Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 18.02.2008
Aktenzeichen: 4 K 1/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5
EStG § 9 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

4 K 1/07

Einkommensteuer 2006

Tatbestand:

Streitig ist, ob ein an verschiedenen Stellen des Hafengebiets in A eingesetzter Hafenarbeiter eine Einsatzwechseltätigkeit ausübt und Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen kann.

Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielt als Hafenarbeiter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er ist seit 1997 beim Hafenbetriebsverein in A (Betriebsverein) angestellt, der seine Bediensteten an Firmen im Hafengebiet ausleiht. Die Ausleihung an die verschiedenen Firmen erfolgt kurzfristig entsprechend dem jeweiligen Bedarf.

Mit der Einkommensteuererklärung machte der Kläger für 206 Tage Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen bei Einsatzwechseltätigkeit à 6 EUR täglich, insgesamt also 1.236 EUR, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Nach der beigefügten Bescheinigung des Betriebsvereins war er an 205 Tagen im Hafen von A beschäftigt. Weiter heißt es darin, die Arbeitszeit habe an diesen Tagen acht Stunden betragen und der Arbeitsplatz innerhalb der Häfen in A habe ständig gewechselt. Durch Einkommensteuerbescheid vom 1. März 2007 lehnte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) den Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen mit der Begründung ab, dass der Kläger keiner Einsatzwechseltätigkeit nachgegangen, sondern an verschiedenen Stellen eines weiträumigen Arbeitsgeländes tätig geworden sei.

Mit dem am 26. März 2007 eingelegten Einspruch machten die Kläger geltend, das Arbeitsgebiet des Klägers umfasse alle Häfen in A unter Einschluss der dazugehörigen Hallen und Lagerräume. Die Häfen lägen mehrere Kilometer auseinander, Ort und Zeit des Arbeitseinsatzes seien für den Kläger nicht vorhersehbar. Auf Anforderung des FA legten die Kläger die Stundenabrechnungen für 2006 vor, aus denen sich folgende Einsatzorte ergeben:

S

E

P

F

T 1

T 2 .

Auf den Inhalt der Stundenabrechnungen (Blatt 42 bis 77 der Einkommensteuerheftung 2006 - EStA -) wird Bezug genommen. Diese Einsatzorte liegen ausschließlich im nördlichen Hafengebiet. Die maximale Entfernung zwischen ihnen beträgt ca. 5 km. Wegen der Einzelheiten wird auf den zu den Steuerakten gelangten Lageplan (Blatt 78 EStA) Bezug genommen.

Durch Einspruchsbescheid vom 7. November 2007 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus: Eine Einsatzwechseltätigkeit liege nur vor, wenn Arbeitnehmer an ständig wechselnden Einsatzstellen eingesetzt würden. Der Einsatz an verschiedenen Stellen innerhalb eines weiträumigen Arbeitsgebietes sei keine Einsatzwechseltätigkeit. In seinemUrteil vom 11. April 2006 VI R 52/05 (BFH/NV 2006, 2237) habe der Bundesfinanzhof (BFH) die Tätigkeit eines Festmachers in einem überschaubaren Teil des Hafengebiets als Arbeit an derselben Arbeitsstätte bewertet. Auch der Kläger sei in einem festgelegten und überschaubaren Bereich tätig geworden, der als weiträumige Arbeitsstätte anzusehen sei. Die Berufung der Kläger auf das Urteil des BFH vom 7. Februar 1997 (BStBl. II 1997, 333) gehe fehl, weil dieses die Tätigkeit eines Arbeitnehmers in dem sehr viel größeren Hamburger Hafen zum Gegenstand gehabt habe.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Kläger ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholen. Ergänzend tragen sie vor, der Bestand der die Beschäftigten des Arbeitgebers ausleihenden Firmen sei ständigen Änderungen unterworfen; zum Teil befänden sich sogar Firmen darunter, die ihren Sitz außerhalb des Hafengebiets hätten.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2006 vom 1. März 2007 und des dazu ergangenen Einspruchsbescheids vom 7. November 2007 die Einkommensteuer auf den Betrag herabzusetzen, der sich unter Abzug weiterer Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von 1.236 EUR ergibt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der seinem Einspruchsbescheid zugrunde liegenden Beurteilung fest.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist nur nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 9 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) möglich.

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG wird ein erwerbsbedingter Mehraufwand an Verpflegung nur unter der Voraussetzung anerkannt, dass der Arbeitnehmer sich aus beruflichen Gründen auf einer Auswärtstätigkeit befunden hat. Eine solche ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig wird (Satz 2 der genannten Vorschrift) oder dass er typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird und damit über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit verfügt (Satz 3 der genannten Vorschrift). Wenn und solange sich der Arbeitnehmer hingegen an seinem - der regelmäßigen Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG entsprechenden - ortsgebundenen Tätigkeitsmittelpunkt befindet, liegt eine zum Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen berechtigende Auswärtstätigkeit nicht vor.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen stehen dem Kläger für seine Tätigkeit keine Verpflegungsmehraufwandspauschalen zu. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger im Streitjahr nur in einem begrenzten und überschaubaren Teil des nördlichen Teils des Hafens von A tätig gewesen ist. Selbst wenn er dort keine regelmäßige Arbeitsstätte unterhalten haben sollte, hätte er eine längerfristige vorübergehende Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte ausgeübt, bei der ihm Verpflegungsmehraufwandspauschalen nur für die ersten drei Monate zustehen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG). Von dieser Dreimonatsfrist werden alle längerfristigen vorübergehenden Tätigkeiten an derselben Tätigkeitsstätte ohne Rücksicht darauf erfasst, in welcher konkreten Form sie ausgeübt werden (BFH-Urteil vom 27. Juli 2004 VI R 43/03, BStBl. II 2005, 357; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. April 2005 - IV C 5 - S 2353 - 77/05, BStBl. I 2005, 673). Da der Kläger seine Tätigkeit für den Betriebsverein bereits seit 1997 ausübt, ist diese Frist im Streitfall überschritten. Der Hinweis der Kläger, der Bestand der die Beschäftigten ausleihenden Firmen sei ständigen Änderungen unterworfen und zum Teil befänden sich sogar Firmen darunter befunden, die ihren Sitz außerhalb des Hafengebiets gehabt hätten, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Daraus ergibt sich nicht, dass der Kläger in den letzten drei Monaten des Jahres 2005 außerhalb desjenigen Teils des Hafengebiets eingesetzt war, in dem er während des gesamten Streitjahres tätig geworden ist.

Die Klage ist daher abzuweisen. Die Kosten sind den Klägern als unterlegenen Beteiligten aufzuerlegen (§ 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung).

Ende der Entscheidung

Zurück