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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 12.03.2009
Aktenzeichen: 16 K 26/08
Rechtsgebiete: UStG, 6. EG-Richtlinie


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1
UStG § 3a Abs. 1
6. EG-Richtlinie Art. 9 Abs. 1
6. EG-Richtlinie Art. 26
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Der Kläger war mit der Vermittlung von Sportwetten unternehmerisch tätig.

Der Kläger schloss am 01.03.2001 mit der B-Ltd. -, Isle of Man, einen Wettvermittlungsvertrag. Die B-Ltd. war nach einer Bescheinigung der Finanzaufsichtsbehörde Isle of Man im Firmenregister eingetragen und verfügte über die erforderlichen Lizenzen zur Ausübung ihrer Tätigkeit. Nach einem Vermerk des Finanzamts unterhielt sie auf der Isle of Man ein Büro mit zwei Angestellten.

Nach § 1 Abs. 1 des Vertrages übernahm der Kläger, Wettaufträge für Sportwetten zwischen der B-Ltd. als Wetthalter und Wettkunden nach den allgemeinen Wettbedingungen des Wetthalters zu vermitteln. Der Wettvertrag kam mit den Kunden und dem Wetthalter zustande. Der Kläger war aus dem Wettvertrag nicht verpflichtet. Für die rechtmäßige Anmeldung seines Gewerbes und die räumliche, technische und personelle Ausstattung war der Kläger verantwortlich. Der Wetthalter übernahm unter anderem, eine entsprechende Onlineverbindung zur Annahmestelle des Klägers zu schaffen, für Fehlfunktionen in Zusammenhang mit der Onlineverbindung und daraus resultierenden Schäden einzustehen und Kosten für die erforderliche Hard- und Softwareausstattung in den Geschäftsräumen des Klägers zu tragen. Dem Wetthalter war es untersagt, Kunden des Klägers abzuwerben. Der Kläger war ermächtigt, die Wetteinsätze einzuziehen, Gewinne auszuzahlen und/oder Wetteinsätze zurückzuzahlen. Für seine Leistungen erhielt der Kläger eine monatliche Vergütung. Daneben stand es ihm frei, eine Bearbeitungsgebühr zu erheben, die nur ihm zustand. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen.

Der Kläger vermittelte der B-Ltd. über seine Geschäftsräume in O, B und L Sportwetten. Für jede Geschäftsstelle wurde ein gesonderter inhaltsgleicher Wettvermittlungsvertrag abgeschlossen. Die im Namen der B-Ltd. abgeschlossenen Wetten leitete er auf elektronischem Wege an die B-Ltd. weiter. Die Abrechnung erfolgte monatlich. Eigene Wetten schloss der Kläger nicht ab.

In seiner Umsatzsteuererklärung ging der Kläger davon aus, dass es sich bei den für die Vermittlungen erhaltenen Vergütungen um nicht steuerbare Umsätze handelt und machte den vollen Vorsteuerabzug geltend. Der Beklagte hatte der einen Vorsteuerüberhang ausweisenden Umsatzsteuererklärung zugestimmt.

Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung ging der Beklagte davon aus, dass es sich bei der B-Ltd. um eine Domizilgesellschaft handele und die Vermittlung der Wettumsätze im Inland ausgeführt wurde. Er behandelte daher die Umsätze als steuerpflichtig und setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger ist der Auffassung, er übe in Deutschland eine Vermittlungstätigkeit gegenüber der B-Ltd. aus. Da es sich um ein existentes Unternehmen handele, das keine Domizilgesellschaft sei, liege der Ort der Vermittlungsleistung am Sitz des Unternehmens auf der Isle of Man und nicht im Inland. Die Vermittlungsleistungen seien daher nicht umsatzsteuerbar.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Umsatzsteuerbescheide 2001 vom 8. März 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung der Auffassung, dass die Vermittlungsleistungen des Klägers an die B-Ltd. steuerbar und steuerpflichtig seien. Der Ort der Vermittlungsleistungen sei im Inland, da der Kläger mit seinen Büros als nichtselbständige Hilfsperson der B-Ltd. für diese im Inland eine Niederlassung begründe. Dies folge aus der Entscheidung des EuGH vom 20.02.1997 (C-260/95, Slg. 1997, I-01005), in der er grundlegende Ausführungen zu dem der Vorschrift entsprechenden Artikel 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie mache. Der EuGH sehe in dem Urteil, dass einen rechtlich selbständigen Reisevermittler betroffen habe, die "Unselbständigkeit gegenüber dem Veranstalter/Auftraggeber" als grundlegend für die Frage an, ob eine feste Niederlassung am Ort des Helfers bestehe. Er knüpfe dabei an eine Gesamtschau aller vertraglichen und tatsächlichen Verhältnisse an. Dies führe im Falle des Klägers zu dem Ergebnis, dass er als bloße Hilfsperson der B-Ltd. tätig geworden sei. Der Kläger habe in sehr eng gesteckten Grenzen für die B-Ltd. gehandelt und sei von dieser "abhängig" gewesen. Er habe die Vorgaben des Wettanbieters zu erfüllen gehabt, sei verpflichtet gewesen, im Interesse des Wettanbieters zu handeln und habe kein wirtschaftliches Risiko getragen. Ferner habe er ausschließlich Wetten für die B-Ltd. betrieben und sei für den Vertrieb der Wetten wie ein Organ in das Unternehmen des Wettanbieters integriert gewesen. Der Kläger habe an seinem Geschäftssitz auch dauerhaft eigene Räumlichkeiten mit eigener technischer Ausstattung und eigenem Personal unterhalten, um seine Vermittlungsleistungen eigenständig erfüllen zu können. Ihm habe keinerlei Ermessensspielraum bezüglich der Auswahl der Angebote oder Wettbedingungen zugestanden. Die inländischen Filialen des Klägers seien daher feste Niederlassungen der B-Ltd. gewesen mit der Folge, dass die B-Ltd. ihre Wettumsätze am Ort ihrer Niederlassung im Inland erbracht habe. Damit seien auch die vom Kläger in seinen Betriebsstätten erbrachten Vermittlungsleistungen im Inland ausgeführt worden. Die Entscheidung des Hessischen Finanzgericht vom 06.12.2006 (6 K 3418/01) sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da der dortige Vermittler auch an andere Wettveranstalter Wetten vermittelt und selbst Wetten im eigenen Namen veranstaltet gehabt habe.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Der Kläger hat seine Vermittlungsleistungen gem. § 3 a Abs. 2 Ziffer 4 UStG nicht im Inland erbracht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer diejenigen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Der Kläger war nicht Veranstalter der streitigen Wetten, sondern lediglich Vermittler, da er nicht derjenige war, der die planmäßige Ausführung des gesamten Unternehmens selbst oder durch andere ins Werk setzte. Der Kläger war nicht Inhaber der hierfür erforderlichen Genehmigung und insbesondere nicht berechtigt, die Wettquoten festzusetzen, die letztlich verantwortlich für den unternehmerischen Erfolg oder Misserfolg des Veranstalters sind (vgl. BFH, Beschluss v. 22.03.2006 II B 14/04, BFH/NV 2005, 1379; BFH, Urteil v. 10.12.1979 V R 50/67, BStBl. II 1971, 193). Veranstalter der Wetten war vielmehr die die B-Ltd. mit Sitz auf der Isle of Man, die Wettumsätze erbracht hat. Die B-Ltd. war rechtlich existent, wirtschaftlich aktiv, legte die Wettquoten fest und trug das Risiko des Erfolgs oder Misserfolgs der Wetten. Demgegenüber schloss der Kläger lediglich die Wettverträge im Namen der B-Ltd. ab und leitete die sich zwischen den vereinnahmten Wetteinsätzen und den erfolgten Auszahlungen ergebenden Differenzbeträge nach Abzug der vereinbarten Vermittlungsprovision an die B-Ltd. weiter. Der Kläger tätigte damit keine Wettumsätze (vgl. EuGH, Urteil vom 13.07.2006 C-89/05), sondern Vermittlungsleistungen.

Die vom Kläger erbrachten Umsätze aus Vermittlungen von Sportwetten gegenüber der B-Ltd. sind nicht steuerbar, da sie nicht im Inland erbracht wurden. Denn abweichend von § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG, nach dem eine sonstige Leistung grundsätzlich an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, wird gemäß § 3a Abs. 2 Ziffer 4 UStG eine Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird. Ein steuerbarer Umsatzlage danach nur dann vor, wenn der Ort der vom Kläger vermittelten und von der B-Ltd. erbrachten Wettumsätze im Inland läge. Da die B-Ltd. ihren Sitz auf der Isle of Man hat, könnten die Wettumsätze der B-Ltd. im Inland nur durch eine Betriebsstätte (§ 3a Abs. 1 Satz 1 UStG) bzw. Niederlassung von ihr erbracht worden sein. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

§ 3a Abs. 1 Satz 1 UStG setzt Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie um. Nach Artikel 9 Absatz 1 ist der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, ein vorrangiger Anknüpfungspunkt. Die Berücksichtigung einer anderen Niederlassung, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, ist nachrangig und nur dann von Interesse, wenn die Anknüpfung an den Sitz nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führt oder wenn sie einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge hat (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juli 1985 Rs. 168/84 - Berkholz -, Slg. 1985, 2251, Rdnr. 17). Die Regelung soll durch eine einheitliche Festlegung des steuerlichen Anknüpfungspunkts bei Dienstleistungen eine angemessene Abgrenzung des jeweiligen Geltungsbereichs des nationalen Mehrwertsteuerrechts herbeiführen und insbesondere Kompetenzkonflikte zwischen Mitgliedstaaten verhindern. Nach der Entscheidung des EuGH ist es insoweit Sache der Finanzbehörden eines jeden Mitgliedstaats, im Rahmen der durch die 6. EG-Richtlinie eingeräumten Wahlmöglichkeiten zu bestimmen, welches der steuerlich zweckdienlichste Anknüpfungspunkt für eine bestimmte Dienstleistung ist. Weitere Voraussetzung für die Zuordnung einer Dienstleistung zu einer anderen Niederlassung als dem Sitz wäre, dass diese Niederlassung aufgrund des ständigen Zusammenwirkens der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel einen zureichenden Mindestbestand aufweist (EuGH, Urteil vom 4. Juli 1985, a.a.O., Rdnr. 18).

Für Reiseveranstalter, für die in Art. 26 der 6. EG-Richtlinie eine Sonderregelung vorsieht, hat der EuGH mit Urteil vom 20.02.1997 (C-260/95) unter Rückgriff auf gleiche Begriffsbestimmungen in Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie entschieden, dass Dienstleistungen, die ein Reiseveranstalter, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat hat, für Reisende durch Vermittlung einer in einem anderen Mitgliedstaat tätigen Gesellschaft erbringt, im letztgenannten Staat der Mehrwertsteuer unterliegen, sofern diese Gesellschaft, die als bloße Hilfsperson des Veranstalters handelt, über die Personal- und Sachmittel verfügt, die eine feste Niederlassung kennzeichnen.

Diese Rechtsprechung des EuGH findet auf den vorliegenden Fall bereits deshalb keine Anwendung, weil sie zu Artikel 26 der 6. EG-Richtlinie als einer Mehrwertsteuer-Sonderregelung für Reisebüros und Reiseveranstalter und zur Vermittlung von Leistungen im Reiserecht ergangen ist und auch in der Begründung speziell auf diese wirtschaftliche Tätigkeit abstellt. Die Leistungen dieser Unternehmen setzen sich nämlich aus mehreren Leistungen, insbesondere Unterbringungs- und Beförderungsleistungen, zusammen, die teils im Ausland, teils in dem Land erbracht werden, in dem das Reisebüro seinen Sitz oder eine feste Niederlassung hat. Nach dem Urteil des EuGH vom 12. November 1992 in der Rechtssache C-163/91 - Van Ginkel -, Slg. 1992, I-5723, Rd.Nr. 12 bis 14) würde die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über den Ort der Besteuerung, die Besteuerungsgrundlage und den Vorsteuerabzug bei diesen Unternehmen zu praktischen Schwierigkeiten führen, die ihre Tätigkeit behindern würde. In seinen Schlussanträgen vom 16.01.1997, auf die der EuGH in seiner Entscheidung vom 20.02.1997 (a.a.O.) Bezug nimmt, hatte Generalanwalt La Pergola (Rechtssache Commissioners of Customs and Excise gegen DFDS A/S. C-260/95 Slg. 1997, I-01005, Tz. 32 bis 34) ebenfalls auf die Besonderheiten der Reiseveranstalter abgestellt, indem er die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität als ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellt und darauf hinweist, dass die alternative Anknüpfung zur Bestimmung des Besteuerungsorts bei Dienstleistungen der Reisebüros an die feste Niederlassung, von wo aus diese Leistungen erbracht werden, gerade der möglichen Vielfalt der Tätigkeit der Reisebüros an verschiedenen Orten im Gebiet der Gemeinschaft Rechnung tragen soll. Er macht allerdings auch deutlich, dass die systematische Anknüpfung an den Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne, da sie für Unternehmen, die in einem Mitgliedstaat tätig seien ein Anreiz sein könne, ihren Sitz in der Absicht, der Besteuerung zu entgehen, im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu nehmen, der von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die betreffenden Leistungen weiterhin von der Mehrwertsteuer zu befreien.

Vergleichbare Probleme gibt es bei der Vermittlung von Wetten, wie sie der Kläger vermittelt, nicht. Selbst wenn man mit dem Hessischen Finanzgericht (vgl. Urteil vom 06.12.2006 6 K 3480/01, EFG 2007, 874) der Auffassung wäre, dass die Entscheidung des EuGH vom 20.02.1997 (a.a.O.), obwohl sie Reisevermittlungen zum Gegenstand hatte, allgemein für die Bestimmung des Ortes einer Dienstleistung zu beachtende Grundsätze enthalte, ergibt sich daraus kein Leistungsort für die Vermittlungsleistungen des Klägers im Inland. Denn der Kläger war kein unselbständiges, in das Unternehmen der B-Ltd. integriertes Hilfsorgan, wie es vom EuGH verstanden wurde. Insofern bestehen erhebliche Differenzen in der tatsächlichen Ausgestaltung der Beziehungen.

Der Kläger unterlag gegenüber der B-Ltd. keinen vertraglichen Bindungen, die ihm den Charakter einer unselbständigen Hilfsperson geben. Er hatte in seinen Wettannahmebüros zwar Wetten nur für die B-Ltd. vermittelt. Er hatte aber jederzeit die Möglichkeit, auch für andere Wettanbieter Vermittlungen zu tätigen. Vertraglich unterlag er insofern gegenüber der B-Ltd. keinen Bindungen. Erst eine vertraglich gesicherte exklusive Bindung an die B-Ltd. könnte aber nach Auffassung des Senats als ein mögliches Indiz für eine unselbständige Tätigkeit gewertet werden. Dies ergibt sich auch aus der Stellungnahme des Generalanwalts La Pergola in seinen Schlussanträgen vom 16.01.1997 (a.a.O. Tz. 21), in denen er nur deshalb die Tochtergesellschaft des Unternehmens nicht als unabhängige Agentur angesehen hat, weil zum Inhalt des sie mit dem Stammhaus verbindenden Vertragsverhältnisses gehörte, dass ihre Agenturtätigkeit ausschließlich für jenes ausgeübt werden durfte, es sei denn, dass ihr das Stammhaus ausdrücklich eine anders lautende Erlaubnis erteilte. Hinzu kam, dass die Stammgesellschaft als alleinige Eigentümerin das gesamte Geschäftskapital der Tochtergesellschaft hielt und für die Tochtergesellschaft durch die im Agenturvertrag festgelegten Bestimmungen, insbesondere das Erfordernis einer vorherigen Zustimmung des Stammhauses zu Maßnahmen der Geschäftsführung der Gesellschaft wie der Einstellung leitender Angestellter, zum Abschluss von Verträgen von bedeutendem Umfang und zur Einstellung von Beauftragten für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit sowie das Fehlen eines Ermessensspielraums bei der Festsetzung des Preises der Leistung bei der Ausübung ihrer Tätigkeit keiner tatsächlichen Selbständigkeit gegenüber der Muttergesellschaft unterlag. Da für den Kläger eine entsprechende gesellschaftsrechtliche, eigentumsrechtliche und vertragliche Bindung nicht vorlag, lag es in seiner freien unternehmerischen Entscheidung, nur für die B-Ltd. oder auch gegenüber anderen Unternehmen als Vermittler tätig zu werden und sein Unternehmen frei von Bindungen selbständig auszuüben. Gegen die Annahme eines in das Unternehmen der B-Ltd. integrierten Hilfsorgans spricht ferner das ebenfalls vom EuGH benannte Indiz, dass der Wettanbieter seine Wetten in Deutschland nicht ausschließlich über den Kläger angeboten hat.

Ginge man von dem Kläger als einem in das Unternehmen der B-Ltd. integrierten Hilfsorgans aus, sähe der Senat einen Leistungsaustausch des Klägers mit Wettkunden nicht mehr als gegeben an, da dann nicht der Kläger, sondern die B-Ltd. die Vermittlung angeboten und - praktisch mit sich selbst - abgeschlossen hätte. Unabhängig davon, dass darin keine Leistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts liegen dürfte, wäre diese jedenfalls nicht durch den Kläger erbracht worden und ihm nicht zuzurechnen. In diesem Sinne geht auch Generalanwalt La Pergola in Tz. 20 seiner Schlussanträge (C-260/95, a.a.O.) davon aus, dass die Eingliederung in das Unternehmen des Wettveranstalters zwingend zur Folge hätte, "dass der Vermittler als selbständiger Wirtschaftsteilnehmer verschwindet." Ein Leistungsaustausch des Klägers mit Wettkunden wäre nur dann noch anzunehmen, wenn der Kläger in einer Doppelfunktion gesehen würde, einerseits als in das Unternehmen der B-Ltd. integriertes Hilfsorgan, dass für die B-Ltd. die Wetten im Inland ausführt und andererseits als selbständiger Unternehmer, der unabhängig von dieser Tätigkeit Vermittlungsleistungen für die B-Ltd. erbringt. Davon kann aber nicht ausgegangen werden, weil Anhaltspunkte tatsächlicher Art für eine solche Doppelfunktion nicht vorliegen, der EuGH in seiner Entscheidung selbst nicht von einer solchen Konstruktion ausgegangen ist und seine Begründung zur Annahme eines integrierten Hilfsorgans gerade auf die Einzelheiten der Ausgestaltung der selbständigen Tätigkeit stützt, die ihrerseits der Stellung eines unselbständigen Hilfsorgans nicht entgegenstehen soll.

Hinzu kommt ferner, dass nach der Entscheidung des EuGH (vgl. Tz. 19) der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat, ein vorrangiger Anknüpfungspunkt ist und die Berücksichtigung einer anderen Niederlassung, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, nur dann von Interesse sei, wenn die Anknüpfung an den Sitz nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führe oder wenn sie einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zu Folge habe.

Auch unter dem Anknüpfungsgesichtspunkt ist eine Versteuerung der Umsätze im Inland nicht nachvollziehbar. Es ist nicht erkennbar, dass die Anknüpfung an den Sitz nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führen oder einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zu Folge haben würde. An einer steuerlich sinnvollen Lösung fehlt es nicht bereits deshalb, weil die Besteuerung auf der Isle of Man anderen Regelungen unterliegt als im Inland oder weil der deutsche Fiskus Zweifel an der Sicherstellung einer Besteuerung hat. Die Anknüpfung an eine "steuerlich sinnvolle Lösung" kann auch nicht isoliert danach differenziert werden, dass der Sitz auf der Isle of Man liegt oder ob in einem Staat für den deutschen Fiskus nachvollziehbar die Besteuerung tatsächlich durchgeführt wurde. Diese Gesichtspunkte wären gegebenenfalls auf politisch-europäischer Ebene zu lösen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Anknüpfung an den Sitz einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge habe würde. Im Gegenteil könnte gerade die Wahl eines Mitgliedstaates einen solchen Konflikt begründen.

Eine Anwendung der in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze hat zur Folge, dass der Kläger nicht als bloße nicht selbständige Hilfsperson der B-Ltd. anzusehen ist und deshalb seine im Inland belegenen Wettannahmebüros weder Niederlassungen der B-Ltd. im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie noch diesen im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung gleichzusetzende Betriebsstätten der B-Ltd. sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

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