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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 01.04.2009
Aktenzeichen: 4 K 702/2008
Rechtsgebiete: BGB, GrEStG


Vorschriften:

BGB § 95 Abs. 1
GrEStG § 1 Abs. 1
GrEStG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

[...]

hat der 4. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

[...]

aufgrund mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 1. April 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob durch eine Vereinbarung zur Beendigung des Mietverhältnisses wegen der vom Mieter errichteten Gebäude auf fremdem Boden ein grunderwerbsteuerpflichtiger Erwerb nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG verwirklicht worden ist.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Lagerplatzgrundstückes mit Gleisanschluss Str. 1 in 1, das an die B GmbH vermietet war. Auf diesem Grundstück hatten die B GmbH bzw. ihre Rechtsvorgänger verschiedene Lagerhallen und Betriebsgebäude errichtet, für die ihr gegenüber zuletzt ein Einheitswert als Geschäftsgrundstück auf fremdem Grund und Boden i.H.v. 90.000 DM festgestellt worden war. Bestandteil des Mietvertrages mit der Klägerin vom 03.04.1975 waren die allgemeinen Lagerplatzbedingungen der Klägerin. Nach § 17 dieser Lagerplatzbedingungen hat der Mieter den Lagerplatz mit Ablauf der Mietzeit in den ursprünglichen Zustand zu versetzen und die von ihm oder seinen Rechtsvorgängern errichteten Bauten und anderen Anlagen ohne Entschädigung auf seine Kosten zu entfernen.

Nachdem zwischen der Klägerin und der B GmbH streitig war, ob das am 03.04.1975 abgeschlossene Mietverhältnis über den Lagerplatz und der von der Klägerin in ursächlichem Zusammenhang damit gesehene Gleisanschlussvertrag vom 02.04.1958 noch bestanden, schlossen diese am 13.11.2001 eine notarielle Vereinbarung zur vergleichsweisen Abwicklung der Angelegenheit. Die Klägerin wurde dabei von der einer Immobiliengesellschaft vertreten, welche aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags den Grundbesitz der Klägerin verwaltet. Nach der Vereinbarung vom 13.11.2001 endete das Mietverhältnis bezüglich des Lagerplatzes zum 30.06.2002 und wurde dieser ab Oktober 2001 der B GmbH mietzinsfrei überlassen. Die B GmbH verpflichtete sich, das Grundstück bis zum 30.06.2002 von sämtlichen beweglichen Sachen geräumt zu übergeben. Die Klägerin verzichtete in § 2 Abs. 2 der Vereinbarung "dabei entgegen der Regelung des § 17 der Lagerplatzbedingungen, die gemäß § 2 des Mietvertrages Bestandteil sind, auf einen Rückbau der auf den Lagerplatz bestehenden baulichen Anlagen sowie der Gleisanlagen". Die B GmbH nahm diesen Verzicht an. Sie verpflichtete sich zu einer Entschädigungszahlung an die Klägerin von 50.000 DM für die Bodenverunreinigung auf dem Grundstück. Mit der Erfüllung dieser Verpflichtungen waren nach § 4 der Vereinbarung alle gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus der bisherigen Nutzung des Grundstücks sowie im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis abgegolten.

Mit zunächst an die Klägerin gerichtetem und dann an die Immobiliengesellschaft am 25.09.2006 erneut versandtem Schreiben, teilte das beklagte Finanzamt seine Absicht mit, den Erwerb der Gebäude auf fremdem Grund und Boden durch die Vereinbarungen zum Mietvertrag vom 13.11.2001 der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen. Es bezeichnete dabei die Klägerin als Erwerberin. Zu diesem Schreiben des Finanzamts nahm die Immobiliengesellschaft am 08.11.2006 schriftlich Stellung und wandte gegen eine Erhebung von Grunderwerbsteuer ein, dass es sich bei der Urkunde vom 13.11.2001 nicht um einen Kaufvertrag handle, sondern um eine Mietaufhebungsvereinbarung mit einem Verzicht auf mietvertragliche Pflichten des Mieters.

Mit an die Immobiliengesellschaft als Empfängerin adressiertem Bescheid vom 24.11.2006 setzte das Finanzamt für den Erwerb durch Vertrag vom 13.11.2001 die Grunderwerbsteuer auf 5.636,48 EUR (= 11.024 DM) fest. Der Bescheid erging unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) und nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO teilweise vorläufig. In den Erläuterungen zum Bescheid wurde ausgeführt, dass dieser bezüglich des Grundstückswerts vorläufig ergehe, weil der Wert nach § 138 Abs. 2 oder 3 BewG noch nicht vorliege und dass vorerst das 3,5-fache des Einheitswerts als Bemessungsgrundlage angesetzt werde.

Die Immobiliengesellschaft erhob gegen den Bescheid Einspruch. Diesen wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 04.04.2008 als unbegründet zurück. Es führte dabei im Rubrum der Einspruchsentscheidung den Einspruch als Einspruch der Immobiliengesellschaft an und bezeichnete in ihren Gründen durchgehend die Klägerin als Einspruchsführerin.

Die Prozessbevollmächtigten haben dagegen Klage erhoben. In der Klageschrift benannten sie zwar die Immobiliengesellschaft als Klägerin, nahmen jedoch bereits im Rubrum auf die Einspruchsentscheidung Bezug und führten in der Klagebegründung auch die Klägerin als Beteiligte an dem von ihnen verneinten Erwerbsvorgang an. Sie beantragen, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 24.11.2006 und die Einspruchsentscheidung dazu vom 04.04.2008 aufzuheben.

Zur Begründung bringen sie im Wesentlichen vor:

Wegen der Bezeichnung der Klägerin in der Klageschrift sei einfach den Angaben des Finanzamts im Rubrum der Einspruchsentscheidung gefolgt worden. Auch der Bescheid vom 24.11.2006 richte sich an die Immobiliengesellschaft als Steuerschuldnerin. Er sei daher aufzuheben, weil diese nicht Steuerschuldnerin sei.

Unabhängig davon sei mit der notariellen Urkunde vom 13.11.2001 kein steuerpflichtiger Grunderwerb vereinbart, sondern seien lediglich mietvertragliche Regelungen getroffen worden. Es sei darin auch nicht konkludent eine Verpflichtung zur Übertragung der Gebäude vereinbart worden. Mit der Mietaufhebungsvereinbarung vom 13.11.2001 sei vielmehr das zwischen den Vertragsparteien gegebene Rechtsverhältnis umgestaltet und im Wege eines Vergleichs neu geregelt worden. Dies ergebe sich auch deutlich aus der Präambel der Vereinbarung. Die uneingeschränkte Räumungsverpflichtung der B GmbH gemäß § 2 Abs. 1 des notariellen Vertrages habe sich grundsätzlich auch auf die auf dem Lagerplatz bestehenden baulichen Anlagen bezogen. Daher könne der in § 2 Abs. 2 des Vertrages erklärte Verzicht der Klägerin auf einen Rückbau dieser Anlagen nicht in einen grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgang umgedeutet werden. Die vom Finanzamt herangezogene Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG könne schon deshalb nicht einschlägig sein, da mit dem Vertrag vom 13.11.2001 keine Auflassung erfolgt sei. Die Vereinbarung vom 13.11.2001 sei dem Finanzamt vom beurkundenden Notar auch nicht angezeigt worden. Wenn in der Urkunde von den Vertragsparteien ein Erwerbsvorgang vereinbart worden wäre, wäre der Notar selbstverständlich seiner dann bestehenden Anzeigepflicht nach §§ 18 Abs. 2, 19 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG nachgekommen.

Das Finanzamt beantragt dagegen Klageabweisung.

Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor:

§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG stelle die Gebäude auf fremdem Grund und Boden den Grundstücken gleich. Ein auf ein solches Gebäude bezogener Erwerb unterliege der Grunderwerbsteuer. Die Gebäude auf dem von der B GmbH gemieteten Lagerplatz seien von dieser zu einem vorübergehenden Zweck errichtet worden und seien damit Gebäude auf fremdem Grund und Boden. Die auf dem Lagerplatz errichteten Bauten seien als Scheinbestandteile anzusehen, weil sie nach § 17 der Lagerplatzbedingungen nach Beendigung des Mietverhältnisses zu entfernen gewesen seien. Entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten beziehe sich die vergleichsweise Lösung in der Vereinbarung vom 13.11.2001 lediglich auf den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses und beinhalte nicht eine Umgestaltung der damaligen Vereinbarungen. Insbesondere werde in den Vereinbarungen vom 13.11.2001 nicht auf die bestehenden Eigentumsverhältnisse der baulichen Anlagen Bezug genommen; hierfür seien vielmehr die ursprünglichen Vertragsbedingungen im Vertrag vom 03.04.1975 maßgebend. In diesem Vertrag sei auch eindeutig dargelegt, dass die vorhandenen Bauten im Eigentum des Mieters stünden.

Dem Senat liegen vom beklagten Finanzamt die Grunderwerbsteuerakten zum streitigen Erwerb und die Einheitswertakte für die Gebäude auf fremden Grund und Boden im Anwesen Str. 1 in 1 vor.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Sie ist zutreffend für die Klägerin als Klägerin erhoben worden. Zwar ist im Rubrum des Klageschriftsatzes die Immobiliengesellschaft als Klägerin angeführt worden, doch war diese Angabe wegen der weiteren Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung und den angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid vom 24.11.2006 nur scheinbar eindeutig. Die Bezeichnung der Person des Klägers in der Klageschrift ist als prozessuale Willenserklärung entsprechend den Auslegungsregeln für Willenserklärungen nach §§ 133, 157 BGB auszulegen. Dabei ist der in der Erklärung verkörperte wirkliche Wille unter Berücksichtigung sämtlicher, dem Finanzgericht und dem Finanzamt als Erklärungsempfänger erkennbaren Umstände zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn eines Ausdrucks zu haften. Aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ist eine unklare Bezeichnung im Zweifel so auszulegen, dass das Ergebnis dem Willen eines verständigen Klägers entspricht (vgl. BFH-Urteile vom 08.01.1991 VII R 61/88, BFH/NV 1991, 795, und vom 27.07.1999 VIII R 56/98, BFH/NV 2000, 198). Da bereits im Rubrum der Klageschrift auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen wird, nach welcher trotz der abweichenden Angabe in ihrem Rubrum eindeutig die Klägerin als Einspruchsführerin bezeichnet ist, in der Klageschrift weiter die Aufhebung des Bescheids vom 24.11.2006 beantragt wird, der gegenüber der Klägerin ergangen ist (siehe dazu unter Ziffer 1.) und die Ausführungen in der anschließenden Klagebegründung ausschließlich den Erwerbsvorgang laut der Vereinbarung vom 13.11.2001 betreffen, an dem die Klägerin, nicht die Immobiliengesellschaft als Vertragspartnerin beteiligt ist, ergibt die Auslegung der Klageschrift, dass trotz der Bezeichnung der Immobiliengesellschaft als Klägerin die Klägerin Klägerin ist und mit der Klageschrift die Klage in ihrem Namen erhoben worden ist. Dem entspricht es auch, dass die Immobiliengesellschaft an all diesen Vorgängen nur aufgrund einer Geschäftsbesorgungsvereinbarung für die Klägerin beteiligt gewesen ist, was für das Finanzamt - wenn auch nicht in den Einzelheiten - aber dem Grunde nach durch das Auftreten der Immobiliengesellschaft für die Klägerin erkennbar gewesen ist.

Die Klage ist jedoch in der Sache unbegründet.

Das Finanzamt hat zutreffend den in der Vereinbarung vom 13.11.2001 mit enthaltenen Anspruch der Klägerin auf Übertragung des Eigentums an den Gebäuden der B GmbH auf fremdem Boden nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterworfen.

1. Der angefochtene Bescheid vom 24.11.2006 einschließlich der Einspruchsentscheidung dazu richten sich mit hinreichender Deutlichkeit an die Klägerin als Schuldnerin der Grunderwerbsteuer.

Die Angabe des Inhaltsadressaten, also desjenigen, für den der Bescheid inhaltlich bestimmt ist, ist konstituierender Bestandteil jedes Verwaltungsakts. Dieser muss gemäß § 119 Abs. 1 AO hinreichend bestimmt angeben, wem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll. Der Inhaltsadressat eines Bescheids ist genügend bestimmt, wenn Zweifel durch Auslegung behoben werden können. Zur Auslegung können beigefügte Unterlagen und zeitlich vorhergehende Bescheide herangezogen werden. Bei der Auslegung kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen musste; entscheidend ist vielmehr, wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. BFH-Urteil vom 25.09.1990 IX R 84/88, BStBl. II 1991, 120, 121).

Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 24.11.2006 ist hinsichtlich des Inhaltsadressaten nicht zweifelsfrei. Er ging zwar an die Immobiliengesellschaft als Bekanntgabeempfängerin, besagt aber dann bei der für seinen Inhalt maßgeblichen Sachverhaltsschilderung "sie haben durch Vertrag vom 13.11.2001 ... von Firma B GmbH erworben", womit nur die Partei dieses Vertrags, die Klägerin, gemeint sein kann. Diese Unklarheit löst sich durch Auslegung anhand der der Bescheidempfängerin bekannten Unterlagen und Umstände in dem Sinn, dass die Klägerin als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen werden soll. Dass sich der Bescheid an die Klägerin als Steuerschuldnerin richtet, ergibt sich zum einen aus der genannten Sachverhaltsschilderung sowie den Erläuterungen zum Bescheid. In der Sachverhaltsschilderung wird der Erwerb durch den Vertrag vom 13.11.2001 beschrieben; Partei dieses Vertrags ist aber die Klägerin, nicht die Immobiliengesellschaft, welche die Klägerin bei diesem Vertrag lediglich vertreten hat. Außerdem bezeichnen die Erläuterungen als Bemessungsgrundlage den Grundstückswert bezüglich der Gebäude, welche wiederum die Klägerin erworben hat. Zum andern hat das Finanzamt in der Ankündigung der Besteuerungsabsicht gegenüber der Immobiliengesellschaft mit Schreiben vom 25.09.2006 ausdrücklich die Klägerin als Erwerberin angeführt und nicht die Immobiliengesellschaft. Eigentümerin des Lagerplatzgrundstücks, welche durch die Vereinbarung vom 13.11.2001 auch das Eigentum an den zuvor der B GmbH gehörenden Gebäuden erlangt hat, ist zudem nach wie vor die Klägerin. Ferner verwaltet die Immobiliengesellschaft aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags für die Klägerin nur deren Grundbesitz. Anders ist die Immobiliengesellschaft gegenüber dem Finanzamt nicht aufgetreten und hat auch selbst ihre Tätigkeit nicht anders verstanden, denn sonst hätten die Prozessbevollmächtigten sicherlich bereits im Einspruchsverfahren und nicht erst seit der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, der Bescheid sei aufzuheben, weil die Immobiliengesellschaft als am Vertrag vom 13.11.2001 nicht Beteiligte jedenfalls keinen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang verwirklicht haben könne. In diesem Sinne wird auch in der Begründung der Einspruchsentscheidung durchgängig die Klägerin als Einspruchsführerin und damit als Steuerschuldnerin bezeichnet und behandelt, obgleich im Rubrum der Einspruch als solcher der Immobiliengesellschaft angeführt ist.

2. Der Erwerb des Eigentums an den Gebäuden auf fremdem Grund und Boden durch die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 13.11.2001 unterliegt gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer.

Soweit das Finanzamt im angefochtenen Bescheid vom 24.11.2006 mit § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG eine unzutreffende Besteuerungsgrundlage angegeben hat, betrifft dies lediglich die Begründung des Bescheids und führt nicht zu seiner Rechtswidrigkeit.

Die in der Sachverhaltsdarstellung des Bescheids angeführte notarielle Vereinbarung vom 13.11.2001 beinhaltet die schuldrechtliche Vereinbarung zur Übertragung der Gebäude auf fremdem Grund und Boden. Die von der B GmbH auf dem von der Klägerin angemieteten Grundstück errichteten Gebäude und Hallen sind bis zur Rückgabe des Grundstücks an die Klägerin zum 30.06.2002 zivilrechtlich nicht im Sinn des § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB wesentliche Bestandteile des Grundstücks gewesen, sondern als Scheinbestandteile im Sinn von § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB bewegliche Sachen im Eigentum der Mieterin, der B GmbH. Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören solche Sachen nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich in erster Linie nach dem Willen des Erbauers, sofern dieser Wille mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen ist. Verbindet ein Mieter, Pächter oder in ähnlicher Weise schuldrechtlich Berechtigter Sachen mit dem Grund und Boden, so spricht nach feststehender Zivilrechsprechung regelmäßig eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht. Diese Vermutung wird nicht schon bei einer massiven Bauart des Bauwerks oder bei langer Dauer des Vertrags entkräftet. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass der Erbauer bei der Errichtung des Baus den Willen hat, das Bauwerk bei Beendigung des Mietverhältnisses in das Eigentum seines Vertragspartners, des Vermieters, übergehen zu lassen (vgl. BGH-Urteil vom 22.12.1995 V ZR 334/94, NJW 1996, 916). Dass die B GmbH bzw. ihre Rechtsvorgänger den Willen hatten, die von ihnen errichteten Gebäude bei einer Beendigung des Mietverhältnisses in das Eigentum der Vermieterin, der Klägerin, übergehen zu lassen, ist nicht der Fall. Denn nach § 17 der Lagerplatzbedingungen, welche Bestandteil des Mietvertrags mit der Klägerin waren, hatte der Mieter den Lagerplatz in den ursprünglichen Zustand zu versetzen und errichtete Bauten und Anlagen ohne Entschädigung auf seine Kosten zu entfernen. Nach § 1 des Mietvertrags mit der Klägerin vom 03.04.1975 standen auch die damals bereits errichteten und im Vertrag aufgeführten Bauten im Eigentum des Mieters.

Ein Gebäude, das nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden ist und zivilrechtlich damit eine bewegliche Sache darstellt, wird bei einer späteren Änderung der Zweckbestimmung, wie sie insbesondere auch bei der Rückgabe des vermieteten Grundstücks an den Vermieter erfolgen kann, nicht von selbst wesentlicher Bestandteil des Grundstücks; dazu bedarf es vielmehr der Einigung zwischen dem bisherigen Eigentümer des Gebäudes und dem Grundstückseigentümer über den Übergang des Eigentums an dem Gebäude (BGH-Urteile vom 21.12.1956 V ZR 245/55, BGHZ 23, 57, und vom 31.10.1986 V ZR 168/85, NJW 1987,774; Palandt- Ellenberger, BGB, § 95 Rn 4). Eine schuldrechtliche Vereinbarung, dass die Gebäude zum 30.06.2002 nach § 929 BGB auf die Klägerin zu übertragen sind, enthält die notarielle Vereinbarung vom 13.11.2001 in ausdrücklicher Form zwar nicht. Jedoch ergibt sich eine solche Vereinbarung konkludent aus den §§ 2 und 4 des notariellen Vertrags. Denn dort ist geregelt, dass entgegen § 17 der Lagerplatzbedingungen auf einen Rückbau der bestehenden baulichen Anlagen sowie der Gleisanlagen verzichtet wird und hierfür sowie für die Gebäude keine Vergütung zu entrichten ist. Da die Gebäude unstreitig der Klägerin zurückgegeben werden sollten und wurden, eine andere Vereinbarung wegen Rückgabe der Gebäude nicht abgeschlossen worden ist und -wie bereits dargelegt- der Übergang des Eigentums an den Gebäuden auf die Vermieterin sowie die Einbeziehung der Gebäude als wesentliche Bestandteile in das Grundstück und damit in das Eigentum am Grundstück eine Übertragung des Gebäudeeigentums nach § 929 BGB voraussetzt, enthält die Vereinbarung vom 13.11.2001 konkludent auch die entsprechende Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an den Gebäuden. Da die Gebäude nach der Vereinbarung vom 13.11.2001 nicht abzureißen waren und die Klägerin auch nicht die Verpflichtung zu ihrem Abriss übernahm, mussten sie bei Beendigung des Mietverhältnisses wohl oder übel der Klägerin als Grundstückseigentümerin übereignet werden (vgl. Boruttau, GrEStG, 16. Aufl., § 2, Rn. 189).

Diese schuldrechtliche Vereinbarung über die Übertragung des Eigentums an den Gebäuden auf die Klägerin unterliegt nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 stehen Gebäude auf fremdem Boden grunderwerbsteuerlich den Grundstücken gleich. Dies gilt unabhängig davon, dass die Gebäude wie im Streitfall nur Scheinbestandteile nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit bewegliche Sachen sind, die zivilrechtlich nach § 929 BGB übertragen werden (vgl. Boruttau, GrEStG, 16. Aufl., § 2 Rn. 180). Durch die notarielle Vereinbarung vom 13.11.2001 wurde, wie bereits dargelegt, ein Anspruch auf Übereignung der Gebäude begründet. Die Grunderwerbsteuerpflicht für die Übertragung der Gebäude auf fremdem Grund und Boden nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG bei Rückgabe des Grundstücks an die Vermieterin und Eigentümerin entfällt auch nicht dadurch, dass mit der dann vorzunehmenden Übereignung der Grundstücke und der damit verbundenen Änderung der Zweckbestimmung i.S.v. § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB die Gebäude zu wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks werden, ihre Eigenschaft als selbständige bewegliche Sache verlieren und nunmehr nur noch als wesentliche Bestandteile des Grundstücks Eigentum der Grundstückseigentümerin sind und nicht mehr als selbständige bewegliche Sachen.

3. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Finanzamt die Gegenleistung nach dem noch festzustellenden Wert der Gebäude im Sinn des § 138 Abs. 3 BewG bemessen hat. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG ist der Bedarfswert des Grundstücks, hier der Gebäude auf fremdem Grund und Boden, Bemessungsgrundlage, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden ist. Dies ist hier der Fall, da nach der Vereinbarung vom 13.11.2001 für die Übereignung der Grundstücke eine Gegenleistung nicht zu erbringen ist. Die Vereinbarung vom 13.11.2001 enthält lediglich für die Verunreinigung der Grundstücke eine Zahlungsverpflichtung der B GmbH. Die Klägerin hat nach der Vereinbarung keine Gegenleistung zu erbringen. Eine solche ergibt sich auch nicht daraus, dass sie selbst die Abbruchkosten zu tragen hätte, falls sie die Gebäude abreißen würde. Zum einen ist eine Abbruchverpflichtung der Gebäude für die Klägerin in der Vereinbarung nicht enthalten. Zum andern sind die Gebäude auch tatsächlich durch die Klägerin nicht abgebrochen worden.

Im Übrigen steht dem angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid nicht entgegen, dass der Grundlagenbescheid dafür noch nicht erlassen worden ist (§ 155 Abs. 2 AO).

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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