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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 08.12.2005
Aktenzeichen: 16 K 20544/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob das Rechtsinstitut der sogenannten mittelbaren Grundstücksschenkungen auch bei Rücklagen gemäß § 6 b Abs. 3 EStG zur Anwendung kommt.

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erwarb mit notariellem Vertrag vom 16. Oktober 1997 von seinem Vater RK im Wege der vorweggenommenen Erbfolge einen landwirtschaftlichen Betrieb. Sowohl der Vater als auch der Kläger sind bilanzierende Landwirte.

Im Zusammenhang mit Grund- und Bodenverkäufen in den Wirtschaftsjahren 1994/1995 und 1995/1996 hatte der Vater des Klägers Rücklagen gemäß § 6 b Abs. 3 EStG in Höhe von 2.745.475,61 DM und 52.145,- DM gebildet. § 2 des Hofübergabevertrages bestimmt, dass diese Rücklagen an den Übernehmer übergeben werden.

Mit Vertrag vom 17. Oktober 1997 erhielt der Kläger von seinem Vater eine Schenkung in Höhe von 1,64 Mio. DM unter der Auflage, das Geld zum Kauf des landwirtschaftlichen Betriebes von Herrn RH sowie zum Kauf von weiteren 2 ha Land im Flurbereinigungsverfahren zu verwenden. Mit Kaufvertrag vom 17. Oktober 1997 erwarb der Kläger den entsprechenden Betrieb zum Preis von 1.482.000,- DM zuzüglich Nebenkosten; mit Vertrag vom 19. Mai 1998 die übrigen Flächen zu einem Preis von 51.561,- DM. Für die Grundstückserwerbungen wurden einschließlich Nebenkosten 1.633.302,10 DM aufgewandt. Die Differenz zu dem Schenkungsbetrag von 1,64 Mio. DM hat der Kläger nicht zurückgezahlt.

Mit weiterem Vertrag vom 29. Januar 1998 erteilte der Vater dem Kläger das Versprechen, ihm schenkweise einen Betrag von 1,46 Mio. DM zu überlassen unter der Auflage, den Schenkungsbetrag zum Ankauf von Landwirtschaftsflächen des Herrn EU sowie des etwaigen Restes für Flächen der Frau LLA oder alternativ von Gütern, die nach § 6 b EStG begünstigt sind zu verwenden. Am gleichen Tage erwarb der Kläger von Herrn EU den Betrieb für 1,29 Mio. DM. Von der zugesagten Schenkung wurden lediglich 1,32 Mio. DM vom Vater an den Kläger gezahlt.

Der Kläger übertrug die vom Vater übernommenen Rücklagen gemäß § 6 b EStG auf die beiden neuen landwirtschaftlichen Betriebe (Hof RH 1.266.217,30 DM; Hof EU 1.305.385,78 DM; Flächen Flurbereinigung 51.561,- DM) sowie auf weitere Maschinenkäufe (125.758,75 DM). Mit Bescheiden vom 3. März 1999 und 19. April 2000 veranlagte der Beklagte die Kläger jeweils erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer 1997 und 1998.

In der Zeit vom 26. Februar bis zum 29. November 2001 fand beim Kläger eine Außenprüfung statt. Der Prüfer stellte sich auf den Standpunkt, dass der Kläger die Betriebe RH und EU sowie die im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens erworbenen Flächen im Wege mittelbarer Grundstücksschenkungen von seinem Vater erhalten habe. Er habe deshalb insoweit keine Anschaffungskosten getragen. Dies habe zur Folge, dass die vom Vater gebildete § 6 b-Rücklage nach Ablauf der Reinvestitionsfrist mit Verzinsung zwangsweise aufzulösen sei.

Mit Datum vom 28. März 2002 änderte der Beklagte die Einkommensteuerbescheide 1997 - 1999 jeweils gemäß § 164 Abs. 2 AO. Darin berücksichtigte er die Auflösung und Verzinsung der § 6 b-Rücklage und im Gegenzuge Abschreibungen auf die hinzu erworbenen Wirtschaftsgüter. Für die Wirtschaftsjahre 1997/98 und 1998/99 ergaben sich so Gewinnerhöhungen um 3.229.144,- DM bzw. 7.768,- DM. Hinsichtlich der - zwischen den Beteiligten unstreitigen - rechnerischen Ermittlung im Einzelnen wird auf die Anlagen zum Betriebsprüfungsbericht verwiesen.

Der gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

Im Klageverfahren vertreten die Kläger die Auffassung, dass der Ehemann die erworbenen Grundstücke nicht vom Vater im Rahmen des § 7 Abs. 1 EStDV übernommen und auch nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG eingelegt, sondern selbst angeschafft habe. Zivilrechtlich sei der Kläger Vertragspartner bei Abschluss der Grundstückskaufverträge gewesen. Er sei Käufer und somit Erwerber und auf ihn sei das Eigentum übertragen worden. Als Beteiligter der Kaufverträge hätte ihn die Pflicht getroffen, den Kaufpreis zu zahlen. Weil der Kläger den Kaufpreis gezahlt habe, sei die Anschaffung auch entgeltlich. Dabei spiele es keine Rolle, wie der Kläger den Kaufpreis finanziert habe. Aus diesem Grunde habe der Kläger die Grundstücke unmittelbar vom Verkäufer in sein Betriebsvermögen erworben und dafür Anschaffungskosten in Höhe der Kaufpreise aufgewendet.

Diese zivilrechtliche Betrachtung werde nicht durch das für die Erbschaftsteuer entwickelte Rechtsinstitut der mittelbaren Grundstücksschenkung verdrängt. Zwar sehe die Rechtsprechung für Schenkungssteuerzwecke unter bestimmten Voraussetzungen eine Geldschenkung unter Auflage als Grundstücksschenkung an. Der Grund für diese Beurteilung liege in der unterschiedlichen Bewertung für Erbschafts- und Schenkungssteuerzwecke. Geschenkte Geldbeträge würden mit dem Nennwert angesetzt, geschenkte Grundstücke seien bis zum 31.12.1995 mit dem Einheitswert, und danach mit dem Bedarfswert zu bewerten. Ohne das Rechtsinstitut der mittelbaren Grundstücksschenkung müsste der Schenker zunächst selbst das Grundstück erwerben und dann in einem zweiten Übertragungsvorgang verschenken, um die günstige Bewertung zu erreichen. Dieser umständliche Weg solle durch das Institut der mittelbaren Grundstücksschenkung erspart werden.

Diese Betrachtung könne nicht ohne weiteres auf die Einkommensteuer übertragen werden. Zwar werde das Institut der mittelbaren Grundstücksschenkung auch im Falle des § 10 e EStG angewandt. Dagegen sei es z. B. für die AfA gemäß § 7 EStG gleichgültig, ob der Steuerpflichtige für ein Grundstück eigene Anschaffungskosten habe oder ob sie beim Rechtsvorgänger angefallen seien. Auch bei der Anwendung der §§ 6 b, 6 c EStG gäbe es keine sachliche Begründung dafür, einem Grundstück die Eignung als Reinvestitionsobjekt im Sinne von § 6 b Abs. 1 Satz 2 EStG zu versagen, wenn schenkungssteuerrechtlich die Voraussetzung einer mittelbaren Grundstücksschenkung vorliegen würden. Der Zweck des § 6 b EStG werde auch bei der mittelbaren Grundstücksschenkung erfüllt, denn die durch Grundstücksveräußerung erworbenen Finanzmittel würden vom Betriebsinhaber zur Anschaffung von § 6 b Abs. 1 Satz 2 EStG als begünstigt aufgezählten Wirtschaftsgütern verwendet. Die zwischendurch eingetretene Übertragung im Sinne von § 7 Abs. 1 EStDV sei wegen der einkommenssteuerlichen Rechtsnachfolge, die auch die Rücklagen gemäß § 6 b Abs. 3 EStG umfasse, unschädlich.

Aus Sicht des § 6 b EStG wäre es bloßer, dem Gesetzeszweck widersprechender Formalismus, die Anschaffung eines Reinvestitionsgutes durch den Steuerpflichtigen zu verneinen, wenn er von seinem Vater die für Bezahlung der Anschaffungskosten erforderlichen Geldbeträge ganz oder teilweise mit der Auflage geschenkt erhalte, sie für die Anschaffung zu verwenden. Im Gegenteil stelle der Schenker dadurch sicher, dass die geschenkten Beträge auch tatsächlich für den gesetzlich begünstigten Zweck der Reinvestition gemäß § 6 b Abs. 1 EStG verwendet würden. Es gäbe deshalb keinen Grund, die mittelbare Grundstücksschenkung bei § 6 b EStG gegenüber der Geldschenkung ohne Auflage zu benachteiligen.

Auch der Übergang der Rücklage gemäß § 6 b Abs. 3 EStG auf den unentgeltlichen Erwerber mit der daran gebundenen Reinvestitionspflicht zur Vermeidung der steuerpflichtigen Auflösung spreche dafür, die Verwendung der im Zusammenhang mit dem Übergang der Rücklage übertragenen Gelder nicht unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Grundstücksschenkung zu benachteiligen. Der Rücklagenübergang trete im Übrigen auch ein, wenn dies nicht im Übergabevertrag geregelt sei, denn dabei handele es sich um eine gesetzliche Rechtsfolge der unentgeltlichen Übertragung. Der diesbezügliche Hinweis in der Einspruchsentscheidung des Beklagten, dass der Übergang der Rücklage vereinbart worden sei, sei ohne Bedeutung: Auch ohne eine solche Vereinbarung wären die Rücklagen übergegangen.

Bei dem Betriebsübergang gemäß § 7 Abs. 1 EStDV trete der Erwerber hinsichtlich des § 6 b EStG vollumfänglich in die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers ein. Deshalb könnten entweder der Rechtsvorgänger oder der Rechtsnachfolger Reinvestitionen im Sinne von § 6 b Abs. 1 EStG durchführen und darauf die Rücklagen übertragen. Der Betriebsübergang gemäß § 7 Abs. 1 EStDV brauche nach der Rechtsprechung des BFH nicht an einem einzigen Tag stattfinden, sondern könne zeitlich gestreckt werden und somit in mehreren Übertragungsakten erfolgen. Der BFH habe einen maximalen Zeitraum von 24 Monaten anerkannt. Würde man deshalb die Anschaffung der Grundstücke noch dem Vater des Klägers zurechnen, bei dem die erworbenen landwirtschaftlichen Grundstücke Betriebsvermögen wären und sie dann im Rahmen des § 7 Abs. 1 EStDV zum Buchwert auf den Kläger übergehen lassen, müsste auch der Vater noch die Gewinnübertragung gemäß § 6 b Abs. 1 und 3 EStG im Umfang der angefallenen Anschaffungskosten vornehmen können. Eine andere Beurteilung wäre im Zusammenhang mit der Behandlung der § 6 b EStG-Rücklage bei unentgeltlichen Betriebsübergängen gemäß § 7 Abs. 1 EStDV nicht verständlich. Nur der vom Rechtsvorgänger bis zur vollständigen Betriebsübertragung nicht verbrauchte, d. h., investierte Rücklagenbetrag gehe auf den Hofübernehmer über. Die Rechtsfolge des schrittweisen Betriebsübergangs, wonach der Rechtsvorgänger auf von ihm durchgeführte Investitionen Gewinnübertragungen nach § 6 b Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 3 EStG vornehmen könne, sei zwingende Konsequenz einer anzuerkennenden schrittweisen Hofübertragung zum Buchwert.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuer 1997 insoweit zu ändern, als die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit 92.906,- DM zum Ansatz kommen und die Einkommensteuer 1998 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit 84.829,- DM berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die vom Vater übernommene § 6 b-Rücklage aufzulösen sei. Gemäß § 6 b Abs. 3 EStG könne ein Steuerpflichtiger eine nach dieser Vorschrift gebildete Rücklage auf die Anschaffungskosten bestimmter Wirtschaftsgüter übertragen. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass ein Reinvestitionsgut vom Steuerpflichtigen selbst "angeschafft" werde. Eine Anschaffung sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung immer dann anzunehmen, wenn ein Wirtschaftsgut im Austausch mit einer Gegenleistung - also entgeltlich - erworben werde. Es müssten somit Anschaffungskosten vorliegen. Ein unentgeltlicher Erwerb erfülle nicht das Tatbestandsmerkmal der Anschaffung. Solch ein unentgeltlicher Erwerb liege auch bei der mittelbaren Grundstücksschenkung vor. Entgegen der Ansicht der Kläger seien die landwirtschaftlichen Betriebe nicht selbst entgeltlich angeschafft worden, sondern sie hätten diese vom Vater im Rahmen mittelbarer Grundstücksschenkungen erhalten. Dieses Rechtsinstitut erfasse die Hingabe von Geld zum Erwerb eines ganz bestimmten Grundstückes oder zur Errichtung eines Gebäudes. Diese Kriterien seien im Streitfall erfüllt, da in den Schenkungsverträgen eindeutige Vereinbarungen bezüglich der Verwendung der Geldmittel zum Kauf bestimmter Grundstücke getroffen worden seien.

Die von der Rechtsprechung im Schenkungssteuerrecht entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Grundstücksschenkung seien entsprechend im Ertragssteuerrecht zu beachten. Diese Urteile seien zwar im Zusammenhang mit § 10 e EStG ergangen, jedoch stelle der BFH in seinen Ausführungen klar, dass der Gesichtspunkt der individuellen Belastung im Ertragssteuerrecht bis auf wenige Ausnahmen nicht vernachlässigt werden dürfe. Ein entgeltlicher Erwerb hätte im Fall nur stattgefunden, wenn der Kläger die Geldbeträge zunächst ohne Auflage geschenkt erhalten hätte und daran im Anschluss die Betriebe erworben hätte. Die Schenkung von Geldbeträgen hätte aber aus schenkungssteuerrechtlichen Gründen gerade vermieden werden sollen. In § 2 des Hofübergabevertrages sei ausdrücklich festgelegt, dass auch die vom Übergeber nach Verkauf von Bauland gemäß § 6 b EStG gebildeten Rücklagen im Rahmen der unentgeltlichen Betriebsübertragung an den Übernehmer übergeben werden sollten. Dieser habe als Rechtsnachfolger gemäß § 7 EStDV auch hinsichtlich der Rücklagen die Buchwerte des Rechtsvorgängers fortzuführen gehabt. Eine Übertragung der Rücklagen nach dem 1. Oktober 1997 durch den Betriebsübergeber auf von ihm angeschaffte Wirtschaftsgüter sei daher nicht möglich. Der entgeltliche Erwerb und damit die Anschaffungskosten der Betriebe EU und RH seien zwar dem Schenker und somit dem Betriebsübergeber zuzurechnen, jedoch habe dieser wegen der zwischenzeitlichen Betriebsübergabe keine Möglichkeit der Rücklagenübertragung gehabt. Aus diesen Gründen hätte eine Rücklagenübertragung gemäß § 6 b Abs. 3 EStG versagt werden müssen. Die Rücklagen seien nach Ablauf der Reinvestitionsfristen zutreffend erfolgswirksam aufgelöst worden.

Gründe

Die Klage ist begründet.

1. Der Kläger kann die stillen Reserven der vom Vater in den Wirtschaftsjahren 1994/95 und 1995/96 veräußerten Grundstücke nach § 6 b Abs. 3 EStG auf die im Wirtschaftsjahr 1997/98 erworbenen Reinvestitionsgüter übertragen.

Gem. § 6 b Abs. 3 EStG können Steuerpflichtige, wenn sie bei Veräußerung in § 6 b Abs. 1 Satz 1 EStG aufgeführter Wirtschaftsgüter eine gewinnmindernde Rücklage gebildet haben, von den Anschaffungs oder Herstellungskosten bestimmter in § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG genannter Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt worden sind, einen Betrag bis zur Höhe der Rücklage abziehen. Im Gegenzuge ist die Rücklage insoweit aufzulösen. Sind keine Reinvestitionsgüter angeschafft oder hergestellt worden und ist die Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden, so ist sie nach § 6 b Abs. 3 Satz 5 EStG in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen.

Im Streitfall hat der Kläger mit den Höfen RH und EU sowie der Flurbereinigungsflächen innerhalb der Reinvestitionsfrist von 4 Jahren geeignete Reinvestitionsgüter erworben. Der Kläger hat für den Erwerb der Wirtschaftsgüter auch Anschaffungskosten aufgewandt, so dass er die zunächst in der Rücklage nach § 6 b EStG gebundenen stillen Reserven aus dem früheren Verkauf von Grundstücksflächen auf die Reinvestitionsgüter übertragen kann.

Anschaffungskosten sind nach der Legaldefinition des § 255 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB), die auch für das Steuerrecht maßgebend ist, die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Der Kläger - und nicht sein Vater - hat die notariellen Kaufverträge mit den Grundstücksverkäufern abgeschlossen; er schuldete den Kaufpreis und hat in Erfüllung dieser Zahlungsverpflichtung die Kaufpreisschuld geleistet. Damit hat der Kläger Anschaffungskosten für den Erwerb der Grundstücke getragen. Wie der Erwerber eines Wirtschaftsguts die dafür aufgewandten Anschaffungskosten finanziert, ist hingegen für die Frage des Vorliegens von Anschaffungskosten grundsätzlich nicht relevant.

Allerdings vertritt der BFH für bestimmte Subventionsnormen (§ 10 e EStG, Eigenheimzulage, Fördergebietsgesetz) die Auffassung, dass ein unentgeltlicher Erwerb und damit keine Anschaffung vorliege, wenn der Steuerpflichtige ein Grundstück im Wege der sogenannten mittelbaren Grundstücksschenkung erwerbe (BFH Urteil vom 8. Juni 1994 X R 51/91, BStBl. II 1994, 779). Eine mittelbare Grundstücksschenkung zeichnet sich dadurch aus, dass der Steuerpflichtige von dem Schenker Geld erhält mit der Auflage, dieses Geld zum Erwerb eines ganz bestimmten Grundstücks oder zur Errichtung eines Gebäudes zu verwenden, der Beschenkte also nicht frei in der Verwendung des ihm zugewandten Geldbetrages ist. Eine entsprechende Fallgestaltung liegt hier vor.

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass das Rechtsinstitut der mittelbaren Grundstücksschenkung außerhalb des Schenkungssteuerrechts nur im Falle von steuerlichen Subventionstatbeständen, nicht aber darüber hinaus angewandt werden kann. Auf die Rücklage nach § 6 b EStG findet es keine Anwendung.

Auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG sind wie im Falle des § 5 EStG die materiellen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung zu beachten, zu denen u.a. das Anschaffungskostenprinzip gehört (BFH Urteil vom 13. September 1989 I R 117/87, BStBl. II 1990, 57; Beschluss vom 9. August 1989 I B 117/88, BStBl. II 1990, 175). Nach zivilrechtlicher Sichtweise hat jedoch, wie bereits ausgeführt, der Kläger die Anschaffungskosten für die erworbenen Grundstücke getragen und hat diese deshalb grundsätzlich zu bilanzieren. Etwas anderes würde nur für den Fall gelten, dass spezielle steuerrechtliche Gewinnermittlungsnormen einschlägig sind, denen gegenüber den zivilrechtlichen Bilanzierungsregeln Anwendungsvorrang zukommt.

Das Rechtsinstitut der mittelbaren Grundstücksschenkung hat jedoch keine gesetzliche Grundlage; es handelt sich um reines Richterrecht, das zudem seinen Ursprung in einem anderen Steuergesetz, nämlich dem Schenkungssteuergesetz, hat. Mangels entgegenstehender steuerrechtlicher Rechtsnorm bleibt es daher im Streitfall bei der Gewinnermittlung nach handelsrechtlichen Grundsätzen.

Soweit ersichtlich existiert auch keine Rechtsprechung, die das Rechtsinstitut der mittelbaren Grundstücksschenkung auch auf das Bilanzsteuerrecht überträgt. Zwar hat der BFH in einem obiter dictum behauptet, die Grundsätze der sog. mittelbaren Grundstücksschenkung würden nach ständiger Rechtsprechung für das gesamte Einkommensteuerrecht gelten (BFH Beschluss des IX. Senats vom 23. Mai 2003, IX B 66/02, BFH/NV 2003, 1317). Das Rechtsprechungszitat in dem Beschluss trägt diese Behauptung jedoch nicht, weil das zitierte BFH-Urteil wiederum nur einen Fall zu § 10 e EStG zum Gegenstand hat.

2. Im Übrigen hat die Klage für das Streitjahr 1997 auch aus einem anderen Grund Erfolg. Nach § 6 b Abs. 3 Satz 5 EStG ist, wenn es nicht zur Übertragung der stillen Reserven auf geeignete Reinvestitionsgüter kommt, die Rücklage am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs gewinnerhöhend aufzulösen. Auflösungszeitpunkt ist damit, da die Rücklagen in den Wirtschaftsjahren 1994/95 und 1995/96 gebildet wurden, der Schluss der Wirtschaftsjahre 1998/99 und 1999/00. Der Beklagte hat die § 6 b-Rücklage jedoch bereits in den Wirtschaftsjahren 1997/98 und 1998/99 und folglich ein Jahr zu früh aufgelöst. Bei zutreffender zeitlicher Erfassung wäre im Einkommensteuerbescheid 1997 daher kein Gewinn aus der Auflösung der § 6 b - Rücklage zu erfassen gewesen. Für den Veranlagungszeitraum 1998 bleibt die Frage, ob der Kläger Anschaffungskosten für den Erwerb der Höfe getragen hat, jedoch entscheidungserheblich, weil - würde man der Rechtsauffassung des Beklagten folgen - der dann im Wirtschaftsjahr 1998/99 zu erfassende Auflösungsgewinn gem. § 4 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG hälftig im Jahre 1998 anzusetzen wäre.

Die Einkünfte waren daher entsprechend dem Klageantrag herabzusetzen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

5. Der Senat lässt die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Hinblick auf die Frage zu, ob das Rechtsinstitut der sogenannten mittelbaren Grundstücksschenkung auch im Bereich des Bilanzsteuerrechts zur Anwendung kommt.

Anmerkung

Das FG hält es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob das Institut der "mittelbaren Grundstücksschenkung" auch im Bereich des Bilanzsteuerrechts Anwendung findet und hat daher die Revision zugelassen. Sollte die Finanzverwaltung in vergleichbaren Fällen zu Lasten der Stpfl. entscheiden, sollte unter Hinweis auf die FG-Entscheidung versucht werden, eine für die Stpfl. günstige Entscheidung zu erwirken. Kommt die Finanzverwaltung dem nicht nach, ist anzuraten, derartige Fälle offen zu halten.

Ende der Entscheidung

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