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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 13.02.2007
Aktenzeichen: 15 K 123/03
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
AO § 182 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

15 K 123/03

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte berechtigt war, einen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr (1999) zu ändern, in dem ein festgestellter Beteiligungsverlust doppelt enthalten war.

Der Kläger (A.) ist Rechtsanwalt. Er übte seine Tätigkeit zusammen mit Rechtsanwalt B. in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: "AB-GbR") in ... aus. Daneben war der Kläger an der A., B., C.undD. GbR (im Folgenden: "ABCD-GbR") beteiligt, die seit 1. Januar 1999 in ... eine Anwaltskanzlei betrieb.

In der Feststellungserklärung der ABCD-GbR erklärten die Beteiligten u.a., dem Kläger seien negative Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 51.250 DM sowie Spenden in Höhe von 116 DM zuzurechnen. Am 25. April 2001 erging erklärungsgemäß ein erstmaliger Feststellungsbescheid.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erließ das beklagte Finanzamt (FA) am 4. Juli 2002 einen geänderten Feststellungsbescheid. In dem Bescheid wies das FA dem Kläger als Beteiligtem Nr. 5 (unter Angabe seiner Privatadresse und seiner persönlichen Einkommensteuer-Nr. ...) Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 0 DM und als Beteiligtem Nr. 3 (unter Angabe der Steuer-Nr. ... der AB-GbR) einen Verlust bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit in Höhe von 51.250 DM sowie Spenden in Höhe von 116 DM zu.

Aufgrund eines Einspruchs änderte das FA am 28. Oktober 2002 den Feststellungsbescheid. Darin führte es den Kläger nur noch einmal als Beteiligten auf und rechnete ihm mit dem Zusatz: "Herrn A. - SonderBV an der AB-GbR, Steuer-Nr. ..." negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 51.250 DM und Spenden in Höhe von 116 DM zu.

Gegenüber den Beteiligten der AB -GbR erließ der Beklagte am 12. April 2001 einen erstmaligen Feststellungsbescheid. Darin rechnete er dem Kläger unter Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 86.452 DM Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 275.575 DM sowie abzugsfähige Spenden in Höhe von 800 DM zu.

Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erließ das FA am 4. Juli 2002 einen geänderten Feststellungsbescheid, in dem es dem Kläger unter Berücksichtigung unveränderter Sonderbetriebsausgaben Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 278.371 DM und weiterhin Spenden in Höhe von 800 DM zurechnete.

Am 4. November 2002 erging - unter Hinweis auf den Feststellungsbescheid für die ABCD-GbR vom 28. Oktober 2002 - ein nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderter Feststellungsbescheid, in dem es dem Kläger zusätzliche Spenden in Höhe von 116 DM zurechnete.

Der Verlust des Klägers aus der ABCD-GbR in Höhe von 51.250 DM ist, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, zutreffend in den Sonderbetriebsausgaben der AB-GbR enthalten. In der Berichts- und Bilanzakte befinden sich eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung zur Ermittlung des Gesamthandsgewinns in Höhe von 756.956 DM und eine Gewinnermittlung für das Sonderbetriebsvermögen des Klägers, der zufolge er einen Sonderbetriebsverlust in Höhe von 35.202 DM erzielte. Darüber hinaus enthält die Berichts- und Bilanzakte unter dem Briefkopf der AB-GbR eine Ermittlung der Sonderbetriebsausgaben der Beteiligten, in der für den Kläger unter Ansatz eines Sonderbetriebsverlustes von 35.202 DM und eines Verlustanteiles aus der Beteiligung an der ABCD-GbR von 51.250 DM ein Sonderbetriebsverlust in Höhe von insgesamt 86.452 DM ermittelt wurde. Wegen der Einzelheiten wird insofern auf Blatt 46 der Berichts- und Bilanzakte Bezug genommen.

Der Kläger wird zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuerveranlagt. Die Anlage GSE des Klägers zur Einkommensteuererklärung enthielt nur die Eintragung: "AB-GbR, Steuer-Nr. ..., wird nachgereicht". Das FA erließ am 20. November 2000 einen erstmaligen Einkommensteuerbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung. Bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers setzte das FA einen Betrag in Höhe von 253.771 DM (hiervon 228.771 DM für die AB-GbR entsprechend dem Vorjahr und 25.000 DM für die ABCD-GbR entsprechend einer ESt 4b-Mitteilung für Vorauszahlungszwecke) an.

Das FA änderte den Bescheid am 15. März 2001. Am 31. Januar 2002 erließ es unter Hinweis auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und § 164 Abs. 2 AO erneut einen geänderten Einkommensteuerbescheid und hob gleichzeitig den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Als Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit erfasste es 224.325 DM. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Summe der mitgeteilten Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 275.575 DM für die AB-GbR und ./.51.250 DM für die ABCD-GbR. Daneben berücksichtigte das FA die in den beiden Feststellungsbescheiden dem Kläger zugerechneten Spenden in Höhe von 916 DM. Anlass der Änderung waren ESt 4b-Mitteilungen vom 12. April 2001 für die AB-GbR und vom 25. April 2001 für die ABCD-GbR.

Am 4. Juli 2002 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid. Die Änderung erfolge gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wegen der Mitteilung des zuständigen FA über (Beteiligungs-) Einkünfte. In dem Bescheid setzte das FA Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 278.371 DM und Spenden aus Beteiligungen in Höhe von 916 DM an.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Das FA sei nicht zu einer Änderung des Einkommensteuerbescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO berechtigt gewesen. Die Feststellung für die ABCD-GbR weise für den Kläger nach wie vor einen Beteiligungsverlust in Höhe von 51.250 DM aus. Insofern sei die Feststellung nicht geändert worden. Der Kläger habe bereits mit Schreiben vom 12. Januar 2001 darauf hingewiesen, dass ein Beteiligungsverlust in Höhe von 51.250 DM bei der AB-GbR berücksichtigt worden sei, weil es sich bei der Beteiligung an der ABCD-GbR um notwendiges Sonderbetriebsvermögen des Klägers im Rahmen seiner Beteiligung an der AB-GbR handele.

Mit Einspruchsbescheid vom 11. März 2003 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Eine Änderungsbefugnis ergebe sich aus § 174 Abs. 2 AO. Nach dieser Vorschrift sei ein fehlerhafter Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern, wenn ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zu Ungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen. Abs. 1 gelte sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zu Gunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist. Der fehlerhafte Steuerbescheid dürfe jedoch nur geändert werden, wenn die doppelte Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen und die Fehlerhaftigkeit nicht überwiegend vom FA verursacht worden ist. Dieses sei vorliegend der Fall. Die doppelte Berücksichtigung gehe auf Anträge des Klägers zurück. So habe er in der Feststellungserklärung der ABCD-GbR die Einkommensteuer-Nr. statt der Steuer-Nr. der AB-GbR angegeben. Gleichzeitig seien die streitigen Einkünfte in der Feststellungserklärung der AB-GbR ebenfalls erklärt worden. Daher habe der Kläger den für die Besteuerung erheblichen Sachverhalt vor Erlass des fehlerhaften Steuerbescheides nicht vollständig und richtig dargestellt habe. Die doppelte Berücksichtigung der Verluste im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung sei daher nicht auf ein überwiegendes Fehlverhalten des FA zurück zu führen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Einspruchsbegründung wird auf den Einspruchsbescheid (Blatt 4 bis 9 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Hiergegen hat der Kläger form- und fristgerecht Klage erhoben. Das FA sei mangels Rechtsgrundlage nicht berechtigt gewesen, den Einkommensteuerbescheid vom 31. Januar 2002 zu ändern.

Die Voraussetzungen § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO hätten nicht vorgelegen. Nach Ergehen des Abhilfebescheides vom 28. Oktober 2002 für die ABCD-GbR werde der Kläger nur noch einmal als Beteiligter dieser GbR. Der zugewiesene Verlust entspreche den bisherigen Feststellungen. Insofern weise der geänderte Grundlagenbescheid keine Abweichungen von dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid auf.

Entgegen der Auffassung der Beklagte lägen auch die Voraussetzungen des § 174 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 AO nicht vor. So gehe die doppelte Berücksichtigung des Verlustes an der ABCD-GbR nicht auf Anträge des Einspruchsführers zurück. Im Rahmen der Feststellungserklärungen für die AB-GbR sei der Verlustanteil an der ABCD-GbR zutreffend berücksichtigt worden. In der Feststellungserklärung der ABCD-GbR sei zwar in der Tat für ihn als Beteiligtem die Einkommensteuer-Nr. angegeben worden. Diese Eintragung sei aber keineswegs als Antrag des Steuerpflichtigen zu werten. So sei der eingereichten Erklärung ein Erläuterungsschreiben (Blatt 22 der Gerichtsakte) beigefügt. Daraus ergebe sich, dass der Verlust des Klägers bereits in der Feststellungserklärung für die AB-GbR zu Gunsten des Klägers berücksichtigt werde.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid vom 4. Juli 2002 und den hierzu ergangenen Einspruchsbescheid vom 11. März 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Klagabweisungsantrages bezieht er sich auf die Begründung des Einspruchsbescheides.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid vom 4. Juli 2002 ist rechtmäßig. Das FA war berechtigt, den Einkommensteuerbescheid vom 31. Januar 2002 gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO in dem vorgenommenen Umfang zu ändern.

Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid erlassen, aufgehoben oder geändert wird, dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt. Diese spezielle Berichtigungsnorm dient zum einen dazu, die vom Grundlagenbescheid ausgehende Bindungswirkung ( § 182 Abs. 1 AO) verfahrensrechtlich zur Geltung zu bringen (vgl. BFH Urteil vom 9. September 1988 III R 253/84, BFH/NV 1989, 138); zum anderen trägt sie der von der Bindungswirkung ausgehenden Kompetenzverteilung im Verwaltungsverfahren Rechnung (vgl. BFH Urteil vom 25. Juni 1991 IX R 57/88, BFHE 164, 502, BStBl II 1991, 821).

Diese Bindungswirkung beinhaltet, dass das für den Erlass eines Folgebescheids zuständige FA verpflichtet ist, die Folgerungen aus dem Grundlagenbescheid zu ziehen. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO begründet eine "absolute Anpassungsverpflichtung". Die Vorschrift stellt die Anpassung des Folgebescheids mithin nicht in das Ermessen der Finanzbehörden. Sie bezweckt die Ermittlung und Festsetzung der zutreffenden Steuer, wobei sie der materiellen Richtigkeit des Folgebescheids den Vorrang vor der Bestandskraft eines bereits ergangenen Folgebescheids einräumt (BFH Urteil vom 29. Juni 2005 X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749 m.w.N.).

Insofern unterscheidet sich § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO von anderen Änderungsvorschriften wie z.B. § 173 AO, durch die die Bestandskraft von Bescheiden nur in genau bezeichneten Ausnahmefällen durchbrochen werden kann. Dass demgegenüber § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO dem Vertrauensschutz eine geringere Bedeutung beimisst, ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen Grundlagen- und Folgebescheid. Eines Vertrauensschutzes bedarf es nicht, wenn bereits ein Grundlagenbescheid ergangen ist und der Steuerpflichtige mit einer Auswertung dieses Grundlagenbescheids in einem Folgebescheid rechnen muss. Nach der Aufgabe, die das Gesetz dem Grundlagenbescheid zugedacht hat, soll dieser dem Folgebescheid in verbindlicher Weise bestimmte Besteuerungsgrundlagen zuführen. Solange diese Besteuerungsgrundlagen im Folgebescheid nicht (oder nicht vollständig) berücksichtigt sind, ist die dem Grundlagenbescheid zugedachte Aufgabe nicht erfüllt (vgl. BFH Urteil vom 29. Juni 2005 X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749 m.w.N.).

Diese Grundsätze gelten nicht nur, wenn aus dem zunächst nicht oder fehlerhaft ausgewerteten Grundlagenbescheid später noch die zutreffenden Folgerungen im Folgebescheid gezogen werden, sondern auch dann, wenn ein zunächst nicht ausgewerteter Grundlagenbescheid später geändert wird und das FA aus dem Änderungsbescheid die gebotenen Konsequenzen ziehen möchte. Es ist kein Grund ersichtlich, in Fällen, in denen der Finanzbehörde bei der Auswertung eines Grundlagenbescheids ein Anpassungsfehler unterlaufen ist, von einem "Verbrauch" der Änderungsmöglichkeit auszugehen. Aus dem Wortlaut des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO kann eine solche Einschränkung der Änderungsmöglichkeit nicht hergeleitet werden. Die in der Formulierung "soweit" in § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zum Ausdruck kommende Einschränkung zeigt lediglich, dass die Anpassung des Folgebescheids an den Grundlagenbescheid nicht die Wiederaufrollung der gesamten Steuerveranlagung rechtfertigt, sondern die Anpassungspflicht nur so weit reicht, wie es die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids verlangt. Aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich vielmehr, dass eine Änderung des Folgebescheids zur Herbeiführung eines materiell richtigen Ergebnisses selbst dann geboten ist, wenn sie dazu dient, eine zuvor versäumte Anpassung des Folgebescheids nachzuholen. Dies gilt auch, soweit Grundlage für die Anpassung des Folgebescheids der geänderte Grundlagenbescheid ist, denn dieser hat den ursprünglichen Bescheid in sich aufgenommen und insoweit dessen Suspendierung bewirkt (vgl. BFH Urteil vom 29. Juni 2005 X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749 m.w.N.).

Die Pflicht des FA zur Änderung des Folgebescheids richtet sich deshalb in diesen Fällen nach dem geänderten Grundlagenbescheid. In diesem Rahmen bleibt es - unabhängig von früheren Auswertungsversäumnissen oder Anpassungsfehlern - bei der Verpflichtung des FA zur Änderung des Folgebescheids (vgl. BFH Urteil vom 29. Juni 2005 X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749 m.w.N.).

Ebenso ist ein Folgebescheid zu ändern, wenn - wie im Streitfall - aus einem Grundlagenbescheid vermeintlich mit Bindungswirkung für jenen Folgebescheid getroffene, in Wahrheit aber nicht mit solcher Wirkung versehene Feststellungen übernommen worden sind (vgl. BFH Urteil vom 10. Juni 1999 IV R 25/98, BFHE 188, 548, BStBl II 1999, 545).

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze war das FA berechtigt und verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid vom 31. Januar 2002 gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO an den Feststellungsbescheid der AB-GbR vom 4. Juli 2002 anzupassen.

In diesem Feststellungsbescheid stellte der Beklagten gegenüber den beiden Beteiligten der AB-GbR die aus ihrer gemeinsamen Anwaltstätigkeit erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie die abzugsfähigen Spenden als damit zusammenhängende Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 179 Abs. 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO einheitlich und gesondert fest und rechnete dem Kläger hiervon anteilig Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 278.371 DM und Spenden in Höhe von 800 DM zu.

In dem Feststellungsbescheid berücksichtigte das FA zu Recht sämtliche Sonderbetriebs-einnahmen und Sonderbetriebsausgaben der Beteiligten. Denn notwendiger Bestandteil eines einheitlich und gesonderten Feststellungsverfahrens sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH auch die Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebs-ausgaben (vgl. BFH Beschluss vom 11. April 2005 GrS 2/02 BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679 , unter C 3 b bb m.w.N. , Urteil vom 11. September 1991 XI R 35/90, BFHE 165, 336, BStBl II 1992, 4 m.w.N.). Dabei oblag es der Entscheidungskompetenz des FA im Rahmen des Feststellungsverfahrens der AB-GbR, die Beteiligung des Klägers an der ABCD-GbR seinem Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen. Durch die Erfassung der Beteiligung als Sonderbetriebsvermögen wurde der Feststellungsbescheid für die ABCD-GbR vom 4. Juli 2002 hinsichtlich der dem Kläger darin zugerechneten Besteuerungsgrundlagen Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung für den Feststellungsbescheid der AB-GbR als Folgebescheid. Die auch in dem Feststellungsbescheid der AB-GbR vom 4. Juli 2002 durch Ansatz der dem Kläger zugerechten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus seiner Beteiligung zum Ausdruck gekommene Zuordnung entfaltet Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid des Klägers als Folgebescheid dieses Feststellungsbescheides.

Die Zuordnung der Beteiligung des Kläger an der ABCD-GbR zum Sonderbetriebsvermögen hat nicht positiv nur zur Folge, dass der Feststellungsbescheid für die ABCD-GbR vom 4. Juli 2002 hinsichtlich der dem Kläger darin zugerechneten Besteuerungsgrundlagen Bindungswirkung für den Feststellungsbescheid der AB-GbR hat, sondern es folgt daraus auch in negativer Hinsicht, dass der Bescheid keine Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid entfaltet.

In dem Einkommensteuerbescheid des Klägers vom 31. Januar 2002 waren die mit Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid festgestellten Besteuerungsgrundlagen nicht in der festgestellten Höhe berücksichtigt. So waren als Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit dort 224.325 DM, nämlich 275.575 DM für die AB-GbR) und ./.51.250 DM für die ABCD-GbR), anstelle der festgestellten Einkünfte in Höhe von 278.371 DM angesetzt.

Aufgrund dieser Divergenz war das FA gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO berechtigt und verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid an den Feststellungsbescheid der AB-GbR vom 4. Juli 2002 anzupassen. Der Umstand, dass das FA bereits in dem Einkommensteuerbescheid vom 31. Januar 2002 negative Einkünfte Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 51.250 DM aus seiner Beteiligung an ABCD-GbR erfasst hatte, beschränkt die Änderungsbefugnis des Klägers nicht. Denn § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO beinhaltet eine umfassende Anpassungspflicht, die nur durch die Bindungswirkung des Grundlagenbescheides - hier des Feststellungsbescheides für die AB-GbR - begrenzt wird.

Soweit der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid Spenden des Klägers aus Beteiligungen in Höhe von 916 DM anstelle der zu diesem Zeitpunkt - noch - festgestellten 800 DM berücksichtigte, ist dieser Ansatz durch den geänderten Feststellungsbescheid für die AB-GbR vom 4. November 2002, der den Feststellungsbescheid vom 4. Juli 2002 ersetzt hat, gedeckt. Im Übrigen wäre das Gericht auch unter dem Gesichtspunkt der im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden reformatio in peius gehindert, den Bescheid zum Nachteil des Klägers abzuändern.

Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids steht nicht entgegen, dass der Beklagte in der Einspruchsentscheidung die Auffassung vertreten hat, zu der Änderung nach § 174 Abs. 2 AO, nicht aber nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO berechtigt gewesen sei. Denn insofern handelt es sich nur um eine rechtliche Begründung der Entscheidung. Maßgebend ist allein, dass die Änderung tatsächlich zu Recht erfolgt ist (vgl. z.B. BFH Urteile vom 24. März 1981 VIII R 85/80, BStBl. II 1981, 778, und vom 10. Juni 1999 IV R 25/98, BStBl. II 1999, 545).

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat der Klägerin als unterlegener Beteiligter zu tragen, § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nach § 115 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.



Ende der Entscheidung

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