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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 2 K 414/01
Rechtsgebiete: EStG, BewG, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 13a Abs. 4
EStG § 13a Abs. 8 Nr. 3
BewG § 51 Abs. 4
AO 1977 § 162
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

2 K 414/01

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Parteien, ob und in welchem Umfang der Rechtsvorgänger der Kläger in den Jahren 1991- 1998 (Streitjahre) gewerbliche Einkünfte erzielt hat.

Die Kläger sind Rechtsnachfolger des S, die Klägerin zu 1) war dessen Ehefrau. S bewirtschaftete einen Hof mit einer Fläche von ca. 13,8 ha. Dort züchtete und mästete er Kaninchen, sog. "weiße Neuseeländer". Er hatte den Betrieb, dessen Vergleichswert zum 01.01.1985 lt. Einheitswertbescheid vom 14.6.1989 3.362 DM betrug, schon vor Jahrzehnten übernommen und war in den Streitjahren nahezu ausschließlich in drei Bereichen tätig:

(1) Veräußerung von Schlachtkaninchen

(2) Veräußerung von Zuchtkaninchen

(3) Veräußerung von Blutserum, welches er bei der Schlachtung von männlichen Schlachtkaninchen gewann.

In den Streitjahren hielt S durchgehend jeweils ca. 100 - 200 Zuchtkaninchen und 3.000 Schlachtkaninchen. Er veräußerte jährlich ca. 8.000 - 10.000 Schlachtkaninchen und ca. 2.000 - 4.000 lebende Kaninchen.

Die Kaninchenställe brachte S in seinem zum Hof gehörenden Stallgebäude unter, in dem er sowohl die Schlachttiere (Umsätze 1991 bis 1995 zwischen 82.000 DM bis 168.000,00 DM) als auch die lebend verkauften Tiere (Umsätze zwischen 1991 bis 1995 jährlich ca. 125.000 bis 256.000,00 DM) aufzog. Bei der Aufzucht unterschied S nicht danach, ob ein Tier zur Schlachtung oder zur Veräußerung als "Zuchttier" vorgesehen war, sondern hielt die Kaninchen einheitlich in dem Stallgebäude. Sobald Bedarf nach Schlachtkaninchen bzw. "lebenden" Kaninchen bestand, suchte er Kaninchen aus dem vorhandenen Bestand aus. Das Futter für die Tiere beschaffte S von den eigenen Wiesen. Die lebend verkauften Kaninchen erwarben in der Regel industrielle Abnehmer oder medizinische Einrichtungen, aber zum Teil auch landwirtschaftlich tätige Abnehmer. Die als "Zuchtkaninchen" veräußerten (lebenden) Tiere setzten die (i.d.R. industriellen) Abnehmer oftmals zur Aufzucht von Versuchstieren ein.

Seit den 80er Jahren verkaufte S auch das bei der Schlachtung gewonnene Blut bzw. Blutserum männlicher Kaninchen an industrielle Abnehmer. Für die Blutgewinnung verwandte S die in seinem Betrieb aufgezogenen männlichen Schlachtkaninchen, die er jeweils ca. 18 - 26 Wochen in seinem Betrieb aufzog. Das gewonnene Kaninchenblut zentrifugierte er jeweils in seinem Betrieb, und zwar für jeweils ca. 20 - 30 Sekunden, nachdem es auf natürliche Weise geronnen war. Für den Zentrifugiervorgang schaffte er sich eine entsprechende Maschine an (zu Einzelheiten vgl. Gewinnermittlungsakte), die er - zum Teil - unter Aufsicht eines Arztes bediente. Das im Überstand befindliche Blutserum (Anteil von ca. 120 - 180 ml Blut/Kaninchen) fror S für Zwecke des Transportes ein. Die Abnehmer verwandten das Blut u.a. bei Immunsystemtesten, Vaterschaftstesten und der Strahlentherapie.

S und die Klägerin zu 1) erklärten die Einkünfte der Jahre 1991 bis 1995 als solche aus Land- und Forstwirtschaft und ermittelte den Gewinn nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG). In der Anlage "L" gaben sie für die Jahre 1991 bis 1995 Sondergewinne an, und zwar von ca. 11.500 bis ca. 26.500 DM jährlich. Für die Jahre 1996-1998 erklärte S, nachdem die Betriebsprüfung die Tätigkeit als gewerblich eingestuft hatte, die Einnahmen aus dem Blutserumverkauf als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Schon für die Vorjahre, nämlich die Jahre 1984 und 1985 (Wirtschaftsjahre 1984/85 und 1985/86) hatte das Finanzamt eine Außenprüfung durchgeführt. Das Finanzamt hatte die Einkünfte sowohl aus dem Verkauf der Schlacht- und Zuchttiere als auch des Blutserums insgesamt als land- und forstwirtschaftlich angesehen und ermittelte die Einkünfte in vollem Umfang nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG).

Demgegenüber sah das Finanzamt nach einer für die Streitjahre durchgeführten Betriebsprüfung die Einkünfte als gewerblich ein. Es berücksichtigte dabei auch einen Nutzungswert für die selbst genutzte Wohnung. Das Finanzamt ermittelte den Gewinn für die Jahre 1991 bis 1995 gem. § 4 Abs. 3 EStG; außerdem erließ es erstmals für die Streitjahre Gewerbesteuermessbetragsbescheide.

Das Finanzamt ermittelte im Einzelnen für die Streitjahre 1991 bis 1995 folgende Einnahmen und, unter Schätzung der Betriebsausgaben, Gewinne (in DM):

 Bereich 1991 1992 1993 1994 1995
Blutserum 119.610129.849102.070108.090153.897
Zuchttiere 179.480256.024160.728135.293125.063
Schlachttiere 82.233145.077167.799133.459136.446
Gesamt 381.324 530.952 430.599 376.842 415.407
Gewinne 291.081 440.709 340.356 286.599 325.164

Für die Jahre 1996-1998 setzte der Beklagte lediglich den aus der Veräußerung des Blutserums erzielten Gewinn als Einkünfte aus Gewerbebetrieb an:

 1996 1997 1998
57.67084.27386.487

In diesen Gewinnen aus Gewerbebetrieb erfasste das FA einen Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung von jährlich 7.704 DM.

Die Gewinne aus der Veräußerung der Kaninchen erhöhte das Finanzamt für die Jahre 1996 - 1998, anders als für die Vorjahre, nicht, setzte die Bescheide allerdings unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) fest.

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.

Die Kläger sind der Ansicht, sie hätten in vollem Umfang land- und forstwirtschaftliche und keine gewerblichen Einkünfte erzielt. Der Erlös aus dem Verkauf des Blutserums sowie aus dem Kaninchenverkauf führe zu land- und forstwirtschaftlichen Einkünften aus "Tierzucht und Tierhaltung" nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Kaninchen seien typische Tiere der deutschen Landwirtschaft, § 13a Abs. 1 Nr. 2 u. 3 EStG sei damit zwingend anzuwenden. Das Zentrifugieren des Blutes sei nämlich mit geringem Aufwand möglich, gerade im Vergleich zu typischen landwirtschaftlichen Produkten wie Butter, Quark, Schmelzkäse, Molkesirup und Jogurt. Die Anzahl der Vieheinheiten liege weiter unter der gesetzlichen Norm des § 13 Abs. 1 Satz 2 u. 3 EStG; außerdem sei die Tierart "Kaninchen" in EstR 124a (a.F.). aufgeführt. Auch der Gewinn aus der Veräußerung des Blutserums sei durch diese typische Tätigkeit abgegolten, weil das Blutserum ein selbst erzeugtes Produkt sei, welches beim Schlachten anfalle und nur deshalb vom Erzeugnis Blut getrennt werde, um das Blutserum - durch den Zentrifugiervorgang und das anschließende Gefrieren - transportfähig und haltbar zu machen.

Die Erträge seien auch nicht als sog. Sondergewinne nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG dem nach Durchschnittssätzen ermittelten Gewinn hinzuzurechnen. Nach dieser Vorschrift seien zwar Erträge aus außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen hinzuzurechnen, wenn diese bei der Feststellung des Ausgangswertes im Sinne des § 13a EStG nicht berücksichtigt werden. Derartige Erlöse habe S im Streitfall indes nicht erzielt. Auch die Erlöse aus der Veräußerung von Kaninchen bzw. Blutserum an Laboratorien sei als Teil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu erfassen. Selbst wenn der Ertrag aus der Veräußerung des Blutserums als gewerblich zu erfassen wäre, lägen zwei zu unterscheidende Betriebe, nämlich ein gewerblicher und ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, vor. Ein einheitlicher Gewerbebetrieb sei nämlich nur dann gegeben, wenn das Gewerbe im Vordergrund stehe und die land- und forstwirtschaftliche Betätigung nur die untergeordnete Bedeutung einer Hilfstätigkeit ausfülle. Die Veräußerung des Blutserums stelle indes lediglich eine Hilfstätigkeit im Vergleich zur Haupttätigkeit (Aufzucht von Kaninchen) dar.

Anders als für die im Betrieb des S auf landwirtschaftliche Weise produzierte Zuchtkaninchen seien für gewerblich "produzierte" Kaninchen Preise zwischen dem 5 - 10-fachen des üblichen Verkaufswertes erzielbar. Solche Kaninchen seien indes nach genetischen Abweichungen selektiert (so genannte "Spezific Pathogen free" SPF-Kaninchen).

Selbst wenn entgegen der Klägerauffassung gewerbliche Einkünfte vorlägen, sei das Finanzamt zudem nach Treu und Glauben daran gehindert, die Bescheide für die Vergangenheit zu ändern, da es die entscheidungsrelevanten Tatsachen schon bei der erstmaligen Festsetzung hätte erkennen können.

Bereits für die Zeit der Vor-Betriebsprüfung, für die Jahre 1984 bis 1986, habe S in etwa im gleichen Umfang wie in den Streitjahren Tierbestände vorgehalten. Schon damals habe S ebenfalls sowohl Zucht- wie auch Schlachttiere veräußert; zwangsläufig sei die verkaufte Blutmenge ähnlich hoch wie in den Streitjahren gewesen. Das Finanzamt sei daher an die Gewinnermittlungsart bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres gebunden, in dem die Mitteilungen erfolgt, dass der Gewinn nicht mehr nach § 13a ermittelt werden könne.

Überdies sei die Behörde an ihr früheres Verhalten gebunden. Dem Finanzamt sei die landwirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen bekannt gewesen. Einer im Rahmen einer Vorbetriebsprüfung als ordnungsgemäß anerkannte Buchführung und die Art der Gewinnerzielung könne für die Folgejahre nicht verworfen werden, wenn sich - wie im Streitfall - die tatsächlichen Verhältnisse nicht verändert hätten.

Die Kläger beantragen,

bei der Veranlagung für die Streitjahre die Einkünfte aus der Kaninchenzucht als solche aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 13a EStG zugrunde zu legen, und zwar ohne Ansatz von Sondergewinnen für das Blutserum, und die Gewerbesteuermessbescheide ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, S habe in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte erzielt. Der Verkauf von Kaninchen zu Versuchszecken sowie von Blutserum sei gewerblich. Diese gebe der Gesamtbetätigung, also auch dem Verkauf der Schlachtkaninchen, das Gepräge, da S die Betätigungssparten nicht getrennt habe und eine solche Trennung auch nicht durchführbar gewesen sei.

Bei der Abgrenzung zwischen gewerblichen und land- und forstwirtschaftlichen Einkünften sei auch maßgeblich, wofür der Abnehmer das "Produkt" der Kläger verwende. S habe Tiere vorgehalten, die von vornherein für Versuchszwecke verwendet werden sollten. Eine solche Tätigkeit sei stets gewerblich.

S habe zudem nicht "Schlachtkaninchen" - ein landwirtschaftliches Produkt -, sondern "Blutserum", ein gewerbliches Produkt hergestellt und veräußert. Die Schlachttiere habe S nur gehalten, um Blut zu gewinnen. Der Fleischverkauf sei lediglich als Nebentätigkeit anzusehen. Die Kaninchen habe S zudem nicht - wie bei Schlachtkaninchen üblich - nach 16 Wochen, sondern wegen der besseren Verwertbarkeit des Blutserums erst nach 18 - 26 Wochen geschlachtet.

S habe die Kaninchen auch mehr als nur geringfügig verarbeitet. S habe eine Tätigkeit außerhalb des traditionellen Bildes der Land- und Forstwirtschaft ausgeübt. Das traditionelle Bild der Land- und Forstwirtschaft sei indes im Streitfall maßgeblich zu berücksichtigen. Auch der Bundesfinanzhof habe im Urteil vom 12. Dezember 1996 (BStBl. 1997 II 427) am Beispiel der Verarbeitung von Milch zu haltbarer Milch das Kriterium des traditionellen Bildes der Land- und Forstwirtschaft herangezogen.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zum Teil begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht gewerbliche Einkünfte angenommen und Gewerbesteuermessbescheide erlassen (dazu 1). Vielmehr erzielte S insgesamt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und ermittelte seinen Gewinn zulässiger Weise nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG; dazu 2.). Allerdings waren wegen der Erträge aus dem Verkauf des Blutserums Zuschläge für Sondergewinne nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG a.F. hinzuzurechnen (dazu 3.).

1. S hat in vollem Umfang land- und forstwirtschaftlich Einkünfte erzielt. Er erzielte keine gewerblichen Einkünfte.

Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG liegen gewerbliche Einkünfte nämlich nicht vor, wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft anzusehen ist. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG gehören zu den Einkünften aus dem Betrieb der Landwirtschaft auch die Einkünfte aus Tierzucht und Tierhaltung einschließlich einer ersten Verarbeitungsstufe, wenn es sich um Tiere handelt, die nach der Verkehrsanschauung typischerweise in landwirtschaftlichen Betrieben gezogen oder gehalten werden und der jeweilige Betrieb eine ausreichende Ernährungsgrundlage für die Tiere bietet.

a) Eine ausreichende Ernährungsgrundlage liegt vor, wenn für die ersten 20 ha. nicht mehr als 10 Vieheinheiten je Hektar gehalten werden. Eine ausreichende Ernährungsgrundlage war im Streitfall vorhanden, da die je Hektar regelmäßig landwirtschaftlich genutzter Fläche erzeugten oder gehaltenen Vieheinheiten die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bestimmten Grenzen nicht überschritten. Selbst bei Annahme von durchschnittlich 200 gehaltenen Zuchtkaninchen und 4.000 Schlachtkaninchen ergäben sich lediglich 5 (200 x 0,025) + 8 (4.000 x 0,0025) = insgesamt (ca.) 13 Vieheinheiten, während für die ersten 20 ha. 10 Vieheinheiten ja Hektar zulässig sind.

b) Die Tätigkeit des S ist nach der Verkehrsanschauung auch als land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit zu bewerten. Kaninchen sind den flächenabhängigen Tierbeständen zuzurechnen. Dem steht nicht entgegen, dass die vom Kläger gezüchtete Tierart (Kaninchen) nicht in der Anlage 1 zum BewG aufgeführt ist. Nach Auffassung von Rechtsprechung und Finanzverwaltung ist die Aufzählung in der Anlage 1 zum BewG nicht abschließend (BFH-Urteil vom 30.09.1980, VIII R 22/79, BFHE 132, 29, BStBl 1981 II S. 210; vgl. auch R 124a Abs. 1 EStR). Gleichwohl können nur solche flächenabhängigen Tierbestände der landwirtschaftlichen Nutzung zugeordnet werden, die nach der Verkehrsanschauung dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft angehören. Dies folgt aus dem Gesetz, das in der Anlage 1 zu § 51 Abs. 4 BewG - wenn auch beispielhaft - nur das Vieh aufführt, das traditionell zur deutschen Landwirtschaft gehört. Kaninchen werden nach der Verkehrsanschauung indes typischerweise in landwirtschaftlichen Betrieben aufgezogen. Dementsprechend waren sie von der Finanzverwaltung in R 124a EStR 2003 als typische Tiere der deutschen Landwirtschaft aufgeführt und auch in der Anlage L zur Einkommensteuererklärungen der Streitjahre ausdrücklich als Art einer landwirtschaftlichen Nutzung genannt. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG ordnet die Anwendung des § 51 Abs. 2 bis 5 BewG an und verweist damit zugleich auf die in § 51 Abs. 4 BewG erwähnten Anlagen 1 und 2 des Bewertungsgesetzes zur Umrechnung der im Einzelnen aufgeführten bodenabhängigen Tierbestände in Vieheinheiten. Diese Regelung - in der Kaninchen nicht ausdrücklich aufgeführt werden - hat der Richtliniengeber in den Einkommensteuerrichtlinien in R 124a EStR a.F. (zum überwiegenden Teil) vervollständigt.

Die Tätigkeiten des Klägers (Aufzucht und Veräußerung von Schlachtkaninchen, Veräußerung des gewonnenen Blutserums und Aufzucht und Veräußerung von Zuchtkaninchen) führen danach in vollem Umfang zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft:

aa) Die Aufzucht und Veräußerung von Schlachtkaninchen führt unstreitig auch nach Auffassung des Beklagten - bei isolierter Betrachtung ohne Einbeziehung der sonstigen Tätigkeit des S - zu land- und forstwirtschaftlichen Einkünften. Kaninchen stellen typische Tiere der Landwirtschaft dar (Pape in Felsmann/Giere, Komm. zur Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte (zukünftig zitiert: Felsmann), Abschnitt A, Rz. 32b), so dass deren Aufzucht und Veräußerung für Zwecke des menschlichen Verzehrs als land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit zu werten sind. Dabei ist es für die Einordnung nicht entscheidend, dass - wie hier - die (männlichen) Tiere für die Zwecke der Blutgewinnung möglicher Weise (etwas) später als üblich geschlachtet werden.

bb) Auch der Verkauf des Blutserums ist eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit. Zwar ist das vom Kläger hergestellte Produkt (Blutserum) kein klassisches landwirtschaftliches Erzeugnis. Andererseits handelt es sich bei Kaninchen um eine Tierart, die auch der landwirtschaftlichen Urproduktion dient. Auch Betriebe, die die mit Hilfe der Naturkräfte gewonnenen pflanzlichen oder tierischen Produkte im Rahmen einer ersten Verarbeitungsstufe am Markt absetzen, sind grundsätzlich land- und forstwirtschaftliche tätig (Stalbold in Leingärtner, Abschnitt 5 Rz. 1). Der Kläger bearbeitet das beim Schlachten männlicher Kaninchen gewonnene Blut, indem er es - für Zwecke des Transports - zentrifugiert. Hierbei führt er indes keine erhebliche Veränderung des veräußerten Produkts herbei. Dem steht nicht entgegen, dass die Kläger nicht das beim Schlachten gewonnene Blut als Ganzes, sondern das durch das Zentrifugieren gewonnene Blutserum veräußert haben. Bei dem Blutserum handelte es sich um einen Teil des beim Schlachten gewonnen Blutes und damit um ein landwirtschaftliches Erzeugnis. Zu berücksichtigen ist bei der Gesamtwürdigung aller im Fall relevanten Umstände auch, dass S der Zentrifugiervorgang in erster Linie durchführte, um den Transport des Blutes zu erleichtern bzw. zu ermöglichen. Der Schwerpunkt der von S erbrachten Leistung bestand also nicht in dem Vorgang des Zentrifugierens, sondern der Veräußerung des Blutserums. Um das Blutserums versenden zu können, war es zweckmäßig, wenn nicht sogar zwingend, das Blutserum vom restlichen Blut zu trennen und zu gefrieren. Damit hat S das Blut jedoch nicht in wesentlichem Umfang be- oder verarbeitet (so auch Giere in Felsmann, Abschnitt A Rz. 32a). Das bloße Haltbarmachen von land- und fortwirtschaftlichen Erzeugnissen, z.B. durch Konservieren oder Gefrieren ist nämlich noch Bestandteil der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion. Demgemäß gehört auch der Zentrifugiervorgang, der nach dem substantiierten Vortrag der Kläger nur dazu diente, das Blutserum transportfähig zu machen, noch zur land- und forstwirtschaftlichen Betätigung. Die Bearbeitung war damit nicht so wesentlich, dass, wie z.B. beim Schälen und Zerkleinern von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, ein land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb oder ein Gewerbebetrieb anzunehmen war. Auch bei der Schlachtung von Schweinen oder Rindern werden oftmals Nebenprodukte gewonnen (z.B. Daunen, Federn, Rosshaar, Hörner etc.), ohne dass insoweit eine gewerbliche Betätigung anzunehmen wäre. Die Kläger haben auch substantiiert und glaubhaft vorgetragen, dass S Kaninchen stets nur geschlachtet und Blut gewonnen hat, wenn er auch Schlachtkaninchen zu verkaufen hatte. S schlachtete damit zu keinem Zeitpunkt lediglich, um Blut zum Zwecke des Blutserumverkaufs zu gewinnen, sondern nur dann, wenn Aufträge zum Verkauf von Schlachtkaninchen vorhanden waren; der gegenteiligen Annahme des Finanzamtes vermag der Senat nicht zu folgen. Auch diente das Blut letztlich der Versorgung der Bevölkerung, indem es in andere Produkte Eingang fand (z.B. zur Verwendung in Immunsystem- und Vaterschaftstest). Dies reicht - jedenfalls nach einem zeitgemäßen Verständnis der Land- und Forstwirtschaft - aus, um eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit zu bejahen. Auch der Gesetzgeber wollte, wie den Materialien zu § 13 EStG 1965 und § 51 BewG 1965 zu entnehmen ist, dem Wandel der Landwirtschaft zu einer verstärkten Tierveredelungswirtschaft Rechnung tragen (Bundestags-Drucksache IV/1488 S. 46, IV/3568 S. 6), also den Bereich der bisherigen landwirtschaftliche Tierzucht und Tierhaltung nicht einengen. Aufgrund dessen sollte auch der in der Anlage zu § 51 BewG enthaltene Katalog nicht abschließend wirken (BFH v. 30.09.1980 - VIII R 22/79 BStBl 1981 II S. 210). Bei einer entsprechenden Auslegung ist aber auch die Art der Tätigkeit des S nach der Verkehrsanschauung noch dem Begriff der land- und Forstwirtschaft zuzuordnen.

Nur bei einer - im Streitfall nicht relevanten - flächenunabhängigen Tierzucht und -haltung müssten die Tiere entweder Arbeitstiere sein oder der menschlichen Ernährung dienen, um eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit annehmen zu können (BFH v. 16.12.2004, IV R 4/04, BStBl. II 2005, 347). Demzufolge etwa sind auch die Tiere einer Wanderschäferei als Woll- und Fleischlieferanten der landwirtschaftlichen Nutzung zuzurechnen, während die Zucht von Zierfischen nach dem Willen des Gesetzgebers gewerblich ist (BFH-Urteil vom 13. März 1987, V R 55/77, BFHE 149, 288, BStBl 1987 II S. 467). Der Zweck der Tierhaltung muss indes bei einer bodenabhängigen Tierhaltung gerade nicht in einer Förderung der menschlichen Ernährung bestehen (vgl. hierzu BFH v. 16.12.2004, IV R 4/04, a.a.O.). Überdies ist - zusätzlich zu den angestellten Erwägungen - zu bedenken, das die Art und Weise der Weiterverwertung der vom Landwirt veräußerten Produkte beim Abnehmer grundsätzlich unbeachtlich ist (vgl. auch BFH v. BFH v. 23.09.1988 - III R 182/84 BStBl 1989 II S. 111 zur Pensionsreitpferdehaltung), wenn dem Grunde nach - wie im Streitfall - eine planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von lebenden Tieren, also eine landwirtschaftliche Tätigkeit, vorliegt und keine wesentliche Weiterverarbeitung - im Rahmen einer zweiten Verarbeitungsstufe - erfolgt. Dies gilt jedenfalls für Tierarten, die, wie insbesondere Pferde (vgl. BFH v. 23.09.1988, III R 182/84 BStBl 1989 II S. 111) und Kaninchen, typischerweise in landwirtschaftlichen Betrieben gehalten werden (vgl. Anlage 1 zu § 51 des Bewertungsgesetzes sowie R 124a EStR 2003 und oben). Die landwirtschaftliche Tierhaltung hängt dann grundsätzlich nur davon ab, ob die im Betrieb gehaltenen Tiere - gemessen am gesetzlichen Flächenschlüssel - eine ausreichende Futtergrundlage haben (BFH v. 23.09.1988, III R 182/84 BStBl 1989 II S. 111). Dies war hier jedoch unstreitig der Fall.

Einer land- und forstwirtschaftlichen Betätigung steht auch nicht die umfangreiche Wertschöpfung (hoher erzielter Gewinn) entgegen. Außerordentliche Erträge können vielmehr im Rahmen des § 13a EStG über die Hinzurechnungsnorm des § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG a.F. erfasst werden (dazu unten unter 2.).

Schließlich stellte der Verkauf des Blutserums, selbst wenn man entgegen den obigen Ausführungen keine originär land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit annähme, einen land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb - also jedenfalls keine gewerbliche Tätigkeit - dar. Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft rechnen nämlich auch die Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichem Nebenbetrieb. Als Nebenbetrieb gilt ein Betrieb, der dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt ist (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG). Danach kann auch eine für sich gesehen gewerbliche Betätigung einen land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb darstellen (BFH-Urteile vom 16. August 1979, I R 165/77 --NV--; vom 12. Januar 1989, V R 129/84, BFHE 156, 281, BStBl II 1989, 432). In diesem Fall muss sich die gesamte Betätigung als Betrieb der Landwirtschaft darstellen (BFH-Urteil vom 12. Dezember 1996 (IV R 78/95, BStBl. 1997 II, S. 427)). Dies träfe auf den Betrieb des S jedoch zu. Seine Tätigkeit unterschied sich wesentlich von einem üblichen Gewerbe- und Produktionsbetrieb. Sie zielte vornehmlich darauf ab, Schlachtkaninchen zu veräußern. Erst mit der Zeit entwickelte sich ein Markt für das bei der Schlachtung gewonnene Blut, welches S ebenfalls veräußern konnte. Hauptprodukt des S blieb jedoch das geschlachtete Kaninchen. Als - wirtschaftliches - Nebenprodukt fiel dabei lediglich das durch die Schlachtung von männlichen Kaninchen gewonnene Blut ab, auch wenn sich der hieraus erzielte Ertrag erheblich war. Der Betrieb des S bestand schon Jahrzehnte vor der Blutvermarktung. S passte ihn lediglich den veränderten Marktbedingungen an, ohne seine Grundstruktur wesentlich zu verändern. Insoweit traf S bei der späterer Weiterverarbeitung durch den Zentrifugiervorgang nicht in Konkurrenz zu Gewerbebetrieben, da Gewerbetreibende Kaninchen grundsätzlich nicht selbst aufziehen, um sie zu schlachten und als Schlachtvieh zu veräußern.

cc) Der Verkauf der Zuchtkaninchen ist schließlich ebenfalls nicht als gewerbliche Tätigkeit einzustufen. Ebenso wie bei der Pferdezucht etwa (s.o.) ist die spätere Verwendung der Tiere für die einkommenssteuerliche Behandlung grundsätzlich irrelevant. Anders als Meerschweinchen, Zwergkaninchen, Hamster, Ratten und Mäusen (hierzu vgl. auch BFH v. 16.12.2004, IV R 4/04, a.a.O.) gehört die Aufzucht von Kaninchen, wie dargelegt, nach der Verkehrsanschauung zur Landwirtschaft (s.o. unter a) und R 124a EStR). Wenn aber nach der Verkehrsauffassung bei der Aufzucht von Kaninchen eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit vorliegt und ein ausreichender Zusammenhang zu Bodenbewirtschaftung besteht, können die Kaninchen auch im Rahmen einer landwirtschaftlichen Tierproduktion und Tierhaltung gehalten werden, und zwar unabhängig davon, ob die damit gewonnenen Produkte als Nahrungsmittel für den menschlichen Verzehr Verwendung finden (Stalbold in Leingärtner, 6. Abschnitt Rz. 18). Ob ein Landwirt seine Erzeugnisse zur Weiterverarbeitung an die Industrie, zum Weiterverkauf an Groß- oder Einzelhändler oder unmittelbar an Endverbraucher (im Wege sog. Direktvermarktung) verkauft, kann insoweit nicht entscheidend sein, zumal es der jeweilige Landwirt nicht immer beeinflussen kann, wie die Abnehmer die landwirtschaftlichen Produkte verwenden. Die Verwertung (Vermarktung) der im Betrieb gewonnenen landwirtschaftlichen Erzeugnisse ist vielmehr der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen (vgl. Märkle/Hiller, Die Einkommensteuer bei Land- und Forstwirten, 8. Aufl. 2001, Rz. 191; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Abschnitt A. Rz. 295). Ist aber die Art und Weise der Weiterverwertung der vom Landwirt veräußerten Produkte grundsätzlich unbeachtlich (vgl. auch BFH v. 23.09.1988, III R 182/84, BStBl. II 1989, 101) zur Einordnung bei Reitpferden), kann es nicht relevant sein, ob S Schlachtkaninchen oder Zuchtkaninchen veräußert hat.

dd) Überdies lässt sich der Verkauf der lebenden Kaninchen nicht unabhängig von dem der Schlachtkaninchen beurteilen. S hat die Kaninchen einheitlich nach denselben Maßstäben aufgezogen, unabhängig davon, ob er sie (später) geschlachtet oder lebend verkauft hat. Daher ist die Tätigkeit, ungeachtet von den unter cc) dargestellten Erwägungen, wie der Verkauf der Schlachtkaninchen, als land- und forstwirtschaftlich einzuordnen. Zuchtvieh einer Tierart wird nur dann als besonderer Tierzweig behandelt, wenn die erzeugten Jungtiere überwiegend zum Verkauf bestimmt sind (§ 51 Abs. 3 Satz 2 BewG, Felsmann, Abschn. B, Rz. 53c.). Letzteres trifft auf den Betrieb des S, der seit Jahrzehnten Schlachtkaninchen veräußert, nicht zu, zumal er die Auswahl der lebend veräußerten Kaninchen nach dem glaubhaften Vortrag erst im jeweiligen Einzelfall vornahm. Zudem unterscheidet sich der Betrieb von dem eines typischen gewerblichen Tierzüchters allein schon durch das Vorhandensein landwirtschaftlicher Flächen als Futtergrundlage. Außerdem sind die Tiere grundsätzlich für den menschlichen Verzehr geeignet und bestimmt. Im Gegensatz dazu sind Tiere, die ausschließlich zu Versuchszwecken - von gewerblichen Anbietern - gezüchtet werden, grundsätzlich nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt. Bei solchen, ausschließlich für Versuchszwecke gezüchtete Tiere handelt es sich um speziell gezüchtete und selektierte Tiere, die nach besonderen Standards hergestellt werden (vgl. zu weiteren Einzelheiten z.B. GA Bl. 165ff. und Bl. 227ff.). Es kann daher dahinstehen, ob und in welchem Umfang die vom Kläger als Zuchttiere veräußerte Tiere von den Abnehmern überwiegend zur Züchtung von oder als Versuchstiere genutzt wurden (so z.B. die Abnehmer: Medizinische Einrichtungen und Beiersdorfer AG). Die Kläger haben die Kaninchen wie "gewöhnliche" Zuchtkaninchen und genauso wie die Schlachtkaninchen aufgezogen. Die Tätigkeit des Klägers wäre überdies selbst dann, wenn die als "Zuchttiere" verkauften Tiere tatsächlich als "Versuchstiere" genutzt würden, aufgrund der landwirtschaftlichen Aufzucht als land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen (vgl. Felsmann, Abschnitt A, 32a).

ee) Der Mietwert der selbstgenutzten Wohnung ist damit im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 13a EStG anzusetzen (vgl. auch BMF v. 12.11.1986, IV B 4 - S 2236 15/96). War die zum Betriebsvermögen gehörende Wohnung nämlich, wie auch im Streitfall, im Jahre 1986 selbst bewohnt oder dem Altenteiler überlassen, musste die Nutzungswertbesteuerung, soweit nicht endgültig hierauf verzichtet wurde, bis zum 31.12.1998 weitergeführt werden. Der Mietwert ist nach der Vorschrift des § 13a Abs. 7 EStG zu ermitteln, d.h. mit 1/18 des anteiligen EW, also in Höhe von 1.842 DM je Vierteljahr.

2. Die Kläger ermittelten ihren Gewinn zu Recht nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG). Der Gewinn war für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in den Streitjahren nämlich nach § 13a Abs. 3 bis 8 EStG zu ermitteln, wenn

der Steuerpflichtige nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und

der Ausgangswert nach § 13a Absatz 4 EStG mehr als 0 Deutsche Mark, jedoch nicht mehr als 32 000 DM beträgt, und

die Tierbestände drei Vieheinheiten je Hektar regelmäßig landwirtschaftlich genutzter Fläche oder insgesamt 30 Vieheinheiten nicht übersteigen.

S war nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften (z.B. §§ 3, 238 HGB oder § 141 AO) dazu verpflichtet, Bücher zu führen. Der Ausgangswert nach § 13a Abs. 4 EStG betrug weniger als 32.000 DM und die Tierbestände überschritten je Hektar regelmäßig landwirtschaftlich genutzter Fläche nicht drei Vieheinheiten bzw. insgesamt 30 Vieheinheiten (s.o.).

3. Allerdings war für das von S veräußerte Blutserum ein Sondergewinn nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG a.F. hinzuzurechnen. Nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind in den Durchschnittssatzgewinn nach den Absätzen 4 bis 7 nämlich auch Gewinne einzubeziehen aus Betriebsvorgängen, die bei der Feststellung des Ausgangswerts nach § 13a Absatz 4 EStG nicht berücksichtigt worden sind, soweit sie 3000 DM übersteigen.

a) Der Erlös aus dem Verkauf des Blutserums ist nicht durch den Grundbetrag nach § 13a Abs. 4 EStG abgegolten. Derartige Erträge erzielt nämlich ein Landwirt, der Zucht- bzw. Schlachtkaninchen verkauft, regelmäßig nicht; sie sind auch nicht im Ausgangswert nach § 13a Abs. 4 EStG enthalten.

Die Reinerlöse aus dem Verkauf von Blutserum sind nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG a.F. hinzuzurechnen. Nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung sind (ebenso wie nach § 13a Abs. 6 Nr. 3 EStG a.F.) bei der Durchschnittssatzgewinnermittlung dem Grundbetrag Erträge aus anderen Betriebsvorgängen zuzuschlagen, die bei der Feststellung des Ausgangswerts nicht berücksichtigt werden konnten. Hierzu zählen etwa Einkünfte aus dem Verkauf von Mastvieh, wenn aufgrund der besonderen Qualität der Tiere erheblich über dem Durchschnitt liegende Preise erzielt werden (BFH v. 18. April 1991, IV R 7/89, BStBl. II 1991, 833; BFH v. 15.11.1984, IV R 131/83 BStBl 1985 II S. 156). Bei der Feststellung des Ausgangswerts i.S. des § 13a Abs. 4 EStG n.F., der einem Bruchteil des Vergleichswerts der landwirtschaftlichen Nutzung nach § 40 des Bewertungsgesetzes (BewG) entspricht, werden nämlich nur die in einem vergleichenden Verfahren nach § 40 BewG zu ermittelnden regelmäßigen und nachhaltig erzielbaren Reinerträge angesetzt, die bei vergleichbaren landwirtschaftlichen Betrieben der Gegend ermittelt wurden. Sie beruhen auf den regelmäßigen Verhältnissen der betreffenden Gegend (BFH-Urteil vom 15.11.1984, IV R 131/93 a.a.O.). Da die Erträge aus der Veräußerung des Blutserums nicht im Vergleichswert nach § 40 BewG enthalten sind und der Gewinn aus der Veräußerung des Blutserums nicht nach § 41 BewG hinzugerechnet werden konnte, muss der Gewinn als Sondergewinn nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG a.F. erfasst werden (vgl. auch Akte Grund und Boden, ohne Blattzahl, Bescheid auf den 01.01.1989). In dem Einheitswertbescheid wurde kein Zuschlag nach § 41 BewG bei der Ermittlung des Vergleichswertes angesetzt. Dies wäre auch nicht möglich gewesen (vgl. allgemein hierzu auch Kanzler in Leingärtner, Rz. 165 und Felsmann, Teil C, Rz. 261, 274), zumal für Kaninchenzuchtbetriebe in der Region - soweit ersichtlich - keine entsprechende Vergleichswerte existieren. Nach § 41 BewG kommt ein Zuschlag nämlich nur in Betracht, soweit die tatsächlichen Verhältnisse bei einer Nutzung oder einem Nutzungsteil von den bei der Bewertung unterstellten regelmäßigen Verhältnissen der Gegend (§ 38 Abs. 2 Nr. 2) um mehr als 20 vom Hundert abweichen. S erzielte auch keinen Gewinn aus "verstärkter Tierhaltung" (vgl. Kanzler in Leingärtner, Rz. 165), sondern "Übergewinne", die nicht nach § 41 BewG abgegolten sind. Der Sachverhalt ist insoweit (wirtschaftlich) vergleichbar mit der Veräußerung von Umlaufvermögen besonders hoher Qualität.

b) Insoweit ist der gesamte Reinertrag - also nach Abzug der mit der Veräußerung des Blutserums zusammenhängenden Betriebsausgaben - hinzuzurechnen, da in den entsprechenden Ausgangswerten i.S.v. § 13a Abs. 4 EStG bisher, wie dargelegt, kein Ertrag für die Veräußerung von Blutserum enthalten ist. Ebenso wie bei der Hinzurechnung von Sondergewinnen bei Anlagevermögen (dazu BFH v. 18. April 1991, IV R 7/89, BStBl. II 1991, 833) ist allerdings nicht der gesamte Erlös hinzuzurechnen, sondern nur der Teil, der im Ausgangswert nicht enthalten ist. Da ein Buchwert insoweit nicht existiert, mussten die Aufwendungen des S zur Blutserumgewinnung von den erzielten Erlösen abgezogen werden, um den Betrag zu ermitteln, der dem Grunde nach unter § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG a.F. fällt. Bei der Ermittlung des Gewinns für die Sparte "Blutserumverkauf" war von der - im Klageverfahren nachgereichten - Gewinnermittlung der Kläger auszugehen. Dabei waren die geltend gemachten Kfz-Kosten um 50% zu kürzen, da ein Privatanteil bisher nicht berücksichtigt war; für 1993 waren noch Einnahmen von 4.800 DM anzusetzen. Die übrigen hinzu geschätzten Einnahmen waren entsprechend der Einigung der Beteiligten den übrigen Sparten (insbesondere Verkauf von lebenden Tieren) zuzuordnen und somit nicht im Sondergewinn nicht enthalten (vgl. zu weiteren Einzelheiten: Sitzungsprotokoll). Weitere Abschläge für einen dem "normalen" Betriebsablauf entsprechenden "Abgang" in Form einer Veräußerung (vgl. BFH v. 18. April 1991, IV R 7/89, BStBl. II 1991, 833) sind nicht vorzunehmen, da der Verkauf des Blutserums - jedenfalls in der Region der Kläger - nicht dem "normalen" Betriebsablauf eines Kaninchenzuchtbetriebes entspricht.

Somit waren als Sondergewinne i.S.v. § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG a.F. unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG (abweichendes Wirtschaftsjahr) - hinzuzurechnen:

 Kalenderjahr  Gesamtbetrag
199128.529 + 7.22835.757
199219.861 + 9.03528.896
199339.722 + 4.800 + 8.73453.256
199453.656 + 7.20660.862
199586.563 + 8.61395.176
199635.278 + 8.34443.622
199742.147 + 6.80948.956
199891.585 + 9.098100.683
1999117.777117.777

Daraus ergeben sich die folgenden Hinzurechnungen je Wirtschaftsjahr.

 Wirtschaftsjahr  Zurechnung
90/9117.87517.875
91/9217.875 + 14.44832.323
92/9314.448 + 26.62841.076
93/9426.628 + 30.43157.059
94/9530.431 + 47.58878.019
95/9647.588 + 21.81169.399
96/9721.811 + 24.47846.289
97/9824.478 + 50.34174.819
98/9950.341 + 58.888109.229

Die Sondergewinne waren nach § 162 AO zu schätzen, da S nämlich keine ordnungsgemäßen Aufzeichnungen erstellt hatte. Deshalb war es auch zulässig, sodann die für das Kalenderjahr erstellten Gewinnermittlungen zeitanteilig (hälftig) auf die Wirtschaftsjahre aufzuteilen.

Für 1998 bleibt es bei der bisherigen Steuerfestsetzung, da der Beklagte schon bisher insgesamt lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 86.487 DM angesetzt hat (sog. Verböserungsverbot).

Eine Hinzurechnung der Sondergewinne nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG a.F. ist nicht wegen der Feststellungen der Vorbetriebsprüfung nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Abgesehen davon, dass S aufgrund der Vorprüfung nicht sicher erwarten konnte, dass keine Hinzurechnung von Sondergewinnen vorgenommen werden würde, hat er in der Anlage L zur Steuererklärung der Streitjahre selbst Sondergewinne erklärt, wenn auch nicht in dem nunmehr zugerechneten Umfang.

c) Für die lebendig veräußerten Kaninchen ("Zuchtkaninchen") war ein Sondergewinn i.S.v. § 13a Abs. 8 EStG a.F. demgegenüber nicht hinzuzurechnen. Der Verkauf der lebenden Kaninchen kann aufgrund des dabei erzielten Reinertrages z.B. dann als Betriebsvorgang i.S. des § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG angesehen werden, wenn es sich bei den dabei erzielten Erträgen um keine Normalerträge handelt, wie sie für derartige Zuchttiere in den Streitjahren im Durchschnitt erzielt wurden, sondern um außerordentliche Erträge, die nur wegen der besonderen Qualität der Tiere durch erheblich über dem Durchschnitt liegende Preise zu erlangen waren (BFH-Urteil vom 15.11.1984, IV R 131/93). Zuchtvieh ist nämlich ebenso wie Mastvieh und sonstiges Schlachtvieh ein Teil des Tierbestandes und daher nach den Regelungen für den Tierbestand bei den Ertragsbedingungen für die landwirtschaftliche Nutzung als Grundlage des Vergleichswertes zu erfassen (§ 51 BewG). Werden Kaninchen - wie im Streitfall - zum Verkauf gezüchtet, liegen umlaufende Betriebsmittel vor (BFH v. 15. November 1984, IV R 131/83, BStBl. II 1985, 156). Die Kläger haben bei der Veräußerung der Zuchttiere zwar einen deutlich höheren Preis erzielt als bei der Veräußerung der Schlachttiere, nämlich durchschnittlich 45 - 50 DM/ gegenüber ca. 18 DM im Durchschnitt für Schlachtkaninchen. Allerdings war der erzielte Preis nicht höher als üblicherweise bei einem Verkauf an andere Züchter und industrielle Abnehmer zu erzielend. Dies wird durch die dem Gericht vorliegenden Rechnungen bestätigt. Z.B. hat S u.a. im Jahre 1992 an das Unternehmen A lebende Kaninchen zu vergleichbaren Preisen wie an industrielle Abnehmer veräußert. Der durch die Veräußerung von Zuchttieren erzielte Erlös war damit im Vergleichswert nach § 40 BewG enthalten.

3. Die Ausrechnung der (Einkommen-) Steuer wird nach § 100 Abs. 2 FGO dem Beklagten übertragen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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