umfang im Rahmen des Auflösungsverlusts zu berücksichtigen. Im Einzelnen habe der Beklagte im Einspruchsbescheid folgende Beträge zu Unrecht außer Betracht gelassen:

 Ablösung Restschuld Darlehen der GmbH76.705,78 EUR
Forderung des Klägers an die GmbH (Verrechnungskonto)61.955,15 EUR
Ausgleich des laufenden Kontos der GmbH25.233,44 EUR
 163.894,37 EUR

davon anzusetzen nach § 3 Nr. 40c EStG (Halbeinkünfte) 81.947,00 EUR

Die Ablösung der Restschuld des GmbH-Darlehens in Höhe von 76.705,78 EUR habe zu nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers für seine Beteiligung geführt, die im Rahmen des Auflösungsverlusts zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe schon im Oktober 1998 für das GmbH-Darlehen in Höhe von 350.000 DM sowie für das GmbH-Kontokorrentkredit-Konto in Höhe von 10.000 DM persönliche Bürgschaften übernommen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die GmbH nicht in einer Krise befunden. Da der Kläger sich selbst nicht aus der Bürgschaftsverpflichtung habe befreien können, habe schon bei Hingabe der Bürgschaft festgestanden, dass die Bürgschaftsverpflichtung auch für den Eintritt einer Krise in der GmbH habe gelten sollen. Eine solche krisenbestimmte Bürgschaft sei wie ein krisenbestimmtes Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten mit dem Nennwert zu berücksichtigen. Dasselbe gelte für den Ausgleich des GmbH-Kontokorrentkontos.

Zwar habe die Raiffeisen-Volksbank kein Recht gehabt, ihn für die Restverbindlichkeiten der GmbH in Anspruch zu nehmen, soweit der verbürgte Betrag von 10.000 DM für das Kontokorrentkonto überschritten war. Für die darüber hinausgehende Kontoüberziehung sowie das Darlehen habe der Kläger keine Bürgschaft abgegeben. Er, der Kläger, habe die Restschuld aber dennoch ablösen müssen. Er habe seine guten Geschäftsverbindungen zur Raiffeisen-Volksbank nicht gefährden wollen. Er habe nicht ausschließen können, dass ihm bzw. der Klägerin zukünftig Nachteile, z.B. bei einer erneuten Kreditvergabe, hätten entstehen können, wenn er die GmbH-Verbindlichkeiten nicht getilgt hätte. Außerdem habe durch die dörflichen Verhältnisse im Wohnort des Klägers ein gesellschaftlicher Zwang zur Ablösung der GmbH-Verbindlichkeiten bestanden. So befinde sich die berufliche Niederlassung der Klägerin in unmittelbarer Nähe zur Raiffeisen-Volksbank. Auch die Wohnung der Kläger und der landwirtschaftliche Betrieb des Klägers befänden sich in diesem Ort. Weiterhin sei der Kläger im Ortsrat politisch tätig gewesen. Auch insoweit habe er eine soziale Ächtung befürchtet, wenn er die GmbH-Verbindlichkeiten gegenüber der Raiffeisen-Volksbank nicht übernommen hätte.

Schließlich habe ihm die Raiffeisen-Volksbank für die GmbH Kredite ohne ausreichende Sicherheiten überlassen, weil sie auf den "guten Namen" des Klägers vertraut habe. Die Übernahme der GmbH-Verbindlichkeiten sei nach alledem durch das Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst und im Rahmen des Auflösungsverlusts zu berücksichtigen.

Der als Verrechnungskonto bei der GmbH zugunsten des Klägers geführte Darlehensbetrag in Höhe von 61.955,15 EUR sei durch die Uneinbringlichkeit dieser Forderung mit dem Nennwert in den Auflösungsverlust einzubeziehen. Zwar gebe es keine schriftlichen Darlehensvereinbarungen zwischen dem Kläger und der GmbH. Der Kläger habe aber der GmbH seit dem Jahr 1998 darlehensweise immer wieder Liquidität zugeführt. Dies sei durch die Verbuchungen auf dem Verrechnungskonto dokumentiert. Die Krise der GmbH sei bereits im Jahr 2000 eingetreten. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte ein Fremder Dritter, der nicht Gesellschafter der GmbH sei, der GmbH keine Mittel mehr ohne Sicherheiten, ohne Darlehensverträge und zinslos zugeführt.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids in der Fassung des Einspruchsbescheids die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines weiteren Auflösungsverlustes nach § 17 EStG in Höhe von 81.947 EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest, ein höherer als der bisher berücksichtigte Auflösungsverlust nach § 17 EStG sei nicht anzusetzen.

Das Gericht hat die Akten der GmbH und der KG zum Verfahren beigezogen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung verständigten sich die Beteiligten insoweit tatsächlich, als sie wegen des Forderungsverlusts das Verrechnungskontos des Klägers in der GmbH betreffend nunmehr übereinstimmend von einem Betrag von 20.000 EUR als im Rahmen des § 17 EStG zu berücksichtigenden Betrag ausgehen, auf den das Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40c EStG) anzuwenden ist. Außerdem erkennt der Beklagte einen weiteren, ebenfalls dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden, Betrag in Höhe von 5.000 EUR wegen der vom Kläger für das Kontokorrentkonto der GmbH übernommenen Bürgschaft an.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nur teilweise begründet.

Im angefochtenen Bescheid ist ein Auflösungsverlust in Höhe von 42.392 EUR nach § 17 Abs. 4 EStG als Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen.

Nach ständiger Rechtsprechung setzt das Entstehen des Auflösungsgewinns oder -verlusts gemäß § 17 Abs. 2 und 4 EStG nicht nur die zivilrechtliche Auflösung voraus; erforderlich ist zudem, dass feststeht, ob und in welcher Höhe der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG wesentlich beteiligte Gesellschafter mit einer Zuteilung und Rückzahlung von Vermögen der Gesellschaft rechnen kann, sowie ferner, welche nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung anfallen und welche Veräußerungs-/Aufgabekosten er persönlich zu tragen hat. Diese Voraussetzungen sind --wie im Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91 (BStBl II 1994, 162) ausgeführt-- im Falle der Auflösung mit anschließender Liquidation häufig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation erfüllt; findet diese mangels Masse jedoch nicht statt, so ist der auf einen Zeitpunkt zu ermittelnde Auflösungsverlust bereits bei Ablehnung des Antrags auf Konkurseröffnung entstanden (BFH-Beschluss vom 27. November 1995 VIII B 16/95, BFH/NV 1996, 406).

Nach diesen Grundsätzen war wegen des Verlusts der wesentlichen GmbH-Beteiligung des Klägers im Streitjahr 2002 dem Grunde nach ein Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG als Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen. Denn das zuständige Insolvenzgericht hatte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH im Streitjahr mangels Masse abgelehnt. Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Der Höhe nach ist der Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG im angefochtenen Bescheid von bisher 29.892 EUR um 12.500 EUR auf 42.392 EUR zu erhöhen. Insoweit folgt die Erhöhung aus der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten zum Verrechnungskonto (20.000 EUR x 50 v.H. = 10.000 EUR) sowie der weiteren Anerkennung des Beklagten wegen der Bürgschaft des Klägers für das GmbH-Kontokorrentkonto (5.000 EUR x 50 v.H. = 2.500 EUR) in der mündlichen Verhandlung.

Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg.

Die Entscheidung des Beklagten, die vom Kläger wegen der Tilgung der Restverbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Raiffeisen-Volksbank geleisteten Zahlungen, nämlich die Tilgung des Darlehens und des über den verbürgten Betrag hinausgehenden Teil des Kontokorrentkontos, nicht in den Auflösungsverlust einzubeziehen, ist nicht zu beanstanden.

Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten (analog den "Veräußerungskosten" gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) sowie seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BStBl II 1999, 348), der sich der erkennende Senat anschließt, ist der Begriff der Anschaffungskosten in § 17 Abs. 2 EStG mit Rücksicht auf das die Einkommensbesteuerung bestimmende Nettoprinzip weit auszulegen. Er umfasst nicht nur die zum Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Kosten, sondern auch nachträgliche Aufwendungen des Anteilseigners, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten i.S. der §§ 9, 20 EStG noch Veräußerungskosten sind. Als nachträgliche Anschaffungskosten der wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind hiernach auch Zahlungen anzusetzen, die der Gesellschafter einer GmbH nach dem Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft ohne eine zuvor begründete Verpflichtung zur Tilgung von Verbindlichkeiten der GmbH beispielsweise mit dem Ziel leistet, den Konkurs über das Gesellschaftsvermögen abzuwenden (BFH-Beschluss vom 9. Februar 1998 VIII B 2/97, BFH/NV 1998, 955, m.w.N.).

Im Streitfall hat der Kläger zwar nach Auflösung der Gesellschaft die Rest-Verbindlichkeiten der GmbH bei der Raiffeisen-Volksbank getilgt, ohne dass eine zuvor begründete rechtliche Verpflichtung dazu bestanden hat. Entgegen der Auffassung des Klägers waren diese Tilgungen jedoch nicht durch sein Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst und führten mithin nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten seiner wesentlichen Beteiligung. Aus dem vom Kläger für seine Auffassung zitierten BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VIII R 46/98 (BFH/NV 2000, 561) ergibt sich nichts anderes. Durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zahlungen des Gesellschafters sind nach dieser Rechtsprechung dann zu bejahen, wenn die Aufwendungen (auch) der geschäftlichen Reputation oder Verwirklichung weiterer geschäftlicher Unternehmungen dienen (BFH-Urteile vom 7. Juli 1992 VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25 und vom 29. Juni 1995 VIII R 68/93, BStBl. II 1995, 722). In allen genannten BFH-Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten hatte der Gesellschafter die Aufwendungen getätigt, um den Konkurs der Gesellschaft abzuwenden und dadurch seinen guten Ruf als Kaufmann zu bewahren.

Im Streitfall hingegen liegt der Sachverhalt insofern entscheidungserheblich anders, als die GmbH insolvent geworden war und das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet werden konnte. Durch seine freiwilligen Zahlungen hat der Kläger also weder die Insolvenz der GmbH verhindert noch dienten die Aufwendungen seiner geschäftlichen Reputation oder Verwirklichung weiterer geschäftlicher Unternehmungen in Bezug auf die GmbH, also dem Gesellschaftsverhältnis.

Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung geschilderten Motive für die freiwilligen Zahlungen an die Raiffeisen-Volksbank liegen im außersteuerlichen Bereich, sie sind insbesondere nicht durch sein Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst. Soweit der Kläger die Zahlungen geleistet hat, um einer sozialen Ächtung an seinem Wohnort und im Rahmen seiner politischen Tätigkeit im Ortsrat zu entgehen, handelt es sich um Kosten der privaten Lebensführung, die nach § 12 Nr. 1 EStG nicht steuermindernd zu berücksichtigen sind. Soweit der Kläger die Zahlungen geleistet hat, um auch zukünftig mit der Raiffeisen-Volksbank eine Geschäftsbeziehung unterhalten zu können oder ggf. bessere Konditionen zu erhalten, als wenn er die freiwilligen Zahlungen nicht geleistet hätte, mögen für den Kläger wirtschaftliche Gründe eine Rolle gespielt haben. Diese stehen aber in keinem konkreten Veranlassungszusammenhang zur Einkunftssphäre der Kläger, insbesondere nicht zum Gesellschaftsverhältnis des Klägers zur GmbH.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Ende der Entscheidung

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