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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 02.03.2009
Aktenzeichen: 16 K 377/08
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4
EStG § 32 Abs. 4
EStG § 63 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist die Frage, ob die Einkünfte und Bezüge des Sohnes der Klägerin unterhalb des Grenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

Die Klägerin ist Mutter des am 12. Mai 1988 geborenen Sohnes Jan-David N. Dieser beendete seine Ausbildung im Fach Elektroniker/Energie- und Gebäudetechnik im Februar 2008. Unmittelbar anschließend bewarb er sich um eine Schulausbildung an der Fachoberschule Technik und erhielt einen Schulplatz für das Schuljahr 2008/2009. Ab September 2008 nahm er diese Ausbildung auf. In der Zwischenzeit, d.h. von März 2008 bis August 2008, war er in seinem bisherigen Ausbildungsbetrieb vollzeiterwerbstätig. Er verdiente in dieser Zeit nach Abzug der Sozialversicherungsabgaben monatlich 1.324,06 EUR, d.h. deutlich mehr als es dem zeitanteilig umgerechneten Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Auch für das Gesamtjahr ergibt sich eine Überschreitung der Einkommensgrenze von 7.680,- EUR. Bezogen auf die Monate Januar und Februar sowie September bis Dezember 2008 unterschritten die Einkünfte von Jan-David hingegen die Einkommensgrenze.

Nach Mitteilung des Endes der Ausbildung hob der Beklagte zunächst die Kindergeldfestsetzung ab März 2008 auf. Auf einen Antrag auf erneute Gewährung von Kindergeld für Jan-David ab Besuch der Fachoberschule hob der Beklagte mit Bescheid vom 24. September 2008 auch die Kindergeldfestsetzung für Januar und Februar 2008 auf und lehnte die Kindergeldfestsetzung für den übrigen Zeitraum des Jahres 2008 ab.

Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass für die Kalendermonate März bis August 2008 kein Kindergeldtatbestand vorliegen würde, weil Jan-David in diesem Zeitraum eine Vollerwerbstätigkeit nachgegangen sei. Die auf diesen Zeitraum entfallenden Einkünfte und Bezüge seien nicht in die Grenzbetragsberechnung einzubeziehen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Oktober 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 24. September 2008 den Beklagten zu verpflichten für Jan-David für den Zeitraum Januar, Februar sowie September bis Dezember 2008 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist unter Hinweis auf eine Dienstanweisung des Bundeszentralamts für Steuern der Auffassung, dass die Einkünfte und Bezüge aller Kalendermonate, in denen die Voraussetzungen eines Kindergeldtatbestandes an mindestens einem Kalendertag vorliegen würden, zusammenzuaddieren seien. Auf diese Weise würden sich im Streitfall Einkünfte und Bezüge ergeben, die oberhalb des Grenzbetrags in Höhe von 7.680,- EUR liegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Kindergeld für ihren Sohn Jan-David N für den Zeitraum Januar bis Februar und September bis Dezember 2008.

Gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 EStG werden beim Kindergeld nur jene Kinder berücksichtigt, die im maßgebenden Zeitraum einen Kindergeldtatbestand nach § 32 Abs. 3, 4 Nr. 1-3 EStG erfüllen und deren Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt und geeignet sind, nicht mehr als 7.680 EUR im Kalenderjahr betragen. Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Grenzbetrag um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG).

Jan-David N befand sich im Zeitraum Januar und Februar sowie September bis Dezember 2008 in Berufsausbildung, so dass ein Kindergeldtatbestand nach § 32 Abs. 4 Nr. 2 a) EStG gegeben war. Unstreitig lagen die von ihm in diesen 6 Kalendermonaten erzielten Einkünfte und Bezüge unterhalb von 3.840 EUR (= 1/2 von 7.680,- EUR), so dass auf diesen Zeitraum bezogen der Kindergeldanspruch nicht durch zu hohe Einkünfte und Bezüge ausgeschlossen wurde.

Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten sind die Einkünfte und Bezüge aus dem Zeitraum März bis August 2008 in die Grenzbetragsberechnung nicht einzubeziehen.

Zwar hat sich Jan-David unmittelbar im Anschluss an den Abschluss seiner Berufsausbildung sich auf einen Schulplatz an der Fachoberschule Technik beworben und erst zu September 2008 eine Zusage erhalten. Damit war grundsätzlich auch in der Zwischenzeit von März bis August 2008 ein Kindergeldtatbestand gegeben, weil Jan-David mangels Ausbildungsplatzes eine Berufsausbildung nicht beginnen konnte (§ 32 Abs. 4 Nr. 2 c) EStG).

Da Jan-David in diesem Zeitraum aber zugleich einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachging, ist er für diese Kalendermonate nicht als Kind zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Kind, auch wenn die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a,b oder c im Übrigen vorliegen, in den Monaten einer Vollzeiterwerbstätigkeit nicht als Kind zu berücksichtigen, weil es in diesen Monaten typischerweise an einer verminderten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern fehlt, die eine Entlastung durch Kindergeld rechtfertigt (z.B. BFH Urteile vom 19. Oktober 2001 VI R 39/00, BStBl. II 2002, 481; vom 15. September 2005 III R 67/04, BStBl. II 2006, 305). An dieser Rechtsprechung hält der BFH auch weiterhin fest; er hat nur den Begriff der Vollzeiterwerbstätigkeit dahingehend umdefiniert, dass sich der Begriff der Vollzeiterwerbstätigkeit nicht in erster Linie nach dem Umfang der Arbeitszeit bestimmt, sondern danach, ob die anteiligen Einkünfte und Bezüge den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschreiten (BFH Urteil vom 16. November 2006 III R 15/06, BStBl. II 2008, 56). Danach bestand hier aufgrund der Vollzeiterwerbstätigkeit von März bis August 2008 kein Kindergeldanspruch, weil Jan-David in diesen Monaten jeweils Einkünfte und Bezüge erzielt hat, die oberhalb eines Zwölftels des Jahresgrenzbetrages liegen. Damit fällt dieser Zeitraum aus dem Anspruchszeitraum für den Bezug von Kindergeld heraus.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

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