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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 30.11.2006
Aktenzeichen: 6 K 172/05
Rechtsgebiete: KStG, EStG, GmbHG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 S. 2
EStG § 4 Abs. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
GmbHG § 7 Abs. 2
Verdeckte Gewinnausschüttung bei Nicht-Einforderung von Stammeinlagen
Finanzgericht Niedersachsen

6 K 172/05

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, inwieweit der Verzicht der Klägerin auf die Einforderung von Stammeinlagen zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führt.

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 19. September 1995 gegründet und am 30. September 1996 ins Handelsregister eingetragen. Gesellschafter waren der Malermeister S und der Kaufmann U. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages haben beide Gesellschafter eine Stammeinlage i.H.v. 25.000 DM übernommen, die durch Bareinlage erbracht werden sollte. Tatsächlich erfolgten jedoch keine Leistungen auf die Stammeinlage. Gegenstand des Unternehmens sollte die Ausführung von Hochbauarbeiten, Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten im Hochbau, der Ankauf und der Handel von Immobilien nebst aller damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, sowie Handel und Verkauf von Blockheizkraftwerken sein. Der Geschäftsbetrieb wurde jedoch bislang nicht aufgenommen. Alleiniger Geschäftsführer war von Beginn an Herr S.

Für das Jahr 2002 gab die Klägerin zunächst keine Steuererklärungen ab. Daher schätzte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) einen Steuerbilanzgewinn von 1.250 EUR (5% Zinseinnahmen vom Stammkapital) und erließ auf dieser Grundlage einen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheid.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung gab sie die Steuererklärungen für 2002 ab, wobei als Jahresüberschuss und auch Steuerbilanzgewinn jeweils 0 EUR eingetragen waren. Eine Bilanz sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung waren nicht beigefügt. Auf Nachfragen des FA bezüglich der Anlage des Stammkapitals erläuterte die Klägerin, dass das Stammkapital nicht verzinslich angelegt worden sei und keine Zinseinkünfte vorhanden seien. Vielmehr seien die Stammkapitaleinzahlungen, die aus privaten Mitteln von Herrn U stammten, in dessen Verwahrung. Weitergehende Nachfragen des Finanzamtes beantwortete die Klägerin nicht, zusätzlich angeforderte Unterlagen legte sie nicht vor. Daraufhin wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Dabei ging es in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass die Klägerin das eingezahlte Stammkapital in voller Höhe an den Anteilseigner U zurückgezahlt habe. Dieser habe es dann verzinslich angelegt. Dieser Sachverhalt sei dahingehend rechtlich zu würdigen, dass eine unentgeltliche Darlehensgewährung vorliege, welche zu einer vGA führe, da ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter das Kapital zur Erzielung von Einnahmen selbst angelegt hätte, um so für die Gesellschaft Erträge zu erzielen.

Die Klägerin hat Klage erhoben. Sie macht geltend, dass eine Steuerfestsetzung nicht in Betracht komme, da sie tatsächlich keinen Geschäftsbetrieb aufgenommen habe. Zur Begründung legt sie eine nicht unterschriebene "Bilanz zum 31.12.2002" vor, in der das gezeichnete Kapital sowie auch sämtliche andere Bilanzposten mit 0 EUR ausgewiesen werden. Das Stammkapital sei niemals eingezahlt worden. Somit seien keine Zinserträge für die Klägerin angefallen. Zwar sei die Gesellschaft für den Neubau von Altenheimen und Pflegestationen gegründet worden; die Geschäftsbeziehungen zu den Auftraggebern hätten sich jedoch zerschlagen, so dass die Gesellschaft von Beginn an ohne Umsätze und Erträge geblieben sei. Da die Gesellschaft nicht tätig geworden sei, habe es auch keine Aufforderung zur Einzahlung des Stammkapitals gegeben. Vielmehr sei den Gesellschaftern und der Geschäftsführung klar gewesen, dass die Gesellschaft grundsätzlich ruhen sollte, bis neue Aufträge zum Bau von Altenheimen und Pflegestationen akquiriert werden könnten. Im Übrigen sei es so, dass die Gesellschafter einer GmbH das Stammkapital grundsätzlich nur in Form eines Darlehens zur Verfügung stellten. Da die Gesellschaft im Zeitpunkt der Gründung noch kein eigenes Geld habe, müsse sie dieses Darlehen erst mit den in Zukunft erwirtschafteten Mitteln zurückzahlen. Sobald also die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb aufnehme, werde Herr U der Gesellschaft die benötigten Mittel als Darlehen gegen Verzinsung zur Verfügung stellen.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. März 2005 dahingehend zu ändern, dass die Steuer und der Messbetrag jeweils auf 0 EUR festgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest. Insbesondere verweist er auf die widersprüchlichen Aussagen der Klägerin zu den Stammeinlagen, die nach nunmehrigem Vortrag nicht eingezahlt worden seien. Demgegenüber habe der Geschäftsführer bei der Anmeldung zum Handelsregister versichert, dass auf die Stammeinlage durch die Gesellschafter Karl-Heinz U DM 25.000 und durch den Gesellschafter Ingolf S DM 25.000, insgesamt also DM 50.000 eingezahlt seien und sich die eingezahlten Beträge in der freien Verfügung des Geschäftsführers befänden.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Das FA hat zu Recht eine vGA dem Grunde nach angenommen. Die Höhe der angesetzten vGA hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

1. Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl II 1994, 479). Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist weiterhin erforderlich, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (BFH-Urteil vom 7. August 2002 I R 2/02, BFHE 200, 197, BFH/NV 2003, 124). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Schließlich kann die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auch darin begründet sein, dass das zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter tatsächlich abgeschlossene Rechtsgeschäft zwar auch von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter vereinbart worden wäre, jedoch aus anderen Gründen des Fremdvergleichs als von Anfang an nicht ernstlich gewollt anzusehen ist (vgl. BFH-Urteile vom 23. Mai 1984 I R 294/81, BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673; vom 17. Oktober 1984 I R 22/79, BFHE 142, 276, BStBl II 1985, 69; vom 2. Juli 1986 I R 144/85, BFH/NV 1987, 398; vom 2. Dezember 1992 I R 54/91, BFHE 170, 119, BStBl II 1993, 311; vom 16. Dezember 1992 I R 2/92, BFHE 170, 175, BStBl II 1993, 455; vom 29. Juni 1994 I R 11/94, BFHE 175, 253, BStBl II 1994, 952).

2. Nach diesen Grundsätzen kommt eine vGA auch dann in Betracht, wenn eine Gesellschaft ihrem Gesellschafter zinslos ein Darlehen gewährt (BFH-Urteil vom 28. Februar 1990 I R 83/87, BStBl II 1990, 649 m.w.N.); entgegen der Annahme des FA in der Einspruchsentscheidung vom 1. März 2005 liegt eine solche Sachverhaltsgestaltung hier nicht vor.

Die Klägerin hat ihrem Gesellschafter U kein Darlehen gewährt. Eine derartige Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter ist nicht feststellbar. Vielmehr ist die Klägerin zur Gewährung eines Darlehens auch nicht in der Lage gewesen, da ihr zu keiner Zeit irgendwelche Vermögenswerte zugeflossen sind. Dies gilt insbesondere auch für die ausstehenden Stammeinlagen. Diese wurden nach dem insoweit glaubhaften und nachvollziehbaren Vortrag des Gesellschafters U in der mündlichen Verhandlung weder von den Gesellschaftern angefordert noch eingezahlt. Dieser Vortrag steht zwar im Widerspruch zu der Versicherung des Geschäftsführers bei der Anmeldung der Gesellschaft gegenüber dem Handelsregister, dass die Stammeinlagen in voller Höhe eingezahlt seien und sich die eingezahlten Beträge in seiner freien Verfügung befänden; auch mag diese Erklärung den objektiven Straftatbestand des § 82 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) erfüllen; hierzu hat jedoch der Gesellschafter U in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er seinerzeit über die Mittel zur Erbringung der Stammeinlagen verfügt habe. Insoweit seien beide Gesellschafter davon ausgegangen, dass es ausreiche, der GmbH die notwendigen Mittel in Form eines Darlehens zur Verfügung zu stellen, wenn diese die Mittel zur Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks benötige. Auch wenn diese Auffassung mit dem geltenden Recht nicht in Einklang steht (vgl. § 7 GmbHG zur Einzahlung des Mindeststammkapitals; zur Art der Leistung vgl. Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, Kommentar zum GmbHG, 16. Auflage 2004, § 7, Rdn. 8 ff.), so geht das Gericht nach dem insoweit überzeugenden Vortrag des Gesellschafters U in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass dies der Vorstellung der Gesellschafter entsprach und bis heute entspricht.

3. Der festgestellte Sachverhalt führt jedoch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten zu einer vGA.

Indem der Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern pflichtwidrig auf die Einforderung der nach § 7 Abs. 2 GmbHG zu leistenden Mindesteinlage verzichtet hat, kommt es bei der Klägerin zu einer durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten verhinderten Vermögensmehrung (vgl. BFH-Urteil vom 14. August 1985 I R 149/81, BStBl II 1986, 86; Gosch, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz § 8 Rdn. 740 m.w.N.).

a) Der Geschäftsführer der Klägerin war zur Einforderung der Mindeststammeinlage verpflichtet.

Die Gesellschafter S und U hatten sich im Gesellschaftsvertrag zur Zahlung einer Stammeinlage i.H.v. jeweils 25.000 DM in bar verpflichtet. Dementsprechend bestand eine Forderung der Klägerin gegenüber den Gesellschaftern. Diese Forderung ist zu unterteilen in die Mindesteinlage nach § 7 Abs. 2 GmbHG und die Resteinlage. Die Einforderung der Mindesteinlage ist Aufgabe der Geschäftsführung (Winter/Westermann in Scholz, Kommentar zum GmbHG, 10. Auflage 2006, § 20 Rdn. 8 m.w.N.). Diese Pflicht der Geschäftsführung zur Einforderung der Mindesteinlage ergibt sich ebenso wie die Pflicht der Gesellschafter zur Zahlung der Mindesteinlage zwingend aus § 7 Abs. 2 GmbHG (vgl. BFH-Urteil vom 14. August 1985 I R 149/81, BStBl II 1986, 86). Die genannten Pflichten sind auch nicht dadurch entfallen, dass die Klägerin zwischenzeitlich im Handelsregister eingetragen wurde. Der Anspruch auf Zahlung der Mindesteinlage besteht fort; denn er dient dazu, die GmbH mit einem Mindestmaß an flüssigem Kapital auszustatten (BFH-Urteil vom 14. August 1985 I R 149/81, BStBl II 1986, 86).

b) Der Geschäftsführer hat auf die Einforderung der Mindesteinlage verzichtet.

Die Bareinlagen sind derart in Geld zu erbringen, dass sie in die freie Verfügbarkeit des Geschäftsführers gelangen. Dies ist dann der Fall, wenn der Geschäftsführer sie rechtlich und tatsächlich für die GmbH verwenden kann (Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, Kommentar zum GmbHG, § 7 Rdn. 8 und 16 m.w.N.). Dementsprechend durfte sich der Geschäftsführer nicht mit der Zusage des Gesellschafters U zufrieden geben, dass dieser der GmbH die erforderlichen Geldmittel in Form eines Darlehens zur Verfügung stellen werde, wenn die Gesellschaft die Mittel benötige. Indem der Geschäftsführer nicht auf einer tatsächlichen Einzahlung bestand (zu den verschiedenen Arten der Zahlung vgl. Winter/Veil in Scholz, Kommentar zum GmbHG, § 7 Rdn. 28 ff.), hat er auf eine ordnungsgemäße Einforderung der Mindesteinlage verzichtet.

c) Der Verzicht auf die Einforderung der Mindesteinlage war durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wäre seinen gesetzlichen Pflichten zur Einforderung der Mindesteinlage aus § 7 Abs. 2 GmbHG nachgekommen und hätte nicht unzulässigerweise darauf verzichtet (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Diese Missachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters indiziert die Veranlassung des Verzichts durch das Gesellschaftsverhältnis.

Insoweit kann offen bleiben, ob der Verzicht auf die Einforderung der Mindesteinlage sich im Rahmen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung hält, wenn die Gesellschafter nicht mehr die Absicht haben, die Geschäfte der GmbH aufzunehmen (so FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16. März 1999 2 K 129/97, EFG 1999, 581). Eine derartige Fallgestaltung liegt hier nicht vor, da die Gesellschafter nach den Ausführungen des Gesellschafters U in der mündlichen Verhandlung sich darüber einig waren, den Geschäftsbetrieb lediglich ruhen zu lassen; der Geschäftsbetrieb sollte aufgenommen werden, wenn und sobald Auftraggeber für den Neubau von Altenheimen und Pflegestationen akquiriert würden.

d) Als Folge des pflichtwidrigeren Verzichts auf die Einforderung der Mindesteinlage ist bei der Klägerin eine verhinderte Vermögensmehrung eingetreten.

Denn hierdurch ist der Klägerin ein Gewinn entgangen, den sie im Falle der Einforderung gemacht hätte. Die ordnungsgemäße Aufforderung des Geschäftsführers an die Gesellschafter, die Mindesteinlage vor Anmeldung zum Handelsregister zu zahlen, hätte bei Nichtleistung der Gesellschafter gem. § 20 GmbHG zu einem Anspruch der Klägerin auf "Verzugszinsen" geführt. Nach dem Sinn und Zweck der Norm handelt es sich hierbei jedoch trotz der irreführenden Formulierung des Gesetzes um Fälligkeitszinsen nach § 246 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), so dass die Höhe der Zinsen 4% beträgt (Lutter/Bayer in Lutter/Hommelhoff, Kommentar zum GmbHG, § 20 Rdn. 5; Winter/Westermann in Scholz, Kommentar zum GmbHG, § 20 Rdn. 17 m.w.N.). Dementsprechend beträgt der entgangene Vermögensvorteil der Klägerin 4% von 25.000 DM (Mindesteinlage nach § 7 Abs. 2 GmbHG) = 1.000 DM (entspricht 511 EUR).

Zwar ist neben § 20 GmbHG auch die Liquidierung weiterer (Zins)Schäden möglich (vgl. Lutter/Bayer, a.a.O., § 20 Rdn. 6). Unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 286 BGB führte dies vorliegend zu keinem höheren Zinssatz, da die Verzinsung mit 5%-Punkten über dem Basissatz nach § 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 247 BGB nur für Forderungen in Betracht kommt, die nach dem 1. April 2000 entstanden sind (Heinrich in Palandt, Kommentar zum BGB, § 288 Rdn. 1 m.w.N.).

e) Die bei der Klägerin eingetretene Unterschiedsbetragsminderung hat auch die Eignung, bei den Gesellschaftern einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.

Insoweit versetzt der Verzicht des Geschäftsführers auf die Einforderung der Mindesteinlage die Gesellschafter in die Lage, das ihnen verbliebene Kapital selbst zu nutzen (vgl. BFH-Urteil vom 14. August 1985 I R 149/81, BStBl II 1986, 86). Für die Höhe der vGA ist jedoch unmaßgeblich, dass die Gesellschafter nach ihren eigenen Angaben mit dem ihnen verbliebenen Kapital nur einen geringeren Zinsertrag erwirtschaften konnten, da es insoweit ausschließlich darauf ankommt, welchen Nutzen die Klägerin zu ziehen unterlässt (vgl. Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. März 1999 2 K 129/97, EFG 1999, 581).

4. Der Verzicht der Klägerin auf die Einforderung der Resteinlage führt nicht zu einer vGA.

a) Insoweit fehlt es an der Zuwendung eines Vermögensvorteils von dem Geschäftsführer an die Gesellschafter, da auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht zur Einforderung der Resteinlage verpflichtet gewesen wäre. Die Einforderung der über die Mindesteinlage hinausgehenden Resteinlagen setzt nach § 46 Nr. 2 GmbHG einen Beschluss der Gesellschafter voraus. Damit ist die Einforderung der Resteinlagen grundsätzlich Sache der Gesellschafter und nicht der Geschäftsführung (Schneider/Westermann in Scholz, Kommentar zum GmbHG, § 19 Rdn. 11 m.w.N.).

b) Selbst wenn man die Figur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters durch die der ordentlichen und gewissenhaften Gesellschafter ersetzen würde, liegt kein pflichtwidriger Verzicht auf die Einforderung der Resteinlagen vor. Grundsätzlich liegt es im unternehmerischen Ermessen der Gesellschafter, zu welchem Zeitpunkt sie den Einforderungsbeschluss fassen und damit die Fälligkeit der Rechtseinlagen herbeiführen (Schneider/Westermann, a.a.O., § 19 Rdn. 11 m.w.N.). Auch wenn die Einforderung der Resteinlagen aufgrund des Treueverhältnisses zwischen Gesellschafter und Gesellschaft unter bestimmten Umständen geboten sein mag, so kommt eine Pflicht zur Einforderung der Resteinlage jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Gesellschaft dieses weitergehende Kapital nicht benötigt. So verhält es sich hier, da die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb im Streitjahr noch nicht aufgenommen und dementsprechend keinen weiteren Kapitalbedarf hatte (vgl. auch weitergehend BFH-Urteil vom 19. Januar 1994 I R 93/93, BStBl II 1994, 725; Gosch, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 8 Rdn. 740 m.w.N.).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Berechnung der Steuern und des Gewerbesteuermessbetrages werden dem Beklagten gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben.

Ende der Entscheidung

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