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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 07.05.2003
Aktenzeichen: 2 K 16/01
Rechtsgebiete: EStG, AEAO


Vorschriften:

EStG § 13a
EStG § 4 Abs.3
AEAO zu § 141 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Niedersächsisches Finanzgericht

07.05.2003

2 K 16/01

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für das am 1. Mai 1999 beginnende Wirtschaftsjahr noch nach Durchschnittsätzen ermitteln darf.

Der Kläger war Landwirt und ermittelte seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft bis zum Wirtschaftsjahr 1998/1999 nach Durchschnittssätzen gem. § 13 a EStG. Sein Wirtschaftsjahr begann am 1. Mai eines Jahres und endete am 30. April des Folgejahres.

Mit Bescheid vom 31. März 1999 forderte das Finanzamt den Kläger dazu auf, ab dem Wirtschaftsjahr 1. Mai 1999 bis 30. April 2000 den tatsächlichen Gewinn zu ermitteln, da die selbstbewirtschaftete Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung 20 ha. ohne Sonderkulturen überschreite (Bl. 7 GA). Der Bescheid ist dem Kläger nach dessen Vortrag am 6. April zugegangen (GA Bl. 2).

Hiergegen richtet sich nach erfolglos durchgeführtem Einspruch die Klage.

Der Kläger ist der Auffassung, die Aufforderung zur Ermittlung des tatsächlichen Gewinns durch das Finanzamt sei rechtswidrig. Die Aufforderung habe ihm spätestens einen Monat vor Beginn der Verpflichtung zur Ermittlung des tatsächlichen Gewinns bekannt gegeben werden müssen, also spätestens bis zum 31. März 1999. Die Vorschrift des § 13 a Abs. 1 S. 2 EStG sei in Verbindung mit § 141 Abs. 1 S. 2 AO nach deren Sinn und Zweck auszulegen. Danach müsse gewährleistet sein, dass dem Steuerpflichtigen nach einer Aufforderung durch das Finanzamt genügend Zeit zur Vorbereitung auf den Beginn der Buchführungspflicht verbleibe. Es komme nicht darauf an, ob die Einrichtung einer Einnahmen-Überschussrechnung zeitaufwendige Vorkehrungen erfordere oder nicht.

Höchstrichterlich sei noch nicht abschließend geklärt, ob dem Steuerpflichtigen nach einer Aufforderung mindestens ein Monat zur Vorbereitung auf die Buchführungspflicht verbleiben müsse. Der Bundesfinanzhof habe in seiner Entscheidung vom 23.06.1983 (BStBl. II 1983, 768 ff.) zwar ausgeführt, dass der Anwendungserlass zur Abgabenordnung, in dem die Monatsfrist bei einer Aufforderung vorgesehen sei, für die Finanzgerichte nicht verbindlich sei und dass jedenfalls eine geringfügige Unterschreitung der Monatsfrist unschädlich sei. Dabei habe der Bundesfinanzhof aber nicht auf den Sinn und Zweck der Verwaltungspraxis abgestellt.

Darüber hinaus sei die Unterschreitung der Monatsfrist wegen seiner wirtschaftlichen Dispositionen unverhältnismäßig. Er habe seit Anfang 1999 eine Betriebsumstellung ab dem 1. Mai 1999 geplant. Damit die geplante Betriebsumstellung bei einer gleichzeitigen Umstellung der Gewinnermittlungsart betriebswirtschaftlich zweckmäßig hätte sein können, habe er seine Milchquoten spätestens bis zum 31. März 1999 - an diesem Tag ende die Frist zur Veräußerung der Milchquoten für das laufende Jahr - veräußern müssen (Bl. 16 GA). Er habe aber aus betriebswirtschaftlicher Sicht ab Bekanntgabe der Aufforderung zur Buchführung keine ernsthafte Möglichkeit mehr gehabt, seine Milchquoten zu veräußern. Diese Situation bewirke für ihn eine unzumutbare Härte, die unverhältnismäßig sei und vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein könne, zumal das Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000/2002 erst am 24. März 1999 erlassen und am 30. März (Einführung der Buchführungspflicht bei mehr als 20 ha selbst bewirtschafteter Flächen, § 13a Abs. 1 Nr. 2 EStG) verkündet worden sei. Der Bundesfinanzhof habe bisher jedenfalls noch keine Veranlassung gehabt zu überprüfen, ob eine Unterschreitung der Monatsfrist aufgrund von betriebswirtschaftlichen oder sonstigen Erwägungen unzulässig sein könne - auch nicht in der o.g. Entscheidung vom 23.06.1983.

Zu den Einzelheiten der Klagebegründung wird ergänzend auf die Gerichtsakte verwiesen (Bl. 13 - 24 GA).

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 31.03.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.12.2000, aufzuheben,

hilfsweise,

festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 31.12.1999 erst für das am 01.05.2000 beginnende Wirtschaftsjahr wirksam ist und

die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt weiterhin die Auffassung, die Aufforderung, den tatsächlichen Gewinn ab dem am 1. Mai 1999 beginnenden Wirtschaftsjahr zu ermitteln, sei rechtmäßig. Das Gesetz sehe eine bestimmte Mitteilungsfrist vor Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahres nicht vor. Darüber hinaus seien für eine Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG keine zeitaufwendigen Vorkehrungen zu treffen (Bl. 28, 24 GA. Jedenfalls habe der Kläger ausreichende Vorbereitungszeit vor Beginn des neuen Wirtschaftsjahres gehabt.

Die beabsichtigte Betriebsumstellung führe nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Aufforderung. Selbst wenn die Aufforderung, den zukünftig den tatsächlichen Gewinn zu ermitteln, noch am 31.03.1999 bekanntgegeben worden wäre, hätte der Kläger keine anderweitigen Vorkehrungen mehr treffen können.

Gründe:

Die Klage hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.

Der Kläger darf wegen Überschreitens der Flächengrenze von 20 Hektar nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG für das am 1. Mai 1999 beginnende Wirtschaftsjahr seinen Gewinn nicht mehr nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) ermitteln, sondern er muss den Gewinn durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) oder durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) ermitteln. Nach der spätestens am 6. April 1999 erfolgten Bekanntgabe des Bescheides vom 31. März 1999 endete mit Ablauf des 30. April 1999 das Wirtschaftsjahr 1998/99, für das letztmalig der Gewinn nach Durchschnittssätzen zu ermitteln ist. § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl. I Seite 402) schreibt vor, dass der Gewinn letztmalig für das Wirtschaftsjahr nach Durchschnittssätzen zu ermitteln ist, das nach Bekanntgabe der Mitteilung endet, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn der Buchführungspflicht (§ 141 Abs. 2 AO) oder den Wegfall einer anderen Voraussetzung des Satzes 1 des § 13a Abs. 1 EStG hingewiesen hat. Nach § 52 Abs. 31 Satz 1 EStG ist § 13 a EStG in der Fassung des Gesetzes vom 24. März 1999 erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 30. Dezember 1999 endet.

Das Finanzamt hat den Bescheid über den Wegfall der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen rechtzeitig vor Beginn des ab 1. Mai 1999 laufenden Wirtschaftsjahrs bekanntgegeben. Denn das Gesetz sieht eine bestimmte einzuhaltende Mitteilungsfrist vor Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahrs nicht vor (vgl. auch Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 4. April 2000, 7 K 249/99, EFG 2000, 1183).

Auch das vom Kläger herangezogene Prinzip des Vertrauensschutzes ist nicht verletzt. Der Kläger wurde vor dem nächsten Wirtschaftsjahr auf die neue Gesetzeslage und darauf hingewiesen, dass er nunmehr die Voraussetzungen des § 13a EStG nicht mehr erfüllt, und er - wenn er freiwillig seinen Gewinn nicht durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln will - künftig Einnahmen und Ausgaben nach § 4 Abs. 3 EStG gegenüber stellen muss. Für eine Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG sind keine zeitaufwendigen Vorkehrungen, wie etwa bei der Einrichtung einer Buchführung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (vgl. § 4 Abs. 1 EStG), zu treffen.

Der Kläger hatte auch hinreichende Vorbereitungszeit vor Beginn des neuen Wirtschaftsjahres (1. Mai 1999). Nach der Auffassung von Schmidt/Seeger (Kommentar zum EStG, 21. Auflage 2002, § 13a Rz. 5) ist dem Steuerpflichtigen nicht nur zur Vorbereitung auf den Beginn der Buchführungspflicht, sondern auch beim Wegfall der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen wegen erforderlicher Vorkehrungen für die künftige Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG eine hinreichende Vorbereitungszeit zu belassen, die regelmäßig allerdings einen Monat betragen soll. Bis zum Beginn des neuen Wirtschaftsjahres hatte der Kläger noch mindestens 25 Tage Zeit, die Buchführung umzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH BStBl. II 1983, 768, 770), der der Senat folgt, ist - ausgehend vom Zweck der Verwaltungspraxis, hinreichende Vorbereitungszeit zu belassen - eine geringfügige Unterschreitung dieser Monatsfrist - wie hier - um wenige Tage unschädlich. Der Senat ist nicht an den Anwendungserlass zur AO (AEAO Nr. 5 zu § 141), nach dem die Aufforderung zur Ermittlung des tatsächlichen Gewinnes einen Monat vor dem Beginn des Wirtschaftsjahres bekanntgegeben werden soll, gebunden. Die Verwaltungsanweisung bindet die Gerichte als verwaltungsinterne Anweisung nicht (BFH-Urteil vom 23.06.1983, IV R 3/82, BStBl. II 1983, 768).

Die Aufforderung vom Finanzamt trifft den Kläger auch nicht, wie vom Kläger behauptet, unverhältnismäßig. Der Kläger mag zwar für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 schon wirtschaftliche Dispositionen getroffen haben, die er nach dem 31.03.1999 nicht mehr rückgängig machen konnte. Allerdings hätte der Kläger auch bei einer Bekanntgabe der Aufforderung noch am 31.03.1999 seine etwaigen Dispositionen nicht mehr rückgängig machen können. Darüber hinaus steht es dem Gesetzgeber innerhalb des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums frei, Sachverhalte für die Zukunft anders als bisher zu besteuern. Ein Vertrauenstatbestand mit dem Inhalt, dass die Besteuerung des Klägers nach Durchschnittssätzen als Privilegierung der Land- und Forstwirte auch zukünftig in allen Fällen bestehen bleibt, bestand jedenfalls nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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