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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 03.05.2006
Aktenzeichen: 1 K 1608/03
Rechtsgebiete: EStG, UmwStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 3
UmwStG § 24
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist, ob bei der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft zurückbehaltende Forderungen im Rahmen der Ermittlung eines Übergangsgewinns zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielt als Arzt Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Er führte bis Ende des Jahres 1998 eine Einzelpraxis, für die er den jeweiligen Gewinn nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz -EStG- ermittelte.

Durch Vertrag vom 4. Dezember 1998 (Bl. 28 ff. Proz.-Akte) schlossen sich der Kläger und Herr Dr. H mit Wirkung zum 30. Dezember 1998 in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zur gemeinsamen Ausübung ihrer ärztlichen Berufstätigkeit zusammen. Der Kläger verpflichtete sich, sein bisheriges Praxisinventar und den Praxiswert in Gestalt des Patientenstammes in die Gemeinschaftspraxis einzubringen. Die Vertragspartner veranschlagten den Gesamtwert des vom Kläger eingebrachten Inventars mit 250.000,00 DM, wovon Herr Dr. H dem Kläger als Ausgleich die Hälfte (125.000,00 DM) zahlte. Von der Übertragung in das gemeinschaftliche Eigentum der Gesellschafter nahmen die Vertragspartner nach § 5 des Praxisvertrags Forderungen und Verbindlichkeiten des Klägers aus, die bereits vor dem 30. Dezember 1998 entstanden waren. Die Einnahmen aus den zurückbehaltenen Forderungen in Höhe von 140.230,52 DM abzüglich nachträglicher Kosten in Höhe von 14.108,02 DM wurden 1999 im Rahmen der Gewinnermittlung der GbR, die ebenfalls auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 EStG erfolgte, als Sondergewinn des Klägers erfasst (vgl. Bl. 22 ff. Außenprüfungsakten GbR).

Mit Einkommensteuerbescheid vom 17. Februar 2000, der unter dem 23. April 2001 geändert wurde und nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung -AO- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, veranlagte der Beklagte die Kläger im Streitjahr zur Einkommensteuer. Anlässlich einer im Jahr 2002 für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass nach der Einbringung der Einzelpraxis des Klägers in die GbR zur Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG überzugehen und ein Übergangsgewinn zu ermitteln sei. Dieser bestehe aus den nachträglichen Einnahmen (Forderungen) abzgl. der Summe der nachträglichen Ausgaben (Verbindlichkeiten) und belaufe sich insgesamt auf 126.122,50 DM. Die Forderungen und Verbindlichkeiten seien in das Privatvermögen überführt, d.h. entnommen und dort vereinnahmt bzw. ausgeglichen worden (vgl. Tz. 1.11 des Abschlussberichts vom 12. September 2002, Bl. 9 f. Bp.-Berichtsakten).

Der Beklagte folgte den Prüfungsfeststellungen und änderte durch Bescheid vom 21. November 2002, der in der Folgezeit unter dem 27. Januar 2003 aus nicht im Streit stehenden Gründen nochmals geändert wurde, nach § 164 Abs. 2 AO die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr.

Die Kläger legten hiergegen Einspruch ein und trugen zur Begründung vor, dass die Besteuerung eines Übergangsgewinns nicht mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. September 2001 (IV R 13/01, BFH/NV 2002, 254) in Einklang stehe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 2. April 2003 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass nach Tz. 20.10 des sog. Umwandlungssteuer-Erlasses vom 25. März 1998 bei der Einbringung zurückbehaltene Wirtschaftsgüter grundsätzlich als entnommen zu behandeln seien mit der Folge der Versteuerung der in ihrem Buchwert enthaltenen stillen Reserven, es sei denn, die Wirtschaftsgüter seien weiterhin Betriebsvermögen. Dies gelte auch für Wirtschaftsgüter, die keine wesentlichen Betriebsgrundlagen des eingebrachten Betriebs oder Teilbetriebs bildeten. Bei den gem. § 5 des Partnerschaftsvertrags nicht eingebrachten (Alt-)Forderungen ergebe sich auf Grund der Besonderheiten der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, dass sich diese zum Zeitpunkt der Umwandlung mangels Zu- und Abflusses noch nicht ertragsmäßig ausgewirkt hätten. Die Versteuerung sei daher anderweitig sicherzustellen. Im vorliegenden Fall, in dem sowohl der Kläger im Rahmen seines bisherigen Einzelunternehmens als auch die neu gegründete Personengesellschaft den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten, geschehe dies durch die Ermittlung eines Übergangsgewinns.

Die Gründe des vom Kläger angeführten Urteils des Bundesfinanzhofs vom 13. September 2001 beträfen einen abweichenden Sachverhalt. In dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall habe zwar auch ein Steuerberater seine Einzelpraxis in eine Sozietät eingebracht und hierbei Forderungen und Verbindlichkeiten der Einzelpraxis zurückbehalten. Im Gegensatz zum Streitfall habe die Steuerberatungssozietät aber bilanziert und sei erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG übergegangen. Vor diesem Hintergrund habe der Bundesfinanzhof dem dortigen Kläger zu dessen Antrag auf eine Billigkeitsregelung zur Versteuerung des Übergangsgewinns zu Recht vorhalten können, dass er die Sofortbesteuerung hätte vermeiden können. Der dortige Kläger hätte nämlich die Forderungen und Verbindlichkeiten als Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der Sozietät behandeln können. Dies sei jedoch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht möglich, da es dort den Begriff des Sonderbetriebsvermögens nicht gebe. Die zurückbehaltenen Forderungen und Verbindlichkeiten stellten auch kein notwendiges Betriebsvermögen der Praxisgemeinschaft dar. Der Kläger habe die Forderungen und Verbindlichkeiten in sein Privatvermögen überführt, so dass die vorgenommene Ermittlung eines Übergangsgewinns zutreffend erfolgt sei.

Mit der hiergegen gerichteten Klage tragen die Kläger vor, dass die aus den zurückbehaltenen betrieblichen Forderungen und Verbindlichkeiten resultierenden Beträge im Jahr 1999 als Sonderbetriebseinnahmen bzw. -ausgaben erklärt und entsprechend veranlagt worden seien. Der Beklagte stütze sich auf die Tz. 20.10 des Umwandlungssteuer-Erlasses, die sich aber nur auf die Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft beziehe. Dort würden Wirtschaftsgüter, die nicht auf die Kapitalgesellschaft übergingen, im Regelfall zwangsweise entnommen. Diese Regelung treffe auf den vorliegenden Fall allein von der Rechtsform her nicht zu. Auch gehe es nicht um die Versteuerung stiller Reserven, sondern um die Erfassung eines Übergangsgewinns. Tz. 24.06 des Umwandlungssteuererlasses regele ausdrücklich die Möglichkeit einer Einbringung in das Sonderbetriebsvermögen. Forderungen und Verbindlichkeiten gehörten auch bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG grundsätzlich zum Betriebsvermögen. Fraglich sei allenfalls, ob die Forderungen zwangsweise entnommen werden müssten. Dies würde eine Entnahme für betriebsfremde Zwecke erfordern. Die Einbringung in eine Gesellschaft stelle aber keinen privaten Vorgang dar, weil der Betrieb mit weiteren Gesellschaftern fortgeführt werde. Ebenso wenig sei in der Zurückbehaltung von Forderungen und Verbindlichkeiten ein privater Anlass zu erkennen. Ein Teil der Forderungen sei für die Bezahlung der betrieblichen Aufwendungen im Jahr 1999 eingesetzt worden. Ausweislich der Sondergewinnermittlung 1999 seien für Sonderbetriebsausgaben ca. 35.000,00 DM verwendet worden. Die Wirtschaftsgüter seien auch nicht freiwillig entnommen worden. Ein Wille, die Forderungen aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen, sei nicht vorhanden gewesen. Selbst wenn man den Standpunkt vertreten würde, dass die Forderungen kein notwendiges Betriebsvermögen mehr seien und bei einer Gewinnermittlung nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden könnten, so wären die Grundsätze des geduldeten Betriebsvermögens anzuwenden. Der Steuerpflichtige könne eine Besteuerung des Übergangsgewinns vermeiden, wenn er die Forderungen und Verbindlichkeiten von der Einbringung ausnehme. Diese Auffassung habe der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 13. September 2001 bestätigt. Auch sei der Sachverhalt entgegen der Auffassung des Beklagten mit dem vorliegenden Fall deckungsgleich. Der Beklagte sei selbst durch die Ermittlung des Übergangsgewinns zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen. Auch eine Eröffnungsbilanz sei erstellt worden.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 2. April 2003 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 vom 27. Januar 2003 dahingehend zu ändern, dass im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit der Ansatz eines Übergangsgewinns in Höhe von 126.122,50 DM unterbleibt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass die Tz. 20.10 des Umwandlungssteuer-Erlasses anwendbar sei. Nach Tz. 24.04 gelte die Vorschrift der Tz. 20.10 ausdrücklich auch bei der Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben in eine Personengesellschaft. Zwar bestimme Tz. 24.06 des Erlasses, dass im Gegensatz zur Einbringung in eine Kapitalgesellschaft im Rahmen des § 24 Umwandlungssteuergesetz -UmwStG- eine Einbringung in das Sonderbetriebsvermögen genüge. Im vorliegenden Fall ermittele die Praxisgemeinschaft jedoch den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Bei dieser Gewinnermittlungsart gebe es kein Sonderbetriebsvermögen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angegriffene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 vom 27. Januar 2003 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 2. April 2003 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Der Beklagte hat zutreffend angenommen, dass die anlässlich der nach § 24 UmwStG erfolgten Einbringung der ärztlichen Einzelpraxis in die GbR zurückbehaltenden Forderungen bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der der erkennende Senat folgt, handelt es sich bei der Einbringung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft in das Gesellschaftsvermögen dieser Gesellschaft grundsätzlich um eine Veräußerung, nämlich einen tauschähnlichen Vorgang (vgl. BFH, Urteil vom 15. Juli 1976, I R 17/74, BStBl II 1976, 748). Die gleiche Betrachtungsweise gilt für die in § 24 UmwStG umschriebenen Einbringungsvorgänge, und zwar unabhängig davon, ob der Einbringende durch den Einbringungsvorgang erstmals Gesellschafter (Mitunternehmer) der empfangenden Gesellschaft wird oder ein bereits vorhandener Gesellschaftsanteil erhöht wird (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1987, IV R 93/85, BStBl II 1988, 374; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Januar 1994, III R 39/91, BStBl II 1994, 458 m.w.N.; Patt in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, Loseblatt, Stand Juni 2003, § 24 UmwStG Rdnr. 5; offen gelassen in BFH, Urteil vom 13. September 2001, a.a.O.). Hat der Einbringende seinen Gewinn bisher nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, so muss er zum Einbringungszeitpunkt zum Bestandsvergleich übergehen (vgl. Herrmann in Frotscher/Maas, KStG, UmwStG, Loseblatt, Stand Juli 2000, § 24 UmwStG Rdnr. 65; Heinicke in Schmidt, EStG, 24. Aufl., 2005, § 4 Rdnr. 668; OFD Düsseldorf, Verfügung vom 13. September 1993, S 1978 dA - St 12 H, DB 1993, 2002; OFD Koblenz, Verfügung vom 11. August 2003, 2003-08-11 S 1978, juris; nicht eindeutig: BFH, Urteil vom 13. September 2001, a.a.O.). Der Übergang zum Bestandsvergleich dient nicht nur der Ermittlung eines Veräußerungs- oder Einbringungsgewinns, sondern bezweckt auch eine dem Gewinnbegriff des Einkommensteuergesetzes entsprechende Erfassung des laufenden Gewinns. Die wegen des Übergangs von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG erforderlichen Hinzu- und Abrechnungen sind bei dem laufenden Gewinn des Wirtschaftsjahres vorzunehmen, in dem die Veräußerung bzw. Einbringung stattfindet.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Einbringung der Einzelpraxis des Klägers in die GbR ein Übergangsgewinn zu ermitteln ist. Der Kläger hat sich mit Vertrag vom 4. Dezember 1998 verpflichtet, sein bisheriges Praxisinventar und den Praxiswert in Gestalt des Patientenstammes in die neu gegründete Gemeinschaftspraxis einzubringen. Der Veräußerungscharakter der Einbringung wird unterstrichen durch die entgeltliche Übertragung von Geschäftswert und materiellen Vermögensgegenständen auf die Gesellschaft. Die aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers stammenden Forderungen, die von der Einbringung ausgenommen worden sind, haben sich zum Zeitpunkt der Einbringung bei der Gewinnermittlung der Einzelpraxis durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung mangels Zufluss noch nicht ertragsmäßig ausgewirkt. Im Rahmen des vorzunehmen Bestandsvergleichs sind sie indes als Betriebsvermögen der Einzelpraxis zu erfassen und bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen.

Soweit sich die Kläger auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. September 2001 (a.a.O.) berufen, rechtfertigt zur Überzeugung des Senats im Hinblick darauf, dass die Einbringung nach § 24 UmwStG - wie dargelegt - dem Grunde nach eine Betriebsveräußerung nach § 16 EStG darstellt, ein Zurückbehalten von Forderungen bei einer nach § 4 Abs. 3 EStG erfolgten Gewinnermittlung noch nicht das Unterbleiben der Bildung eines Übergangsgewinns.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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