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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 27.02.2007
Aktenzeichen: 3 K 90/06
Rechtsgebiete: AO 1977, RennwLottG


Vorschriften:

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1
RennwLottG § 17 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

3 K 90/06

Lotteriesteuer 2004 für die Rubbelloslotterie "Goldlos"

Tatbestand:

Streitig ist, ob für sogenannte Promotionslose bei der Lotterie Rubbellos "Goldlos" 2004 weitere Lotteriesteuer abzuführen ist.

Die Klägerin ist Veranstalterin von staatlich genehmigten Lotterien. Mit Bescheid vom xx 2004 genehmigte das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport der Klägerin eine Losbrieflotterie mit Rubbellosen unter der Bezeichnung "Goldlos" zum Lospreis von X EUR. Als Gewinnausschüttung waren 40 v.H. des Spielkapitals vorgesehen. In den Verkauf sollten eine Serie von y Mio. Losen in Verpackungseinheiten zu je 250 Losen gelangen. Jedem Lospaket waren 50 Promotionslose hinzugefügt, die nicht auf die Gewinnausschüttung von 40 v.H. angerechnet werden. Es gab somit insgesamt z Lose, die ausgeliefert wurden. Ein Promotionslos enthielt die Gelegenheit, ein weiteres Los zu ziehen. Die Promotionslose wurden bei der Anmeldung der Lotteriesteuer nicht berücksichtigt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde der ursprünglich für 2004 geltende Lotteriesteuerbescheid gemäß § 173 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) mit Datum vom xxx 2005 geändert. Einen Einspruch gegen diesen Änderungsbescheid hat der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom xxxx 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

Die Klägerin macht geltend, dass Einsatz jeder Vermögensvorteil, den der Spielteilnehmer als Entgelt für die Einräumung der Gewinnchance gewährt werde, darstelle. Somit sei lediglich der Zahlbetrag für den Kauf der Promotionslose zu besteuern. Dieser betrage jedoch nur EUR y. Die neue Gewinnchance durch das Promotionslos könne aber nicht nochmals zusätzlich Entgelt sein, da nicht EUR z eingenommen worden seien. Es läge kein abgekürzter Zahlungsweg vor, wie dies der Beklagte anführe, weil kein Zwang zur Teilnahme an einer Ziehung eines neuen Loses bestünde. Es sei nicht erkennbar, was beim Promotionslos denn der Gewinn sei. Das Promotionslos gebe lediglich die Möglichkeit, mit dem Erwerb eines Loses zwei Gewinnchancen zu erlangen. Es werde demnach kein weiterer Gewinnvorteil zugewandt, da lediglich ein weiteres Los gezogen werden dürfe. Auch das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport habe in seiner Genehmigung festgestellt, dass die Promotionslose nicht auf Gewinnausschüttungen anzurechnen seien. Ein Spielteilnehmer sehe in der Möglichkeit ein weiteres Los zu ziehen keinen Gewinn. Weiterhin seien die Promotionslose nicht im Startkapital enthalten.

Die Klägerin beantragt,

den geänderten Lotteriesteuerbescheid in der Gestalt des Einspruchsbescheides ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, dass der Wert der Promotionslose dem Wert der Normallose entspräche. Demnach erhöhe sich die Bemessungsgrundlage entsprechend. Dies führe zu einer Steuererhöhung i.H.v. xy EUR. Die Promotionslose stellten einen Gewinn in Form eines geldwerten Vorteils dar. Deren Wert sei der Nominalwert des Loses. Der Vorgang sei so zu behandeln, als ob der geleistete Einsatz für ein Los zurückgezahlt und dann ein neues Los gekauft werde. Der durch das Promotionslos erzielte Gewinn werde mit dem Einsatz, der bereits geleistet worden sei, verrechnet. Es handele sich sozusagen um eine Reinvestition. Das "gewonnene" Los müsse zudem nicht persönlich in Anspruch genommen werden.

Es sei unerheblich, dass das Ministerium für Inneres und Sport die Promotionslose weder im Startkapital noch bei Berücksichtigung der Lotteriesteuer einbezogen habe. Das Ministerium prüfe die Frage der Lotteriesteuerpflicht nicht. Zudem habe die Finanzverwaltung im Erlasswege für Werbe- bzw. Freilose eine entsprechende Lotteriesteuerpflicht bejaht.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

1. Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) sind gegeben, da es sich hinsichtlich der genauen Loszusammensetzung und Ausspielungsbedingungen um neue Tatsachen i.S.d. Vorschrift handelt, die dem Beklagten erst bei der Außenprüfung und somit nachträglich bekannt wurden.

2. Der Beklagte hat zu Unrecht die Bemessungsgrundlage für die Lotteriesteuer um den Wert der Promotionslose erhöht.

a. Nach § 17 Satz 3 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) beträgt die Lotteriesteuer 20 v.H. des planmäßigen Preises (Nennwert) sämtlicher Lose oder Wettscheine für im Inland veranstaltete öffentliche Lotterien, ausschließlich der Steuer. Unstreitig stellt die Lotterie Rubbellos "Goldlos" eine im Inland veranstaltete öffentliche Lotterie i.S.d. o.g. Vorschrift dar, die von der Klägerin veranstaltet wurde.

Zur Bemessungsgrundlage zählen alle für den Erwerb eines Loses zu bewirkenden Leistungen. Das Entgelt kann in einem Einsatz in offener Form liegen, der sich in der Regel durch Bezahlung feststellen lässt, sowie durch Einsatz in verdeckter Form, wenn der Teilnehmer ihn für den Erwerb eines Gegenstandes (Sache oder Recht) und einer Gewinnchance verwendet hat (Hicks, Steuerbare Tatbestände bei der Rennwett- und Lotteriesteuer, UVR 1991, 46, 48; Bruschke, Verkehrsteuern, 5. Auflage 2006, Tz. 6.3.3.1, Seite 406). Ein Einsatz kann z.B. auch in der Gewährung eines unverzinslichen Darlehens oder einer nicht oder ungewöhnlich niedrig verzinslichen Prämienverlosung einer Sparkasse liegen. Für die Frage, ob und inwieweit in einer Leistung ein Einsatz zu erblicken ist, ist die subjektive Auffassung der Teilnehmer an einer Veranstaltung entscheidend. Dieses Erfordernis ist dahin zu verstehen, dass es für das Bewusstsein des Vorliegens eines Einsatzes darauf ankommt, ob ein nennenswerter Teil der Teilnehmer in der von ihm zu erbringenden Leistung zugleich eine Voraussetzung für den Erwerb der gebotenen Gewinnaussicht erblickt (Urteil des BFH vom 6. November 1968 II 6/64, BStBl II 1969, 46).

Die Finanzverwaltung geht bei Werbe- bzw. Freilosen davon aus, dass der Spielteilnehmer einen auf die Fortsetzung des Spiels gerichteten Gewinn in Form eines geldwerten Vorteils, nämlich der Einräumung einer erneuten Spielchance erhält. Dieser Vorteil sei mit dem Nominalwert des Einsatzes anzusetzen. Er stelle Einsatz für die weitere Spielteilnahme aufgrund des Freiloses dar. Im Ergebnis sei der Vorgang so zu behandeln, als hätte der Spieler seinen Einsatz zurückerhalten und würde diesen Einsatz zur weiteren Spielteilnahme verwenden (Erlass des FinMin Saarland vom 29. August 2005 - B/3-2-171/2005 - S 4830, NWB Eilnachrichten 2005, Seite 389, UVR 2006, 42).

b. Der Wert der Promotionslose mit EUR yy ist bei der Lotteriesteuer nicht zu berücksichtigen.

Ausweislich der ministeriellen Genehmigung beträgt der Nennwert der Lose und damit der planmäßige Preis insgesamt nur EUR y. Nur diesen Geldeinsatz haben die teilnehmenden Personen tatsächlich geleistet. Die Promotionslose waren zusätzlich zu den genehmigten y Losen zu erbringen. Weiterhin fand ausdrücklich keine Anrechnung auf die genehmigte Gewinnausschüttung statt. Diese lag unverändert bei 40 v.H. wie auch ohne die Promotionslose. Der erkennende Senat geht davon aus, dass durch diese Lose beim Kauf lediglich eine weitere Gewinnchance eingeräumt wurde, die durch das Ziehen eines weiteren Loses verwirklicht wurde. Diese weitere Gewinnchance war bereits durch Bezahlung des Erstloses abgegolten.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Lotteriesteuer um eine Verkehrssteuer handelt. Vereinnahmt wurde lediglich ein Betrag von EUR y, und nicht von EUR z wie dies der vorgenommenen Besteuerung entspricht. Die Spielteilnehmer haben auch beim Ziehen eines Promotionsloses lediglich einen Betrag von EUR x je Los investiert. Außerdem hatten diese nicht die Möglichkeit, ihren Einsatz von EUR x zurück zu verlangen oder wahlweise noch ein Los zu ziehen, sondern sie konnten nur noch einmal ziehen bzw. ihren Gewinn verfallen lassen. Die Teilnehmer konnten zudem nicht wissen, ob und in welchem Umfang Promotionslose vorhanden waren, so dass sie davon ausgehen konnten, lediglich einen Einsatz von EUR x je gekauftem Los zu leisten, wohingegen der Beklagte einen Spieleinsatz von EUR x+20% zugrunde legt. Die losenden Personen mussten die Gelegenheit, ein weiteres Los ohne weiteren Geldeinsatz ziehen zu können, auch als bekannte weitere Gewinnchance und nicht als weiteren Spieleinsatz angesehen haben. Sie hatten schließlich nicht die Möglichkeit ihren Einsatz zurück zu verlangen.

Der vorliegende Sachverhalt ist nicht mit dem der Entscheidung des FG München (Urteil vom 16. Juni 1999 3 K 1116/95, EFG 1999, 1103) zugrundeliegenden Verfahren zu vergleichen, wonach nach Lotteriebeginn noch weitere Lose verkauft werden durften. Es war von Anfang an vorgegeben, dass y Lose zum Preis von insgesamt EUR y verkauft werden durften. Die Promotionslose waren von Anfang an unentgeltliche Zugabe.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Revision wurde zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat.

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