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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 31.08.2007
Aktenzeichen: 1 K 1899/06
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7
EStG § 12 Abs. 1 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

1 K 1899/06

Einkommensteuer 2004

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. August 2007

durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind die Aufwendungen für das Studium an der Fachhochschule.

Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und aus Kapitalvermögen. Als ausgeübten Beruf gibt er an "Assistent der Geschäftsführung". Der Kläger hat eine Ausbildung als Koch vom 1. Oktober 2000 bis 30. Juni 2002 absolviert. In seiner Einkommensteuererklärung für 2004 hat er bei den Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unter anderem Aufwendungen für Fortbildungskosten in Höhe von 16.802,72 EUR geltend gemacht (Bl. 5/2004 Einkommensteuerakten). Hierbei handelt es sich um Kosten für ein berufsbegleitendes Erststudium an der Fachhochschule H (Hotelmanagement). Dieses Studium hat er im März 2003 begonnen. Von September 2004 bis Juni 2005 absolvierte er ein Auslandssemester an der Universität in B (Großbritannien, Anm. des Neutralisierenden). Im Juli 2006 hat er das Studium als Diplom-Betriebswirt beendet. Die Aufwendungen setzen sich zusammen aus Studiengebühren für den Studiengang an der Internationalen Fachhochschule in H sowie aus Unterbringungs- und Fahrtkosten.

Im Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 24. Januar 2006 hat der Beklagte abweichend von den erklärten Angaben die Kosten für das Studium nicht als Werbungskosten berücksichtigt, sondern hat diese als nichtabzugsfähige Ausgaben behandelt und als Sonderausgaben angesetzt. In den Erläuterungen hieß es hierzu, dass die Aufwendungen für ein Erststudium nach einer erstmaligen Berufsausbildung Kosten der allgemeinen Lebensführung nach § 12 Nr. 5 Einkommensteuergesetz - EStG - seien. Somit könnten die Aufwendungen jedoch nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bis zur Höhe von 4.000,00 EUR als Sonderausgaben abgezogen werden. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2006 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass er sich in Berufsausbildung befinde. Dieser weiteren Berufsausbildung sei eine abgeschlossene erstmalige Berufsausbildung (Lehre zum Koch) vorausgegangen. Die durch die weitere Berufsausbildung veranlassten Aufwendungen stellten daher Werbungskosten dar. Das BFH-Urteil vom 17. Dezember 2002 sei auf den vorliegenden Fall anwendbar. Das BMF-Schreiben vom 4. November 2005 stelle ausdrücklich fest, dass die Rechtsprechung des BFH zur Rechtslage vor der Neuordnung in einem solchen Fall weiter anzuwenden sei und führe das zuvor genannte BFH-Urteil ausdrücklich an. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG definiere grundsätzlich Werbungskosten als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten würden danach vorliegen, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst seien. Eine berufliche Veranlassung sei gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufes getätigt würden. Dabei sei ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne förderten. Somit könne der erforderliche Veranlassungszusammenhang bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme erfüllt sein. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG stehe einer solchen Beurteilung nicht entgegen, denn danach seien Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten seien. Danach habe der Werbungskostenabzug Vorrang vor dem Abzug von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben, so dass § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG keine Sperrwirkung entfalte. Einem Abzug der Aufwendungen für ein aus beruflichen Gründen aufgenommenes Erststudium als Werbungskosten stehe § 10 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG ebenfalls nicht entgegen. Die im Zusammenhang mit dem Studium entstehenden Aufwendungen, insbesondere die Studiengebühren, wiesen keinen Bezug zur privaten Lebensführung auf. Eine private Mitveranlassung sei insbesondere nicht für den Gesichtspunkt anzunehmen, dass ein erfolgreicher Studienabschluss möglicherweise eine höherrangige berufliche, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Stellung eröffne. Das Studium an der Fachhochschule H, Fachbereich Hotelmanagement, stehe in einem objektiven Zusammenhang mit dem Beruf. Er habe das Studium aufgenommen, um in seinem Beruf besser voranzukommen, seine Kenntnisse zu erweitern und seine Stellung im Unternehmen zu festigen. Die Kosten für das Studium seien daher beruflich veranlasst und als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzugsfähig. Der Beklagte wende das BMF-Schreiben vom 4. November 2005 fehlerhaft an. Punkt 2 des BMF-Schreibens lege fest, wann es sich um eine erstmalige Berufsausbildung bzw. um ein Erststudium im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG handele. Das bedeute, dass § 12 Nr. 5 EStG bei einer erstmaligen Berufsausbildung oder bei einem Erststudium Anwendung finde. Im vorliegenden Fall habe der Kläger in der Zeit von Oktober 2000 bis Juli 2002 eine erstmalige Berufsausbildung absolviert, indem er eine Lehre zum Koch erfolgreich abgeschlossen habe. Es handele sich zwar hier um ein Erststudium des Klägers, da jedoch dem Erststudium bereits eine erstmalige Berufsausbildung vorangegangen sei, fänden hier die Grundsätze des BMF-Schreibens unter Tz. 1 Anwendung. Danach könnten bei einer Berufsausbildung, welcher bereits eine abgeschlossene erstmalige Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Studium vorangegangen sei, bezüglich der durch die weitere Berufsausbildung veranlassten Aufwendungen Betriebsausgaben oder Werbungskosten vorliegen, wenn ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit den späteren steuerpflichtigen Einnahmen bestehe. Dieser Grundsatz sei im vorliegenden Fall erfüllt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2006 den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 24. Januar 2006 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit weitere Werbungskosten in Höhe von 13.783,- EUR berücksichtigt werden unter Gegenrechnung von 4.000,- EUR.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, dass die einkommensteuerliche Behandlung von Berufsausbildungskosten durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 neu geordnet worden sei. Der Gesetzgeber habe hiernach durch die Ergänzung des § 12 EStG um eine neue Nr. 5 nachfolgende Aufwendungen grundsätzlich dem nicht abzugsfähigen Bereich der privaten Lebensführung zugeordnet, soweit diese nicht unter die Bestimmungen des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen würden. Hierbei handele es sich um Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfänden. Dementsprechend sei auch § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG neu gefasst worden. Unberührt von der Neuordnung bleibe die Behandlung von Aufwendungen für eine berufliche Fort- und Weiterbildung. Diese stellten Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar, sofern sie durch den Beruf veranlasst seien und es sich dabei aber nicht um eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG 2004 handele. Die Rechtsprechung des BFH zur Rechtslage vor der Neuordnung sei daher nur insofern anzuwenden, wenn Aufwendungen für eine weitere Berufsausbildung oder ein weiteres Studium gegeben seien (siehe BMF-Schreiben vom 4. November 2005). Im vorliegenden Fall ständen die Aufwendungen des Klägers jedoch nicht im Zusammenhang mit einer weiteren Berufsausbildung, sondern es handele sich um Aufwendungen für ein Erststudium. Unter dem Begriff Berufsausbildung i. S. des § 12 Nr. 5 EStG sei eine berufliche Ausbildung unter Ausschluss eines Studiums zu verstehen. Ein Studium liege dann vor, wenn es sich um ein Studium an einer Hochschule i. S. des § 1 Hochschulrahmengesetz handele. Die Fachhochschulen gehörten zu den Hochschulen. Ein Studium stelle dann ein erstmaliges Studium dar, wenn ihm kein anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium vorangegangen sei. Ein Studium werde aufgrund der entsprechenden Prüfungsordnung einer inländischen Hochschule durch eine Hochschulprüfung oder eine staatliche oder kirchliche Prüfung abgeschlossen. Der Kläger habe nach seinen Angaben eine Lehre zum Koch absolviert und habe damit eine abgeschlossene erstmalige Berufsausbildung. Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich jedoch bei dem ab 2003 an der Fachhochschule in H aufgenommenen Studium nicht um eine weitere Berufsausbildung, sondern um ein Erststudium. Auch ein Erststudium anlässlich einer berufsbegleitenden Fortbildung falle unter die Neuregelung des § 12 Nr. 5 EStG. Eine Berücksichtigung der in diesem Zusammenhang entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten käme aufgrund der eindeutigen Neuregelung in § 12 Nr. 5 EStG längstens bis 2003 in Betracht. Ab 2004 würden diese Aufwendungen in den Bereich des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hat zu Recht die Aufwendungen für die Fachhochschule nur im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Höhe von 4.000,00 EUR zum Abzug zugelassen.

Nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 EStG 2004 können Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium weder bei den einzelnen Einkommensarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, wenn diese nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Dies gilt, soweit in den §§ , 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 5, 7 und 9, §§ 10 a, 10 b und den §§ 33 bis 33 c EStG nichts anders bestimmt ist. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG können Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis 4.000,00 EUR im Kalenderjahr abgezogen werden. Zu diesen Aufwendungen gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung.

Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder eines Erststudiums an einer Universität oder Fachhochschule stellen somit seit dem 1. Januar 2004 keine vorab entstandenen Werbungskosten oder Betriebsausgaben dar, sondern sind den Kosten der privaten Lebensführung zuzurechnen, § 12 Nr. 5 EStG. Die Kosten können nur als Sonderausgaben bis zum Höchstbetrag von 4.000,00 EUR anerkannt werden, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

Unberührt hiervon bleibt die Behandlung von Aufwendung für eine berufliche Fort- und Weiterbildung. Diese stellen Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar, sofern sie durch den Beruf veranlasst sind, es sich aber nicht um erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG handelt. Im Streitfall hat der Kläger bereits eine abgeschlossene erstmalige Berufsausbildung als Koch. Unter dem Begriff "Berufsausbildung" im Sinne des § 12 Nr. 5 EStG ist eine berufliche Ausbildung unter Ausschluss eines Studiums zu verstehen. Dies ergibt sich aus dem BMF-Schreiben vom 4. November 2005 IV C 8 - S 2227 - 5/05, Bundessteuerblatt I 2005, 955. In diesem BMF-Schreiben sind zunächst die Grundsätze dargelegt. Hierbei heißt es in der vom Kläger zitierten Tz. 3:

"Ist einer Berufsausbildung eine abgeschlossene erstmalige Berufsausbildung oder abgeschlossenes Erststudium vorausgegangen (weitere Berufsausbildung), handelt es sich dagegen bei den durch die weitere Berufsausbildung veranlassten Aufwendungen um Ausgaben oder Werbungskosten, wenn ein hinreichender konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit späteren im Inland steuerpflichtigen Einnahmen aus der angestrebten beruflichen Tätigkeit besteht. Entsprechendes gilt für ein Studium nach einem abgeschlossenen Erststudium (weiteres Studium) ..."

Unter 2. sind in diesem BMF-Schreiben die einzelnen Begriffe erläutert, wobei es unter 2.2 Erststudium heißt, dass ein Studium i. S. des § 12 Nr. 5 EStG dann vorliegt, wenn es sich um ein Studium an einer Hochschule i. S. des § 1 Hochschulrahmengesetz handelt. Ein Studium stellt dann ein erstmaliges Studium dar, wenn ihm kein anderes durch einen berufsqualifizierenden Abschluss beendetes Studium vorausgegangen ist. Ein Studium wird aufgrund der entsprechenden Prüfungsordnung einer inländischen Hochschule durch eine Hochschulprüfung oder eine staatliche oder kirchliche Prüfung abgeschlossen (§§ 15, 16 Hochschulrahmengesetz).

Im Streitfall hat der Kläger bisher kein Erststudium absolviert, denn er hat bisher eine Lehre als Koch beendet. Somit stellt das Studium an der Fachhochschule Bad Honnef mit dem Abschluss des Studiums als Diplom-Betriebswirt ein Erststudium dar, weshalb die Aufwendungen nach § 12 Nr. 5 EStG nicht berücksichtigt werden können. Aufwendungen für eine berufliche Fort- und Weiterbildung stellen nur dann Betriebsausgaben und Werbungskosten dar, sofern sie durch den Beruf veranlasst sind und es sich hierbei nicht um ein Erststudium handelt.

Die Revision wird gem § 115 Abs. 2 Nr. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - zugelassen.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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