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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 12.12.2008
Aktenzeichen: 7 K 1527/08
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 36 Abs. 2
EStG § 36 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 7. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

durch

...

ohne mündliche Verhandlung

in der Sitzung vom 12.12.2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anrechnung von Kapitalertragsteuern und anrechenbaren Körperschaftsteuern.

Die ledige Klägerin erzielt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und aus Kapitalvermögen.

Die Klägerin reichte die Einkommensteuererklärungen 1996 und 1997 am 05.02.1999 und die Einkommensteuererklärung 1998 am 29.10.1999 beim Finanzamt ein. Dieses führte die Veranlagungen antragsgemäß durch und setzte mit Bescheiden vom 22.02.1999 und 16.11.1999 die Einkommensteuer 1996, 1997 und 1998 jeweils mit 0 DM fest.

Mit Schreiben vom 22.12.2004 erklärte die Klägerin durch Abgabe berichtigter Anlagen KSO für die Streitjahre zusätzliche Einnahmen aus Kapitalvermögen von 10.329 DM (1996), 17.150 DM (1997) und 19.931 DM (1998) nach und beantragte die Berücksichtigung weiterer Kapitalertragsteuern von 1.280,72 DM (1996), 612,60 DM (1997) und 1.509,72 DM (1998) sowie anrechenbarer Körperschaftsteuern von 87,47 DM (1996), 18,84 DM (1997) und 84,05 DM (1998).

Mit Bescheiden vom 24.01.2005 lehnte das Finanzamt eine Änderung der Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1998 wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Festsetzungsverjährung ab. Es führte aus, eine Steuerhinterziehung liege nicht vor, weil die nachgemeldeten Kapitalertrag-, Zinsabschlag- und Körperschaftsteuerbeträge den Einkommensteuermehrbetrag aus den nachträglich bekannt gewordenen Kapitalerträgen überstiegen.

Die Verwaltungsakte über die Ablehnung einer Änderung der Einkommensteuerbescheide 1996, 1997 und 1998 wurden mit Rücknahme der gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 06.03.2006 erhobenen Klage bestandskräftig.

Mit Abrechnungsbescheiden nach § 218 Abs. 2 AO für die Jahre 1996, 1997 und 1998 vom 24.10.2005 lehnte das Finanzamt eine Anrechnung der nachgemeldeten Steuerabzugsbeträge nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG ab, weil die betreffenden Kapitalerträge wegen zwischenzeitlich eingetretener Festsetzungsverjährung nicht mehr der Einkommensteuer unterworfen werden könnten.

Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.

Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie bringt im Wesentlichen vor, die Einkünfte aus Kapitalvermögen gälten gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG als erfasst, so dass die nachgemeldeten Steuerabzugsbeträge anzurechnen seien. Da die festzusetzende Einkommensteuer 1996 und 1997 nach Berücksichtigung der nachgemeldeten Kapitalerträge unverändert 0 DM betrüge, sei davon auszugehen, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen bei der Veranlagung erfasst worden seien. Nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG sei nicht Voraussetzung, dass die Einkünfte im Steuerbescheid ausgewiesen seien, es reiche aus, dass diese erfasst seien. Danach seien Einnahmen auch dann erfasst, wenn die Änderung der Einkommensteuerfestsetzung aufgrund der bestehenden Freibeträge unterbleibe. Dies gelte entsprechend für die Berücksichtigung von Einkünften im Rahmen des Grundfreibetrages. Zins- und Dividendenerträge im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG seien danach in der Höhe bei der Veranlagung erfasst, als der Sparerfreibetrag, der Werbungskosten-Pauschbetrag und der Grundfreibetrag nicht überschritten würden. Der Bereich der Festsetzungsverjährung sei vom Gesetzgeber bewusst von dem Bereich der Anrechnungsverfügung abgetrennt worden, um diese unabhängig vom Eintritt einer Festsetzungsverjährung durchführen zu können.

Da die Einkommensteuer auch nach Berücksichtigung der nacherklärten Kapitalerträge mit 0 EUR festzusetzen sei, ergebe sich für die Jahr 1996 und 1997, dass auch diese Kapitalerträge besteuert worden seien.

Im Jahr 1998 seien hilfsweise die Steuerabzugsbeträge bis zum Erreichen des Grundfreibetrags anzurechnen.

Die Klägerin beantragt,

den Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO für die Jahre 1996 bis 1998 vom 24.10.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.03.2006 dahin zu ändern, dass die Kapitalertragsteuer/Zinsabschläge insgesamt mit 2.568,52 DM (1996), 1.382,62 DM (1997), 2.229,80 DM (1998) und Körperschaftsteuer mit 199,41 DM (1996), 150,30 DM (1997) und mit 224,26 DM (1998) angerechnet werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, auf die Einkommensteuer werde gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer nur angerechnet, soweit diese auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfalle. Im Streitfall sei nach Eintritt der Festsetzungsverjährung eine Änderung der Steuerfestsetzungen 1996, 1997 und 1998 nicht mehr zulässig. Da die nacherklärten Kapitaleinkünfte somit bei der Veranlagung nicht mehr erfasst werden könnten, komme die von der Klägerin begehrte Anrechnung der Steuerabzugsbeträge nicht mehr in Betracht.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat zu Recht die nacherklärten Steuerabzugsbeträge nicht auf die Einkommensteuer angerechnet.

1. Gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG wird auf die Einkommensteuer die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer angerechnet, soweit sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt. Die Körperschaftsteuer einer unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Körperschaft wird nicht angerechnet, wenn die Einnahmen oder die anrechenbare Körperschaftsteuer bei der Veranlagung nicht erfasst werden (§ 36 Abs. 2 Satz 2 Buchst. f EStG). Wenn sich aus der Abrechnung ein Überschuss zuungunsten des Steuerpflichtigen ergibt, so hat er diesen Betrag innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten (Abschlusszahlung, § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Anrechnungsverfügung stellt einen selbstständigen, von der Steuerfestsetzung zu unterscheidenden, rechtsbestätigenden Verwaltungsakt dar, der Teil des Erhebungsverfahrens ist (BFH-Urteile vom 15.04.1997 VII R 100/96, BStBl II 1997, 787; vom 18.07.2000 VII R 32, 33/99, BStBl II 2001, 133).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen sind im Streitfall die nacherklärten Steuerabzugsbeträge nicht auf die festgesetzte Einkommensteuer anzurechnen.

In den Einkommensteuererklärungen 1996, 1997 und 1998 wurden Kapitalerträge und auf diese entfallende Steuerabzugsbeträge angegeben. Im Rahmen der Veranlagungen wurden die Kapitalerträge bei den Einkünften aus Kapitalvermögen angesetzt und die erklärten Steuerabzugsbeträge auf die festgesetzte Einkommensteuer angerechnet. Die nacherklärten Kapitalerträge hat das Finanzamt dagegen nicht als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst. Es hat eine Änderung der Einkommensteuerbescheide mit Bescheiden vom 24.01.2005 abgelehnt. Die Ablehnungsbescheide sind zwischenzeitlich bestandskräftig. Danach bleiben die von der Klägerin nachgemeldeten Kapitalerträge bei den Einkommensteuerveranlagungen 1996, 1997 und 1998 endgültig unberücksichtigt. Die Voraussetzungen für eine Anrechnung der Steuerabzugsbeträge nach § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 Buchst. f EStG sind damit nicht erfüllt.

Dabei ist unerheblich, dass sich die nacherklärten Kapitalerträge in den Veranlagungszeiträumen 1996 und 1997 nicht und im Veranlagungszeitraum 1998 nur teilweise auf die Einkommensteuer ausgewirkt hätten. Denn § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 Nr. 3 Buchst. f EStG sehen eine Anrechnung von durch Steuerabzug erhobenen Einkommensteuer nur insoweit vor, als sie auf die bei der Veranlagung erfaßten Einkünfte entfallen bzw. hinsichtlich der Körperschaftsteuer die Einnahmen bei der Veranlagung erfasst werden. Ob und in welcher Höhe sich die Kapitalerträge tatsächlich auf die festgesetzte Einkommensteuer auswirken, ist unbeachtlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, dass auch in Höhe des nicht ausgeschöpften Sparer- und Grundfreibetrags eine Anrechnung der Steuerabzugsbeträge vorzunehmen sei. Dies würde insoweit eine fiktive Veranlagung erfordern, die nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen ist.

Da die nacherklärten Kapitaleinkünfte bei der Veranlagung nicht mehr erfasst werden können, kommt die von der Klägerin im Ergebnis begehrte Anrechnung weiterer Steuerabzugsbeträge und eine hieraus resultierende Auszahlung des Überschusses nicht in Betracht. Auf das BFH-Urteil vom 26.02.2008 VIII R 1/07, BFH/NV 2008, 1281, wird verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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