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Gericht: Finanzgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 07.05.2008
Aktenzeichen: 8 K 22350/04
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 5a Abs. 4a
EStG § 15 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist, ob die an den Komplementär ausgezahlte Heuer dem nach § 5 a Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelten Gewinn hinzuzurechnen ist.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Schifffahrtsgesellschaft, die in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft betrieben wird. Persönlich haftender Gesellschafter ist der Kapitän und Reeder X (künftig: Komplementär). Ausweislich des Gesellschaftsvertrages ist er zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Der Gesellschaftsvertrag enthält zudem u.a. folgende Vereinbarungen:

"§ 13

Vergütungen

1. Der persönlich haftende Gesellschafter erhält für seine Geschäftsführertätigkeit, die Bereederung des Schiffes sowie als Haftungsvergütung von der Reederei eine Vergütung in Höhe von ...% der vereinnahmten Bruttofrachten einschließlich verdienter Überliegegelder, Hilfslöhne und Bergungseinnahmen (bei letzterem abzügl. der etwa auf Kapitän und Mannschaft entfallenden Anteile) sowie der Versicherungsentschädigungen für Zeitausfälle oder ...% der Zeitchartererlöse.

2. Die Kosten für die laufende Buchhaltung, die Heuerabrechnungen, die Steuererklärungen sowie die Jahresabschlüsse gehen zu Lasten der Gesellschaft.

3. Übt der persönlich haftende Gesellschafter oder ein Kommanditist an Bord eine Tätigkeit aus, für die ansonsten ein Besatzungsmitglied anzumustern wäre, so steht ihm hierfür die übliche Vergütung zu.

...

§ 14

Gewinn und Verlust

1. Der nach Anwendung von § 13 verbleibende Gewinn/Verlust wird auf die Gesellschafter im Verhältnis der festen Kapitalkonten verteilt.

...

§ 15

Entnahmen

1. Der persönlich haftende Gesellschafter hat das Recht, die ihm nach § 13 zustehenden Vergütungen zu entnehmen.

2. Über weitere Entnahmen und Ausschüttungen entscheidet die Gesellschafterversammlung. Sie sind nur zulässig, soweit die Liquiditätslage der Gesellschaft dies nach vollem vertraglichen Kapitaldienst zulässt.

..."

Zum 01.01.1999 optierte die Klägerin zur Tonnagebesteuerung nach § 5 a EStG.

In einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung im Dezember 1999 beschlossen die Gesellschafter eine Änderung von § 13 des Gesellschaftsvertrages wie folgt:

"§ 13, Absatz 1, Vergütungen

1. Der persönlich haftende Gesellschafter erhält für die Bereederung des Schiffes von der Reederei eine Vergütung in Höhe von ...% der vereinnahmten Bruttofrachten einschließlich verdienter Überliegegelder, Hilfslöhne und Bergungseinnahmen (bei letzterem abzüglich der etwa auf Kapitän und Mannschaft entfallenden Anteile) sowie der Versicherungsentschädigungen für Zeitausfälle oder ...% der Zeitchartererlöse.

§ 13, Absatz 3, Vergütungen

2. Übt der persönlich haftende Gesellschafter oder ein Kommanditist an Bord eine Tätigkeit aus, für die ansonsten ein Besatzungsmitglied anzumustern wäre, so steht ihm hierfür die übliche Vergütung als Vorabgewinn zu; sowohl im Gewinn als auch im Verlustfalle darf der persönlich haftende Gesellschafter Entnahmen in dieser Höhe (ohne Gesellschafterbeschluss) tätigen."

Im Streitjahr war der Komplementär - wie in den Vorjahren auch - an Bord des Schiffes tätig. Die hierfür angefallenen "Heuervergütungen" für den Komplementär beliefen sich auf ... EUR. Diesen Betrag buchte die Klägerin als Entnahme des Komplementärs auf dessen privaten Entnahmekonto.

In den Vorjahren bis einschließlich des Jahres 1999 hatte die Klägerin die "Heuervergütungen" als Aufwand zu Lasten des Gewinns gebucht. Die Vergütungen für die Bereederung buchte die Klägerin im Streitjahr, wie auch in den Vorjahren, als Aufwand zu Lasten des Gewinns.

Im Bescheid für das Jahr 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (künftig: Feststellungsbescheid) rechnete der Beklagte die Heuervergütung für den Komplementär in Höhe von ... EUR dem nach § 5 a Abs. 1 EStG zu ermittelnden Gewinn nach § 5 a Abs. 4 a Satz 3 EStG hinzu.

Hiergegen legte die Klägerin erfolglos Einspruch ein.

Im vorliegenden Klageverfahren begehrt die Klägerin weiter die "Heuervergütung" für den Komplementär als Vorabgewinn und nicht als Sonderbetriebseinnahme zu behandeln. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 13.10.1998 VIII R 4/89, BStBl II 1999, 284 und vom 23.01.2001 VIII R 30/99, BStBl II 2001, 621) sei das tragende Merkmal für die Qualifizierung einer Tätigkeitsvergütung als Sondervergütung die Behandlung als "handelsrechtliche Unkosten". Die Formulierung des BFH, nach der "insbesondere" eine Sondervergütung dann vorliege, wenn sie auch im Verlustfall gezahlt werde, sei als "Erst-Recht-Argument" zu verstehen. Aus dieser Formulierung könne jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine Tätigkeitsvergütung, die bei der Gesellschaft nicht als Aufwand behandelt werde, trotzdem eine Sondervergütung sein könne, nur weil sie auch im Verlustfall zu zahlen sei. Ferner stelle der BFH in seiner Entscheidung vom 23.01.2001, die sich ausdrücklich der Grundsatzentscheidung des BFH vom 14.11.1995 II R 83/83, BStBl II 1996, 58, anschließe, fest, dass es für die Annahme einer Sondervergütung "einer hierauf gerichteten unmissverständlichen Vereinbarung" bedürfe. Liege eine solche nicht vor, handele es sich bei einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten und von den Gesellschaftern nicht als Aufwand behandelten Tätigkeitsvergütung um eine bloße Gewinnverteilungsabrede. Im Urteil vom 23.01.2001 setze der BFH zudem selbst voraus, dass ein Vorabgewinn auch im Verlustfall gezahlt werden könne. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne daher die Vereinbarung, dass ein Vorabgewinn auch im Verlustfall zu zahlen sei, nicht als Indiz für eine Sondervergütung herangezogen werden. Insgesamt komme es also maßgeblich darauf an, ob die Tätigkeitsvergütung bei der Gesellschaft als Aufwand oder als Entnahme behandelt werde. Vorliegend habe die Klägerin die Entnahme des Komplementärs im Streitjahr nicht als Aufwand, sondern als Entnahme behandelt. Die Entnahme sei daher in voller Höhe als Vorabgewinn und nicht als Sondervergütung im Sinne des § 15 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG zu behandeln. Es scheide eine Hinzurechnung des Entnahmebetrages nach § 5a Abs. 4 a Satz 3 EStG aus.

Ein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 Abs. 1 AO liege nicht vor. Es fehle bereits an einer ungewöhnlichen Gestaltung. Die Regelung der Heuervergütung für den Komplementär als Vorabgewinn sei als Teil der unter den Gesellschaftern vereinbarten Gewinnverteilungsregelung weder ungewöhnlich noch unangemessen. Es stehe den Gesellschaftern einer Personengesellschaft frei, eine Tätigkeitsvergütung für einen Gesellschafter als Aufwand der Gesellschaft und damit zu Lasten aller Gesellschafter zu behandeln oder als Vorabgewinn zu Lasten des Gewinnanteils des Gesellschafters. Die Änderung dieser Vereinbarung durch Gesellschafterbeschluss vom Dezember 1999 mache diese Gestaltung weder ungewöhnlich noch rechtsmissbräuchlich. Die Gesellschafter hätten vielmehr von ihrem wirtschaftlichen Gestaltungsrecht Gebrauch gemacht, die Heuervergütung nun als Vorabgewinn zu behandeln.

Durch diese Änderung sei auch entgegen der Auffassung des Beklagten, eine Änderung der "tatsächlichen Gegebenheiten" eingetreten. Bei Vereinbarung eines Vorabgewinns werde dieser aus dem Gewinn der Gesellschaft zunächst dem berechtigten Gesellschafter zugerechnet und nur der verbleibende Gewinn werde unter allen Gesellschaftern nach ihrem Anteil verteilt. Der berechtigte Gesellschafter erhalte also Gewinn vorab plus Gewinnanteil gemäß seinem Anteil, während die übrigen Gesellschafter nur den Gewinnanteil erhielten, der ihrem Anteil an der Gesellschaft entspreche. Bei Vereinbarung einer Sondervergütung werde die Zahlung an den Gesellschafter hingegen im Rahmen der Gewinnermittlung als Aufwand aller Gesellschafter behandelt. Sie schmälere daher den Gesamtgewinn der Gesellschaft. Dieser werde dann auf alle Gesellschafter nach ihren Anteilen verteilt. Zu einer bevorrechtigten Gewinnzuweisung (Vorabgewinn) an einen Gesellschafter komme es hier nicht.

Die Tatsache, dass die Vergütung des Komplementärs in früheren Jahren anders behandelt worden sei, schließe eine spätere Vereinbarung als Vorabgewinn nicht aus. Anderenfalls wäre eine Gesellschaft an eine einmal getroffene Wahl zur Behandlung der Vergütung eines Gesellschafters für den Bestand der Gesellschaft dauerhaft gebunden. Es könne jedoch nicht Sinn und Zweck des § 42 Abs. 1 AO sein, die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit der Gesellschafterversammlung für die Dauer der Gesellschaft einzuschränken.

Die unterschiedliche Behandlung der Heuervergütung und der Bereederungsvergütung rechtfertige nicht die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 Abs. 1 AO. Insoweit stehe es der Gesellschafterversammlung frei, verschiedene Vergütungen unterschiedlich zu behandeln. Im Übrigen werde bestritten, dass die Behandlung der Bereederungsvergütung und der Heuervergütung für einen Gesellschafter als Sondervergütung "allgemein üblich" sei. Eine Gesellschaft sei nicht gehalten, sämtliche gleichartigen Vergütungen auch gleich zu behandeln, um einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO zu vermeiden.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Bundesministerium für Finanzen in seinem Schreiben zu § 15 a EStG vom 12.06.2002 (BStBl I 2002, 614) in Textziffer 34 Satz 1 selbst davon ausgehe, dass ein Vorabgewinn wirksam vereinbart werden könne.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die in den Einkünften aus Gewerbebetrieb erfassten Sonderbetriebseinnahmen um ........ EUR zu mindern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest, die Heuervergütung sei dem nach § 5 a Abs. 1 EStG zu ermittelnden Gewinn nach § 5 a Abs. 4 a Satz 3 hinzuzurechnen.

Er führt aus, im vorliegenden Fall habe die Auszahlung der Heuervergütung auch im Verlustfall erfolgen sollen. Diese Regelung stehe der Annahme eines Vorabgewinns entgegen. Zumindest stelle sie ein Indiz für das Vorliegen einer Sondervergütung dar. Aus den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages ergebe sich nicht eindeutig, ob eine Sondervergütung vorliege oder ein Vorabgewinn. Dabei sei die steuerliche Beurteilung auch zu berücksichtigen, da sich bei der Zahlung der Heuervergütung wirtschaftlich durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages nichts verändert habe. Nach wie vor werde die Höhe der Heuervergütung nach der tatsächlichen Tätigkeit des Komplementärs an Bord des Schiffes bemessen und regelmäßig an ihn ausgezahlt, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der Gesellschaft. Dieser Umstand spreche dafür, dass die Heuer nach wie vor als Sondervergütung gezahlt werde.

Selbst wenn man der handelsrechtlichen Behandlung der Vergütung das entscheidende Gewicht beimesse und hinsichtlich der Auszahlung der Heuervergütung eine Gewinnverteilungsabrede annehme, so wäre diese steuerrechtlich unbeachtlich, da ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO vorläge. Durch die Neufassung des § 13 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages habe die Klägerin die bisher als Tätigkeitsvergütung gezahlte Heuer für den Komplementär in einen Vorabgewinn umqualifiziert. Demnach habe die Heuerzahlung bei der Gesellschaft nicht mehr als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können, was wiederum zur Erhöhung des handelsrechtlichen Gewinns führe. Aufgrund des Übergangs zur pauschalen Gewinnermittlung nach § 5 a Abs. 1 EStG könne sich der erhöhte Handelsbilanzgewinn jedoch einkommenssteuerlich nicht mehr auswirken. Der Vorabgewinn sei durch den pauschal ermittelten Gewinn nach § 5 a Abs. 1 EStG mit abgedeckt. Gleichzeitig entfalle die Besteuerung der Sondervergütung beim Gesellschafter als Sonderbetriebseinnahmen nach § 5 a Abs. 4 a Satz 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Durch die Neugestaltung des Gesellschaftsvertrages habe eine erhebliche Steuerersparnis erzielt werden sollen. Der tatsächliche wirtschaftliche Vorgang - Bezahlung der Heuer an den an Bord tätigen Komplementär - bleibe jedoch auch nach der Neufassung des Gesellschaftsvertrages unverändert. Einzig die steuerrechtliche Würdigung als Vorabgewinn habe geändert werden sollen, um so eine Steuerminderung zu erreichen. Die Änderung des Gesellschaftsvertrages beruhe somit allein auf steuerlichen Beweggründen, da weder wirtschaftlich noch sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe erkennbar seien. Wie auch in den Vorjahren bis einschließlich 1999 stelle die Heuerzahlung eine Entlohnung für eine an die Gesellschaft erbrachte Tätigkeit an Bord des Schiffes dar. Dass sich die Situation im Vergleich zu den Vorjahren nicht geändert habe, werde auch daran deutlich, dass die Auszahlung der Heuervergütung unabhängig davon erfolgen solle, ob die Gesellschaft einen Gewinn oder einen Verlust erziele. Die neue rechtliche Gestaltung des Gesellschaftsvertrages entspreche nicht dem tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnis, sondern diene vielmehr der Verschleierung einer steuererheblichen Tatsache. Die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten seien somit missbraucht. Zwar seien zum Beispiel Vergütungen für die Geschäftsführung sowohl als Sondervergütung als auch als Vorabgewinn üblich, Vergütungen an den Komplementär für seine Tätigkeit an Bord des Schiffes, für die ansonsten ein Besatzungsmitglied anzumustern wäre, würden aber - zumindest bis zum Inkrafttreten des § 5 a EStG - üblicherweise als Sondervergütung gezahlt. Entsprechend sei auch im vorliegenden Fall bis einschließlich 1999 verfahren worden. Die Heuervergütung sei handelsrechtlich als Aufwand zu Lasten des Gewinns gebucht und auch im Verlustfall laufend ausgezahlt worden. Vor Anwendung des § 5 a EStG sei es auch steuerlich unbeachtlich gewesen, ob der Komplementär eine Sondervergütung oder einen Vorabgewinn erhalten habe, weil er diese Beträge auf jeden Fall nach § 15 a Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 erster oder zweiter Halbsatz EStG habe versteuern müssen. Auch zivilrechtlich hätten sich für ihn aufgrund seiner Stellung als persönlich haftender Gesellschafter keine Auswirkungen ergeben. Die Änderung des Gesellschaftsvertrages sei - was die Klägerin auch nicht bestreite - ausschließlich zum Zweck der Steuerersparnis durchgeführt worden. An den tatsächlichen Gegebenheiten habe sich dagegen nichts geändert.

In die Abwägung einzubeziehen sei in diesem Zusammenhang außerdem, dass im vorliegenden Fall auch die Bereederungsvergütung für den Komplementär, wie dies allgemein üblich sei, als Sondervergütung gezahlt werde. Insoweit sei keine Änderung des Gesellschaftsvertrages erfolgt, weil das Bereederungsentgelt nach dem BMF-Erlass vom 12.06.2002 (BStBl I 2002, 614) ausdrücklich nicht nach § 5 a Abs. 4 a Satz 3 EStG den nach § 1 dieser Vorschrift zu ermittelnden Gewinn hinzuzurechnen sei und es somit hinsichtlich der Bereederungsvergütung weiterhin unbeachtlich sei, ob sie als Sondervergütung oder als Vorabgewinn an den Komplementär gezahlt werde.

Da ein Gestaltungsmissbrauch vorliege, entstehe der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entstehe, § 42 Satz 2 AO. Hieraus ergebe sich, dass die ausgezahlten Heuern entgegen den Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag als Sondervergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu erfassen seien und dementsprechend dem pauschal ermittelten Gewinn nach § 5 a Abs. 1 EStG hinzugerechnet werden müssten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte hat zu Unrecht die "Heuervergütung" in Höhe von ... EUR dem nach § 5a Abs. 1 EStG zu ermittelnden Gewinn nach § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG hinzugerechnet.

Gemäß § 5a Abs. 1 EStG wird der Gewinn, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, an Stelle der Ermittlung nach § 4 Abs. 1 oder 5 EStG nach der im Betrieb geführten Tonnage ermittelt, wenn die Bereederung dieses Handelsschiffes im Inland durchgeführt wird und der Steuerpflichtige dieses beantragt hat. Gemäß Abs. 4a Satz 3 der Vorschrift sind bei Gesellschaften i.S.d § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG hinzuzurechnen.

Bei der aufgrund der im Dezember 1999 geänderten Vereinbarung in § 13 Absatz 3 des Gesellschaftsvertrages ausgezahlten Heuervergütung handelt es sich aber nicht um eine solche Vergütung.

Nach den Grundsätzen, die der BFH zur Einstufung von Vergütungen für Gesellschafter einer Personengesellschaft entweder als Vorabgewinn oder als Sonderbetriebseinnahme i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG aufgestellt hat (vgl. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1998 VIII R 4/98, BFHE 187, 235, BStBl II 1999, 284; vom 23. Januar 2001 VIII R 30/99, BStBl II 2001, 621 und BFH-Beschluss vom 20. Mai 2005 VIII B 161/04, BFH/NV 2005, 1786), ist in der Regel eine im Gesellschaftsvertrag getroffene Vereinbarung maßgebend.

Von einer Sonderbetriebseinnahme ist nur dann auszugehen, wenn die Vergütung nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags als (handelsrechtliche) Unkosten zu behandeln und insbesondere - im Gegensatz zu einem Vorabgewinn - auch dann zu zahlen ist, wenn kein Gewinn erwirtschaftet wird (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 2001 VIII R 30/99, BStBl II 2001, 621). Fehlt es hingegen an einer hierauf gerichteten unmissverständlichen Vereinbarung, so handelt es sich - im Zweifel - um eine bloße Gewinnverteilungsabrede (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 2001 VIII R 30/99, BStBl II 2001, 621).

Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben ist vorliegend von einer Gewinnverteilungsabrede auszugehen. Die Gesellschafter haben den Gesellschaftsvertrag mit Gesellschafterbeschluss vom Dezember 1999 dahingehend geändert, dass sie ausdrücklich einen Vorabgewinn vereinbart haben. Entsprechend dieser Vereinbarung hat die Klägerin die "Heuervergütung" auch nicht als Aufwand erfasst, sondern als Entnahme des Komplementärs gebucht. Aus dem Wortlaut der Regelung ergibt sich auch nicht, dass der Vorabgewinn dem Gesellschafter endgültig zustehen soll, unabhängig davon, ob die Gesellschaft tatsächlich einen Gewinn oder einen Verlust erwirtschaftet. Vielmehr hat der Gesellschafter lediglich die Möglichkeit, auch im Verlustfalle eine entsprechende Entnahme zu tätigen, was aber zu einer Minderung seines Kapitalkontos führen würde. Danach liegen keine Sonderbetriebseinnahmen vor.

Eine Hinzurechnung ist auch nicht über § 42 AO vorzunehmen, denn ein Gestaltungsmissbrauch liegt nicht vor.

Eine Umgehung i.S. des § 42 Abs. 1 Satz 1 AO ist nach ständiger Rechtsprechung gegeben, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272; BFH-Urteile vom 18. Dezember 1991 XI R 40/89, BStBl II 1992, 486; vom 26. März 1996 IX R 51/92, BStBl II 1996, 443, und vom 16. September 2004 IV R 11/03, BStBl II 2004, 1068, m.w.N.). Dem Steuerpflichtigen ist es dabei grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine möglichst geringe steuerliche Belastung ergibt (vgl. BFH-Beschluss vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272; BFH-Urteil vom 18. Dezember 1991 XI R 40/89, BStBl II 1992, 486). Die vom Steuerpflichtigen gewählte Rechtsgestaltung ist der Besteuerung jedoch dann nicht zugrunde zu legen, wenn sie ausschließlich der Steuerminderung dient und bei sinnvoller, Zweck und Ziel der Rechtsordnung berücksichtigender Auslegung des Gesetzes missbilligt wird (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1991 XI R 40/89, BStBl II 1992, 486; vom 20. März 2002 I R 63/99, BStBl II 2003, 50; vom 8. Mai 2003 IV R 54/01, BStBl II 2003, 854, und vom 16.12.2003 VIII R 89/02, BFH/NV 2004, 936, m.w.N.).

Vorliegend vermag der Senat bereits keine unangemessene Gestaltung zu erkennen, denn auch die Vereinbarung eines Vorabgewinns für das Tätigwerden eines Gesellschafters ist nicht ungewöhnlich und muss grundsätzlich einer Entscheidung durch die Gesellschafterversammlung vorbehalten bleiben.

Dementsprechend geht das BMF selbst davon aus, dass es grundsätzlich möglich sein soll, eine entsprechende Vergütung als Vorabgewinn zu regeln (vgl. Schreiben vom 12.06.2002, BStBl I 2002, Tz 34, S. 614). Wenn dies aber grundsätzlich möglich ist, muss eine entsprechende Gestaltung auch bei bestehenden, nicht nur bei neu gegründeten Gesellschaften zulässig sein.

Soweit die Gesellschafter mit der Änderung von § 13 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages (nur) eine Minderung der steuerlichen Belastung bezweckt haben sollten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis, denn für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauches genügt es - wie oben ausgeführt - nicht, dass ein Steuerpflichtiger seine Verhältnisse steueroptimal gestaltet. Der Senat ist dabei nicht der Auffassung, dass die gewählte Rechtsgestaltung bei sinnvoller, Zweck und Ziel der Rechtsordnung berücksichtigender Auslegung des Gesetzes zu missbilligen wäre, denn der Gesetzgeber hat vorliegend ausdrücklich nur eine Hinzurechnung von Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 EStG vorgesehen.

Darüber hinaus ergeben sich aus den vorliegenden Unterlagen keine Zweifel, dass die Beteiligten die Regelungen im Gesellschaftsvertrag auch handelsrechtlich beachtet haben.

Der Klage war daher stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Ende der Entscheidung

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