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Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 05.10.2006
Aktenzeichen: IV 292/2003
Rechtsgebiete: ErbStG


Vorschriften:

ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

In dem Rechtsstreit

hat der IV. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch ...

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 05.10.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Schenkungsteuerbescheide vom 21.06.2001 und 16.01.2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 02.09.2003 werden aufgehoben.

2. Das Finanzamt hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Übertragung des halben Miteigentumsanteils am Wohnhaus, dessen Untergeschoss teilweise an eine GmbH vermietet ist, als Zuwendung eines Familienwohnheims nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG schenkungsteuerfrei ist.

Die Klägerin und ihr Ehemann waren im Jahr 1999 Miteigentümer zu je 1/2 des von ihnen mit ihren Kindern damals bewohnten Wohngrundstücks X-Straße in A. Die Einliegerwohnung im Untergeschoss, die Wohnung im Erdgeschoss und die Räume im Dachgeschoss haben nach den vorliegenden Plankopien über das Treppenhaus jeweils einen eigenen Zugang. Die Einliegerwohnung besteht aus einem Wohn- und Esszimmer, Küche, Schlafzimmer, Bad mit WC und einem knapp 9 qm großen Abstellraum mit Außenfenster. Nach den Wohnflächenberechnungen in der Einheitswertakte hat die Einliegerwohnung eine Wohnfläche von 80 qm und die Wohnung im Erdgeschoss einschließlich Balkon eine Wohnfläche von 135 qm. Die Wohnfläche der Dachgeschosswohnung hat das Finanzamt mit 115 qm geschätzt. Das Wohngrundstück ist seit 01.01.1986 als gemischtgenutztes Grundstück bewertet.

Laut notarieller Urkunde vom 22.12.1999 erhielt die Klägerin von ihrem Ehemann dessen 1/2- Miteigentumsanteil an dem Grundstück X-Straße zu Alleineigentum. Das Grundstück war mit einem Leibgeding für die Mutter der Klägerin belastet. Als Gegenleistung wurde in der Urkunde aufgeführt, dass die Klägerin Eigentümerin des Grundstücks Y-Straße in A wird, auf dem sie ein Wohnhaus mit einer Haupt- und einer Nebenwohnung errichten will. Für den Fall, dass ihre Ehe geschieden werden sollte, die Ehegatten länger als ein Jahr voneinander getrennt leben sollten oder die Klägerin vor ihrem Ehemann versterben sollte, erhielt der Ehemann das Recht, die Einräumung eines unentgeltlichen lebenslangen Wohnungsrechts in der gesamten Hauptwohnung des Neubaus auf dem Grundstück Y-Straße zu verlangen. Weiter hoben die Klägerin und ihr Ehemann in der notariellen Urkunde vom 22.12.1999 den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft auf und vereinbarten für die fernere Dauer ihrer Ehe Gütertrennung. Zur Erfüllung der Zugewinnsausgleichsansprüche der Klägerin überließ der Ehemann ihr laut der notariellen Urkunde den Hälfteanteil an dem Grundstück X-Straße und hatte an sie als weiteren Zugewinnausgleich einen baren Geldbetrag i.H.v. 526.000 DM zu bezahlen.

Das Finanzamt stellte mit Bescheid vom 28.05.2001 im Wege der Schätzung den Wert für den übertragenen Grundstücksanteil auf 270.500 DM fest, weil weder eine Schenkungsteuererklärung noch eine Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwerts eingereicht worden war.

Mit Bescheid vom 21.06.2001 setzte das Finanzamt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Schenkungsteuer gegenüber der Klägerin auf 49.115 DM fest. Es zog dabei in die Steuerfestsetzung neben einer geschätzten Vorschenkung die Übertragung des Grundstücksanteils sowie die Verpflichtung zur Zahlung des Barbetrags von 526.000 DM ein.

Der vormalige Vertreter der Klägerin erhob gegen den Schenkungsteuerbescheid Einspruch. Er wandte sich gegen den Ansatz einer Vorschenkung durch Schätzung und machte weiter geltend, dass die nach Aufhebung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft entstehende Ausgleichsforderung der Klägerin (§ 1378 BGB) nach § 5 Abs. 2 ErbStG nicht zum steuerpflichtigen Erwerb gehöre. Die Prozessbevollmächtigte legte mit Schreiben vom 29.01.2002 dem Finanzamt eine Aufstellung vor, in der sie aus dem Vermögen der Klägerin zum 22.11.1999 - ihrem Anteil am Grundstück X-Straße, einem Festgeldbetrag von rund 263.000 DM und Ackerland ohne relevantem Wert- sowie dem Vermögen ihres Ehemannes - einem Wochenendhaus im Wert von etwa 800.000 DM, Festgeld von rund 263.000 DM, seinem Hälfteanteil am Grundstück X-Straße und Ackerland im Wert von 48.000 DM- einen Zugewinnausgleichanspruch der Klägerin i.H.v. 424.000 DM ermittelte. Der Aufforderung des Finanzamts, eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs unter Einbeziehung insbesondere des Anfangvermögens der Ehegatten vorzulegen, kam die Klägerin nicht nach. Ferner machte die Prozessbevollmächtigte geltend, dass die Übertragung des Anteils am Grundstück X-Straße nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerfrei sei. Es handle sich um das Familienwohnheim der Klägerin und ihres Ehemanns. Im Keller dieses Hauses sei bis Dezember 1999 ein nur wenige Quadratmeter großer Raum an die K GmbH vermietet gewesen und von deren Geschäftsführer, dem Ehemann der Klägerin, genutzt worden. Nach Angaben des früheren Vertreters der Klägerin zur Bedarfswertfeststellung enthalte das Wohnhaus drei separate Wohneinheiten und sei damit als Mietwohngrundstück zu bewerten. Das Erdgeschoss habe eine Wohnfläche von 129 qm. Das Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von insgesamt 86 qm werde von der Mutter der Klägerin bewohnt, für die ein Wohnrecht bestehe.

Mit geändertem Bescheid vom 08.08.2001 stellte das Finanzamt den Wert für den übertragenen 1/2 -Anteil am Grundstück X-Straße auf 203.000 DM fest. Mit entsprechend geändertem Bescheid vom 16.01.2002 setzte das Finanzamt die Schenkungsteuer ohne Einbeziehung von Vorschenkungen auf 14.190 DM fest. Mit Einspruchsentscheidung vom 02.09.2003 setzte es die Schenkungsteuer (im Entscheidungssatz versehentlich als Erbschaftsteuer bezeichnet) auf 12.782 DM (= 6.535,33 EUR) herab, wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Es verneinte dabei wegen Vermietung eines Teils der Einliegerwohnung an die K GmbH für den übertragenen Anteil am Grundstück X-Straße eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG, setzte diesen mit 203.000 DM und die Geldforderung laut Urkunde vom 22.11.1999 mit 526.000 DM an und berücksichtigte das übernommene Wohnrecht für die Mutter der Klägerin mit dem Kapitalwert von 12.708 DM erwerbsmindernd (Wert des Erwerbs: 716.292 DM).

Mit der Klage wird beantragt,

die Schenkungsteuerbescheide vom 21.06.2001 und 16.01.2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 02.09.2003 aufzuheben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht:

Das Finanzamt verneine zu Unrecht wegen der Vermietung des verschwindend geringen Anteils von nur wenigen Quadratmetern (6 qm) im Keller die Eigenschaft des Grundstücks X-Straße als Familienwohnheim i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Das Haus habe durch diese geringfügige Fremdvermietung, die zudem etwa einen Monat nach dem Übertragungsstichtag bereits geendet habe, nicht die Eigenschaft als Familienwohnheim verloren. Ohne Ansatz des Grundstückswerts von 203.000 DM verbleibe nach Abzug des Freibetrags von 600.000 DM auch nach der Einspruchsentscheidung kein steuerpflichtiger Erwerb mehr.

Das Finanzamt beantragt dagegen,

die Klage abzuweisen.

Es macht zur Begründung im Wesentlichen geltend: Da zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Teil des Grundstücks X-Straße fremdvermietet gewesen sei, komme die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG nicht in Betracht. Nach den Erbschaftsteuerrichtlinien sei eine teilweise gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung zwar unschädlich, doch schließe eine auch nur teilweise Fremdvermietung die Gewährung des Freibetrags aus (R 43 Abs. 1 Satz 6 ErbStR). Ferner sei nach dem Urteil des Finanzgerichts Rheinland Pfalz vom 18.02.1999 4 K 2180/98 (EFG 1999, 619) eine entgeltliche oder unentgeltliche Nutzungsüberlassung an fremde Dritte für die Befreiungsvorschrift auch dann schädlich, wenn es sich dabei nur um einzelne Räume innerhalb einer Wohnung oder um eine Wohneinheit von untergeordneter Bedeutung handle. Gegen die Einbeziehung des Geldbetrags i.H.v. 526.000 DM in die Schenkungsteuer erhebe die Klägerin im Übrigen keine Einwendungen.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass bis Dezember 1999 lediglich der Abstellraum in der Einliegerwohnung an die K GmbH als Arbeitszimmer für ihren Ehemann vermietet gewesen sei und die Miete einschließlich aller Nebenkosten für den voll möblierten Raum monatlich 170 DM betragen habe. Weiter hat sie erklärt, dass ihr Ehemann seinen Wohnsitz erst im Laufe des Jahres 2000 oder 2001 ins Ausland verlegt habe. Wegen ihrer weiteren Angaben wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Dem Gericht liegen vom beklagten Finanzamt die Schenkungsteuerakte zum streitigen Erwerb sowie die Grundbesitzwertakte und die Einheitswertakte für das Grundstück X-Straße in A vor.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Die Festsetzung von Schenkungsteuer für ihren Erwerb laut Urkunde vom 22.11.1999 verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Schenkungsteuerbescheide vom 21.06.2001 und 16.01.2002 sowie die Einspruchsentscheidung dazu sind aufzuheben.

Unabhängig davon, ob die Übertragung des Anteils am Grundstück X-Straße sowie die Verpflichtung zur Zahlung eines Geldbetrags von 526.000 DM laut notarieller Urkunde vom 22.11.1999 in Erfüllung einer Zugewinnausgleichsforderung (§§ 1372, 1378 BGB) erfolgten und damit nicht unentgeltlich bzw. nach § 5 Abs. 2 ErbStG steuerfrei oder ob eine solche Zugewinnausgleichsforderung nicht oder nicht in dieser Höhe bestand und es sich damit ganz oder teilweise um eine in die Form eines lästigen Vertrags gekleidete freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 4 ErbStG) mehrerer Gegenstände handelt, ist aufgrund der Vereinbarungen laut Urkunde vom 22.11.1999 gegenüber der Klägerin eine Schenkungsteuer nicht festzusetzen, weil die Übertragung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück X-Straße als Zuwendung eines Familienwohnheims nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerfrei bleibt und dadurch der Wert des vom Finanzamt im Übrigen angenommenen Erwerbs den maßgeblichen Freibetrag von 600.000 DM nicht mehr übersteigt.

1.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG bleiben Zuwendungen unter Lebenden steuerfrei, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem im Inland gelegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus oder einer im Inland gelegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung (Familienwohnheim) verschafft. Mit der durch das Jahressteuergesetz 1996 eingeführten Freistellungsregelung wollte der Gesetzgeber "zumindest solche Zuwendungen, die den engeren Kern der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft berühren, gezielt von der Schenkungsteuer freistellen", um damit zugleich Darlegungs- bzw. Ermittlungsprobleme zu vermeiden, die sich bei sog. ehebedingten Zuwendungen im Hinblick auf den Willen des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit ergeben (vgl. BT-Drucksache 13/901, Seite 157).

Hinsichtlich der Nutzung "zu eigenen Wohnzwecken" kommt es auf den für den Erwerb nach § 11 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG maßgeblichen Zeitpunkt an. Die Ehegatten müssen zu diesem Zeitpunkt das Haus allein oder mit zum Haushalt gehörenden Mitgliedern der Familie, insbesondere Kindern und Eltern, zu Wohnzwecken nutzen, d.h. in dem Haus muss sich der Mittelpunkt des familiären Lebens befinden (R 43 Abs. 1 Satz 1 ErbStR). Solange dies der Fall ist, kommt es wegen des Stichtagsprinzips bei der Schenkungsteuer nicht auf die nachfolgende Nutzung durch den Beschenkten an (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 Rn. 62). Die Rechtsprechung hat aber auch bei Getrenntleben von Ehegatten für die Befreiung als ausreichend angesehen, wenn einer der Ehegatten gemeinsam mit Kindern das Haus bewohnt (vgl. FG-Berlin, Urteil vom 28.01.2003 5 K 5267/01, DStRE 2004, 217). Der Steuerbefreiung schadet es demnach nicht, dass der Ehemann der Klägerin später, im Jahr 2000 oder erst 2001 seinen Wohnsitz im Ausland genommen und sich dort aufgehalten hat. Bei Abschluss der streitgegenständlichen Vereinbarung im November 1999 und noch einige Zeit danach hat die ganze Familie in dem Haus gewohnt und später noch die Klägerin mit den Kindern.

2.

Ebenso ist für die Steuerbefreiung unschädlich, dass die Mutter der Klägerin die kleinere Wohnung im Dachgeschoss (laut Schätzungen des Finanzamts mit 115 qm, nach Angaben des früheren Klägervertreters 86 qm) aufgrund eines ihr eingeräumten Wohnrechts bewohnt hat. Denn die unentgeltliche Überlassung von Wohnräumen an Verwandte, z.B. zur Aufnahme von Eltern, wird für die Befreiung als unschädlich angesehen (R 43 Abs. 1 Satz 7 ErbStR, Jülicher, a.a.O., § 13 Rn 64). Selbst wenn die Überlassung einer kleineren als der von den Ehegatten bewohnten Wohnung an Eltern aufgrund eines Austauschvertrages nur teilweise unentgeltlich erfolgt, ist das in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich; es handelt sich auch hierbei noch um ein Zusammenleben von engen Verwandten in einem Familienwohnheim.

3.

Der Befreiung steht ferner nicht entgegen, dass im Untergeschoss des Hauses der Abstellraum bis Ende Dezember 1999 an die K GmbH vermietet gewesen ist und aufgrund dieser Vermietung zu gewerblichen Zwecken vom Ehemann der Klägerin als Arbeitszimmer genutzt worden ist. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG enthält keine ausdrückliche Regelung, dass eine Mitbenutzung des Hauses zu anderen als Wohnzwecken, z.B. als Arbeitszimmer, zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken, der Annahme eines Familienwohnheims von vornherein entgegen stehen würde. So wird eine gewerbliche oder berufliche Mitbenutzung - z.B. durch eine Arztpraxis - als unschädlich angesehen, wenn die Wohnnutzung insgesamt überwiegt, die Wohnräume die Voraussetzungen einer Wohnung erfüllen und die Eigenart des Hauses als Ein- oder Zweifamilienhaus durch die Mitbenutzung nicht wesentlich beeinträchtigt wird (R 43 Abs. 1 Satz 5 ErbStR; Jülicher, a.a.O., § 13 Rn. 66, Moench/Kien-Hümbert, ErbStG, § 13 Rn. 28). Dies gilt auch dann, wenn die Mitbenutzung aufgrund einer teilweisen Vermietung des Hauses erfolgt. Der Schenkungsteuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steht nicht entgegen, wenn untergeordnete Räume des Hauses aufgrund einer Vermietung für gewerbliche, berufliche oder freiberufliche Zwecke genutzt werden (ebenso Jülicher, a.a.O., § 13 Rn. 65 f.; a.A. FG-Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.02.1999 4 K 2180/98, EFG 1999, 619, FG München, Beschluss vom 11.04.2005 4 V 4452/04, EFG 2005, 1727, R 43 Abs. 1 Satz 6 ErbStR). Die Befreiungsvorschrift enthält keine Regelung, dass das Haus "ausschließlich" oder "nur" zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden muss. Auch ist eine teilweise Steuerbefreiung nach der Befreiungsvorschrift nicht vorgesehen. Ferner kann es nach Sinn und Zweck der Vorschrift keinen Unterschied machen, ob in dem Familienwohnheim eine Wohnung oder Teile einer Wohnung von jeweils untergeordneter Größe und Bedeutung kraft entgeltlich oder kraft unentgeltlich erworben Rechts gewerblich oder beruflich genutzt werden (vgl. Jülicher, a.a.O., § 13 Rn. 65 und 66).

Nach den durchaus glaubhaften Angaben der Klägerin war bis Ende Dezember 1999 im Untergeschoss nur der Abstellraum der Einliegerwohnung an die K GmbH vermietet und wurde von ihrem Ehemann als Arbeitszimmer genutzt. Durch diese Nutzung eines Raumes im Untergeschoss wurde in der maßgeblichen Zeit im November 1999 die Eigenart des Grundstücks als Wohnhaus und damit als Familienwohnheim nicht wesentlich beeinträchtigt. Dass das Wohngrundstück damals nach wie vor bei der Einheitsbewertung als gemischtgenutztes Grundstück bewertet war, steht dem nicht entgegen; denn diese Bewertung erfolgte zum 01.01.1983 und gibt insoweit nur die Verhältnisse zu diesem Stichtag wieder.

Selbst wenn wegen der doch beachtlichen Monatsmiete von 170 DM entsprechend der allerdings nicht weiter belegten und auch nicht näher belegbaren Vermutung des Finanzamts zusätzlich ein weiterer Raum der Einliegerwohnung oder ein größerer Raum der Einliegerwohnung vermietet gewesen sein sollte, wäre nach wie vor eine nur untergeordnete Mitbenutzung des Wohnhauses gegeben, die wegen der Nutzung der Räume bzw. des dann größeren Raums als Arbeitszimmer die Eigenart des Hauses als Familienwohnheim auch nicht wesentlich beeinträchtigen würde.

Auch wenn entsprechend einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. Tiedtke/Welzholz in ZEV 2000, 19, 20) die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG für die Zuwendung nur des nicht fremdvermieteten Teils des Hauses zu gewähren wäre, würde sogar im letztgenannten Fall der Abzug des Teilbetrags aus 203.000 DM, der sich sowohl nach den Angaben des Finanzamts als auch der Prozessbevollmächtigten jedenfalls für die selbstbewohnten Teile des Hauses im Erd- und Dachgeschoss ergäbe (153.788 DM bzw. 147.949 DM) zur Unterschreitung des Freibetrags von 600.000 DM für die Klägerin und damit den Wegfall einer Steuerfestsetzung führen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten der Klägerin sowie die Abwendungsbefugnis, der von Amts wegen zu erfolgen hat, stützt sich auf §§ 151 Abs. 1 Satz 1 FGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird im Hinblick auf die von der Senatsentscheidung abweichende Anweisung in R 43 Abs. 1 Satz 6 ErbStR wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird wegen der Schwierigkeit der zu klärenden Rechtsfragen für notwendig erklärt (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).



Ende der Entscheidung

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