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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 08.01.2009
Aktenzeichen: 11 K 490/07
Rechtsgebiete: EStG, BGB, GG


Vorschriften:

EStG § 33
BGB § 1360
BGB § 1360a Abs. 3
BGB § 1613
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung von Aufwendungen für eine immunbiologische Krebsabwehrtherapie als außergewöhnliche Belastungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2006.

Der Kläger wurde im Streitjahr mit seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau H zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Im August 2006 wurde bei H eine Krebserkrankung der Bauchspeicheldrüse diagnostiziert und bereits am 21. August 2006 eine Bauchoperation zur chirurgischen Entfernung des Tumors und seiner regionären Lymphknotenmetastasen durchgeführt.

Im Anschluss an die Operation entschied sich H an Stelle der ihr von dem Krankenhaus angebotenen konventionellen Chemotherapie für eine immunbiologische Krebsabwehrtherapie mit dem Präparat Ukrain und in Kombination mit einer Sauerstoff-Mehrschritttherapie sowie einer Ozon-Sauerstoffbehandlung. Hierfür zahlten die Eheleute im Veranlagungszeitraum 2006 30.000,00 EUR an den behandelnden Hausarzt Dr. B - einem Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie und Naturheilverfahren. Mit der Behandlung wurde am 4. September 2006 begonnen. Von den im Streitjahr gezahlten Gesamtaufwendungen entfielen 15,44% auf die Sauerstoff-Mehrschritttherapie, 7,17% auf die Ozon-Sauerstoffbehandlung, 15,79% auf die verabreichten Injektionen, 54,19% auf das Präparat Ukrain, 1,61% auf das Präparat Thymoject, 5,22% auf das Präparat Ney Tumorin sowie 0,58% auf Vitamin C.

Ausweislich einer Stellungnahme des B war eine nach internationaler Therapieempfehlung in der Situation der H durchzuführende Kombinationschemotherapie infolge ihres operationsbedingt geschwächten Gesundheitszustandes und einer Tumorkachexie nicht möglich. B bescheinigte der H zudem, dass sich ihr Allgemeinzustand unter der Behandlung zunehmend verbessere und die Durchführung der immunbiologischen Krebsabwehrtherapie weiterhin medizinisch notwendig sei.

Die bei der Krankenkasse beantragte Erstattung der Aufwendungen wurde unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK) vom 14. November 2006 abgelehnt.

Eine im Rahmen des Einspruchsverfahrens vorgelegte amtsärztliche Stellungnahme vom 26. Juni 2007 erläuterte die Situation der H und stellte die kritischen Positionen in der Fachwelt in Bezug auf die durchgeführte Behandlung mit Ukrain kurz dar. Unter Hinweis auf "eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Untersuchungen ..., die den Grundlagen einer wissenschaftlichen Untersuchungsmethode durchaus entsprechen" kam der Amtsarzt zu folgendem Ergebnis:

"Diese Untersuchungen legen die Möglichkeit sehr nahe, dass Ukrain zukünftig möglicherweise eine interessante Medikation für die Onkologie werden könnte. ... Soweit sich jemand bei fraglicher Effektivität schulmedizinischer Behandlungsmöglichkeiten auch zur Vermeidung Lebensqualität reduzierender Nebenwirkungen dann für einen alternativ medizinischen Behandlungsweg einer immunbiologischen Krebsabwehrtherapie entscheidet, sehe ich amtsärztlicherseits vergleichbar die Voraussetzungen für die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung im Sinne des § 33 Einkommensteuergesetz als gegeben an."

Der Beklagte (das Finanzamt - FA) lehnte gleichwohl eine Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung sowohl im Einkommensteuerbescheid als auch in der Einspruchsentscheidung ab. Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger ist der Auffassung, die Aufwendungen für die streitgegenständliche Krebsabwehrtherapie seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne weitere Prüfung typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Es könne nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass die Ehefrau die aufgewendeten Kosten zum Zwecke der Heilung oder zumindest mit dem Ziel aufgewendet habe, die Krankheit erträglich zu machen. Es sei für sie schlichtweg nicht zumutbar gewesen, das hohe Risiko einer weiteren gesundheitlichen Verschlechterung in Kauf zu nehmen - und zwar weder durch die Durchführung einer konventionellen Chemotherapie noch durch die endgültige Einstellung weiterer Behandlungen. In ihrer Situation habe sich die Therapie mit Ukrain auch nach objektiven Maßstäben als die einzige Alternative dargestellt. Dies zeige sich letztlich auch daran, dass sich ihr Gesundheitszustand zunächst deutlich gebessert habe. Die Entscheidung für eine schonende, alternative Behandlungsmethode sei das Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung der vorhandenen Alternativen nach eingehender Beratung durch den behandelnden Internisten Dr. R gewesen.

Aus diesem Grund sei in ihrem Fall auch kein amtsärztliches Attest erforderlich. Dieses strenge Erfordernis habe der BFH im Zusammenhang mit der Anerkennung der medizinischen Notwendigkeit von Kurreisen und Bagatellkrankheiten aufgestellt. Derartige vorbeugende, der Gesundheit allgemein dienende Aufwendungen seien mit den streitgegenständlichen Aufwendungen aber gerade nicht vergleichbar.

Soweit sich der Beklagte darauf berufe, dass die amtsärztliche Stellungnahme erst nachträglich erstellt wurde, sei zu berücksichtigen, dass für H nach der Operation ein unmittelbarer Handlungsbedarf bestanden habe, um eine effiziente Krebsabwehrtherapie schnellstmöglich einzuleiten.

Hinsichtlich des im Rahmen des Klageverfahrens eingeholten Gutachtens ist der Kläger der Ansicht, den Gutachtern fehle es bereits an der auf dem Gebiet der Onkologie erforderlichen fachlichen Qualifikation. Auch werde eine immunbiologische Krebsabwehrtherapie mit Ukrain von diesen falsch interpretiert. Weiterhin sei die gutachterliche Darstellung des Präparates Ukrain irreführend und fehlerhaft. Hierbei handele es sich um ein semisynthetisches Alkaloid von der Pflanze Chelidonium majus, die seit 1968 in 142 Ländern bei onkologischen Grunderkrankungen von namhaften Spezialisten mit Erfolg in der Praxis eingesetzt werde. Auch die Ukrain-Therapie werde in Zusammenhang mit verschiedenartigen Tumorerkrankungen von namhaften Onkologen empfohlen. Weltweit gebe es etwa 150 wissenschaftliche Arbeiten und Literaturquellen über Ukrain. Angesichts der wenigen im Literaturverzeichnis von den Gutachtern zitierten Quellen bzw. Fundstellen seien diese als selektiv zu bewerten und die wissenschaftliche Objektivität insofern stark zu bezweifeln.

Die der Ehefrau nach internationaler Therapieempfehlung angebotene schulmedizinische Alternative habe weder eine Heilungschance geboten, noch hätte diese nur im Ansatz dazu beitragen können, die Folgen der Erkrankung zu mildern und ihre Lebenserwartung nennenswert zu erhöhen. Insoweit sei diese nicht akzeptierbar gewesen.

Er berufe sich schließlich auf die Abschlussauswertung einer Ukrainstudie vom Zentrum für onkologische, endokrinologische und minimalinvasive Chirurgie in Neu-Ulm. Die Studie zeige, wie sich die mediane Überlebenszeit nach der immunbiologischen Abwehrtherapie unter Einsatz von Ukrain gegenüber der traditionellen schulmedizinischen Therapie verlängere.

Abschließend sei auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98) sowie auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH VersR 1996, 1224) hinzuweisen. Das BVerfG führe dort aus, Kassenpatienten dürften Behandlungsmöglichkeiten nicht verwehrt werden, die im Vergleich zu anderen Methoden einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg versprächen. Auch der BGH habe bereits zuvor festgestellt, dass eine medizinische Notwendigkeit einer Heilbehandlung, die mit der Anwendung einer neuen, noch nicht allgemein eingeführten Methode verbunden sei, nicht mit der Begründung verneint werden dürfe, dass es bereits eine andere, allgemein anerkannte und geeignete Behandlungsmethode der vorliegenden Krankheit gebe. Diese Erwägungen seien auf den Streitfall durchaus übertragbar.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid vom 8. März 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2007 zu ändern und die Einkommensteuer derart herabzusetzen, wie sie sich bei weiterer Anerkennung von 30.000 EUR als außergewöhnliche Belastungen ergibt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass nach der Rechtsprechung vorliegend angesichts der äußerst kritischen Beurteilung einer Krebsbehandlung mit Ukrain in der Fachpresse nicht auf das Erfordernis eines amtsärztlichen Attestes verzichtet werden könne. Aus der vorgelegten Stellungnahme des Amtsarztes ergebe sich - unabhängig von deren erst nachträglichen Ausstellung - die medizinische Notwendigkeit der von H gewählten alternativen Behandlungsform aber gerade nicht. Soweit die medizinische Notwendigkeit der Behandlung von B in seiner Stellungnahme bestätigt werde, genüge dies nicht, da es an der nötigen Objektivität fehle.

Die vertretene Rechtsauffassung werde letztlich auch von dem Gutachten gestützt. So komme dieses zu dem Ergebnis, dass die Durchführung einer immunbiologischen Krebsabwehrtherapie mit Ukrain nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Erkrankung an einem Pankreaskarzinom mit regionaler Lymphknotenmetastasierung weder im Allgemeinen noch im vorliegenden Einzelfall angezeigt sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschlüssen vom 24. Juni 2008 sowie 7. Juli 2008 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens der zu Gutachtern bestellten und auf dem Gebiet der Klinischen Pharmakologie tätigen Prof. Dr. S und Dr. C.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Kosten für die immunbiologische Krebsabwehrtherapie mit Ukrain sind nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) berücksichtigungsfähig.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Aufwendungen erwachsen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

1. a) In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen.

Der BFH unterscheidet dabei zwischen unmittelbaren Krankheitskosten, die zum Zweck der Heilung und zumindest mit dem Ziel gemacht werden, die Krankheit erträglicher zu machen (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juni 1998 III R 110/93, BFH/NV 1998, 1480, m.w.N.) und solchen Aufwendungen, die lediglich allgemein der Vorbeugung oder Erhaltung der Gesundheit dienen. Bei letzteren muss regelmäßig durch ein vor Beginn der Behandlung erstelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen werden, dass es sich im konkreten Fall um eine krankheitsbedingte Heilmaßnahme handelt (vgl. BFH-Urteile vom 11. Januar 1991 III R 70/88, BFH/NV 1991, 386; vom 14. August 1997 III R 67/96, BStBl II 1997).

Ebenso hat der BFH bei Behandlungen mit Hilfe wissenschaftlich umstrittener Methoden, wie etwa Frischzellenbehandlungen, den Nachweis der medizinischen Indikation durch ein vor Beginn erstelltes amtsärztliches Attest für geboten erachtet (BFH-Urteile vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BStBl II 1981, 711; vom 11. Januar 1991 III R 70/88, BFH/NV 1991, 386).

Während bei Behandlungen, die sich im Rahmen allgemein anerkannter medizinischer Methoden halten, häufig offenkundig ist, dass es sich um Heilbehandlungen handelt, ist bei Außenseitermethoden regelmäßig nicht erkennbar, ob lediglich eine vorbeugende, der Gesundheit allgemein dienende Maßnahme oder eine Heilbehandlung vorliegt.

Der erkennende Senat schließt sich dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung an.

(1) Bei den unmittelbaren Krankheitskosten sind alle Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung typisierend als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (BFH-Urteil vom 3. Dezember 1998 III R 5/98, BStBl II 1999, 227).

Der Begriff der Heilbehandlung umfasst dabei alle Eingriffe und andere Behandlungen, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu dem Zwecke angezeigt sind und vorgenommen werden, Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern (§ 161 StGBE 1962, BR-Drucks. 200/62, S. 38).

(2) Aufwendungen für alternative Behandlungsmethoden können nach dem Vorgesagten zwar ebenfalls Krankheitskosten darstellen. Dies gilt aber nur dann, wenn sie nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt sind und vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1997 III R 84/96, BStBl II 1997, 805). Aufwendungen für Maßnahmen, denen die objektive Eignung zur Heilung oder Linderung der Krankheit mangelt, sind nicht notwendig und damit auch nicht zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG.

Wendet sie der Steuerpflichtige dennoch auf, unterfallen sie als Teil der persönlichen Lebensgestaltung dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG. § 33 EStG grenzt nur solche außergewöhnlichen Aufwendungen, die den Bereich der Einkommensverwendung betreffen, aus dem Anwendungsbereich des § 12 EStG aus, die für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sind.

Ob diese Voraussetzung zutrifft, ist anhand von objektiven Maßstäben und nicht nach der subjektiven Einschätzung des Steuerpflichtigen festzustellen, und zwar regelmäßig durch den Amtsarzt, wenn zweifelhaft ist, ob Krankheitskosten vorliegen.

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass eine immunbiologische Krebsabwehrtherapie die vorgenannten Anforderungen zur Anerkennung als Krankheitskosten nicht erfüllt.

(1) Eine typisierende Betrachtung, d.h. eine Berücksichtung der Aufwendungen für die immunbiologische Krebsabwehrtherapie mit Ukrain ohne weitere Prüfung, kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Bei der Behandlung mit Ukrain handelt es sich gerade nicht um eine allgemein anerkannte Methode. Von maßgeblichen wissenschaftlichen Fachgesellschaften sowie der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft ebenso wie der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte wird Ukrain als Mittel in der Krebstherapie abgelehnt. Es ist somit nicht offensichtlich, dass es sich um eine Heilbehandlung handelt. Das Mittel Ukrain ist zudem weder in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern zugelassen.

In Anbetracht der sehr kritischen Beurteilung von Ukrain in der Fachwelt ist nach Auffassung des Senats daher der Nachweis der medizinischen Indikation erforderlich. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der BFH seine diesbezügliche Rechtsprechung in Zusammenhang mit "Bagatellkrankheiten" aufgestellt hat. Die Schwere einer Erkrankung kann nach diesseitiger Ansicht nicht dazu führen, dass Aufwendungen für Maßnahmen, denen die objektive Eignung zur Heilung oder Linderung der Krankheit fehlt, allein aufgrund des Krankheitsbildes als zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG anzusehen sind.

(2) Die Anerkennung der für die Ukrain-Behandlung aufgewendeten Beträge scheitert nicht daran, dass der Nachweis der medizinischen Indikation nicht durch ein vor der Behandlung erstelltes amtsärztliches Attest erfolgte.

Zwar muss nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BFH die Frage, ob es sich bei Aufwendungen für eine alternative Behandlungsmethode um Krankheitskosten i.S.d. § 33 EStG handelt, regelmäßig im Vorhinein durch den Amtsarzt begutachtet werden. Allerdings hat der BFH in bestimmten Fällen ein nachträgliches Attest genügen lassen.

Angesichts der im Streitfall gegebenen Ausnahmesituation sieht es der Senat vorliegend als gerechtfertigt an, von der Regel, nach welcher der Nachweis durch ein vorher erstelltes Attest zu erfolgen hat, abzuweichen. So wurde die eigentliche Krebsdiagnose nach Schilderung des Klägers erst aufgrund der Operation erstellt. Vorherige Untersuchungen hatten insofern noch keinen Befund ergeben. In der besonderen Situation einer plötzlich diagnostizierten und zudem lebensbedrohenden Krebsdiagnose war es dem Kläger und seiner Ehefrau weder möglich noch zuzumuten, zwischen der erst in der zweiten Augusthälfte erfolgten Diagnose und der bereits Anfang September begonnenen Anschlussbehandlung einen Nachweis der medizinischen Indikation in Form eines amtsärztlichen Attests einzuholen.

Ausnahmsweise konnten der Nachweis somit noch nachträglich erbracht werden. Im Hinblick auf die Komplexität der zu beantwortenden Beweisfrage, war ein Sachverständigengutachten hierfür besser geeignet als ein - weiteres - nachträgliches amtsärztliches Attest.

(3) Die Anerkennung der Aufwendungen für die immunbiologische Krebsabwehrtherapie mit Ukrain scheitert jedoch daran, dass der Nachweis der medizinischen Indikation von dem Kläger gleichwohl nicht erbracht werden konnte.

So hat der Beklagte zunächst die im Rahmen des Veranlagungsverfahrens vorgelegte amtsärztliche Stellungnahme zu Recht als nicht ausreichend erachtet. Der Amtsarzt führt wertend zwar aus, Untersuchungen legten die Möglichkeit sehr nahe, dass Ukrain zukünftig möglicherweise eine interessante Medikation für die Onkologie werden könnte. Aufgrund dessen kommt er sodann zu der Folgerung, in dem Fall, dass sich jemand bei fraglicher Effektivität schulmedizinischer Behandlungsmöglichkeiten für einen alternativ medizinischen Behandlungsweg einer immunbiologischen Krebsabwehrtherapie entscheide, sehe er die Voraussetzungen für die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung als gegeben an. Im Ergebnis erläutert der Amtsarzt lediglich die - nachvollziehbaren - Gründe, die H zu der strittigen alternativen Therapie bewogen haben. Nachgewiesen ist die medizinische Indikation hierdurch nicht.

Der Nachweis der medizinischen Indikation wurde auch durch das während des Klageverfahrens eingeholte klinisch-pharmakologische Sachverständigengutachten nicht erbracht.

In diesem schließen sich die Gutachter der Gemeinsamen Stellungnahme der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. sowie der Dokumentation der Schweizerischen Studiengruppe für Komplementäre und Alternative Methoden bei Krebs an. Nach diesen Stellungnahmen gibt es keine einheitliche, wissenschaftlich plausible Theorie zur Wirkung des Präparats. Weiter rechtfertigen danach vorliegende präklinische Daten den Einsatz von Ukrain selbst in der klinischen Prüfung nicht. Auch vorhandene klinische Berichte erlauben wegen fehlender objektiver Kriterien keine Beurteilung der Wirksamkeit. Schließlich wird der für alle in Deutschland zugelassenen und angewendeten Arzneimittel geltende Grundsatz der Wirksamkeit, Sicherheit und Unbedenklichkeit angezweifelt.

Aufgrund dieser Feststellungen kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, infolge des unbekannten Nutzen-Risiko-Verhältnis von Ukrain stehe eine allgemeine Anwendung bei einem Pankreaskarzinom mit regionaler Lymphknotenmetastasierung außer Frage. Auch für einen individuellen Heilversuch fehle jede wissenschaftliche und ethische Grundlage.

Der erkennende Senat hat keine anders lautenden Erkenntnisse, die Anlass zu Zweifeln an dem Ergebnis des Gutachtens böten. Soweit der Kläger sich darauf beruft, den Gutachtern fehle es an der nötigen onkologischen Qualifikation, geht der Einwand ins Leere, da es sich nicht um ein onkologisches Gutachten, sondern aufgrund der Fragestellung um ein solches auf dem Gebiet der klinischen Pharmakologie handelt. Da es sich bei dem Erstgutachter Prof. Dr. S um den stellvertretenden Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie der ___ und bei der Zweitgutachterin Dr. C um eine dort tätige Assistenzärztin handelt, ist deren Expertise nicht in Frage zu stellen.

Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Gutachter hätten die "gesamte Palette der durchgeführten immunbiologischen Abwehrtherapie ... vollumfänglich falsch interpretiert" begründet er dies lediglich damit, dass "renommierte Ärzte aus dem In- und Ausland" Ukrain bei onkologischen Grunderkrankungen einsetzten und "die Ukraintherapie im Zusammenhang mit verschiedenartigen Tumorerkrankungen von namhaften Onkologen" empfohlen werde. Dies lässt außer Acht, dass die Gutachter sich u.a. auf die oben genannten Stellungnahmen von unabhängigen Fachgesellschaften bzw. der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft stützen, deren klinisch-pharmakologische und onkologische Expertise das Gericht ebenfalls nicht anzweifelt. Inwieweit sich aus der Tatsache, dass einige Ärzte Ukrain zur Tumortherapie einsetzen, die Fehlerhaftigkeit des vorliegenden Expertengutachtens ergeben soll, erschließt sich dem Senat nicht - zumal unter den aufgelisteten Ärzten bspw. ein Facharzt für Kieferorthopädie und ein Facharzt für Chirurgie, nicht aber Fachärzte für Onkologie aufgelistet sind.

Nach Erkenntnissen des Senats spiegelt das eingeholte Gutachten den derzeitigen Stand der Wissenschaft zutreffend wieder. So hat bspw. auch der ärztliche Direktor des Zentrums für Innere Medizin des Universitätsklinikums ___, Prof. Dr. A, gegenüber dem Gericht bestätigt, dass 80 Ärzte aus Deutschland, die sich in unterschiedlichen Fachgebieten mit dem Pankreaskarzinom beschäftigten, bei Erstellung der aktuellen S3-Leitlinie zum Pankreaskarzinom zu dem Ergebnis gekommen seien, für eine Anwendung von Ukrain gebe es keine Evidenz aus relevanten klinischen Studien.

Insofern ist auch die von dem Kläger herangezogene Ukrainstudie der Universität Ulm aus den Jahren 1999 bis 2001 nach heutigen Erkenntnissen nicht als Nachweis tragfähig, da diese unter dem konkreten Verdacht steht, im Sinne einer gezielt Beeinflussung zugunsten einer Überlegenheit von Ukrain verfälscht zu sein.

Schließlich ändert auch die Bezugnahme des Klägers auf die Entscheidung des BVerfG (BVerfG-Beschluss vom 6. Dezember 2005 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25) nichts an dem vorgenannten Ergebnis. In dieser Entscheidung, die zu der Frage der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für so genannte neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung ergangen ist, führt das BVerfG in seinem Leitsatz aus: "Es ist mit den Grundrechten aus Art 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht."

Das Bundessozialgericht (BSG) hat diese verfassungsrechtlichen Vorgaben näher konkretisiert und fordert folgende drei - kumulative - Voraussetzungen (z.B. BSG-Urteile vom 7. November 2006 B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190; vom 4. April 2006 B 1 KR 7/05 R, BSGE 96, 170):

Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.

Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.

Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung in Bezug auf die geforderten Voraussetzungen an.

Die von Dr. B - einem Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie und Naturheilverfahren - durchgeführte und aus mehreren Komponenten bestehende immunbiologische Krebsabwehrtherapie unter Einsatz von Ukrain als Hauptbestandteil erfüllt diese Anforderungen jedoch nicht.

So stand vorliegend - ausweislich der Bestätigung des Klägers in der mündlichen Verhandlung - grundsätzlich zunächst mit der schulmedizinischen Kombinationschemotherapie eine für die Erkrankung der Ehefrau allgemein anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung. Diese wurde der Ehefrau in einem onkologischen Gespräch seitens des zunächst behandelnden Krankenhauses ausdrücklich angeboten. Nach Bekunden des Klägers war diese schulmedizinische Behandlung insbesondere angesichts der geringen statistischen Lebenserwartung von nur wenigen Monaten nicht akzeptabel.

Nach dem Verständnis des Senats sollen die von dem BVerfG aufgestellten Grundsätze den Betroffenen auch davor bewahren, auf Kosten der Allgemeinheit mit zweifelhaften Therapien behandelt zu werden, wenn auf diese Weise eine nahe liegende, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht wahrgenommen wird (ebenso BSG-Urteil vom 7. November 2006 B 1 KR 24/06 R, BSGE 97).

Zwar hat der Kläger auch vorgetragen, die Durchführung der seiner Ehefrau angebotenen konventionellen Kombinationschemotherapie sei angesichts ihres krankheits- und operationsbedingt geschwächten Gesundheitszustandes sowie einer Tumorkachexie letztlich nicht möglich gewesen und hierfür Beweis durch Zeugnis des Dr. B sowie des die Ehefrau als Internist begleitend zur Immuntherapie betreuenden Dr. R angeboten. Diesen Beweisangeboten musste der Senat jedoch nicht nachgehen, da er insofern unterstellt, dass diese das Vorbringen des Klägers im Rahmen einer Zeugenaussage bestätigen würden.

Allerdings fehlte es in diesem Fall immer noch an dem dritten Erfordernis einer auf Indizien gestützten, nicht ganz fern liegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens spürbarer positiver Einwirkung auf den Krankheitsverlauf, wobei insofern objektivierbare Erkenntnisse, d.h. solche wissenschaftlicher Art erforderlich sind.

Insofern verweist der Senat auf seine Ausführungen in Zusammenhang mit dem eingeholten Sachverständigengutachten und den zitierten Stellungnahmen. Danach fehlt es an jedem wissenschaftlich anzuerkennenden Hinweis auf die Wirksamkeit von Ukrain als Krebsabwehrmittel. Zudem wird der Einsatz von Ukrain in der Krebstherapie von Fachleuten als ethisch fragwürdig beurteilt.

Nicht außer Acht gelassen werden darf nach Ansicht des Senats in diesem Zusammenhang auch, dass es sich bei dem Einsatz von Ukrain gerade nicht um eine neue Behandlungsmethode handelt. Nach den Erkenntnissen des Senats wurde Ukrain bereits 1978 von einem Ingenieur entwickelt, nach dem Vortrag des Klägers wird Ukrain sogar seit 1968 eingesetzt. Die Tatsache, dass sich bis heute keine wissenschaftlichen Grundsätzen entsprechende Studie findet, vielmehr von namhaften Fachgesellschaften vor dem Einsatz gewarnt bzw. der Einsatz als ethisch nicht vertretbar erachtet wird, lässt keine Bejahung der von dem BVerfG geforderten Prüfung zu, ob bei Durchführung einer Krebsbehandlung unter Einsatz von Ukrain ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Heilungserfolg bzw. zumindest eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf vorliegen (im Ergebnis ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 31. Oktober 2007 L 5 KR 2563/07, [...]).

Die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen sind insgesamt nicht abzugsfähig, da es sich um eine einheitliche Therapie handelt, wobei der Einsatz von Ukrain die entscheidende Kernkomponente der Behandlung darstellte. Bei den übrigen Komponenten wie der Sauerstoff-Mehrschritttherapie, der Ozon-Sauerstoffbehandlung oder der Verabreichung von Thymoject und Ney Tumorin handelt es sich nach diesseitigem Verständnis lediglich um - die eigentliche Ukrain-Therapie - unterstützende Maßnahmen, die im Sinne eines Gesamttherapiekonzepts untrennbar mit dieser verbunden und deshalb nicht separat auf ihre individuelle Berücksichtigungsfähigkeit als außergewöhnliche Belastungen zu beurteilen waren.

Soweit der Kläger zu einzelnen Aspekten seines Vorbringens Zeugenbeweis durch Dr. R und Dr. B angeboten hat, musste der Senat diesen Beweisangeboten nicht nachgehen, da diese Punkte für die Entscheidung nicht relevant waren und somit auch eine Bestätigung des klägerischen Vortrags durch Dr. R und Dr. B nicht zu einem anderen Ergebnis als dem hier dargestellten geführt hätte.

2. Die Aufwendungen für die immunbiologische Krebsbehandlung der Ehefrau sind dem Kläger auch nicht aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen.

Zwar sind Ehegatten nach § 1360 des Bürgerliches Gesetzbuchs (BGB) einander zum Familienunterhalt verpflichtet, wobei der Unterhaltsanspruch gemäß § 1360a Abs. 3 i.V.m. § 1613 BGB auch Kosten für eine Heilbehandlung als Sonderbedarf umfassen kann. Allerdings ist davon auszugehen, dass der durch eine Krebserkrankung entstehende notwendige Bedarf für die eigentliche Heilbehandlung durch Krankenkassen abgedeckt wird (s BFH-Urteil vom 12. Dezember 2002 III R 25/01, BStBl II 2003, 299).

3. Zuletzt sind dem Kläger die Aufwendungen für die immunbiologische Krebsbehandlung der Ehefrau auch nicht aus sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen.

Sittliche Gründe liegen nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, vor, wenn nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen ein Steuerpflichtiger sich zu der betreffenden Leistung verpflichtet halten kann (BFH-Urteil vom 22. Oktober 1996 III R 265/94, BFHE 182, 352, BStBl II 1997, 558). Dabei reicht es jedoch nicht aus, dass die Leistung menschlich verständlich ist, vielmehr muss die Sittenordnung das Handeln erfordern. Das sittliche Gebot muss vielmehr ähnlich einem Rechtszwang von außen her als eine Forderung oder zumindest eine Erwartung der Gesellschaft in der Weise in Erscheinung treten, dass die Unterlassung Nachteile im sittlich-moralischen Bereich oder auf gesellschaftlicher Ebene zur Folge haben kann (BFH-Urteil vom 22. Oktober 1996 III R 265/94, BFHE 182, 352, BStBl II 1997, 558).

Das subjektive Gefühl, verpflichtet zu sein, reicht allein nicht aus, wenn die Sittenordnung ein Handeln nicht erfordert. Auch eine Gewissensentscheidung rechtfertigt demnach nur dann die Anerkennung sittliche Gründe, wenn sie mit einer allgemein anerkannten sittlichen Pflicht in Einklang steht. Maßgeblich ist dabei ein objektiver Maßstab (allg. M. Schmidt/Drenseck, EStG, 27. Auflage 2008, § 33 Rz. 25; Blümich/Heger, EStG, § 33 Rz. 115 m.w.N.).

Nach Auffassung des Senats ist eine sittliche Verpflichtung des Klägers zu verneinen.

Die Vorschrift des § 33 EStG bezweckt, existenznotwendige Aufwendungen des Steuerpflichtigen abzudecken, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer Erfassung in allgemeinen Freibeträgen verschließen. Dementsprechend kann eine sittliche Pflicht, Aufwendungen für dritte Personen zu tragen, nur bei unabdingbar notwendigen Aufwendungen in Betracht kommen (s BFH-Urteil vom 12. Dezember 2002 III R 25/01, BStBl II 2003, 299).

Es ist zwar - insbesondere bei schweren, das Leben bedrohenden Krankheiten - nachvollziehbar, dass sich ein Steuerpflichtiger angesichts einer nach statistischen Erfahrungen geringen Lebenserwartung gegen die schulmedizinisch angebotene Behandlungsmethode und für eine alternative Therapie entscheidet. Es ist auch sittlich anerkennenswert, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Angehörige diese Behandlungen bezahlen. Eine sittliche Verpflichtung hierzu besteht aber nicht. Die Gesellschaft würde es nicht als anstößig empfinden, wenn ein naher Angehöriger sich weigerte, Aufwendungen für eine wissenschaftlich derart umstrittene und zugleich kostenintensive Behandlungsform wie der streitgegenständlichen immunbiologischen Krebsabwehrtherapie mit Ukrain zu tragen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Heilversuch mit Ukrain von der Wissenschaft als durchaus ethisch fragwürdig erachtet wird. Bei einer derartigen Beurteilung kann eine sittliche Verpflichtung, diesbezügliche Aufwendungen für eine dritte Person zu tragen, nicht bejaht werden. Die streitgegenständlichen Aufwendungen waren - verständlicherweise - aus Sicht des Klägers unabdingbar und notwendig, aus Sicht der Gesellschaft war er hierzu gleichwohl nicht sittlich verpflichtet.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

5. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Ende der Entscheidung

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