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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 20.01.2005
Aktenzeichen: VII 227/2002
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
AO § 90 Abs. 1
AO § 179 Abs. 2 S. 2
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Nürnberg

VII 227/2002

Einkommensteuer 1976

In dem Rechtsstreit

...

hat der VII. Senat des Finanzgerichts Nürnberg

unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ...,

der Richterin am Finanzgericht ... und

des Richters am Finanzgericht ...,

des ehrenamtlichen Richters ... und

der ehrenamtlichen Richterin ...

aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 20.01.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Besteuerung von verdeckten Gewinnausschüttungen einer ausländischen Zwischengesellschaft.

Die Kläger sind Ehegatten, die für das Streitjahr 1976 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

Der Kläger erzielt u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen. Er hält im Privatvermögen eine Beteiligung an der Firma D., Schweiz, einer Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht (künftig: D). Die D erzielte im Streitjahr 1976 als Holdinggesellschaft ausschließlich niedrig besteuerte passive Einkünfte i.S. des § 8 AStG. Die D ist beim B-Finanzamt steuerlich erfasst.

Im Rahmen der Betriebsprüfung bei der D für die Jahre 1976-1978 gelangte der Prüfer für das Jahr 1976 zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung an die Anteilseigner: Die D hatte eine Beteiligung an der X Ltd., Kanada, am 08.12.1976 zu einem Verkaufspreis von 13 sfr unter Buchwert (14 sfr) auf die A-(A-) übertragen, an der der Kläger als Kommanditist beteiligt war. Auf der Grundlage dieser Feststellungen erging für die D als Zwischengesellschaft am 19.12.1983 ein geänderter gesonderter und einheitlicher Feststellungsbescheid 1976 nach § 18 AStG, der für den Kläger einen Hinzurechnungsbetrag von 8 DM, Ausschüttungen i.S. des § 11 Abs. 1 AStG a.F. von 161 DM und einen Ausschüttungsüberschuss von 153 DM auswies.

Das beklagte Finanzamt erließ - ausgehend vom Betriebsprüfungsbericht vom 23.06.1983 für die Kläger - am 30.11.1988 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 1976 (Teilabhilfebescheid), in dem es die Einkünfte aus Kapitalvermögen um die anteiligen verdeckten Gewinnausschüttungen der D von 161 DM erhöhte. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 31.03.1993 legten die Kläger am 03.05.1993 Klage ein.

Im Revisionsverfahren gegen die angefochtenen Feststellungsbescheide nach § 18 AStG für die Jahre 1976-1978 (BFH-Urteil vom 02.07.1997 I R 32/95, BStBl II 1998, 176) führte der BFH u.a. aus, eine Doppelbesteuerung von verdeckten Gewinnausschüttungen, die dem inländischen Beteiligten vor dem Feststellungsjahr zugeflossen sind, sei durch eine teleologische Extension des § 11 Abs. 1 AStG a.F. zu beseitigen.

Das B-Finanzamt erließ aufgrund dieses Urteils am 18.12.1997 folgende geänderte Feststellungsbescheide 1976 und 1977:

 Hinzurechnungszeitpunkt Maßgebende Beteiligung Hinzurechnungsbetrag i.S.d. § 10 AStG Ausschüttungen i.S.d. § 11 Abs. 1 AStG a.F. Grundbetrag Steuern nach § 12 AStG
01.01.1976 { } v.H. 8 DM 0 DM 8 DM 23 DM
01.01.1977 { } v.H. 95 DM 159 DM -63 DM 60 DM

Ausgehend von den Ausschüttungen i.S.d. § 11 Abs. 1 AStG a.F. zum Hinzurechnungszeitpunkt 01.01.1977 (Wirtschaftsjahr 1976) passte das Finanzamt mit Änderungsbescheid vom 13.07.1999 die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen an, in dem es die anteiligen verdeckten Gewinnausschüttungen auf 159 DM ermäßigte. Außerdem setzte es den Hinzurechnungsbetrag des Feststellungsjahres 1976 mit 31 DM an und rechnete hieraus gemäß § 34c EStG eine Steuer von 23 DM an. Dabei unterstellte das Finanzamt unter Hinweis auf die Darstellung im Betriebsprüfungsbericht eine Option nach § 12 Abs. 1 AStG.

Die Kläger erklärten den geänderten Einkommensteuerbescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens. Sie führen hierzu im Wesentlichen Folgendes aus:

Die verdeckten Gewinnausschüttungen seien im angefochtenen Änderungsbescheid mit 0 DM anzusetzen. Die Gewinnermittlung in der Person der Inlandsbeteiligten schließe für den Regelungsbereich der Zugriffsbesteuerung eine den Gewinn der ausländischen Gesellschaft erhöhende verdeckte Gewinnausschüttung wesensgemäß aus. Wären die dem Hinzurechnungsbetrag (§ 10 Abs. 1 AStG) zugrunde liegenden und bei den unbeschränkt Steuerpflichtigen (§ 7 Abs. 1 AStG) anzusetzenden Einkünfte aus passivem Erwerb (§ 8 Abs. 1 AStG) bei den ausländischen Gesellschaften zu ermitteln, wovon der BFH ausgehe, würde eine verdeckte Gewinnausschüttung unabhängig von der Kürzungsvorschrift des § 11 Abs. 1 AStG a.F. zu einer echten Doppelbesteuerung führen. Denn für diesen Fall wäre die den Gewinn der ausländischen Gesellschaft erhöhende verdeckte Gewinnausschüttung den Inlandsbeteiligten zum einen als Einkünfte aus passivem Erwerb (§ 7 Abs. 1 AStG) und zum anderen als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerlich zuzurechnen. Grund für die "systemwidrige Doppelbesteuerung" der verdeckten Gewinnausschüttung sei nicht die Vorschrift des § 11 Abs. 1 AStG a.F., sondern die Ermittlung der dem Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte in der Person der ausländischen Gesellschaft. Subjekt der Gewinnermittlung sei nicht die ausländische Gesellschaft, sondern seien, wie es sich aus dem Zusammenhang der Vorschriften der §§ 7 Abs. 1, 10 Abs. 1 und Abs. 3 AStG ergebe, die an der ausländischen Gesellschaft beteilgten Steuerinländer (Inlandsbeteiligte). Ihnen seien die Einkünfte, für die die ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft sei, gemäß § 7 Abs. 1 AStG steueranspruchsbegründend zuzurechnen und bei ihnen seien die dem Zurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte (§ 10 Abs. 3 Satz 1 AStG) gemäß § 10 Abs. 1 AStG anzusetzen.

Die Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags in der Person des Inlandsbeteiligten schließe verdeckte Gewinnausschüttungen der ausländischen Gesellschaft an ihre Inlandsbeteiligungen nicht aus. Solche Gewinnausschüttungen seien außerhalb der Zugriffsbesteuerung nach den allgemeinen Bestimmungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zu besteuern.

Soweit der BFH ausführe, im Jahr 01 läge eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EStG und im Jahr 02 eine nach § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 2 AStG zu versteuernde verdeckte Gewinnausschüttung vor, seien die verdeckten Gewinnausschüttungen durch Feststellungsbescheid gesondert und einheitlich festzustellen (§ 18 Abs. 1 AStG). Daran fehle es im Streitfall.

Mit geändertem Feststellungsbescheid vom 18.12.1997 seien die Ausschüttungen i.S.d. § 11 Abs. 1 AStG a.F. auf 0 DM herabgesetzt worden. Da das beklagte Finanzamt bislang seiner Anpassungspflicht nicht nachgekommen sei, sei der Bescheid durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht gedeckt und damit rechtswidrig.

Zudem sei hinsichtlich des Ansatzes der verdeckten Gewinnausschüttungen an eine einheitliche und gesonderte Feststellung vorzugsweise auf der Ebene der A-, der die verdeckten Gewinnausschüttungen unmittelbar zugeflossen seien, zu denken. Dem stehe keine Bindungswirkung durch etwaige Feststellungen zu § 11 Abs. 1 AStG a.F. im Bescheid nach § 18 AStG entgegen. Denn die auf der Ebene der ausländischen Gesellschaft nach § 11 Abs. 1 AStG a.F. getroffenen Feststellungen stellten keine verbindliche Verwaltungsentscheidung über die Besteuerung einkommensteuerpflichtiger Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG) für die die verdeckte Gewinnausschüttung empfangenden Gesellschafter der Zwischengesellschaft dar. Gewinnanteile, die eine ausländische Gesellschaft an unbeschränkt Steuerpflichtige einschließlich verdeckter Gewinnausschüttungen ausschütte, unterlägen bei diesen der Besteuerung nach den allgemeinem Bestimmungen. Die Bestimmungen der §§ 7-14 AStG berührten die Besteuerung nicht.

Da die gesetzlich vorgeschriebene gesonderte Feststellung der verdeckten Gewinnausschüttungen nicht erfolgt sei, dürften diese im angefochtenen Änderungsbescheid nicht angesetzt werden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1976 vom 19.07.1983 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 13.07.1999 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen um die darin enthaltenen verdeckten Gewinnausschüttungen i.H.v. 159 DM herabgesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Akten der ausländischen Zwischengesellschaft D wurden zum Verfahren beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Das beklagte Finanzamt hat zu Recht die verdeckten Gewinnausschüttungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst.

1. Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

a) Verdeckte Gewinnausschüttungen sind beim Anteilseigner als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. dieser Vorschrift ist gegeben, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die verdeckte Gewinnausschüttung beim Gesellschafter zu erfassen, wenn der Vermögensvorteil ihm zufließt (vgl. BFH-Beschluss vom 14.07.1998 VIII B 38/98, BFH/NV 1998, 1582).

Eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis wird angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht gewährt hätte. Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlichen wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteile vom 01.07.1992 I R 78/91, BStBl II 1992, 975; vom 09.04.1997 I R 52/96, BFH/NV 1997, 808).

b) Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung bezüglich einer Vorteilsgewährung bestritten hat, kann dem nicht gefolgt werden.

Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung bei der D lag der Veräußerungspreis der Beteiligung 13 DM unter ihrem Buchwert zum 08.12.1976. Dies führte aufgrund der verbilligten Überlassung über die A- zu einem entsprechenden Vermögensvorteil beim Kläger.

Bei der X Ltd., Kanada, handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft. Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sind nach inländischem Steuerrecht mit den Anschaffungskosten zu bilanzieren. Es besteht die Vermutung, dass sich der Teilwert der Beteiligung im Zeitpunkt der Anschaffung mit den tatsächlichen Anschaffungskosten deckt. Diese für den Zeitpunkt der Anschaffung geltende Teilwertvermutung besteht grundsätzlich auch an späteren Bewertungsstichtagen (vgl. BFH-Urteil vom 09.03.1977 I R 203/74, BStBl II 1977, 515; Schmidt/Glanegger, EStG, § 6 Rz. 231).

Die Veräußerung der Beteiligung zu einem unter dem Buchwert liegenden Betrag kommt einer Teilwertabschreibung gleich. Eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert ist bei einer Beteiligung als nicht abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens grundsätzlich nur dann anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass und in welcher Höhe wesentliche Umstände eingetreten sind, die die Annahme rechtfertigen, dass am Bilanzstichtag die Wiederbeschaffungskosten in nicht unerheblichem Umfang unter den ursprünglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten liegen (vgl. BFH-Urteil vom 17.01.1978 VIII R 31/75, BStBl II 1978, 335; Schmidt/Glanegger, EStG, § 6 Rz. 236). Im Streitfall hat jedoch die D weder während der Außenprüfung noch zu einem späteren Zeitpunkt dargelegt, geschweige denn wenigstens glaubhaft gemacht, dass zum Zeitpunkt der Veräußerung die vorbezeichneten Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung vorgelegen hätten. Auch die Kläger haben sich hierzu während des ganzen Verfahrens nicht geäußert.

Grundsätzlich werden Kapitalgesellschaft und Anteileigner getrennt besteuert. Ergeben sich zwischen Kapitalgesellschaft, Anteilseigner und dem bzw. den zuständigen Finanzämtern Meinungsverschiedenheiten über Grund und Höhe einer Gewinnausschüttung, so ist darüber in dem jeweiligen Besteuerungsverfahren selbständig zu entscheiden. Das beklagte Finanzamt hatte danach eigenständig die rechtlichen Voraussetzungen von verdeckten Gewinnausschüttungen hinsichtlich der Übertragung der Beteiligung X Ltd., Kanada, durch die D an die A- zu prüfen und die insoweit erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.10.1992 VIII R 31/89, BStBl II 1993, 569).

Die anteiligen verdeckten Gewinnausschüttungen aufgrund der verbilligten Überlassung der Beteilung X Ltd. wurde im Rahmen der Betriebsprüfung bei der D festgestellt und anlässlich der Betriebsprüfung bei den Klägern als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst. Bei der Schlussbesprechung für die D am 10.02.1983 blieb hinsichtlich der verdeckten Gewinnausschüttungen lediglich die Rechtmäßigkeit des doppelten Ansatzes als Ausschüttung (§ 11 AStG a.F.) und als Hinzurechnungsbetrag (§ 10 AStG) strittig. Über die Voraussetzung der verdeckten Gewinnausschüttungen in tatsächlicher Hinsicht bestand unter den Beteiligten bei beiden Betriebsprüfungen weitgehende Einigung. Entsprechend wurde diese Thematik weder im Klageverfahren gegen den Feststellungsbescheid nach § 18 AStG bei der D noch im anhängigen Klageverfahren der Kläger dem Grunde und der Höhe nach aufgegriffen. Die Rechtmäßigkeit des Ansatzes der verdeckten Gewinnausschüttung wurde erstmals nach über 20 Jahren in der mündlichen Verhandlung unsubstantiiert bestritten. Dieses einfache Bestreiten genügt nach Auffassung des Senats jedoch nicht. Die Kläger müssen sich ihr bisheriges, rügeloses Verhalten, das aufgrund der lang zurückliegenden Zeit zur Erschwerung der Beweisführung durch das beklagte Finanzamt geführt hat, zurechnen lassen.

Gemäß § 90 Abs. 1 AO sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Der Klägervertreter wurde in der mündlichen Verhandlung vom Gericht aufgefordert, sein erstmaliges Bestreiten der Voraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung zu konkretisieren. Dies lehnte er mit dem Hinweis auf die objektive Feststellungslast des Beklagten ab. Hiermit kann er jedoch keinen Erfolg haben.

Zwar trägt das Finanzamt grundsätzlich die objektive Feststellungslast dafür, ob die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung vorliegen. Das betrifft sowohl das Vorliegen einer Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) als auch die Frage nach der Veranlassung dieser Vermögensminderung (verhinderten Vermögensmehrung) durch das Gesellschaftsverhältnis. Spricht der festgestellte Sachverhalt dafür, dass die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, kann es allerdings Sache des Steuerpflichten sein, den dadurch gesetzten Anschein zu widerlegen (vgl. BFH-Urteil vom 04.04.2002 I B 140/01, BFH/NV 2002, 1179).

Im Streitfall besteht die Besonderheit, dass der unter Buchwert erfolgten Übertragung der Beteiligung die Teilwertvermutung entgegensteht. Für eine von der Teilwertvermutung nach unten abweichende Bewertung eines Wirtschaftsguts trägt der Steuerpflichtige die sog. objektive Beweislast. Der Klägervertreter hat weder Gründe für eine Teilwertabschreibung vorgetragen noch sind solche aus den dem Gericht vorliegenden Akten ersichtlich. Aufgrund des Fehlens entsprechender Nachweise, die eine Teilwertabschreibung und damit eine Veräußerung der Beteiligung zu einem unter dem Buchwert liegenden Veräußerungspreis rechtfertigten, kann sich der Klägervertreter nicht auf eine unterlassene Nachweispflicht des Finanzamts hinsichtlich der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung berufen.

Ihn bzw. den Kläger trifft schließlich gemäß § 90 Abs. 2 AO eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Bei dem zu beurteilenden Sachverhalt handelt es sich um einen Vorgang außerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung und des Einkommensteuergesetzes. Der Kläger hat grundsätzlich aufgrund seiner Sach- und Beweisnähe den in seiner Sphäre in der Schweiz verwirklichten Sachverhalt aufzuklären und die für die Finanzbehörde unerreichbaren Beweismittel selbst zu beschaffen. Dieser erhöhten Mitwirkungspflicht ist der Kläger nicht nachgekommen.

c) Der Senat ist in Abweichung zu dem vom BFH im Urteil vom 02.07.1997, Az. I R 32/95, BStBl. II 1998, 176, angesetzten Kurs von 96,45 der Auffassung, dass für die Umrechnung der ausländischen Währung der Kurs zum Übertragungszeitpunkt und nicht der zum Feststellungszeitpunkt 01.01.1977 maßgebend ist. Dieser betrug nach den Feststellungen des Betriebsprüfers 97,89. Das beklagte Finanzamt hat danach zu Unrecht im angefochtenen Einkommensteuerbescheid die Einkünfte aus Kapitalvermögen um die Kursdifferenz gemindert.

d) Im Streitfall waren die einzelnen Gesellschafter keine beherrschenden Gesellschafter. Als besondere Form der Beherrschung der D lagen jedoch gleichgerichtete Interessen der Gesellschafter der D zum Zeitpunkt der schuldrechtlichen Übertragung der Beteiligung vor.

Ein Gesellschafter beherrscht eine Kapitalgesellschaft, wenn er den Abschluß des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts erzwingen kann. Das ist der Fall, wenn der Gesellschafter aufgrund der ihm aus seiner Gesellschafterstellung fließenden Stimmrechte den entscheidenden Beschluss durchsetzen kann (vgl. BFH-Urteile vom 08.01.1969 I R 91/66, BStBl II 1969, 347;vom 21.07.1976 I R 223/74, BStBl II 1976, 734). Dabei können die Stimmrechte mehrerer Gesellschafter zusammengerechnet werden, wenn die Interessen dieser Gesellschafter für das zu beurteilende Rechtsgeschäft so gleichgerichtet sind, dass das Rechtsgeschäft als Ausdruck dieser gleichgerichteten Interessen anzusehen ist (BFH-Urteile vom 26.07.1978 I R 138/76, BStBl II 1978, 659;vom 29.04.1987 I R 192/82, BStBl II 1987, 797;vom 01.02.1989 I R 73/85, BStBl II 1989, 522; in BFH/NV 1997, 808).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Zwar verfügte keiner der Gesellschafter der D über die Mehrheit der Stimmrechte. Sie verfolgten aber bei der Entscheidung über die verbilligte Übertragung der Beteiligung an der X Ltd., Kanada, an die A- gleichgerichtete, finanzielle Interessen. Die Vorteilsgewährung zugunsten der A- gründete auf einem gemeinsamen Interesse der Gesellschafter der D, denen der finanzielle Vorteil aus der verbilligten Überlassung der Beteiligung über die A- mittelbar zufloss. Die mittelbar begünstigten Inlandsbeteiligten der D waren mit den Gesellschaftern der A- identisch. Auf die ausländischen Beteiligungen an der D von insgesamt 0,008% kommt es daher nicht an.

Die verbilligte Übertragung der Beteiligung ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, weil ihr keine klare und im voraus getroffenen Vereinbarungen zugrunde lagen. Die Vertragsparteien D und A- haben für die Beteiligung einen Kaufpreis von 12 DM (sfr. 13, Kurs 97,89) vereinbart. Dieser lag zum Zeitpunkt der Veräußerung unter dem Verkehrswert (gemeiner Wert) der Beteiligung, deren Buchwert zu diesem Zeitpunkt 14 DM (sfr. 14, Kurswert 97,89) betrug. Da der Preisvorteil ohne erkennbare Vereinbarungen gewährt wurde, ist von einer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis auszugehen. Die Kläger haben keinen Nachweis über eine eindeutige und klare Vereinbarung hinsichtlich der Angemessenheit des Kaufpreises erbracht.

2. Eine vom Klägervertreter geforderte gesonderte und einheitliche Feststellung der dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen verdeckten Gewinnausschüttungen findet keine gesetzliche Grundlage.

a) Der Feststellungsbescheid 1976 nach § 18 Abs. 1 AStG vom 19.12.1983 sowie der hierzu ergangene Änderungsbescheid vom 18.12.1997 entfalteten bezüglich der Erfassung von verdeckten Gewinnausschüttungen aus Kapitalvermögen keine Bindungswirkung. Dies gilt entsprechend für die Feststellungsbescheide 1977 nach § 18 Abs. 1 AStG.

Nach 18 Abs. 1 AStG sind die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 14 AStG gesondert festzustellen. Sind an der ausländischen Gesellschaft mehrere unbeschränkt Steuerpflichtige beteiligt, so wird die gesonderte Feststellung ihnen gegenüber einheitlich vorgenommen.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteile vom 15.03.1995 I R 14/94, BStBl. II 1995, 502; in BStBl. II 1998, 176) sind im Feststellungsbescheid nach § 18 Abs. 1 AStG die nach § 7 Abs. 1 AStG steuerpflichtigen Einkünfte, die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG abziehbaren bzw. nach § 12 Abs. 1 AStG anrechenbaren Steuern, die nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b AStG vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmenden Gewinnanteile und die nach § 11 Abs. 1 AStG den Hinzurechnungsbetrag kürzenden Gewinnanteile festzustellen. Diese Feststellungen betreffen ausschließlich die Hinzurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz, die in einem zweistufigen Verfahren erfolgt. Im gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren nach § 18 AStG werden die Besteuerungsgrundlagen für die Anwendung der §§ 7 bis 14 AStG festgestellt. Diese Feststellungen gehen ein in das Veranlagungsverfahren jedes Inlandsbeteiligten und führen dort über den anzusetzenden Hinzurechnungsbetrag zur Besteuerung der Einkünfte aus der Beteiligung an einer niedrig besteuerten Zwischengesellschaft.

Hinsichtlich der Ausschüttungen i.S.d. § 11 Abs. 1 AStG a.F. der ausländischen Zwischengesellschaft an die Inlandsbeteiligten, die nach den allgemeinen Bestimmungen besteuert werden, erfolgt lediglich eine nachrichtliche Mitteilung an das zuständig Finanzamt. Aufgrund dieser nachrichtlichen Mitteilungen wurden im Streitfall die verdeckten Gewinnausschüttungen der D an den Kläger im Rahmen der bei ihm stattfindenden Betriebsprüfung für die Jahre 1976 bis 1978 als Kapitaleinkünfte erfasst.

Dies gilt entsprechend für den geänderten Feststellungsbescheid nach § 18 Abs. 1 AStG vom 18.12.1997 für das Feststellungsjahr 1976. Dieser Feststellungsbescheid ist nur für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung ergangen und entfaltet nur insoweit für den angefochtenen Einkommensteuerbescheid eine Bindungswirkung (§ 182 Abs. 1 AO). Über die Hinzurechnungsbesteuerung hinaus besteht aus der Sicht des Außensteuerrechts kein Grund für eine Feststellung der ausgeschütteten Gewinnanteile i.S.d. § 11 Abs. 1 AStG a.F. Schließlich werden die im Jahr vor der Hinzurechnung den Gesellschaftern zugeflossenen verdeckten Gewinnausschüttungen von dieser Vorschrift nicht erfasst, denn nach § 11 Abs. 1 AStG a.F. ist der Hinzurechnungsbetrag nur um Gewinnanteile zu kürzen, die der Steuerpflichtige im Hinzurechnungsjahr von der ausländischen Gesellschaft bezieht (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1998, 176). Es besteht insoweit keine Übereinstimmung mit der allgemeinen Besteuerung der verdeckten Gewinnausschüttungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Im Übrigen würde die Bindungswirkung einer vom Klägervertreter alternativ verfolgten gesonderten Feststellung der verdeckten Gewinnausschüttung deren selbständigen Überprüfung beim Anteilseigener entgegen stehen.

b) Die verdeckten Gewinnausschüttungen der Zwischengesellschaft sind nicht nach §§ 180 Abs. 1 Nr. 2 a, 179 Abs. 2 Satz 2 AO gesondert und einheitlich festzustellen, weil es an einer gemeinschaftlichen Einkünfteerzielung fehlt.

Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO sind einkommensteuerpflichtige Einkünfte gesondert festzustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Dies ist dann zu bejahen, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich einen steuerrechtlich relevanten Tatbestand verwirklichen und dadurch Einkünfte erzielen. (vgl. BFH-Urteil vom 23.06.1992 IX R 182/87, BStBl II 1992, 972).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt, weil die passive Tätigkeit i. S. des § 8 AStG nicht von den inländischen Anteilseignern gemeinschaftlich, sondern allein von der D als Zwischengesellschaft und Einkunftserzielungssubjekt ausgeübt wird (vgl. BFH-Urteil in BStBl. II 1998, 176). Die in der Schweiz ansässige D ist eine Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht mit eigener Rechtsfähigkeit. Sie hält Beteiligungen an verschiedenen Gesellschaften und erzielt hieraus Einkünfte. Diese Einkünfte sind der D als eigener Rechtsträger und damit als eigenständiges Steuer- und Zurechnungssubjekt zuzurechnen. Die verdeckten Gewinnausschüttungen sind den inländischen Anteilseignern nicht aufgrund einer gemeinschaftlichen Tätigkeit, sondern durch einen von der D vollzogenen einkunftsrelevanten Vorgang mittelbar von der D zugeflossen. Mangels einer gemeinschaftlichen Tätigkeit der inländischen Anteilseigner scheidet eine gesonderte und einheitliche Feststellung der (verdeckten) Gewinnausschüttungen gemäß §§ 180 Abs. 1 Nr. 2a, 179 Abs. 2 Satz 2 AO aus.

c) Auch die Tatsache, dass die Inlandsbeteiligten der D mit den Gesellschaftern der A- identisch sind und der A- durch die Übertragung der Beteiligung ein Vorteil gewährt wurde, rechtfertigt keine gesonderte und einheitliche Feststellung der verdeckten Gewinnausschüttungen bei der A-. Denn die Vorteilsgewährung führt nicht zu einer gemeinsamen Einkunftserzielung bei der A-. Die Vorteilsgewährung löst vielmehr den Reflex der verdeckten Gewinnausschüttung an jeden Gesellschafter und nicht an die A- aus.

d) Ebenso kommt im Streitjahr eine gesonderte und einheitliche Feststellung der verdeckten Gewinnausschüttungen in Anlehnung an das Erfordernis von entsprechenden Feststellungen bei atypisch stillen Gesellschaften nicht in Betracht.

Die Anforderungen an gesonderte Feststellungen von verdeckten Gewinnausschüttungen bei atypisch stillen Gesellschaften sind auf den Streitfall nicht übertragbar. Die Entscheidung des Finanzgerichts Brandenburg vom 15.05.2002 2 K 1964/00, EFG 2002, 1118, ist zu der Frage der Angemessenheit der Gewinnverteilung bei einer atypischen GmbH & Still ergangen. Im Streitfall sind an der ausländischen Zwischengesellschaft D weder die inländischen Anteilseigner noch die A- atypisch still beteiligt. Danach fehlt es an einem atypisch stillen Gesellschaftsverhältnis, in dem u.a. im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der Gewinnanteile über verdeckte Gewinnausschüttung im Wege der gesonderten und einheitlichen Feststellung zu entscheiden ist. Für eine entsprechende Handhabung besteht keine Notwendigkeit.

3. Der Hinweis des Klägervertreters auf eine Doppelbesteuerung im Falle einer Veräußerung der Beteiligung durch die Erwerberin (A-) kann nicht überzeugen.

Nach der sog. Fiktionstheorie gilt das Wirtschaftsgut zu dem angemessenen Preis veräußert (vgl. z.B. Streck/Schwedhelm, KStG, § 8 Rz. 106). Bei der Erwerberin ist danach die erworbene Beteiligung grundsätzlich mit den tatsächlichen Anschaffungskosten zuzüglich der verdeckten Gewinnausschüttung zu bilanzieren. Im Falle einer Veräußerung der Beteiligung wird dadurch in Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung eine doppelte Besteuerung ausgeschlossen.

Im Streitfall ist davon auszugehen, dass die Erwerberin bei der Bilanzierung der Beteiligung an der X Ltd., Kanada, hinsichtlich der verdeckten Gewinnausschüttung entsprechende Folgerungen gezogen hat. Für eine hiervon abweichende Bilanzierung tragen die Kläger die Feststellungslast.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wurde nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Bei der zu entscheidenden Rechtsfrage handelt es sich um die Anwendung von ständiger BFH-Rechtsprechung, die einen konkreten Einzelfall betrifft.



Ende der Entscheidung

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