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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 12.05.2009
Aktenzeichen: 2 K 277/08
Rechtsgebiete: FVG, ZollVG, AO, StPO


Vorschriften:

FVG § 12a Abs. 4
ZollVG § 12a Abs. 5
AO § 88 Abs. 1
AO § 92
AO § 116 Abs. 1
AO § 173 Abs. 1
AO § 208 Abs. 1
StPO § 108 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 12.05.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand:

Streitig ist, ob das Finanzamt berechtigt war, die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 1993 bis 2002 wegen der Hinterziehung von Umsatzsteuern zu ändern und die Steuern im Wege der Schätzung höher als erklärt festzusetzen.

Der Kläger betrieb in den Streitjahren eine Gastwirtschaft und eine Pension. Er erklärte für seine wirtschaftliche Tätigkeit Umsätze und Umsatzsteuern in folgender Höhe:

 Erklärung vomsteuerpfl. UmsätzeUmsatzsteuer
06.04.1995 für 1993146.808 DM7.765 DM
15.12.1995 für 1994155.972 DM5.414 DM
17.12.1996 für 1995186.315 DM15.191 DM
09.01.1998 für 1996146.401 DM10.915 DM
21.06.1999 für 1997204.184 DM17.074 DM
21.06.2000 für 1998109.282 DM- 6.023 DM
23.03.2001 für 1999157.590 DM3.787 DM
06.06.2002 für 2000132.350 DM7.145 DM
24.06.2003 für 2001168.759 DM4.800 DM
07.05.2004 für 200278.813 EUR7.694 EUR

Das Finanzamt folgte den Angaben in den Steuererklärungen, so dass die Anmeldungen Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstanden (§§ 164, 168 AO).

Am 22.02.2000 reiste der Kläger mit seiner Ehefrau in die Schweiz. Beim Grenzübertritt in A wurden sie von Beamten des Hauptzollamtes B nach Bargeld befragt und durchsucht. Dabei fanden die Beamten im Gewahrsam der Eheleute Terminplaner mit Aufzeichnungen über An- und Verkäufe von Aktien sowie Aufzeichnungen über Kontoeröffnungen in der Schweiz und die Kopie eines Anlageverzeichnisses der C mit einem Kontostand über 216.974 EUR. Diese Erkenntnisse teilte das Hauptzollamt gemäß § 12a Abs. 4 Finanzverwaltungsgesetz -FVG- (i.d.F. des StBereinG 1999 Art. 23, 28, BGBl. I 1999, 2601) der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt D mit. Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durchsuchten die Beamten der Steuerfahndungsstelle am 01.03.2005 die Wohnung des Klägers und fanden dabei im Tresor ein Verzeichnis über Geldanlagen bei einer Schweizer Bank.

Im Rahmen der Ermittlungen der Steuerfahndung hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen für die streitbefangenen Zeiträume wurden auch die betrieblichen Aufzeichnungen des Klägers überprüft. Dabei stellte der Fahndungsbeamte fest, dass Grundaufzeichnungen zur Nachprüfung des Kassenbuchs nicht vorlagen, Getränkeeinkäufe nicht vollständig erfasst und Betriebseinnahmen aus Geburtstagsfeiern nicht vollständig aufgezeichnet waren. Zudem wurden Aufzeichnungen über unversteuerte Lohnzahlungen aufgefunden. Diese Feststellungen nahm der Fahndungsprüfer zum Anlass, die erklärten betrieblichen Daten kalkulatorisch zu überprüfen. Die Kalkulation ergab für den Zeitraum von 1993 bis 2002 um 194.601 DM höhere Bruttoeinnahmen als sie der Kläger erklärt hatte.

Zudem überprüfte der Fahndungsbeamte die Vermögensverhältnisse des Klägers mittels einer Geldverkehrsrechnung und stellte unter Berücksichtigung der Geldanlagen in der Schweiz Fehlbeträge für den Zeitraum von 1993 bis 1997 in Höhe von 82.707 DM und für den Zeitraum von 1998 bis 2002 in Höhe von 116.685 DM fest. Aufgrund dieser Erkenntnisse verwarf der Prüfer die erklärten wirtschaftlichen Ergebnisse und änderte die Besteuerungsgrundlagen um Zuschätzungen betrieblicher Einnahmen von rund 194.601 DM für die Streitjahre.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Fahndungsprüfers und änderte die Steuerfestsetzungen mit den Umsatzsteuerbescheiden vom 20.02.2007 bzw. vom 26.02.2007 entsprechend der Darstellungen in dem Prüfungsbericht wie folgt:

 Bescheide vom 20. bzw. 26.02.2007steuerpflichtige Umsätzefestgesetzte UmsatzsteuerUmsatzsteuer-Nachforderung
für 1993173.762 DM11.808 DM2.067,00 EUR
für 1994171.306 DM7.714 DM1.175,92 EUR
für 1995207.562 DM18.378 DM1.629,33 EUR
für 1996148.742 DM11.267 DM179,57 EUR
für 1997215.109 DM18.713 DM837,75 EUR
für 1998137.554 DM- 1.572 DM2.276,22 EUR
für 1999179.672 DM7.320 DM1.806,24 EUR
für 2000149.586 DM9.902 DM1.409,58 EUR
für 2001175.413 DM5.864 DM543,87 EUR
für 200287.728 EUR9.120,94 EUR1.426,40 EUR

Als Änderungsvorschrift führten die Bescheide § 164 Abs. 2 AO an.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 21.03.2007 Einsprüche gegen die Änderungsbescheide ein, über die das Finanzamt nicht entschieden hat.

Der Kläger erhob am 21.02.2008 Untätigkeitsklage und beantragt,

die Änderungsbescheide vom 20. bzw. vom 26.02.2007 für Umsatzsteuer 1993 bis 2002 aufzuheben.

Zur Begründung macht er folgende Gesichtspunkte geltend:

Anlass für die Änderung der Besteuerungsgrundlagen habe ein gegen ihn geführtes Steuerstrafverfahren gegeben, in dessen Verlauf bei ihm mehrere Hausdurchsuchungen stattgefunden hätten und Unterlagen sichergestellt worden seien. Ausgangspunkt dieser strafrechtlichen Ermittlungen sei eine Kontrolle an der Schweizer Grenze gewesen, die anlässlich einer privaten Reise mit seiner Ehefrau bei dem Grenzübertritt stattgefunden habe. Es habe sich dabei um eine Bargeldkontrolle durch die Zollverwaltung gehandelt, bei der zu Unrecht Daten festgehalten und Unterlagen kopiert worden seien. Denn die Zollverwaltung hätte nur Daten erheben dürfen, die der Auffindung von Zahlungsmittel hätten dienen können. Wenn die Bargeldkontrolle verdachtsunabhängig als Routinemaßnahme durchgeführt werde, so dürften an die Landesfinanzbehörden keine Daten oder Unterlagen weitergegeben werden. Er verweise hierzu auf die Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27.03.2007 (Az. 11 K 297/02, [...]). Die Zollbehörden wären nur zur Durchsuchung der übrigen Unterlagen berechtigt gewesen, um Bargeldbestände aufzufinden. Die weitergehende Mitteilung der gewonnenen Daten und gezogenen Kopien an das Finanzamt D sei von der Befugnis des § 12a FVG bzw. § 12a ZollVG nicht erfasst, weil nur die Weitergabe rechtmäßig erlangter Daten von dieser Vorschrift gedeckt sei. Dabei sei § 12a ZollVG als Spezialregelung vorrangig zu § 116 AO. Ein Anfangsverdacht wegen Steuerhinterziehung habe noch nicht vorgelegen. Ein solcher ergebe sich nicht bereits daraus, dass jemand Kontoauszüge mitführe. Danach unterlägen die sichergestellten Unterlagen einem Verwertungsverbot und hätten von der Finanzverwaltung nicht verwendet werden dürfen. Bei den Unterlagen habe es sich auch nur um Musterdepots gehandelt, die mit Hilfe von EDV-Programmen erstellt worden seien und keine korrespondierenden Wertanlagen zum Inhalt gehabt hätten.

Zu Unrecht berufe sich das Finanzamt auf eine erhöhte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO. Es fehle bereits an dem erforderlichen Bezug zum Ausland. Da die Kontrollmitteilung rechtswidrig erfolgt sei, könne sie nicht als Aufhänger für einen derartigen Auslandsbezug dienen. Die Annahme, es handele sich um Konten der C oder der E führe für sich genommen nicht zu einem Auslandssachverhalt, weil diese Kreditinstitute auch Geschäftsstellen in Deutschland unterhalten würden. Grundsätzlich habe das Finanzamt nachzuweisen, dass es sich um Auslandskonten handele.

Auch aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse liege kein Auslandsbezug vor. Die vom Finanzamt verlangte Mitwirkung sei nicht zumutbar, weil das Finanzamt nicht in Betracht gezogen habe, ob er sich bei einer Äußerung anderweitig strafbar machen würde oder ob er damit dritte Personen belasten würde. Eine Auskunftsverpflichtung ende nämlich, wenn er oder ein anderer Familienangehöriger einer ernsthaften Strafverfolgung in einem anderen Staat ausgesetzt würde. Hierbei sei zu erwähnen, dass sein Sohn in der Schweiz beruflich tätig sei.

Er sei nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu einer Mitwirkung nicht verpflichtet. Dieser Grundsatz gelte nicht nur im Strafverfahren, sondern werde vom BFH auch im Besteuerungsverfahren anerkannt. Er verweise insoweit auf das Urteil des BFH vom 07.11.2006 (VIII R 81/04, BStBl. II 2007, 364). Der Grundsatz gewähre ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit auch im Besteuerungsverfahren. Es sei ein beliebtes Spiel der Steuerbehörden, während eines Steuerstrafverfahrens den Betroffenen durch Vollstreckungsmaßnahmen und Verzögerungen des Strafverfahrens in die Enge zu treiben, um ihn auf diese Weise zum Aufgeben seines Schweigerechts zu zwingen.

Die auf diesen rechtswidrigen Ermittlungsmaßnahmen beruhende Steuerschätzung entbehre daher jeglicher Grundlage. Der Fahndungsbericht gehe von einem Anfangsvermögen in der Schweiz im Jahre 1993 in Höhe von 137.000 DM aus, das er im Laufe der Jahre bis zu einem Betrag von 526.424 DM zum 31.12.2002 aufgebaut haben solle. Diese Annahmen seien reine Vermutungen. Zudem belege eine von seinem Steuerberater durchgeführte Geldverkehrsrechnung, dass sich in dem streitbefangenen Zeitraum kein Fehlbetrag ergeben habe, sondern sich ein Überschuss errechnen lasse. Es sei durch nichts nachvollziehbar, wie die Steuerfahndung auf nicht gebuchte Umsätze habe kommen können.

Das Finanzamt habe nicht geprüft, ob es zur Änderung der Steuerbescheide ab dem Jahr 1993 berechtigt gewesen sei. Es habe seine Änderungsbescheide auf die Vorschrift des § 164 AO gestützt, jedoch nicht berücksichtigt, dass der Vorbehalt der Nachprüfung mit Ablauf der Festsetzungsfrist entfallen sei. Danach hätten aufgrund der Einleitung des Steuerstrafverfahrens im Jahre 2005 nach § 171 Abs. 5 AO eine Änderung der Steuerbescheide nur für die Besteuerungszeiträume 2001 und 2002 vorgenommen werden können. Eine Verlängerung der regelmäßigen Festsetzungsfristen folge auch nicht aus dem Vorwurf der Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung. Dabei seien die subjektiven und objektiven Voraussetzungen der Straftatbestände vom Finanzamt zu beweisen; der Grundsatz in dubio pro reo gelte auch insoweit. Die von der Zollbehörde zur Verfügung gestellten Kontrollmitteilungen aus dem Jahr 2000 unterlägen einem Verwertungsverbot.

Aus Mängeln in der Buchführung könne nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass eine Absicht bestanden habe, Steuern zu verkürzen. Er sei arbeitsmäßig hochgradig belastet gewesen. Gelegentliche Fehler seien daher nicht vermeidbar gewesen. Soweit er aber einen Buchungsfehler erkannt habe, sei sofort abgeholfen worden. Er verwehre sich gegen die Behauptung, er habe kein Kassenbuch geführt und durch nicht gebuchte Umsätze und schwarzen Wareneinkauf bewusst seine Steuern verkürzt. Da es somit am Vorsatz der Steuerhinterziehung fehle, komme eine Änderung der Steuerfestsetzungen für die Jahre 1993 bis 2000 nicht in Betracht.

Soweit ihm vorgeworfen werde, er habe sieben Rechnungen der Firma F nicht verbucht, so weise er darauf hin, dass er in dem fraglichen Zeitraum an seinem Eigenheim Baumaßnahmen durchgeführt habe und hierfür diese Getränke zur Verfügung gestellt habe; die Rechnungen hätten also nichts mit seinem Unternehmen zu tun. Weiter habe er alle Einnahmen aus abgehaltenen Familienfeiern gebucht. Es sei nicht zulässig, alleine aus Angebotserstellungen für Familienfeiern auf nicht gebuchte Betriebseinnahmen zu schließen. Das Finanzamt habe bisher nicht vorgetragen, welche Familienfeiern er konkret nicht verbucht habe. Schließlich habe er keine handschriftlichen Aufzeichnungen über unversteuerte Lohnzahlungen erstellt.

Der Vergleich seiner erklärten wirtschaftlichen Daten mit den amtlichen Richtsatzwerten sei nicht möglich. Die Gemeinde G liege in einer strukturschwachen Region, in der er während der Winterzeit überhaupt keinen Betrieb gehabt habe. In dieser Zeit habe er sich vier bis fünf Monate in Spanien aufgehalten. Ein Vergleich mit Restaurationen in Stadtlage mit höheren Gewinnspannen und Ganzjahresfrequentation verbiete sich daher. Aufgrund der Konkurrenz mit Brauereigaststätten habe seine Gewinnspanne im untersten Bereich gelegen. Es sei unverhältnismäßig, aus der fehlenden Verbuchung von Getränken im Wert von 3.504 DM auf eine Steuerhinterziehung zu schließen und eine Kalkulation aufzubauen. Die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung trage somit Strafcharakter und verstoße gegen den Grundsatz in dubio pro reo.

Wegen des Vortrags im Einzelnen wird auf die Ausführungen in den eingereichten Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung bzw. auf den nachgereichten Schriftsatz vom 22.05.2009 verwiesen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es Folgendes vor:

Anlass der Ermittlungen der Steuerfahndung sei die Kontrollmitteilung der Zollverwaltung gemäß § 12a Abs. 4 FVG gewesen. Bei der Kontrolle sei in der Handtasche der Ehefrau des Klägers dessen Terminplaner mit zahlreichen Aufzeichnungen über An- und Verkäufe von Aktien gefunden worden. Der Kläger selbst habe die Kopie eines Anlagenverzeichnisses der C mit einem Kontostand von 216.914 EUR bei sich geführt. Zudem seien bei ihm weitere Aufzeichnungen über Kontoeröffnungen in der Schweiz gefunden worden. Danach habe er auch Verfügungsbefugnis über ein Sparkonto bei der E in H gehabt, das auf seinen Sohn lautete. Aus einer der Aufzeichnungen habe sich ein Anlagevolumen von 534.040 ohne Währungsangabe ergeben.

Der auf diese Gegebenheiten gestützte Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts D sei rechtmäßig gewesen und vom Kläger nicht angefochten worden. Daher liege kein Verwertungsverbot für die bei den Ermittlungen der Steuerfahndung gewonnenen Erkenntnisse vor. Im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen der Steuerfahndung seien im Tresor des Klägers verschiedenen Unterlagen zu Bankgeschäften in der Schweiz gefunden worden. Zwischen den Unterlagen laut Grenzkontrolle und den im Tresor vorgefundenen Unterlagen bestehe wegen ihrer weitgehenden Übereinstimmung ein eindeutiger Zusammenhang. Daraus folge ohne Zweifel, dass der Kläger in Geschäftsbeziehungen zur Schweiz gestanden habe. Da er die Hinweise auf diese Vermögensbestände nicht habe schlüssig darlegen können, habe er seine steuerliche Mitwirkungspflicht verletzt. Dem stehe auch nicht entgegen, dass er sich im strafrechtlichen Verfahren nicht selbst zu belasten brauche.

Zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO sei es berechtigt gewesen, weil der Kläger den ungeklärten Vermögenszuwachs nicht aufgeklärt und seine Mitwirkungspflicht verletzt habe. Zur Schätzung hätten auch die Mängel in den betrieblichen Aufzeichnungen des Klägers Anlass gegeben. So sei eine elektronische Kasse nur gelegentlich verwendet worden, Grundaufzeichnungen zur Überprüfung des Kassenbuches seien nicht geführt worden und einzelne Wareneinkäufe seien nicht verbucht worden. Weiter seien Betriebseinnahmen nicht vollständig aufgezeichnet und Löhne unversteuert ausbezahlt worden. Auch wenn der Kläger nicht zur Buchführung verpflichtet gewesen sei, so habe er jedoch sicher zu stellen gehabt, dass eine vollständige und nachprüfbare Erfassung aller Einnahmen und Ausgaben gewährleistet sei. Jedenfalls habe er die gesetzlichen Aufzeichnungsvorschriften nach §§ 143, 144 AO, die für alle gewerblichen Unternehmer gelten würden, verletzt. Es sei daher berechtigt gewesen, die erklärten betrieblichen Daten im Wege der Kalkulation zu überprüfen. Diese Überprüfung anhand der amtlichen Richtsätze habe zu erheblichen Differenzen für die Streitjahre geführt. Aufgrund dieser Differenzen sei es berechtigt gewesen, die betrieblichen Einnahmen des Klägers im Wege der Schätzung zu erhöhen. Die Zuschätzungen seien wirtschaftlich vertretbar und würden durch die Ergebnisse einer Geldverkehrsrechnung, die zu Fehlbeträgen in den Streitjahren geführt habe, bestätigt. Unschärfen zu seinem Nachteil habe der Kläger hinzunehmen, weil er Veranlassung zur Schätzung gegeben habe.

Unter diesen Umständen habe es davon ausgehen können, dass sich der Kläger in den Streitjahren der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO schuldig gemacht habe. Er habe vorsätzlich gehandelt, weil er zumindest die Steuerverkürzungen billigend in Kauf genommen habe. Eine strafrechtliche Verurteilung sei für diese Bewertung nicht erforderlich. Bei den insoweit maßgeblichen steuerlichen Beweisregeln sei der strafrechtliche Grundsatz des in dubio pro reo nicht ohne weiteres anzuwenden. Da es somit von einer vorsätzlichen Steuerverkürzung des Klägers habe ausgehen können, dauere die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zehn Jahre. Im Zeitpunkt der Änderung der Steuerfestsetzungen sei für die streitbefangenen Besteuerungszeiträume die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 46 Abs. 1 FGO zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Finanzamt die vom Hauptzollamt erhobenen Informationen verwertet und die Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung korrigiert. Die Änderung der Steuerfestsetzungen war rechtlich zulässig.

1. Das Finanzamt war berechtigt, die vom Hauptzollamt erhobenen Informationen zu verwerten.

a) Die vom Hauptzollamt gemäß § 12a Abs. 4 FVG (i.d.F. des StBereinG 1999 Art. 23, 28, BGBl. I 1999, 2601) der Steuerfahndung mitgeteilten Informationen wurden rechtmäßig erhoben und durften weitergegeben werden. Es bestand bzw. besteht kein Verbot, diese Daten für steuerliche Zwecke zu verwerten. Die zuständigen Zollbehörden durften, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen der Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs nach § 12 a Abs. 1 bis 3 FVG erforderlich war, personenbezogene Daten erheben, verarbeiten und nutzen. Die Übermittlung dieser Daten an andere Finanzbehörden war zulässig, soweit ihre Kenntnis zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens in Steuersachen von Bedeutung sein konnte (vgl. § 12 a Abs. 4 FVG; § 12 a Abs. 5 ZollVG m.W.v. 21.12.2001).

b) Nach § 88 Abs. 1 AO ermittelt die Finanzbehörde den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Bei der Ermittlung des Sachverhalts bedient sich die Finanzbehörde gem. § 92 AO der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält. Grundsätzlich darf die Finanzbehörde alle Erkenntnisse, gleichgültig auf welche Weise und in welcher Verfahrensart sie erlangt wurden, der Besteuerung zugrunde legen (vgl. BFH-Urteil vom 12.09.1985 VIII R 322/82, BFH/NV 1986, 131). Ein Verwertungsverbot besteht nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Grundrechte und gegen Vorschriften, die den Steuerbürger in seiner Willensbetätigung und Willensentscheidung schützen sollen (qualifiziertes materielles Verwertungsverbot, vgl. BFH-Urteil vom 04.10.2006 VIII R 53/04, BStBl. II 2007, 227, dort Gründe Tz. 4; vgl. von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO-/FGO-Kommentar, § 173 AO Rz. 79). Erlangen Behörden von Bund und Ländern, wie etwa Staatsanwaltschaften oder Polizeibehörden, bei ihrer dienstlichen Tätigkeit, etwa bei Durchsuchungsmaßnahmen, Kenntnisse über steuerlich erhebliche Sachverhalte, so haben sie diese Tatsachen, wenn sie den Verdacht einer Steuerstraftat begründen, den Finanzbehörden mitzuteilen (vgl. § 108 Abs. 1 StPO, § 116 Abs. 1 AO; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.1995 Az. 3 VAs 25-26/95, wistra 1996, 159). Der Zweck dieser Informationsmitteilung ist die Sicherstellung einer zutreffenden und gleichmäßigen Besteuerung und ggf. auch die Verfolgung von Steuerstraftaten. Art 3 Abs. 1 GG stellt erhebliche Anforderungen an die Ehrlichkeit der Steuerbürger; diesen Grundsätzen würde es widersprechen, Auskünfte über Personen, die eines Steuervergehens verdächtig sind, unberücksichtigt zu lassen (vgl. BFH-Urteil vom 04.10.2006 VIII R 53/04, a.a.O. und Wolffgang/Hendricks in Beermann/Gosch, AO-/FGO-Kommentar, § 116 Rz. 4, 31).

c) Auf den Streitfall bezogen ist das Gericht überzeugt, dass die von den Zollbehörden bei dem Grenzübertritt des Klägers am 22.02.2000 gewonnen Erkenntnisse von den zuständigen Beamten rechtmäßig erlangt wurden und im Rahmen des gesetzlichen Mitteilungsverfahrens nach der im Jahre 2000 gültigen Vorschrift § 12 a Abs. 4 FVG an die Steuerfahndung übermittelt und von dieser ausgewertet werden durften. Die Ermittlungen der Zollbeamten hielten sich im Rahmen der Aufgabenzuweisung und der Befugnisse zur Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs nach § 12 a Abs. 1 bis 3 FVG. Eine Rechtswidrigkeit der Kontrollmaßnahmen ist weder aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen ersichtlich, noch ist der Kläger gegen die Maßnahmen rechtlich vorgegangen (vgl. § 12 a Abs. 5 FVG). Die Befugnis zur Weitergabe der gewonnenen Erkenntnisse ergab sich aus § 12 a Abs. 4 FVG und steht im Einklang mit den vergleichbaren Vorschriften in § 108 Abs. 1 StPO und § 116 Abs. 1 AO. Aufgrund dieser Erkenntnisse waren die Beamten der zuständigen Steuerfahndungsstelle gemäß § 208 Abs. 1 AO befugt, weitere Ermittlungen gegen den Kläger zu führen und auf der Grundlage des richterlichen Durchsuchungsbeschlusses bei dem Kläger strafprozessuale Maßnahmen vorzunehmen. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass der Kläger gegen den richterlichen Beschluss mit Erfolg vorgegangen ist.

d) Soweit sich der Kläger mit seinem Einwand, die Datenweitergabe sei rechtswidrig gewesen, auf die Entscheidung des FG Baden Württemberg (Urteil vom 27.03.2007 Az. 11 K 297/02, DStRE 2007, 1575) stützt, ist darauf hinzuweisen, dass der dort entschiedene Streitfall nicht vergleichbar ist. Es handelte sich nämlich dort um Ermittlungen gegenüber einem Steuerberater als Berufsgeheimnisträger und die Weitergabe von Mandanteninformationen, die dieser bei sich geführt hatte. Im Streitfall haben die Zollbeamten von ihren Befugnissen aus § 12a FVG gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau rechtmäßig Gebrauch gemacht und nur Daten erhoben, die sich auf die Person des Klägers bezogen und nicht auf fremde Personen. Die Weitergabe dieser Daten an die für den Kläger zuständigen Finanzbehörden war von § 12a Abs. 4 FVG gedeckt. Verfassungsrechtliche Bedenken an dieser Vorschrift bzw. an der Nachfolgeregelung in § 12a ZollVG hegt das Gericht nicht und werden auch - soweit ersichtlich - von der Rechtsprechung (vgl. FG Baden Württemberg -Urteil vom 27.03.2007, a.a.O.) bzw. der Literatur (vgl. Geuenich, Verschärfungen bei der Bargeldkontrolle an deutschen Grenzen, NWB 2007, 2477, Fach 14 Seite 287) nicht vorgetragen.

2. Das Gericht ist unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Streitfalles überzeugt, dass das Finanzamt zur ergänzenden Schätzung der umsatzsteuerpflichtigen Betriebseinnahmen berechtigt war. Denn bereits aufgrund der verschiedenen einzelnen Feststellungen der Fahndungsprüfung zur Kassenaufzeichnung, zur Verbuchung von Wareneinkauf und zur Lohnabrechnung war die sachliche Richtigkeit der betrieblichen Aufzeichnungen widerlegt. Der dadurch veranlasste Richtsatzvergleich zeigte ebenfalls die Fehlerhaftigkeit der betrieblichen Aufzeichnungen des Klägers auf.

a) Eine Schätzung ist insbesondere dann erforderlich, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO) oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt. (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO-Kommentar, § 162 AO Tz. 4, 30 ff m.w.N.). Das Gleiche gilt, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden können (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Vermutung der sachlichen Richtigkeit der Aufzeichnungen ist widerlegt, wenn die Aufzeichnungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit materiell ganz oder zum Teil nicht ordnungsgemäß sind. Zudem kann das Ergebnis der betrieblichen Aufzeichnungen beanstandet werden, wenn ein Richtsatzvergleich erhebliche Abweichungen zu den Vergleichsbetrieben aufzeigt (vgl. Pahlke/Koenig/Cöster, AO-Kommentar, 2. Aufl. 2009, § 158 Rz. 12, 15).

b) Nach diesen Grundsätzen war das Finanzamt bereits aufgrund der festgestellten Aufzeichnungsmängel zur ergänzenden Schätzung der Besteuerungsgrundlagen dem Grunde nach berechtigt. Das Gericht sieht keine Veranlassung, an den Feststellungen der Steuerfahndung zu den einzelnen Aufzeichnungsmängeln, etwa fehlender Grundaufzeichnungen zu den Kasseneinnahmen oder zu Mängeln in den Lohnaufzeichnungen, zu zweifeln. Es steht dabei nicht im Streit, dass der Kläger Aufzeichnungen über Kasseneinnahmen und Lohnzahlungen geführt hatte, sondern dass diese Aufzeichnungen fehlerbehaftet waren. Die dadurch veranlasste Überprüfung der betrieblichen Daten mit den amtlichen Richtsätzen für Vergleichsbetriebe zeigt ohne Zweifel die Fehlerhaftigkeit der vom Kläger erklärten Daten auf. Die Vergleichsberechnung, wie sie in dem Fahndungsberichten dargestellt ist, orientiert sich an den maßgeblichen Durchschnittswerten und berücksichtigt im Wesentlichen die kalkulierten Erlöse für Speisen und Getränke; sie entspricht damit den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen kalkulatorischen Überprüfung.

c) Auf die Frage der Schätzungsbefugnis aufgrund einer möglichen Verletzung der Mitwirkungspflicht kommt es daher nicht mehr an. Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass zu seiner Überzeugung der Kläger trotz des gegen ihn eingeleiteten Steuerstrafverfahrens zur Aufklärung der steuerlichen Fragen verpflichtet war und noch ist, die sich aus den in seinem Gewahrsam befindlichen Unterlagen über Kontenverbindungen und Wertanlagen in der Schweiz ergeben haben (§§ 90 Abs. 2, 162 Abs. 2 Satz 1 AO). Das strafrechtliche Aussageverweigerungsrecht hebt die steuerliche Mitwirkungspflicht nicht auf (vgl. Pahlke/Koenig/Wünsch, a.a.O., § 90 Rz. 2). Zwar kann das Finanzamt die Mitwirkung nicht erzwingen (§ 393 Abs. 1 AO), bleibt jedoch zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen befugt, wenn der Steuerpflichtige fragliche Sachverhalte nicht aufklärt (vgl. BFH-Beschluss vom 28.12.2006 VIII B 48/06, BFH/NV 2007, 646).

Den Einwand des Klägers, seine Auskunft könne einen Familienangehörigen einer Strafverfolgung im Ausland aussetzen, sieht das Gericht als bloße Schutzbehauptung. Hierfür sind weder konkrete Anhaltspunkte vorgetragen worden noch sind solche aus den Akten ersichtlich; im Übrigen bestünde der Schutz des Steuergeheimnisses gemäß § 30 AO. Als Schutzbehauptung wertet das Gericht auch den Vortrag im nachgereichten Schriftsatz vom 22.05.2009, es habe sich bei den aufgefundenen Unterlagen um mit EDV-Programmen erstellte Musterdepots ohne korrespondierende Wertanlagen gehandelt. Dem widerspricht das bei der Zollkontrolle aufgefundene Verzeichnis über eine konkrete Geldanlage und die Aufzeichnungen im Terminplaner des Kläger sowie das später im Tresor des Klägers aufgefundene Verzeichnis über Geldanlagen in der Schweiz.

3. Die Schätzung ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die vom Finanzamt angesetzten Besteuerungsgrundlagen tragen sowohl den Ergebnissen der Schätzungsverfahren als auch den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten des Unternehmens Rechnung.

a) Eine Schätzung hat den durch die Umstände des Einzelfalls gezogenen Schätzungsrahmen zu beachten und muss in sich schlüssig und wirtschaftlich vernünftig sein (vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Tz. 29, 44; BFH-Beschluss vom 20.07.1994 I B 11/94, BFH/NV 1995,198). Bei der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durfte das Finanzamt zu Lasten des Klägers an die Obergrenze des zulässigen Schätzungsrahmens gehen. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss der Steuerbürger, der - wie hier der Kläger - Veranlassung zur Schätzung gibt, es hinnehmen, dass die im Wesen der Schätzung liegende Unsicherheit gegen ihn ausschlägt (vgl. Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 162 AO Tz. 44, 45).

b) Diesen Anforderungen werden die Berechnungen des Finanzamtes gerecht. Es hat sich bei der Kalkulation lediglich auf die Anwendung der Mittelsätze laut der amtlichen Richtsatz-Sammlung beschränkt und zudem einen Abschlag von 10% auf die ermittelten nicht erfassten Erlöse vorgenommen. Den besonderen betrieblichen Umständen, wie sie der Kläger eingewendet hat, wurde dadurch Rechnung getragen. Zudem wurde als Ausgangsgröße der Vergleichsberechnungen der vom Kläger erklärte Wareneinsatz angenommen, der in den vorgetragenen Ruhezeiten vor allem im Winter entsprechend geringer ausgefallen sein musste. Die aufgrund äußeren Betriebsvergleichs mittels Richtsatzwerten vorgenommenen Zuschätzungen finden zudem ihre Bestätigung in den Ergebnissen der Geldverkehrsrechnung, die auf nicht erklärte Gewinne aus dem Unternehmen des Klägers schließen lassen. Auch diese Überprüfungsmethode rechtfertigt die Verwerfung der erklärten betrieblichen Daten (vgl. Pahlke/Koenig/Cöster, a.a.O., § 158 Rz. 16). Unter diesen Umständen kommt es nicht auf die vom Kläger unter Beweis gestellte Frage an, zu welchem Preis er in den Streitjahren in seinem Unternehmen Bier ausgeschenkt hatte.

4. Aufgrund der Erkenntnisse des Hauptzollamtes und der Feststellungen der Fahndungsprüfung ist das Gericht überzeugt, dass der Kläger in den Streitjahren vorsätzlich Steuern verkürzt hat. Eine Änderung der Steuerfestsetzungen war daher zulässig. Das Gericht hat bei Würdigung der Umstände des Streitfalles die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger zumindest in den streitbefangenen Jahren vorsätzlich in seinen Umsatzsteuererklärungen unrichtige Angaben gemacht und dadurch Steuern verkürzt hat (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Damit betrug die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuern zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Aufgrund der von der Steuerfahndung ermittelten neuen Tatsachen war das Finanzamt berechtigt, gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre zu ändern.

a) Nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht eine Steuerhinterziehung, wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. Ob eine vorsätzliche Steuerverkürzung vorliegt, hat das Gericht zu seiner Überzeugung nach den Verfahrensgrundsätzen der FGO, insbesondere gemäß § 96 FGO, zu entscheiden. Der Prüfungsmaßstab des Strafrechts gilt grundsätzlich nicht; allerdings ist in Zweifelsfällen der strafprozessuale Grundsatz des "in dubio pro reo" anzuwenden (vgl. Pahlke/Koenig/Cöster, a.a.O, § 169 Rz. 60).

b) Im Streitfall ist das Gericht bei Würdigung des Sachverhalts überzeugt, dass der Kläger jedenfalls in den Jahren 1993 bis 2002 vorsätzlich Umsatzsteuern verkürzt hat. Es gewinnt seine Überzeugung bereits aus dem Ergebnis der kalkulatorischen Überprüfung der erklärten betrieblichen Daten, die im streitbefangenen Zeitraum regelmäßig deutliche Abweichungen von Vergleichsbetrieben aufzeigt. Dies lässt darauf schließen, dass der Kläger andauernd bewusst und gewollt Betriebseinnahmen nicht vollständig aufgezeichnet und unrichtige Umsatzsteuererklärungen abgegeben hat. Bestätigt wird diese Überzeugung durch die Fehlbeträge laut Geldverkehrsrechnung, die zum Beweis nicht versteuerter Gewinne geeignet ist. In dieser Überzeugung bergen sich keine Zweifel, so dass es auf den Grundsatz des "in dubio pro reo", auf den sich der Kläger beruft, nicht ankommt.

c) Da somit von einer Festsetzungsfrist von zehn Jahren auszugehen ist (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO), war das Finanzamt zur Änderung der Steuerfestsetzungen berechtigt. Die Umsatzsteuererklärung für den ersten streitbefangenen Besteuerungszeitraum, nämlich für 1993 , war am 06.04.1995 abgegeben worden. Damit begann hierfür die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.1995 (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) und endete nach zehn Jahren mit Ablauf des 31.12.2005. Da die Beamten der Steuerfahndung am Tage der Durchsuchung der Räume des Klägers - dem 01.03.2005 - mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre begonnen hatten, war die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer 1993 und die folgenden Besteuerungszeiträume gemäß § 171 Abs. 5 Satz 1 AO bis zur Unanfechtbarkeit der aufgrund der Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide gehemmt. Die Ansprüche auf die Umsatzsteuern waren daher im Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide vom 20. bzw. vom 26.02.2007 für 1993 bis 2002 noch nicht wegen Verjährung gemäß § 47 AO erloschen.

d) Unerheblich ist, dass sich das Finanzamt bei der Änderung der Steuerfestsetzungen für die Jahre 1993 bis 1998 zu Unrecht auf die Vorschrift des § 164 Abs. 2 AO berufen hat. Zwar war der Vorbehalt der Nachprüfung für diese Jahre wegen des Ablaufs der vierjährigen Festsetzungsfrist gemäß § 164 Abs. 4 AO entfallen; denn für das Streitjahr 1998 hatte der Kläger die Steuererklärung am 21.06.2000 abgegeben, so dass die maßgebliche regelmäßige Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2004 geendet hatte und somit die Steuerfestsetzungen bis 1998 ab 01.01.2005 nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. Die Berechtigung zur Änderung der Steuerfestsetzungen war jedoch jedenfalls nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gegeben, weil die Erkenntnis der vorsätzlichen Umsatzsteuerverkürzungen des Klägers als nachträglich bekannt gewordene Tatsachen im Sinne dieser Änderungsvorschrift zu beurteilen ist; der Mangel der falschen Bezeichnung der verfahrensrechtlichen Änderungsvorschrift schadet nicht (vgl. Pahlke/Koenig, a.a.O., § 121 Rz. 22).

Die Klage konnte somit unter keinem Gesichtspunkt erfolgreich sein.

Als der unterliegende Beteiligte hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den Vorschriften §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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