Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 12.05.2005
Aktenzeichen: 16 K 537/04
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 14
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Der Kläger betreibt ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft. Aufgrund ausgeübter Option unterliegt er den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes (Regelbesteuerung).

Der Kläger errichtete in 1995/1996 ein Wohnhaus, in dem sich die eigengenutzte Wohnung sowie die Altenteilerwohnung befinden. Der Kläger nutzte ab Fertigstellung in diesem Haus zwei Räume als Büro und Abstellraum für seine unternehmerische Betätigung. Die Fläche dieser Räume von insgesamt 13,67 m² macht 5,44 v. H. der gesamten Nutzfläche des Gebäudes aus.

Für das Streitjahr 1995 gab der Kläger im Mai 1997 die Umsatzsteuererklärung ab. Der Beklagte stimmte der auf einen Erstattungsbetrag lautenden Erklärung am 18. Juni 1997 zu. Auch der für das Streitjahr 1996 im Oktober 1997 abgegebenen Steuererklärung stimmte der Beklagte mit Mitteilung vom 5. November 1997 zu. Nach einer auch das Jahr 1996 umfassenden Außenprüfung erteilte der Beklagte am 8. Mai 2001 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1996, dem er die Ergebnisse der Außenprüfung zu Grunde legte. Die Außenprüfung hatte dabei dem Kläger für 1996 zusätzlich abziehbare Vorsteuerbeträge für die betrieblich genutzten Büroräume in Höhe von 829,83 DM zuerkannt.

Mit Schreiben vom 14. Mai 2001 beantragte der Kläger beim Beklagten die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 1995 nach § 164 Abs. 2 AO und legte gegen die (geänderte) Steuerfestsetzung 1996 Einspruch ein. Er machte geltend, dass aus der Errichtung des Wohnhauses in 1995 insgesamt 68.914,48 DM und für 1996 insgesamt 1.158,62 DM an Vorsteuern angefallen seien. Hiervon entfielen auf die selbstgenutzte Wohnung 58,91 v.H. Dieser Betrag werde zusätzlich geltend gemacht. Der Beklagte lehnte eine Änderung für das Streitjahr 1995 ab. Auch hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage begründet der Kläger im Wesentlichen wie folgt: Er ordne die in dem errichteten Geschäftshaus belegene eigengenutzte Wohnung seinem Unternehmensvermögen zu. Hieraus folge die Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Im Gegenzug sei ab Dezember 1995 die Eigennutzung zu besteuern. Diese sei entsprechend der Nutzungsdauer des Gebäudes mit 1 v.H. der Herstellungskosten anzusetzen. Entgegen der Auffassung des Beklagten gebe es für die Streitjahre keine prozentuale Grenze für die Zuordnung eines Gebäudes. Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG gelte erst ab 1. April 1999. Der Kläger habe auch sein Zuordnungswahlrecht rechtzeitig ausgeübt. Es gäbe einerseits keinen vernünftigen Grund dafür den eigengenutzten Gebäudeteil nicht dem Unternehmen zuzuordnen. Denn derartiges eröffnete auch schon nach früherer Rechtsauffassung die mindestens theoretische Möglichkeit über § 15 a UStG während des bestehenden Berichtigungszeitraums bei Nutzungsänderung anteilig Vorsteuerbeträge zu erhalten. Darüber hinaus gehe auch die Finanzverwaltung in den Umsatzsteuerrichtlinien davon aus, dass ein Unternehmer ein Gebäude insgesamt seinem unternehmerischen Bereich zuordne, wenn er nicht gegenüber dem Finanzamt eine gegenteilige Entscheidung äußere. Auf Abschnitt 192 Abs. 18 Nr. 2 b Sätze 1 und 2 der Umsatzsteuerrichtlinien 2000 werde verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer 1995 um 40.561,36 DM und die Umsatzsteuer 1996 um 242,22 DM zu vermindern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die unternehmerische Nutzung des Gebäudes betrage weniger als 10 v.H. Deshalb bestehe kein Zuordnungswahlrecht. Der Beklagte weist darüber hinaus darauf hin, dass sich der vom Kläger angesetzte Anteil der eigengenutzten Wohnung am Gesamtobjekt aus dem Verhältnis der umbauten Räume ableite. Gegen die absolute Höhe der durch den Bau des Hauses angefallenen Vorsteuerbeträge erhebt der Beklagte keine Einwendungen.

Dem Gericht haben die für den Kläger beim Beklagten geführten Steuerakten vorgelegen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist danach, dass die bezogene Leistung für das Unternehmen erfolgt ist. Hierzu bedarf es grundsätzlich einer Zuordnungsentscheidung des Unternehmers, die spätestens im Zeitpunkt des Leistungsbezuges zu treffen ist. Wird ein Gegenstand, wie im Streitfall das vom Kläger errichtete Wohngebäude, sowohl einer möglichen unternehmerischen als auch nichtunternehmerischen Nutzung zugeführt, so bedarf es der Zuordnungsentscheidung, wonach der Gegenstand entweder insgesamt dem Unternehmern zugeordnet wird, der Gegenstand insgesamt dem nichtunternehmerischen Bereich zugeordnet wird oder der Gegenstand entsprechend dem unternehmerischen Nutzungsteil dem Unternehmen zugeordnet wird. Das Gericht folgt insoweit den Grundsätzen, wie sie der BFH im Urteil vom 31. Januar 2002 V R 61/96, BStBl. II 2003, 813 niedergelegt hat.

Im Streitfall hat der Kläger frühestens in 2001 nach außen hin nachvollziehbar bekundet, er wolle die von ihm selbst genutzte Wohnung des Wohnhauses seinem Unternehmen zuordnen. Dies ergibt sich aus dem an das beklagte Finanzamt gerichtete Schreiben vom 14. Mai 2001. Frühere Willensbekundungen zu einer entsprechenden Zuordnung sind nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Klägers kann auch nicht angenommen werden, er habe stillschweigend die Zuordnung der eigengenutzten Wohnung zum Unternehmen vorgenommen, weil dies die einzig sinnvolle Ausübung der Zuordnungsmöglichkeit gewesen wäre. Entgegen einer derartigen Rechtsauffassung, die in Ansätzen auch vom Finanzgericht München im Urteil vom 14. Juli 2004 - 14 K 55/04, EFG 2004, 1722 - vertreten wird, bedarf es nach Auffassung des erkennenden Senates bezüglich der Zuordnungsentscheidung einer aktiven und nachvollziehbaren Willenserklärung des Unternehmers. Dies gilt unabhängig von dem Umstand, dass das Recht zum Vorsteuerabzug bezüglich der eigengenutzten Wohnung zum Zeitpunkt des Leistungsbezuges durch den Kläger von der Rechtsprechung anders beurteilt wurde, als es derzeit der Fall ist.

Mangels rechtzeitiger Zuordnungsentscheidung steht dem Kläger der begehrte Vorsteuerabzug nicht zu. Demzufolge hat er die Nutzung seiner Wohnung in den Streitjahren nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Mithin erweisen sich die angefochtenen Steuerfestsetzungen im Ergebnis als rechtmäßig.

Die Klage war mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung abzuweisen.

Der Senat lässt die Revision zu, weil er mit seiner Entscheidung von der bereits zitierten Entscheidung des FG München abweicht und die aufgeworfene Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat.

Anmerkung

Verweis auf Parallelverfahren: FG München Urteil vom 14.07.2004, 14 K 55/04, EFG 2004, 1722

Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, zumal es von der Entscheidung des FG München v. 14.7.2004 14 K 55/04 (EFG 2004, 1722) abweicht. Vergleichbare Fälle sollten daher bis zu einer Entscheidung des BFH offen gehalten werden.

Ende der Entscheidung

Zurück