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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 07.08.2007
Aktenzeichen: 14 K 28/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 3
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

14 K 28/04

Einkommensteuer 1999 - 2002

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Personalkosten als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind verheiratet und werden vom beklagten Finanzamt (FA) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Schiffslotse im Rahmen einer Einsatzwechseltätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Er ist Mitglied der Lotsenbrüderschaft ... . Die Lotsenbrüderschaft unterhält in ... eine Außenstation, zu der auch ein Küchenbetrieb mit eigenem Personal gehört. Dieser Küchenbetrieb bietet für die Mitglieder der Lotsenbrüderschaft ... täglich unentgeltlich ein Frühstück und ein Mittagessen an. Die Betriebskosten für die Küche legte die Lotsenbrüderschaft in den Streitjahren jährlich auf ihre Mitglieder um und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der jeweilige Lotse tatsächlich in der Außenstation ... gegessen hat. Die umgelegten Betriebskosten für den Küchenbetrieb umfassen sowohl Verpflegungskosten als auch Personalkosten im Küchenbereich. Auf den Kläger legte die Lotsenbrüderschaft ... insgesamt anteilige Betriebskosten der Station ... im Streitjahr 1999 von ... DM, im Streitjahr 2000 von ... DM, im Streitjahr 2001 von ... DM und im Streitjahr 2002 von ... DM um. Von diesen Betriebskosten entfielen auf Personalkosten für den Bereich "Verpflegung" im Streitjahr 1999 1.949 DM, im Streitjahr 2000 2.412 DM, im Streitjahr 2001 2.469 DM sowie im Streitjahr 2002 1.427 Euro.

Die Kläger reichten sodann für die Streitjahre 1999 bis 2001 beim FA ihre gemeinsamen Einkommensteuererklärungen sowie die Einnahme-Überschussrechnungen des Klägers für seine Lotsentätigkeit ein. In diesen Einnahme-Überschussrechnungen berücksichtigte der Kläger als Betriebsausgaben jeweils die im Streitjahr anteilig auf ihn umgelegten Personalkosten der Station ... für den Bereich "Verpflegung" sowie Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe der gesetzlichen Pauschbeträge für seine Auswärtstätigkeit als Lotse. Für die Streitjahre 1999 und 2001 setzte das FA daraufhin gegenüber den Klägern die Einkommenssteuer zunächst, wie erklärt, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Im November ... führte das FA beim Kläger eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer vertrat u.a. die Ansicht, dass die anteilig auf den Kläger umgelegten Personalkosten für die Station ... nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt werden könnten, da der Kläger neben den Pauschbeträgen für seinen Verpflegungsmehraufwand seine tatsächlichen Verpflegungskosten nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG nicht gewinnmindernd berücksichtigen dürfe. Zu diesen Verpflegungskosten gehörten auch, so der Betriebsprüfer, die von der Lotsenbrüderschaft ... dem Kläger bescheinigten Personalkosten für den Kantinenbereich.

Nach Abschluss der Betriebsprüfung reichten die Kläger sodann beim FA für das Streitjahr 2002 ihre gemeinsame Einkommensteuererklärung sowie die Einnahme-Überschussrechung des Klägers für seine Lotsentätigkeit ein. In dieser Einnahme-Überschussrechnung berücksichtigte der Kläger, wie auch in den Vorjahren, jeweils die im Streitjahr anteilig auf ihn umgelegten Personalkosten der Station ... als Betriebsausgaben sowie Verpflegungsmehraufwendungen für seine Auswärtstätigkeit in Höhe der gesetzlichen Pauschbeträge. Das FA folgte jedoch der Auffassung seines Betriebsprüfers und setzte mit Änderungsbescheiden, jeweils vom ... gegenüber den Klägern die Einkommensteuer 1999 auf ... Euro, die Einkommensteuer 2000 auf ... Euro, die Einkommensteuer 2001 auf ... Euro fest und hob die Vorbehalte der Nachprüfung auf. Darüber hinaus setzte das FA ebenfalls mit Bescheid vom ... gegenüber den Klägern die Einkommensteuer 2002 auf ... Euro fest. In sämtlichen Bescheiden ließ das FA bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit die anteiligen Personalkosten der Station ... nicht zum Abzug zu. Gegen diese Bescheide legten die Kläger Einspruch ein. Zu Unrecht habe das FA die Personalkosten der Station ... bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt. Die Außenstation ... müsse rund um die Uhr besetzt sein. Ein Küchenbetrieb sei daher unumgänglich. Die Mitglieder der Lotsenbrüderschaft seien verpflichtet, sich an den Kosten des Küchenbereichs der Außenstation zu beteiligen. Mit Einspruchsbescheid vom ... wies das FA die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück. Nach einem Schreiben der Oberfinanzdirektion Bremen vom 17. März 1994 an die Lotsenbrüderschaft ... betreibe die Lotsenbrüderschaft in ... einen Kantinenbetrieb. Die Personalkosten für diesen Kantinenbetrieb seien, so die Oberfinanzdirektion Bremen, den Verpflegungsmehraufwendungen zuzurechnen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens der Oberfinanzdirektion Bremen wird auf Bl. ... der Gerichtsakte verwiesen. Im Streitfall, so das FA im Einspruchsbescheid, könnten daher nur die Pausbeträge des § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG und nicht zusätzlich auch noch die Personalkosten für den Küchenbereich als Betriebsausgabe berücksichtigt werden.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Kläger in der Sache ihr bisheriges Begehren weiterverfolgen. Ergänzend machen sie geltend, dass die Einschätzung der Oberfinanzdirektion Bremen, es handle sich bei dem Küchenbetrieb in der Station ... um einen Kantinenbetrieb, fehlerhaft sei.

Die Kläger beantragen,

...

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält auch im vorliegenden Klageverfahren an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

1. Zu Unrecht hat das FA bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit die Personalkosten für den Küchenbetrieb, die der Lotsenverein in den Streitjahren auf den Kläger umgelegt hat, nicht als Betriebsausgaben zum Abzug zugelassen. Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Betrieblich veranlasst sind alle Aufwendungen, die in einem tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb stehen. Dazu gehören auch alle laufenden Betriebsaufwendungen, wie z.B. gezahlte Arbeitslöhne (Schmidt/Heinicke, EStG, 26. Auflage 2007, § 4 Rdz. 481). Nach § 12 Nr. 1 EStG dürfen dagegen Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seinen Haushalt und die für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht steuermindernd berücksichtigt werden. Dazu gehören nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgt.

Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei den auf den Kläger umgelegten Personalkosten für den Küchenbetrieb der Außenstation um Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG. Diese Personalkosten sind in den Streitjahren für den Kläger betrieblich veranlasst. Der Lotsenverein ... musste seine Außenstation in ... rund um die Uhr besetzen, um, wie der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingehend erläutert hat, den Lotsenbetrieb aufrechterhalten zu können. Hierzu war es auch erforderlich, dass den Lotsen, die sich nach ihren jeweiligen Dienstplänen in der Außenstation ... aufhalten mussten, die Möglichkeit eingeräumt wird, dort ein Frühstück und ein Mittagessen einnehmen zu können. Ein Küchenbetrieb war daher für den Betrieb der Außenstation ... unumgänglich.

Dementsprechend gehen auch die Beteiligten im Streitfall sowie das Schreiben der Oberfinanzdirektion Bremen vom 17. März 1994 übereinstimmend davon aus, dass es sich bei den auf die Lotsen der Lotsenbrüderschaft ... umgelegten Personalkosten für den Bereich "Verpflegung" um Betriebsausgaben der Lotsen handelt. Zwischen den Beteiligten ist lediglich streitig, ob der Betriebsausgabenabzug gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 1 EStG zu versagen ist, da nach dieser Regelung Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen grundsätzlich zwar Betriebsausgaben sind, diese den Gewinn jedoch nicht mindern dürfen, soweit in § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 ff. EStG nichts anderes bestimmt ist. Auch nach dem Schreiben der Oberfinanzdirektion Bremen vom 17. März 1994 an die Lotsenbrüderschaft ... , auf das sich das FA im Rahmen seiner Einspruchsentscheidung berufen hat, handelt es sich bei dem auf die Lotsen der Lotsenbrüderschaft ... umgelegten Kostenbeitrag für den Kantinenbetrieb der Außenstation ... ebenfalls um betriebliche Aufwendungen der Lotsen. Dies ergibt sich daraus, dass es in dem Schreiben der Oberfinanzdirektion Bremen ausdrücklich heißt, aus Vereinfachungsgründen sei es nicht zu beanstanden, wenn der Lotse die ihm bescheinigten Kosten für den Kantinenbetrieb gleichmäßig auf seine Einsatztage verteile, wobei dann auch der nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG a.F. bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1995 erforderliche Einzelnachweis der Verpflegungsmehraufwendungen als erbracht anzusehen sei.

2. Die auf den Kläger umgelegten Personalkosten für den Küchenbetrieb der Außenstation ... sind auch, entgegen der Ansicht des FA, neben den Pauschbeträgen, die der Kläger im Rahmen seiner Einsatzwechseltätigkeit für seinen Verpflegungsmehraufwand gewinnmindernd berücksichtigt hat, als Betriebsausgaben zum Abzug zuzulassen. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 1 EStG dürfen lediglich betrieblich veranlasste Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen den Gewinn nicht mindern, soweit in § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 ff. EStG nichts anderes bestimmt ist. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 EStG wird, wenn der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig ist, für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt abwesend ist, für seinen Verpflegungsmehraufwand ein Pauschbetrag abgezogen, dessen Höhe sich nach der Abwesenheitsdauer von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt bestimmt.

Diese Regelung steht jedoch dem Abzug der auf den Kläger umgelegten Personalkosten für den Küchenbetrieb der Außenstation als Betriebsausgabe nicht entgegen. Diese Personalkosten sind schon begrifflich keine Mehraufwendungen des Klägers für seine Verpflegung im Rahmen seiner Auswärtstätigkeit, die von der Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG erfasst werden. Zwar ist der Begriff der Verpflegungsmehraufwendungen gesetzlich nicht definiert, sondern wird nur verschiedentlich im Einkommensteuergesetz erwähnt. Unter Mehraufwendungen für die Verpflegung i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG wird jedoch allgemein der zusätzliche Aufwand verstanden, der dadurch entsteht, dass der Steuerpflichtige aus Anlass der betrieblich bedingten Auswärtstätigkeit nicht an der üblichen und bekannten Stelle, z.B. im Betrieb, eine kostengünstige Mahlzeit einnehmen kann. Es wird bei dem Begriff der betrieblichen Mehraufwendungen für die Verpflegung unterstellt, dass durch die Auswärtstätigkeit Mahlzeiten an teureren Stellen eingenommen werden müssen, als dies bei der üblichen Tätigkeit im Betrieb oder in der Wohnung des Steuerpflichtigen möglich ist (Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Lfg. 1998, Stand: Oktober 1998, § 4 Anm. 1361; Albert, FR 1996 Seite 437, 439).

Nach dieser Begriffsbestimmung handelt es sich bei den auf den Kläger umgelegten Personalkosten für den Küchenbetrieb der Außenstation ... nicht um Verpflegungsmehraufwendungen i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG, da diese Kosten dem Kläger nicht im Rahmen seiner Auswärtstätigkeit dadurch entstanden sind, dass er seine Mahlzeiten an teureren Stellen eingenommen hat. Für den Kläger handelt es sich vielmehr um laufende Betriebskosten im Rahmen seiner Lotsentätigkeit, da er in den Streitjahren auch dann anteilig zur Zahlung der Personalkosten für den Kantinenbereich der Außenstation verpflichtet war, wenn er dort keine Mahlzeiten eingenommen hat. Bei dieser Sachlage können die auf den Kläger umgelegten Personalkosten für den Bereich "Verpflegung", entgegen der Auffassung des FA, nicht als ein besonderer Mehraufwand des Klägers für seine Verpflegung angesehen werden, der ihm im Rahmen seiner Aufwärtstätigkeit entstanden ist.

3. Im Streitfall kann zudem offen bleiben, ob diese Überlegungen auch für die Verpflegungskosten gelten könnten, die die Lotsenbrüderschaft ebenfalls als Kosten der Außenstation ... auf die Lotsen jährlich umgelegt hat. Der Kläger hat im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens sein Klagebegehren ausdrücklich darauf beschränkt, lediglich die auf ihn in den Streitjahren jeweils umgelegten Personalkosten als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. An dieses Klagebegehren ist das Gericht nach § 96 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden.

Die Neuberechnung der Einkommensteuer 1999 bis 2002 ist dem FA nach Maßgabe dieses Urteils gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 bis 3 FGO aufgegeben worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 FGO i.V.m. §§ 708, Nr. 10 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

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