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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 16.11.2006
Aktenzeichen: 6 K 158/06
Rechtsgebiete: ZPO, FGO, StBerG


Vorschriften:

ZPO § 227 Abs. 3
FGO § 155
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Niedersachsen

6 K 158/06

Widerruf der Bestellung als Steuerberater

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Widerruf des Klägers als Steuerberater.

Der 1961 geborene Kläger wurde 1995 zum Steuerberater bestellt. Nach seiner Bestellung war der Kläger zunächst selbstständig tätig und führte eine Kanzlei in W. in der Rechtsform eines Einzelunternehmens.

Auf Anfrage der Beklagten teilte das zuständige Amtsgericht A. mit, dass der Kläger dreimal mit Haftbefehlen, zuletzt vom 10. Oktober 2005, in die Schuldnerdatei eingetragen worden sei. Die Oberfinanzdirektion teilte der Beklagten am 20. Oktober 2005 mit, dass gegen den Kläger vollstreckbare Steuerrückstände in einer Größenordnung von ca. 15.000 EUR beständen.

Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 3. November 2005 zu einem möglichen Widerruf der Bestellung als Steuerberater an. Die Beklagte verwies dabei insbesondere darauf, dass der Vermögensverfall des Klägers aufgrund seiner Eintragungen in der Schuldnerkartei vermutet werde und aufgrund seiner Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen Nichtabführens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung von Mandanteninteressen bestünden. In einer schriftlichen Stellungnahme wandte der Kläger gegen den beabsichtigen Widerruf ein, er übe seine Tätigkeit als Steuerberater seit dem 1. Januar 2004 überwiegend als freier Mitarbeiter aus. Aus seiner vorherigen selbstständigen Tätigkeit als Steuerberater bestünden noch unbezahlte Verbindlichkeiten. Mit dem zuständigen Gerichtsvollzieher seien jedoch monatliche Teilzahlungsbeträge vereinbart worden. Auch bestehe eine Vereinbarung über die Rückführung der Steuerrückstände beim zuständigen Finanzamt (FA) A.. Insgesamt liege daher kein Vermögensverfall vor. Auch seien die Auftraggeberinteressen nicht gefährdet, da Mandatsverhältnisse nunmehr nur noch mit dem jeweiligen Kanzleiinhaber bestünden. Letztlich habe er auch auf die Verfehlung der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen mit der Aufgabe seiner Praxis reagiert. Es bestehe kein Zusammenhang mit der Nichtabführung der Beiträge und seinem nunmehr von der Beklagten in 2005 angenommenen Vermögensverfall. Auf eine weitere Anfrage der Beklagten, die entsprechenden Zahlungsvereinbarungen zur Rückführung der bestehenden Verbindlichkeiten vorzulegen, reagierte der Kläger nicht. Dagegen bestätigte die Oberfinanzdirektion mit Schreiben vom 2. Dezember 2005, dass konkrete Tilgungsvereinbarungen mit dem Kläger nicht bestünden. Zudem teilte das Amtsgericht A. mit Datum vom 17. Februar 2006 mit, dass nunmehr fünf Haftbefehle gegen den Kläger angeordnet worden seien, zuletzt mit Datum vom 13. Oktober 2005.

Mit Schreiben vom 13. November 2006 teilte die OFD gegenüber dem Gericht mit, dass ein im Januar 2006 gestellter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers nicht aufrecht erhalten worden sei, da mit dem Kläger eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden sei. Zugleich teilte die OFD mit, dass der Kläger die Umsatzsteuervoranmeldungen für die vier Voranmeldungszeiträume 2005 sowie für das I. und II. Quartal jeweils zu spät abgegeben habe.

Mit Bescheid vom 1. März 2006 widerrief die Beklagte die Bestellung des Klägers als Steuerberater gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz (StBerG). Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass der Vermögensverfall vermutet werde, da der Kläger inzwischen mit fünf Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis eingetragen sei. Auch habe der Kläger trotz Aufforderung keine Teilzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern vorgelegt. Daneben bestünden erhebliche Abgabenrückstände gegenüber dem FA, der C-Bank Filiale H. sowie gegenüber der D.-Krankenkasse aus Sozialversicherungsbeiträgen. Auch habe der Kläger nicht glaubhaft machen können, dass Auftraggeberinteressen nicht gefährdet seien. Vielmehr ergebe sich eine konkrete Gefährdung von Mandanteninteressen bereits daraus, dass der Kläger selber seine Steuererklärungen für die Jahre 2002 bis 2004 jeweils deutlich verspätet abgegeben und fällige Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt habe. Dies werde insbesondere dadurch bestätigt, dass der Kläger aufgrund der Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts A. vom 9. Juli 2003 zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen verurteilt worden ist.

Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen den Widerruf der Bestellung als Steuerberater. Zur Begründung verweist der Kläger auf sein Vorbringen im Anhörungsverfahren. Im Wesentlichen beruft er sich darauf, dass eine Gefährdung von Mandanteninteressen deshalb ausgeschlossen sei, weil er nicht mehr selbstständig als Steuerberater, sondern nur noch als freier Mitarbeiter tätig sei. Daher bestehe eine rechtliche Trennung zwischen ihm und den zu betreuenden Mandanten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über den Widerruf der Bestellung als Steuerberater vom 1. März 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist die Beklagte darauf, dass sich der Kläger nach wie vor in Vermögensverfall befinde. Der Kläger sei weiterhin mit fünf Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Nachweise über monatliche Teilzahlungsvereinbarungen habe der Kläger nicht vorgelegt. Daneben befinde sich der Kläger aufgrund der Höhe seiner Verbindlichkeiten auch tatsächlich in Vermögensverfall. Nach wie vor bestünden erhebliche Steuerrückstände beim FA A. Auch die Verbindlichkeiten gegenüber der C-Bank und gegenüber der D-Krankenkasse habe der Kläger nicht zurückgeführt. Zudem bestehe die konkrete Gefährdung von Auftraggeberinteressen. Der Kläger habe seine Steuererklärungen seit 2002 verspätet bzw. für 2003 gar nicht vorgelegt. Auch aufgrund der Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Kläger gegenüber seinen Mandanten pflichtwidrig verhalte.

Das Gericht hat dem Kläger mit Verfügung vom 24. August 2006 unter Fristsetzung gem. § 79 b Abs. 2 FGO mit ausschließender Wirkung aufgegeben, bis zum 4. Oktober 2006 insbesondere ein vollständiges Vermögensverzeichnis vorzulegen und den Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen mit sämtlichen Gläubigern nachzuweisen. Auf Antrag des Klägers ist die Frist bis zum 31. Oktober 2006 verlängert worden. Die angeforderten Unterlagen hat der Kläger nicht vorgelegt.

Am 16. November 2006 ist nach telefonischer Vorankündigung aus der Steuerberatungskanzlei, bei der der Kläger tätig ist, mit angegebener Uhrzeit 9.38 Uhr bei Gericht die Fax-Nachricht eingegangen, dass der Kläger "den heute anstehenden Termin krankheitsbedingt nicht wahrnehmen" könne und eine ärztliche Bescheinigung nachgereicht werde. Ein ärztliches Attest hat bis zur Verkündung des Urteils nicht vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht durfte am 16. November 2006 verhandeln und entscheiden.

1. Dem Antrag des Klägers, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, wird nicht entsprochen.

Das Gericht wertet die eine Stunde vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung per Fax eingegangene Mitteilung, der Kläger könne den Termin krankheitsbedingt nicht wahrnehmen, als Antrag auf Terminsverlegung. Zwar hat der Kläger einen solchen Antrag nicht ausdrücklich gestellt. Allerdings lässt die Mitteilung, dass er den Termin wegen einer Erkrankung nicht wahrnehmen könne, hier nur den Schluss zu, dass er eine Terminsverlegung beantragen wollte. Nach § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht aus erheblichen Gründen auf Antrag oder von Amts wegen einen Termin aufheben oder verlegen sowie - nach Beginn der mündlichen Verhandlung - eine Verhandlung vertagen. Liegen erhebliche Gründe für eine Terminänderung vor, so verdichtet sich die in dieser Vorschrift grundsätzlich eingeräumte Ermessensfreiheit des Gerichts zu einer Rechtspflicht. Ob erhebliche Gründe für eine Verlegung vorliegen, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalls ab (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Dezember 1990 III B 102/90, BFHE 163, 115, BStBl II 1991, 240). Dabei sind der Prozessstoff und die persönlichen Verhältnisse des betroffenen Beteiligten bei der Prüfung ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass das Finanzgericht die einzige Tatsacheninstanz ist und die Beteiligten ein Recht darauf haben, ihre Sache in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen (BFH-Urteile vom 14. Oktober 1975 VII R 150/71, BFHE 117, 19, BStBl II 1976, 48 und vom 26. Mai 1992 VII R 26/91, BFH/NV 1993, 177, m.w.N.).

Ein solcher erheblicher Grund liegt regelmäßig bei einer plötzlichen und nicht vorhersehbaren Erkrankung vor, die den Beteiligten an der Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung hindert (vgl. BFH-Beschluss vom 8. April 1998 VIII R 32/95, BStBl II 1998, 676; BFH-Urteil vom 4. Mai 1994 XI R 104/92, BFH/NV 1995, 46, m.w.N.). In diesem Fall verdichtet sich die in § 227 ZPO eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht, d.h. der Termin muss zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits durch die Verlegung verzögert wird (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 1991 III R 87/89).

Der Beteiligte muss im Einzelfall darlegen, dass es sich um erhebliche Gründe handelt. Zwar hat der Beteiligte die erheblichen Gründe nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 3 ZPO grundsätzlich erst auf Verlangen glaubhaft zu machen. Das berührt aber nicht die Pflicht des Beteiligten, dass er die Gründe selbst so genau angeben muss, dass sich das Gericht aufgrund seiner Schilderung ein Urteil über deren Erheblichkeit bilden kann. Insbesondere bei "in letzter Minute" eingehenden Anträgen auf Vertagung oder Verlegung eines Termins muss das Gericht selbst beurteilen können, ob der Beteiligte verhandlungsfähig bzw. verhindert ist oder nicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. August 1995 VII B 160/94, BFH/NV 1996, 228 , vom 14. Mai 1996 VII B 237/95, BFH/NV 1996, 902 und vom 19. Februar 2003 IV S 1/02 (PKH), BFH/NV 2003, 1187). Deshalb rechtfertigen formelhafte, nicht im Einzelnen substantiierte Begründungen eine Terminsverlegung nicht (BFH-Beschluss vom 31. August 1995 VII B 160/94, BFH/NV 1996, 228)

Die Mitteilung des Klägers, er könne den Termin "krankheitsbedingt" nicht wahrnehmen, genügt den Anforderungen an eine aussagefähige Begründung seines Antrags auf Terminsverlegung nicht. Der Kläger hätte vielmehr entweder ein Attest seines Arztes vorlegen müssen, aus dem sich eindeutig ergibt, dass er wegen einer Erkrankung nicht in der Lage war, an dem Termin teilzunehmen, oder er hätte seine Erkrankung so genau schildern müssen, dass das Gericht selbst hätte beurteilen können, ob die Krankheit so schwer war, dass der Kläger nicht zum Termin erscheinen konnte. Außerdem hätte der Beginn der Krankheit angegeben und ggf. dargelegt werden müssen, warum es nicht (mehr) möglich war, einen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung des Termins zu beauftragen (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Mai 1988 IV B 125/87, BFH/NV 1989, 175). Würden diese Anforderungen an die Begründung des Antrags im Falle einer aus Krankheitsgründen begehrten Terminsverlegung nicht gestellt, würde die Entscheidung über die Terminsverlegung allein von der subjektiven Befindlichkeit des Beteiligten abhängen. Dies wäre mit dem Ziel einer möglichst zügigen Durchführung des Verfahrens nicht vereinbar.

Fehlen die danach erforderlichen Angaben bezüglich der Krankheit, so ist das Gericht nicht verpflichtet, eigene Ermittlungen anzustellen. Es ist vielmehr Sache des Beteiligten, die für eine Terminsverlegung erheblichen Gründe im Einzelnen vorzutragen und diese auf Verlangen auch glaubhaft zu machen (vgl. BFH-Beschluss vom 31. August 1995 VII B 160/94, BFH/NV 1996, 228).

Im Übrigen brauchte das Gericht dem Antrag des Klägers auf Terminsverlegung im Streitfall auch deswegen nicht zu folgen, weil der Kläger die Gründe dafür nicht glaubhaft gemacht hat. Die Gründe sind zwar nach § 227 Abs. 3 ZPO grundsätzlich erst auf Verlangen glaubhaft zu machen. Das kann aber nur gelten, wenn zwischen der Antragstellung und dem Termin ausreichend Zeit besteht, um ein solches Verlangen zu stellen. Ist diese Zeit - wie im Streitfall - nicht mehr vorhanden, so muss der Antragsteller seine Gründe mit der Antragstellung glaubhaft machen, weil andernfalls keine Möglichkeit mehr besteht, die Angaben des Antragstellers zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluss vom 9. Dezember 1992 IV B 154/92, BFH/NV 1993, 483).

2. Das Gericht konnte in der Sache entscheiden, obwohl der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen war, da er sein Fehlen nicht hinreichend entschuldigt hat und auf die Zulässigkeit einer Entscheidung trotz seines Ausbleibens in der Ladung hingewiesen wurde ( § 91 Abs. 2 FGO). Allein auf die positive Entscheidung seines Antrags auf Terminsverlegung durfte er sich nicht verlassen.

II. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Beklagte hat die Bestellung des Klägers als Steuerberater zu Recht widerrufen. Aufgrund des ihr seinerzeit bekannt gewesenen Sachverhalts konnte die Beklagte davon ausgehen, zum Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater verpflichtet zu sein.

Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist die Bestellung als Steuerberater zu widerrufen, wenn dieser in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind. Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Bestellung lagen am 1. März 2006 vor.

1. Der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt in Vermögensverfall. Dieser wird nach § 46 Abs. 2 Nr. 4, 2. Halbsatz StBerG vermutet, da der Kläger mit mehreren Haftbefehlen in das Schuldnerverzeichnis eingetragen war. Diese Vermutung ist zwar widerlegbar; eine Widerlegung ist dem Kläger jedoch nicht gelungen. Hierzu hätte es der genauen Angabe von Tatsachen bedurft, aus denen sich ergibt, dass im Einzelfall trotz der bestehenden Eintragungen im Schuldnerverzeichnis tatsächlich kein Vermögensverfall gegeben ist.

Es wäre hierfür erforderlich gewesen, dass der Kläger seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darlegt, insbesondere eine Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobenen Forderungen vorlegt und nachweist, dass diese inzwischen erfüllt sind oder dartut, wie sie auf erfolgversprechende Weise in absehbarer Zeit erfüllt werden sollen (vgl. zum Beruf des Notars: BGH, Beschluss vom 22. März 2004 NotZ 22/03, NJW 2004, 2018 m.w.N.) Dies hat der Kläger jedoch nicht getan. Er hat weder dargelegt noch entsprechend glaubhaft gemacht, wie er seine Verbindlichkeiten innerhalb absehbarer Zeit tilgen könnte. Vielmehr hat der Kläger überhaupt keine Umstände vorgetragen, aufgrund derer seine wirtschaftliche Lage beurteilt werden könnte. Nicht einmal ein vom Gericht angefordertes Verzeichnis über seine Vermögenswerte und Schulden hat der Kläger vorgelegt.

2. Der Widerruf der Bestellung zum Steuerberater konnte auch nicht im Hinblick auf möglicherweise nicht gefährdete Mandanteninteressen unterbleiben. Die Bestellung ist nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG nicht zu widerrufen, wenn die Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall nicht gefährdet sind. Für das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestandes trifft den Steuerberater die Darlegungs- und Feststellungslast (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juni 2000 VII R 86/99, HFR 86/99, HFR 2000, 741 m.w.N.). Derartige Umstände hat der Kläger jedoch nicht dargelegt. Der Umstand, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag im Anhörungsverfahren nunmehr nur noch eine Tätigkeit freier Mitarbeiter ausübe, reicht hierfür nicht aus (zum vergleichbaren Fall der Tätigkeit als angestellter Steuerberater vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. August 2003 VII B 79/02, BFH/NV 2004, 90 und vom 16. November 2005 VII B 67/05, BFH/NV 2006, 375; st. Rspr.). Solange seine Zulassung besteht, hätte der Kläger jederzeit die Möglichkeit, wieder selbständig tätig zu sein. Die Gefährdung von Auftraggeberinteressen wird aufgrund des Vermögensverfalls vermutet. Insoweit ist unerheblich, ob dem Vermögensverfall ein Verschulden des Klägers zugrunde liegt. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er keinerlei Einschränkungen in seinem Handeln für die Mandanten zugelassen habe. So reicht es für die Widerlegung der Vermutung, dass Auftraggeberinteressen gefährdet werden können, nicht aus, dass der Kläger sich nicht vorwerfen lassen muss, steuerliche Erklärungs- und Zahlungspflichten auf Dauer missachtet zu haben. Ist dies der Fall oder ein Steuerberater sonst in beruflichen oder eigenen Angelegenheiten unzuverlässig gewesen, fällt dies zwar zusätzlich zu seinen Lasten ins Gewicht, ohne dass indes umgekehrt bei bisher im Wesentlichen korrektem Verhalten des Steuerberaters ohne weiteres ausgeschlossen ist, dass er aufgrund seiner Schulden, insbesondere wenn diese erheblich sind, Mandanteninteressen nicht mit der erforderlichen Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit verfolgen kann wie wenn er sich um seine eigene Vermögenslage nicht sorgen müsste (BFH-Beschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFH/NV 2004, 895, 897 m.w.N.).

Vielmehr ergibt sich im vorliegenden Fall eine konkrete Gefährdung von Mandanteninteressen aus dem Umstand, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum hinweg Sozialversicherungsbeiträge nicht an den zuständigen Versicherungsträger abgeführt hat. Der Kläger ist letztlich wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelten zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen verurteilt worden. Der Kläger hat daher nicht nur eigene Beträge verspätet oder gar nicht abgeführt, sondern Fremdgelder seiner Arbeitnehmer nicht ihrer Bestimmung zugeführt. Eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen lässt sich in einem solchen Fall nicht ausschließen, wenn fest steht, dass der Steuerberater in seinen sonstigen geschäftlichen oder eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich nicht an gesetzliche Vorgaben hält. Denn daraus ist zu schließen, dass der Kläger die Interessen seiner Mandanten ebenfalls missachten würde, wenn ihn seine schlechten finanziellen Verhältnisse dazu zwingen würden (BFH-Urteil vom 4. Juli 2000 VII R 103/99, BFH/NV 2001, 69). In solchen Fällen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene unter Missachtung vertraglicher Vereinbarungen auch Mandanteninteressen verletzt, so groß, dass von einer konkreten Gefährdung der Auftraggeberinteressen auszugehen ist (BFH-Urteil vom 4. Juli 2000 VII R 103/99 a.a.O.). Die Steuerrechtspflege ist ein wichtiges Gemeinschaftsgut und deshalb im Interesse des allgemeinen Wohles besonders zu schützen. Dazu gehört u.a. auch, die Gefährdung der Interessen solcher Personen auszuschließen, die sich bei der Wahrnehmung ihrer steuerrechtlichen Belange der Hilfe eines Steuerberaters bedienen. Wegen der mit der Steuerberatung notwendig verbundenen Vertrauensposition müssen die Auftraggeber soweit wie irgend möglich gegen einen Missbrauch dieser Position durch den Steuerberater zu eigenen Zwecken geschützt werden. Das bedeutet, dass, wenn die Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht auszuschließen ist, ein Schutz des Vertrauens in dem Bestand einer Bestellung als Steuerberater hinter dem Interesse am Schutz des Allgemeinwohles mit der Folge der Widerrufsbestellung als Steuerberater zurückzutreten hat (vgl. BFH-Urteil vom 4. April 2000 VII R 24/99).

3. Die Aufhebung des Widerrufsbescheids kommt auch nicht aufgrund einer bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 24. August 2006 eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage in Betracht. Zwar kann der Widerruf der Bestellung als Steuerberater nicht aufrecht erhalten werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine Rechtspflicht für eine sofortige Wiederbestellung besteht (BFH-Urteil v. 22. August 1995 VII R 63/94, BStBl II 1995, 909). Ein solcher Anspruch des Klägers besteht jedoch nicht.

Hinsichtlich des Vermögensverfalls hat sich die Sachlage nicht geändert. Vielmehr bestehen die eingetragenen Haftbefehle weiter gegen den Kläger. Sie können lediglich wegen des laufenden Insolvenzantragsverfahrens nicht vollstreckt werden. Um darzulegen, dass sich der Kläger nunmehr in geordneten finanziellen Verhältnissen befinde, hätte er im Einzelnen nachweisen müssen, über welche Einkünfte er verfügt, welche Ausgaben für ihn zwingend sind und wie er mit den Überschüssen seine Schulden zu tilgen gedenkt. All dies hat der Kläger nicht getan.

Schließlich hat der Kläger auch nicht darzulegen vermocht, dass durch den Vermögensverfall die Interessen seiner Auftraggeber nicht beeinträchtigt sind. Auch insoweit hat sich die Sachlage gegenüber dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides nicht geändert. Der Hinweis des Klägers darauf, dass er nur noch als freier Mitarbeiter tätig sei, reicht hierfür nicht aus. Vielmehr ist zu Lasten des Klägers der Umstand zu berücksichtigen, dass er noch während des Klageverfahrens die laufenden Umsatzsteuervoranmeldungen verspätet eingereicht und damit auch die an sich fällige Umsatzsteuer verspätet entrichtet hat. Hierdurch hat sich der Kläger wiederum durch den Einsatz von Fremdgeldern einen kurzfristigen Kredit verschafft.

Mit der Entscheidung über den Widerruf der Bestellung hat die Beklagte die einzige ihr durch Gesetz gegebene Möglichkeit zu handeln ergriffen. § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG eröffnet der Beklagten weder eine Ermessensausübung noch die Möglichkeit, zur Einwirkung auf den Schuldner die Bestellung in irgendeiner Form einzuschränken. Eine ggf. mit modifizierenden Auflagen versehene Bestellung ist nach dem StBerG nicht vorgesehen (BFH-Beschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFH/NV 2004, 895, 897). Vielmehr ist bei eingetretenem Vermögensverfall zwingend nach der Vorschrift des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG die Bestellung zu widerrufen, es sei denn, Mandanteninteressen seien nicht gefährdet. Der Wortlaut des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist eindeutig und lässt keine andere Auslegung zu. Kann der Betroffene die Vermutung des bestehenden Vermögensverfalls nicht widerlegen, so folgt daraus grundsätzlich die Gefährdung der Interessen seiner Auftraggeber mit der Folge, dass die Bestellung zu widerrufen ist, wenn nicht nachgewiesen wird, dass eine solche Gefährdung ausnahmsweise nicht besteht. Der Nachweis obliegt wegen des in der Vorschrift angelegten Regel-/Ausnahmeverhältnisses dem Betroffenen. Diesen Nachweis hat der Kläger jedoch nicht erbracht.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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