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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 07.03.2007
Aktenzeichen: 3 K 386/04
Rechtsgebiete: EStG, GG


Vorschriften:

EStG § 8 Abs. 2 S. 1
EStG § 8 Abs. 3 S. 1
EStG § 8 Abs. 3 S. 2
EStG § 40
GG Art. 3 Abs. 1
Die Besteuerung von geldwerten Vorteilen ist auch nach Inkrafttreten des RabattG möglich.
Finanzgericht Niedersachsen

3 K 386/04

Einkommensteuer 2003

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Besteuerung eines geldwerten Vorteils in Höhe von EUR XXX für den Kauf eines Jahreswagen im April 2003 zu Recht erfolgt ist.

Der Kläger ist Arbeitnehmer eines Automobilherstellers. Am X. April 2003 erwarb er von seinem Arbeitgeber einen PKW zum Preis von yy.yyy EUR. Ausgehend von der unverbindlichen Preisempfehlung für diesen Wagen in Höhe von zz.zzz EUR und eines hälftigen Händlerabschlages, den der Automobilhersteller beim nächstansässigen Händler, dem Autohaus W erfragt hat, ergab sich folgende Berechnung:

Unverbindliche Preisempfehlung EUR zz.zzz abzüglich 4%

Händlerabschlag EUR

Hauspreis Händler EUR

abzüglich 4% Bewertungsabschlag EUR

Vergleichspreis EUR Preis ohne Nebenkosten EUR

Geldwerter Vorteil EUR a.aaa

abzüglich Freibetrag gemäß § 8 Abs. 3 EStG EUR 1.244,00

zu versteuernder geldwerter Vorteil EUR XXX

Hinsichtlich dieses geldwerten Vorteils wurde vom Arbeitgeber Lohnsteuer einbehalten und auf der Lohnsteuerkarte ausgewiesen. Der Beklagte legte den ausgewiesenen Arbeitslohn der Besteuerung zu Grunde. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein mit der Begründung, dass tatsächlich kein geldwerter Vorteil gegeben sei. Die Besteuerung des geldwerten Vorteils verstoße gegen das Gleichheitsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der Einspruch wurde mit Einspruchsbescheid vom xx. April 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Der Kläger macht geltend, dass kein geldwerter Vorteil gegeben sei. Im Jahr 2001 seien das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung abgeschafft worden. Zudem hätten Re-Importe zu deutlich günstigeren Konditionen beschafft werden können, als ihm der Wagen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden sei. Diesbezüglich läge eine Ungleichbehandlung gegenüber Käufern von Automobilen vor, die nicht zugleich Arbeitnehmer des Autokonzerns seien. Ein geldwerter Vorteil sei nur gegeben, wenn der Arbeitgeber oder Dritte, die Verbindung zum Arbeitgeber hätten, Rabatte nicht dem allgemein Kundenverkehr gewährten. Er hätte jedoch auf dem offenen Markt seinen Wagen zu günstigeren Rabattkonditionen erwerben können. Hierbei werde auf die Internetrecherche aus dem Jahr 2006 verwiesen. Auch bei den Internetangeboten sei eine Auslieferung beim Hersteller möglich.

Alle Käufer könnten im Händlernetz entsprechende Rabatte - wie er sie durch den Arbeitgeber erhalte - aushandeln. Es dürfe deshalb nicht zwischen Preisnachlässen für Endverbraucher und Werksangehörigen unterschieden werden. Im Ergebnis liege deswegen kein kausaler Zusammenhang zwischen dem Arbeitsverhältnis und dem geringeren Kaufpreis für den Wagen vor. Auch bei Rabatten von Versicherungen, z.B. für Beschäftigte im öffentlichen Dienst, läge kein zu versteuernder Arbeitslohn vor. Der Hersteller stelle lediglich Listen mit unverbindlichen Preisempfehlungen zur Verfügung, jedoch kaum ein Käufer zahle auch tatsächlich diesen Preis. Durch seine Beschäftigung beim Autobauer, sei sein Rabatt quasi mit dem in "Makel" der Besteuerung behaftet. Zudem sei der Absatz von Jahreswagen erheblich zurück gegangen.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom x. März 2004 in der Gestalt des Einspruchsbescheids vom xx. April 2004 die Einkommensteuer 2003 auf EUR Y herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, dass es zwar gemäß § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) an einem Sachbezug fehle, wenn der Arbeitgeber dieselben Rabatte an andere Abnehmer gebe. Dies sei hier jedoch nicht ersichtlich. Die Internet-Händler stellten insoweit keine Vergleichsgruppe dar. Auch ein Vergleich mit nicht bei einem Autohersteller beschäftigten Käufern sei nicht möglich, da diese Rabatte aushandeln müssten, die dem Kläger automatisch zustünden. Auch der Kläger hätte die Wahl gehabt, z.B. über das Internet ein günstigeres Kfz zu erwerben. Die Aufhebung des Rabattgesetzes habe keinerlei Auswirkung auf den geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer. Das einschlägige Gesetz sei insoweit nicht geändert worden.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist in vollem Umfang unbegründet.

Der Beklagte hat zu Recht den geldwerten Vorteil der Besteuerung unterworfen.

a) Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG 2003 beträgt der steuerpflichtige geldwerte Vorteil, den ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses für den Kauf verbilligter Waren, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden, und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, 4 v.H. des geminderten Endpreises, zu dem der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnahmer die Ware fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG 2003 ist dieser Betrag steuerfrei, soweit er EUR 1.224 im Kalenderjahr nicht übersteigt.

Endpreis im Sinne dieser Vorschrift ist der Angebotspreis, und somit der Preis, mit dem die Ware ausgezeichnet oder in sonstiger Weise im allgemeinen Geschäftsverkehr am Markt angeboten wird. Hierbei sind ausgehandelte Rabatte nicht zu berücksichtigen. (vgl. hierzu z.B. Urteil des BFH vom 5. September 2006 VI R 41/02, BFH/NV 2006, 2202; Hermann/Heuer/Raupach-Birk/Kister § 8 EStG, RdNr. 169; Littmann/Bitz/Pust-Pust § 8 EStG, RdNr. 622ff; Lademann/Söffing-Steiner § 8 EStG, RdNr. 212; Blümich-Glenk § 8 EStG Rd. Nr. 200; Schmidt-Drenseck § 8 EStG, RdNr. 71; a. A. zu den üblichen Rabatten Kirchhoff/Söhn-Gröpl § 8 EStG, RdNr. D 27, D 29; Eismann, Die lohnsteuerrechtliche Behandlung von Personal-Rabatten nach Wegfall des Rabattgesetzes, DStR 2001, 1514f). Im Bereich fabrikneuer Kfz ist hierbei in der Regel auf den Listenpreis abzustellen (Thomas, Geldwerte Vorteile bei Überlassung und Übertragung von Kraftfahrzeugen, Beilage 6 zu Heft 39/2006 Der Betrieb, Seite 58, 64 f.).

Die Berechnungen des geldwerten Vorteils ist nach § 8 Abs. 3 EStG nicht zu beanstanden. Der Arbeitgeber des Klägers ist hierbei vom Listenpreis ausgegangen und hat entsprechend dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 30.01.1996 (BStBl. I 1996, 114) sogar noch den Listenpreis um die Hälfte des beim Autohaus W erfragten Preisnachlasses gemindert. Da der Listenpreis derjenige Preis ist, der den potentiellen Käufern erstmalig durch Auszeichnung bekannt wird, ist hierauf abzustellen. Der durchschnittlich beim Vergleichshändler gewährte Rabatt, kann bei der Berechnung des geldwerten Vorteils nach § 8 Abs. 3 EStG nicht berücksichtigt werden, da es sich um das Mittel der ausgehandelten Rabatte handelt. Dieser Wert ist nach o.g. Urteil des BFH allenfalls für die Vergleichsberechnung nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG zu berücksichtigen. Weiterhin können die Ende 2006 im Internet angebotenen Rabatte nicht als Endpreis berücksichtigt werden. Der Kläger hat seinen Wagen im April 2003 und somit ca. 3,5 Jahre vor seinen dargebrachten Nachweisen erworben. In diesem Zeitraum haben sich Listenpreise, Ausstattungen und Käufer- bzw. Verkäuferinteressen verändert, so dass die Marktlage nicht mehr vergleichbar ist. Zudem sind dies Angebote für Wagen, die nicht alle mit dem vom Kläger erworbenen Kfz-Typ übereinstimmen.

b) Das erkennende Gericht sieht in der Berücksichtigung des Listenpreises als Ausgangspunkt für die Berechnung des geldwerten Vorteils keinen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot im Sinne des Art. 3 Abs.1 GG.

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz ( Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet dem Gesetzgeber wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dies gilt sowohl für Belastungen wie auch für Begünstigungen. Es ist deshalb ein sogenannter gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem andern aber vorenthalten wird, verboten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber eine Gestaltungsfreiheit zusteht, die je nach Rechtsgebiet unterschiedlich ausgeprägt ist, und vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reicht. Ihm steht dabei grundsätzlich die Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung zu. Dies hat zur Folge, dass der Gesetzgeber generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen kann, ohne wegen der damit unvermeintlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (zum Ganzen vergleiche Urteil des BFH vom 30. April 2006 III R 64/04, BFH NV 2006, 1725 m.w.N.).

bb) Bei § 8 Abs. 3 EStG handelt es sich um eine zulässige Typisierung, da der jeweilige Angebotspreis an die Letztverbraucher in diesen Bereichen schwierig zu ermitteln ist. Sie dient dem Zweck der einfachen Handhabung. Aus diesem Grunde werden auch weitere Abschläge gemacht bzw. ein Freibetrag gewährt. Die Vorschrift hat deshalb grundsätzlich begünstigenden Charakter. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Kläger zudem ein Wahlrecht hat, entweder einen Jahreswagen vom Arbeitgeber zu beziehen mit der entsprechenden Besteuerung des geldwerten Vorteils, oder gegebenenfalls selbst einen günstigeren und steuerfreien Rabatt auszuhandeln. Sofern es tatsächlich zu negativen Auswirkungen beim Kläger kommt, hätte er diese somit vermeiden können.

Sämtliche Arbeitnehmer, denen vom Arbeitgeber für von ihm bezogene Waren Rabatt gewährt wird, werden nach dieser Vorschrift gleich behandelt werden. Ein Vergleich mit Käufern von Waren, die nicht zugleich Arbeitnehmer des herstellendes Unternehmens sind, ist nicht möglich, da dieser Vergleichsgruppe nicht automatisch dieselben Rabatte wie den Arbeitnehmern gewährt werden. Diese müssen Rabatte im Gegensatz zu Arbeitnehmern grundsätzlich aushandeln.

Der Vorgang ist auch nicht vergleichbar mit einem günstigeren Tarif bei der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung, da dieser Nachlass nicht auf dem Anstellungsverhältnis im öffentlichen Dienst beruht, sondern auf Grund der Tatsache, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst weniger Schäden verursachen und deswegen die Beiträge niedriger ausfallen können. Auswirkungen der Besteuerung auf den Absatz von Jahreswagen sind nicht erkennbar, da sich keine Änderungen ergeben haben. Ein ggf. verminderter Absatz könnte auf veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie die ggf. durch ausgehandelte Rabatte für Neuwagen erschwerte Absetzbarkeit von Jahreswagen sein. Hierauf hat die geringfügige Besteuerung des Klägers jedoch kaum Einfluss.

cc) Die Besteuerung mit der Bemessungsgrundlage von EUR XXX fällt zudem Vergleichsweise gering aus. Insoweit kann auch kein unbillige Härte des Gesetzgebers erkannt werden.

Das erkennende Gericht sieht somit keinen Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG, der den Kläger gleichheitswidrig benachteiligt.

c) Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass der Kläger ausweislich des Urteils des BFH vom 5. September 2006 (VI R 41/02, BFH/NV 2006, 2202) das Wahlrecht zwischen einer Besteuerung nach § 8 Abs. 2 EStG unter Besteuerung nach § 8 Abs. 3 EStG hat.

Hierfür können jedoch nicht die Ausdrucke aus dem Internet Ende 2006 herangezogen werden, da diese lediglich Rabatte ausweisen, mit denen geworben wird und zweifelhaft ist, ob sie tatsächlich gewährt werden. Zudem betreffen sie nicht den Besteuerungszeitraum April 2003, in dem der Kläger seinen Wagen erworben hat. Da der Autohersteller jedoch durchschnittliche Rabatte für einen Wagen des Typs, den der Kläger erworben hat, abgefragt hat, und die Hälfte davon mindern berücksichtigte, kann davon ausgegangen werden, dass ein Rabatt in Höhe von 8 v.H. gewährt wurde. Hierbei handelt es sich um einen Betrag von z.zzz EUR. Vergleichspreis wäre somit ein Betrag von EUR xx.xxx. Der steuerpflichtige geldwerte Vorteil beträgt demnach EUR z.zzz. Ein Freibetrag ist nicht zu berücksichtigen. Da bislang nur EUR XXX zu versteuern ist, ist diese Berechnung ungünstiger und kommt nicht zum Ansatz.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision wurde gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da die Sache wegen der Vielzahl von Fällen grundsätzliche Bedeutung hat.



Ende der Entscheidung

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