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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: 6 K 1713/06
Rechtsgebiete: UStG, MwStSystR


Vorschriften:

UStG § 2 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
MwStSystR Art. 9 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

6 K 1713/06

Umsatzsteuer 1999

In dem Finanzrechtsstreit

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 6. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. November 2007

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts xxx als Vorsitzenden, die Richterin am Finanzgericht xxx den Richter am Finanzgericht xxx den ehrenamtlichen Richter xxx den ehrenamtlichen Richter xxx

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin, die E-GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer, Herrn E, Vorsteuern aus Rechnungen der F-GmbH geltend machen kann, denen angeblich Lieferungen von PKW der Luxusklasse zugrunde gelegen haben sollen. Der Beklagte vertritt nach einer Steuerfahndungsprüfung die Auffassung, dass die Fahrzeuge in Wirklichkeit von anderen inländischen Lieferanten geliefert worden seien (insbesondere dem "Porschezentrum in C" - PZC -) und die F-GmbH gegenüber der Klägerin nur die Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis erstellt habe. Gleichzeitig hätten die hinter der F-GmbH stehenden Personen B und W die inländischen Lieferanten veranlasst, für das gleiche Fahrzeug eine Rechnung über eine fingierte innergemeinschaftliche Lieferung an eine Firma Z auf Madeira - Z - auszustellen, um einen steuerbefreiten Umsatz vorzutäuschen. Es sei von Anfang an vorgesehen gewesen, dass die F-GmbH die Umsatzsteuer für die vorgeblich durch die F-GmbH durchgeführten inländischen Umsätze an die Klägerin nicht abführen sollte. In dieses Betrugssystem sei der Geschäftsführer der Klägerin E eingeweiht gewesen; die Klägerin habe von der durch den Betrug "mitfinanzierten" besonders günstigen Preisgestaltung profitiert. Dies bestreitet E.

1. Die E-GmbH (Klägerin) wurde am 04.02.1999 durch die Herren Wo und E gegründet, von denen jeder die Hälfte der Stammeinlagen von insgesamt 50.000.00 DM hielt und die sich zu jeweils allein vertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellten. Geschäftsgegenstand war der Handel mit Fahrzeugen. Die Geschäftsführertätigkeit mit Blick auf den Autohandel übte in der Folge ganz überwiegend E aus.

E war bereits vor seiner Tätigkeit für die E-GmbH im Autohandel beschäftigt. Bis Anfang 1998 führte er eine Einzelfirma unter dem Namen "Exclusiv-Cars" in H, die den Autohandel zum Geschäftsgegenstand hatte. Außerdem war er bei der 1979 gegründeten Fa. ASC-GmbH mit Sitz in K, D-Straße (auch der Sitz der Klägerin, Anm. d. Neutralisierenden) angestellt. Dieses Unternehmen beschäftigte sich mit dem An- und Verkauf von Kfz und Autozubehör (vgl. Handelsregister, Bl. 478 Ermittlungsakte im Verfahren gegen E Az. 6054 Js 16472/04 Wi Staatsanwaltschaft K - EA). Soweit die E-GmbH Autos veräußerte, war E für diese Geschäfte zuständig.

2. Die F-GmbH ist mit notariellem Vertrag vom 09.12.1997 errichtet und am 03.02.1998 in das Handelsregister eingetragen worden. Gegenstand des Unternehmens war der An- und Verkauf von Fahrzeugen aller Art. Die Herren W und B hielten zunächst jeweils die Hälfte der Anteile am Stammkapital von 50.000,00 DM. Am 20.08.1998 veräußerte B seine Anteile an W und trat von seiner Funktion als Geschäftsführer zurück. Seither ist W alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer (Handelsregisterauszug, Bl. 971 EA). Der Sitz der Gesellschaft sollte nach den Angaben der Gesellschaft sich in A, T-Straße befinden.

Auch W war bereits vor seiner Tätigkeit für die F-GmbH im Autohandel aktiv gewesen. Er meldete zum 01.06.1997 in L, M-Straße ein Gewerbe Ankauf, Verkauf, Export und Import von Fahrzeugen jeglicher Art an. Dabei handelte es sich um eine Wohnung, die er freilich nicht nutzte, so dass er von Amts wegen zum 01.07.1997 wieder abgemeldet wurde. Dies geschah auf Veranlassung seines Vermieters, dem er die fällige Miete nicht entrichtet hatte. Unter seiner angeblichen Wohnanschrift in Belgien war W seit dem 27.01.1998 nicht mehr erreichbar. Im Streitjahr 1999 hatte er keinen festen Wohnsitz mehr. Aus dem Haftbefehl, der auf W am 06.07.1999 wegen des Haftgrunds der Flucht ausgestellt worden ist, folgt, dass "lediglich Anschriften bekannt sind, unter denen er (gemeint ist W) Briefkastenfirmen unterhält, ohne tatsächlich aufhältig zu sein. In der Bundesrepublik dürfte er sich regelmäßig in Hotels aufhalten" (Bl. 990 EA). Am 13.09.1999 wurde W verhaftet.

Die F-GmbH gab seit ihrer Gründung trotz Aufforderungen durch das Finanzamt A keine Voranmeldungen ab. Daraufhin ordnete das Finanzamt A eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung an. Die Zustellung unter der Adresse "T-Straße" schlug fehl; das Finanzamt stellte fest, dass unter dieser Adresse nur ein Büroservice-Unternehmen ansässig war. Nach einer Rückfrage beim Amtsgericht - Handelsregister - brachte das Finanzamt in Erfahrung, dass die F-GmbH unter der Adresse "D-Straße" erreichbar sei. Mit weiterer Prüfungsanordnung vom 14.08.1998 ordnete es auf den 24.08.1998 erneut eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung an und bezeichnete die bereit zu haltenden Geschäftsunterlagen im Einzelnen. Der Prüfer stellte fest, dass an der angegebenen Adresse ein Büroservice "Büro-Kontor R" tätig war. Frau R erklärte gegenüber dem Prüfer, sie sei seit dem 15.07.1998 für die F-GmbH tätig gewesen, und zwar im Rahmen eines Telefondienstes. Sie habe W von der Prüfung in Kenntnis gesetzt, habe aber weder Unterlegen erhalten noch seien ihr Weisungen erteilt worden (Vernehmung vom 18.04.2000, Bl. 1023 f. EA). Weiterhin stellte der Prüfer fest, dass die F-GmbH über keine Büroräume verfügte, in denen Geschäftsunterlagen und Gelder hätten aufbewahrt oder Kunden hätten empfangen werden können. Stellplätze oder Ausstellungsräume für Fahrzeuge waren nicht vorhanden. W oder B konnten nach Auskunft der Frau R nur über eine Mobilfunknummer erreicht werden. Der Versuch des Prüfers, über diese Nummer Kontakt mit W oder B aufzunehmen, scheiterte, obwohl der Prüfer eine Nachricht auf der Mailbox hinterließ. Am 09.09.1999 erließ das Finanzamt wiederum eine Prüfungsanordnung, in der es den Prüfungsbeginn auf den 24.09.1999 festsetzte. Weder W noch B nahmen den Termin wahr oder stellten Unterlagen zur Prüfung bereit. Eine Erläuterung hierzu gab W nicht ab (Aktenvermerk des Prüfers vom 24.08.1998, Bl. 983 EA, Schreiben des Finanzamtes A vom 15.09.1998, Bl. 981 f EA und Prüfungsbericht vom 15.10.1999, Bl. 1113 f EA).

3. Darüber hinaus hatten die W und B weitere Firmen in Holland und Portugal, die sie entweder über Mittelsmänner beherrschten oder deren Inhaber sie direkt selbst waren. Hierbei handelte es sich um die Firma SM in E/Niederlanden und die Firma Z auf Madeira/Portugal.

a) Der SM, die in Holland unter der Anschrift eines Büroservices erreichbar gewesen war, war bereits zum 03.07.1998 ihre USt.Id.Nr. entzogen worden, nachdem sie ihren steuerlichen Pflichten nicht mehr nachgekommen war. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung und ihr folgend nach den Feststellungen im Beschluss des FG Düsseldorf 15.10.1999 im Verfahren eines Abnehmers der F-GmbH (5 V 2815/99) handelte es sich um eine Scheinfirma ohne Geschäftssitz (Bl. 1006 f., dort S. 9 bis 11).

b) Die Firma Z ihrerseits wurde am 18.05.1998 in Madeira gegründet. Gesellschafter waren ausländische Firmen, deren Geschäftsführer dem W und B Vollmachten erteilt hatten, so dass diese wie "wahre Besitzer" auftreten konnten (vgl. Auskunft des portugiesischen Finanzministeriums vom 03.08.1999, Bl. 1002 EA). Sie verfügte im Streitjahr 1999 über eine gültige USt.Id.Nr. Die Geschäftsführer hatten über die Geschäfte, die W und B unter dem Namen der Z betrieben hatten, keine Kenntnis gehabt. Nach Angabe des W in seiner Vernehmung war Auslöser der Gründung der Z die strafrechtlichen Ermittlungen der holländischen Finanz- und Polizeibehörden - Fiod - gegenüber der SM und ihn und der Verlust der USt.Id.Nr. der SM. Nach einer Mitteilung des BKA Wiesbaden vom 10.06.1999 (Bl. 984 EA) wurde der SM zum 03.07.1998 die USt.Id.Nr. entzogen und die Firma aufgelöst. Darauf hin bat die SM (d.h. W) einen inländischen "Rechnungsabnehmer" (den Antragsteller aus dem genannten Beschluss des FG Düsseldorf), der einen innergemeinschaftliche Lieferung vortäuschen wollte, die von SM erteilten Rechnungen ab dem 03.07.1998 zu stornieren und abzuwarten, bis die Z neue Rechnungen über die innergemeinschaftliche Lieferungen der Fahrzeuge erteilen werde, für die bisher die SM die Rechnungen gefertigt habe (vgl. Feststellungen im o.g. Beschluss des FG Düsseldorf, Bl. 1006 f EA).

4. W ist durch Urteil des Landgerichts Stade vom 06.03.2000 Az. 12 KLs 131 Js 20264/98 (Bl. 93 - 106 EA) rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden, da er Rechnungen der F-GmbH ausgestellt hatte, ohne dass den Rechnungen tatsächliche Lieferungen von Fahrzeugen zugrunde lagen. Die Lieferungen, die Gegenstand der Verurteilung waren, sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Allerdings stellte das Landgericht fest, dass die F-GmbH (ebenso wie die Einzelfirma F Cars des W) ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden war, als Rechnungsaussteller zu fungieren und die tatsächlichen Lieferungen zu verdecken. Die Umsatzsteuer aus den von ihr ausgestellten Rechnungen hat die F-GmbH nie bezahlt. Gegen B ist noch ein Strafverfahren anhängig. Er konnte sich aber bis jetzt seiner Festnahme entziehen.

5. E hatte bereits vor dem Streitjahr 1999 mit B und W geschäftlichen und privaten Kontakt. So existiert eine Rechnung der Einzelfirma des W (F Cars) vom 11.07.1997 über einen Verkauf eines Porsche, den E wiederum an die SM (Firma des W und B) mit Rechnung vom 17.11.1997 steuerbefreit als innergemeinschaftliche Lieferung veräußerte (Bl. 1111, 986, 987 EA). Außerdem stellte die Steuerfahndung Kaiserslautern fest, dass auch die Firma ASC GmbH während des Jahres 1998 und im ersten Quartal 1999 Fahrzeuggeschäfte mit der F-GmbH getätigt hatte (vgl. Aufstellung der Lieferungen der F-GmbH, Bl. 252 f. EA). Hierbei handelte es überwiegend um Fahrzeuge, die unter Anwendung des § 25 a UStG nach Frankreich veräußert wurden. Hierbei traten Ungereimtheiten auf, die u.a. Gegenstand eines Auskunftsersuchen der französischen Botschaft waren (Bl. 242 f. EA sowie Aktenvermerk der Steuerfahndung vom 25.04.2004, Bl. 311 f. EA). Anschließend trat nur noch die Klägerin als "Abnehmer" der F-GmbH auf.

W gab an, dass er und B bereits vor dem Streitjahr 1999 mit E freundschaftlich verbunden gewesen seien und E sie beide in ihrer Wohnung in Belgien besucht habe. Dies folgt aus seiner Befragung vom 27.11.2000 und seiner Vernehmung vom 22.10.2002, in denen er auf das freundschaftliche Verhältnis und die Tatsache des Besuches in Belgien hinwies (Bl. 153 f. und Bl. 329 f. EA).

II.

Im Streitjahr 1999 nahm die Klägerin aus Rechnungen der F-GmbH Vorsteuern in Höhe von 388.285 EUR (759.420 DM) in Anspruch. Die am 13.07.2000 eingereichte Umsatzsteuererklärung für 1999 galt als Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 168 AO.

Mit Schreiben vom 22.04.2005 leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Beklagten das Strafverfahren gegen den Geschäftsführer E der Klägerin wegen vorsätzlicher Verkürzung von Umsatzsteuer der Jahre 1999 und 2000 zugunsten der Klägerin ein. Die vorläufigen Ergebnisse der bei der Klägerin durchgeführten Steuerfahndungsprüfung sind im Zwischenbericht vom 28.11.2005 (Bl. 5 - 9 Steufa-Akte) dargestellt. Die von der F-GmbH erworbenen Fahrzeuge ergeben sich aus der Auflistung Bl. 1159/1160 EA.

Der überwiegende Teil der von der F-GmbH erworbenen Fahrzeuge war zuvor von W, bzw. B beim PZC erworben worden, wobei diese als Erwerber und Rechnungsempfänger die in Portugal ansässige Firma Z angaben (Liste der vom PZC an Z gelieferten Fahrzeuge Bl. 875 Akte StA KL; Rechnungen des PZC an Z Bl. 1161 - 1183 EA, s. auch Feststellungen in dem noch nicht rechtskräftigen Strafurteil des LG Chemnitz gegen den Geschäftsführer des PZC G, Az.: 4 Ns 930 Js 16910/06, Bl. 242 - 274 FG-Akte). Das PZC berechnete diese Fahrzeuge an Z ohne Mehrwertsteuerausweis unter Verwendung der USt-Id-Nr. PC 511105410 der Z.

Nach den Feststellungen der Steuerfahndung wurden die vom PZC stammenden Fahrzeuge, die die F-GmbH an die Klägerin berechnet hatte, vom PZC zwar an Z berechnet, jedoch - soweit sie nicht von B oder W selbst abgeholt wurden - direkt an den Sitz der Klägerin in K ausgeliefert. Die Fahrzeuge wurden dabei teils von dem Fahrer der Klägerin Le in C abgeholt, teils wurden sie von vom PZC beauftragten Fahrern von C oder direkt vom Hersteller nach K gebracht (vgl. S. 4/5 des Urteils des LG Chemnitz, Bl. 249/250 FG-Akte).

Die Fahrzeuglieferungen des PZC an Z wurden von dem für das PZC zuständigen Finanzamt als steuerpflichtig behandelt; aufgrund der daraus resultierenden Steuernachforderungen musste die Fa. PZC Insolvenz anmelden.

Die Staatsanwaltschaft K hat das Ermittlungsverfahren gegen E ausgesetzt bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Klageverfahrens (Bl. 60 FG-Akte).

Mit Änderungsbescheid vom 16.12.2005 wertete der Beklagte den Zwischenbericht aus und kürzte die Vorsteuern um 388.285 EUR. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25.04.2006 als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 33 f. Rb-Akte).

III.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, das "Geschäftsmodell" der F-GmbH habe offenbar darin bestanden, dass deren Geschäftsführer W sich als Vertreter der ausländischen Firmen Z (Portugal) und SM (Niederlande) ausgegeben habe und bei Fahrzeughändlern in Deutschland als ausländischer Abnehmer Fahrzeuge umsatzsteuerbefreit erworben habe. Diese Fahrzeuge seien dann Händlern in Deutschland - wie der Klägerin - angeboten und unter Ausweis von Umsatzsteuer verkauft worden. Die Umsatzsteuer, die die F-GmbH weder angemeldet noch abgeführt habe, sei deren "Gewinn" gewesen.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG könne ein Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen für sein Unternehmen als Vorsteuer abziehen. Art. 17 der 6. EG-Richtlinie bestimme, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entstehe, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entstehe. Eine Lieferung im Sinne von § 3 UStG liege vor, wenn der Unternehmer einem anderen Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschaffe. Nach Art. 5 der 6. EG-Richtlinie gelte als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

Die Klägerin habe über Rechnungen der F-GmbH mit Ausweis von Umsatzsteuer verfügt, die nach diesen Grundsätzen zum Vorsteuerabzug berechtigten.

Die F-GmbH sei keine Scheinfirma; sie habe vielmehr am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Sie habe real existiert und sei im Handelsregister des Amtsgerichts Aachen unter der Nr. HRB 7150 eingetragen gewesen. Sie habe unstreitig in erheblichem Umfang Fahrzeuge verkauft und sei damit Unternehmer. Allein der Umstand, dass sie die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht abgeführt habe, mache sie nicht zur Scheinfirma.

Die den Rechnungen zugrunde liegenden Lieferungen seien tatsächlich ausgeführt worden. Die Fahrzeuge hätten real existiert und seien per Einigung und Übergabe in das Eigentum der Klägerin übergegangen. Im Gegenzug habe die Klägerin den Kaufpreis entrichtet. Es habe also ein tatsächlicher Leistungsaustausch stattgefunden. Unerheblich sei, dass in einigen Fällen die Fahrzeuge nicht direkt von der Verkäuferin übergeben, sondern der Klägerin von dritter Seite übergeben worden seien. Ebenso sei unbeachtlich, dass die Klägerin den Kaufpreis nicht direkt an die F-GmbH entrichtet, sondern Dritten mit Empfangsvollmacht übergeben habe. Derartige Konstellationen seien im Geschäftsverkehr - gerade im Autohandel - üblich; die Bestimmungen des BGB (§§ 164, 929 ff.) sähen diese Art der Geschäftsabwicklung ausdrücklich vor.

Der überwiegende Teil der Fahrzeuge sei durch den Fahrer Le mit Scheck oder bar an W bezahlt worden; im Gegenzug habe Herr Le die Fahrzeuge und die Fahrzeugbriefe in Empfang genommen. Dies habe häufig in den Geschäftsräumen des PZC stattgefunden. Herr Le sei aber auch am Sitz der F-GmbH in A gewesen, wo er von einer Empfangsdame begrüßt worden sei, die auch für Post und Telefonate zuständig gewesen sei.

Allein durch die Behauptung des Geschäftsführers W der F-GmbH werde diese nicht zu einer Scheinfirma.

Es liege auch kein Scheinsitz vor. Selbst wenn sich am Sitz der F-GmbH lediglich ein Büroservice-Unternehmen befunden habe, sei dieser Sitz nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 27.06.1996 - V R 51/93) anzuerkennen, denn Post- und Telefonverkehr habe von diesem Sitz aus stattgefunden. Auch der Beklagte räume ein, dass ein Bürodienstleister für die F-GmbH Anrufe und Post entgegen genommen habe. Es stelle sich die Frage, wofür diese Dienstleistungen erforderlich gewesen wären, wenn dort nichts abgewickelt worden wäre. Dass die Kaufverträge andernorts abgewickelt worden seien, sei irrelevant. Es sei branchenüblich, dass Fahrzeuge telefonisch oder im Internet bestellt würden und die Übergabe an einem anderen Ort als dem Firmensitz erfolge.

Dass die F-GmbH sich dem Zugriff der Finanzbehörden entzogen habe, stehe nach dieser BFH-Rechtsprechung dem Vorsteuerabzug nicht entgegen. In gleicher Weise habe sich auch der EuGH geäußert (Urteile vom 12.01.2006 Rs. C-354/03 Optigen und vom 12.01.2006 C-439/04 und C-440/04 Kittel und Recolta Recycling SPRL). Danach bestehe das Recht auf Vorsteuerabzug auch dann, wenn in der Lieferkette ein Umsatz mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sei.

Falls die F-GmbH tatsächlich eine Scheinfirma sein sollte, könne nachgewiesen werden, dass die Klägerin und ihr Geschäftsführer davon keine Kenntnis gehabt hätten. Der Geschäftsführer der Klägerin E habe sich über alle formellen Daten der F-GmbH informiert und entsprechende Belege gesammelt. Er habe einen Handelsregister-Auszug zum 06.10.1999 und eine Bestätigung der F-GmbH über die ordnungsgemäße umsatzsteuerliche Handhabung angefordert. Letztere habe die F-GmbH am 01.04.1999 erteilt (Bl. 368 EA).

Soweit der Beklagte sich auf die Aussage des W vom 22.10.2002 stütze, habe dieser ausgesagt, dass aus seiner Sicht E nicht gewusst habe, "was dahinter steckt" (Bl. 330 EA). W habe weiter geäußert, dass er den Eindruck habe, "dass E saubere Geschäfte machen wollte" (Bl. 331 EA). Im Übrigen sei das Geständnis des W ohne Präjudiz, da in Strafverfahren häufig Geständnisse abgelegt würden um strafmildernde Umstände zu erzielen.

Im Oktober 1999 und März 2000 seien bei der Klägerin Umsatzsteuer-Sonderprüfungen durchgeführt worden, die im Hinblick auf die streitigen Vorsteuern nicht zu Beanstandungen geführt hätten. Vielmehr sei festgestellt worden, dass die Buchnachweise vollständig erbracht und die Vorsteuern nicht zu beanstanden seien. Zu diesem Zeitpunkt habe W sich bereits in Untersuchungshaft befunden. Die zweite Prüfung sei sogar erst nach Verkündung des Strafurteils des LG Stade vom 06.03.2000 (Bl. 62 EA) abgeschlossen worden.

Gegen die Annahme eines kollusiven Zusammenwirkens spreche auch die Tatsache, - wie sich aus der Anklageschrift (Bl. 65 EA) ergebe - dass W auch mit anderen Firmen Verkaufsgeschäfte getätigt habe.

Dem Strafurteil gegen W sei ein Vorwurf in Verbindung mit den Geschäften mit der Klägerin nicht zu entnehmen. Dagegen enthalte das Urteil die Feststellungen, dass W die F-GmbH zusammen mit einem Herrn K gegründet habe und dass zwar tatsächliche Geschäfte zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger nicht stattgefunden hätten, mit der Klägerin dagegen schon.

Die Klägerin habe mit den am Umsatzsteuer-Karussell beteiligten Firmen Z und SM keinerlei Geschäfte getätigt. Daraus werde deutlich, dass sie an dem Karussell nicht beteiligt sei.

Die Klägerin habe auch nach der Verhaftung des W Geschäfte getätigt. Daraus werde deutlich, dass sie keine Kenntnis von strafrechtlich relevanten Vorgängen gehabt habe, denn sonst hätte sie die Geschäftsverbindung unverzüglich abgebrochen. Die Preise hätten jedenfalls nicht als Motiv für das Weiterbestehen der Geschäftsverbindung dienen können.

Soweit der Beklagte in der Einspruchsentscheidung darauf abstelle, dass E zusammen mit W bei Herrn Li vom PZC vorstellig geworden sei, sei der daraus gezogene Schluss, E habe von dem Betrugsmodell gewusst, rein spekulativ und falsch. Vielmehr habe E - auch um günstigere Preise zu erzielen - einen direkten Geschäftskontakt mit Li herstellen wollen, was jedoch gescheitert sei, weil dieser seinen Kunden W nicht habe verprellen wollen. Herr Le sei bei den Versuchen des E, mit Li direkt Geschäfte abzuschließen, dabei gewesen. Der Versuch einer direkten Geschäftsbeziehung mit dem PZC mache keinen Sinn, wenn man unterstelle, dass E an den Betrügereien mitgewirkt habe.

Gezielte Nachforschungen aufgrund der Preisgestaltung hätten sich nicht aufgedrängt, da Angebote von anderen Personen sich im gleichen Preisrahmen bewegt hätten. Dass die Preise nicht besonders günstig gewesen seien, werde auch dadurch belegt, dass E versucht habe, durch Aufnahme einer direkten Geschäftsbeziehung mit Li bessere Preise zu erzielen.

Der Beklagte stütze sich hauptsächlich auf die Aussagen von W und Li. Soweit Li den E als Hauptbeteiligten des Betrugsmodells dargestellt habe, sei dies aber nicht zutreffend, da E keine Kenntnis von den ausländischen Firmen gehabt habe. Die Klägerin habe lediglich regulär Fahrzeuge für den Wiederverkauf erworben. Einzig die F-GmbH habe Vorteile aus dem Betrugsmodell gehabt, nicht aber die Klägerin. Wie aus der Vernehmung des B vom 13.09.2004 (Bl. 739 - 750) hervor gehe, seien die Geschäfte von Li eingefädelt worden. B erwähne E nicht, was belege, dass er nur ein Kunde gewesen sei, der von den betrügerischen Machenschaften nichts gewusst habe. Gleiches gelte im Übrigen für den weiteren Geschäftsführer der Klägerin Wo.

Bestritten werde, dass Herr Le im Auftrag der Fa. Z Fahrzeuge bestellt und abgeholt habe. Dies mache auch keinen Sinn.

Der Geschäftsführer G des PZC sei im Übrigen trotz seiner Kenntnisse von den Geschäften der F-GmbH einschließlich der Auslandsgeschäfte vom Amtsgericht vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochen worden, aus der Sicht der Klägerin völlig zu Recht. Aus der Strafakte des Amtsgerichts Chemnitz (Az. 10 LS 930 JS 16910/06) seien keine Tatbestände, in die die Klägerin verwickelt sei, ersichtlich; daraus gehe hervor, dass die Klägerin beliebig mit anderen Käufern austauschbar gewesen sei. Das Gleiche gelte auch für das Strafverfahren gegen Li (Aktenzeichen des AG Chemnitz 10 LS 930 JS 9475/03, Bl. 275 - 279 FG-Akte). Auch das Urteil des LG Stade in dem Strafverfahren gegen W (Az. 12 KLS 131 JS 20264/98) beruhe ausschließlich auf Sachverhalten ohne Beteiligung der Klägerin.

Ergänzend wird auf die Klagebegründung vom 07.08.2006 (Bl. 21 - 27 FG-Akte) und den Schriftsatz vom 30.11.2006 (Bl. 46 - 52 FG-Akte) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 16. Dezember 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. April 2006 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Vorsteuern von 759.420,00 DM zum Abzug zugelassen werden,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend zu seinen Ausführungen in der Einspruchsentscheidung trägt er vor, die Rechnungen der F-GmbH genügten den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht, da diese Gesellschaft nur über einen Scheinsitz verfügt habe. Nach Auskunft der Steuerfahndungsstelle A vom 08.05.2000 seien bei einer beabsichtigten Durchsuchung an der Sitzadresse der F-GmbH keinerlei Räumlichkeiten oder Geschäftsunterlagen vorgefunden worden. Nach dem Bericht der Steuerfahndungsstelle A seien sämtliche Geschäfte durch die beiden Gesellschafter der F-GmbH, W und B, persönlich jeweils vor Ort, telefonisch per Mobiltelefon oder von Belgien oder den Niederlanden aus abgewickelt worden. In Aachen habe keine geschäftliche Aktivität stattgefunden. An der Sitzadresse sei nur ein Bürodienstleiter tätig gewesen, der Post und Anrufe entgegen genommen habe.

Die Ermittlungen der Steuerfahndung A gingen einher mit dem Geständnis des W, nach dem die F-GmbH ausschließlich gegründet worden sei, um als Rechnungsaussteller zu fungieren (Bl. 98 EA).

Soweit die Klägerin sich auf das Urteil des BFH vom 27.06.1996 berufe, sei zu beachten, dass auch der BFH festgestellt habe, dass ein Scheinsitz anzunehmen sei, wenn am eingetragenen Firmensitz keinerlei Geschäftsleitungs- und Arbeitgeberfunktion, Behördenkontakt und Zahlungsverkehr stattfinde. Dass die F-GmbH nicht vom eingetragenen Sitz aus agiert habe, habe W am 22.10.2002 explizit bestätigt (Bl. 38 EA).

Auch die Art und Weise, wie die Verkäufe abgewickelt worden seien, sei keineswegs branchentypisch und spreche für die wirtschaftliche Inaktivität der F-GmbH. Die Abwicklung an anderen Orten unter Bar- oder Scheckzahlung sei gerade Anzeichen gegen das Unterhalten eines Geschäftssitzes.

Die Klägerin habe auch Kenntnis von dem betrügerischen Vorgehen der F-GmbH gehabt.

Die F-GmbH habe die von der Klägerin bezogenen Fahrzeuge überwiegend vom PZC erworben (Bl. 8/9 Fahndungsakte). Der ehemalige Angestellte Li des PZC habe in seiner Vernehmung am 27.04.2005 (Bl. 899 - 904 EA) ausgesagt, dass E mehrmals gemeinsam mit W und dem weiteren Gesellschafter der F-GmbH, Herrn B, in C erschienen sei. Dabei sei auch darüber gesprochen worden, dass die Fahrzeuge nicht an die F-GmbH veräußert würden, sondern an die Firmen Z und SM. Bei letzterem habe es sich um ein Einzelunternehmen des W gehandelt, das nach den Feststellungen der niederländischen Finanzverwaltung keinerlei geschäftliche Aktivitäten entfaltet habe. An der Z seien W und B über zwischengeschaltete Unternehmen in Luxemburg und Belgien beteiligt. Das Unternehmen sei in Portugal zwar unternehmerisch tätig, Fahrzeuggeschäfte seien jedoch nach Aussage der dortigen Geschäftsführer zu keinem Zeitpunkt abgewickelt worden. Faktisch seien nie Fahrzeuge nach Portugal und die Niederlande geliefert worden. Die Unternehmen hätten lediglich der Ermöglichung steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen gedient. Die F-GmbH habe die "Weiterlieferung" an inländische Abnehmer übernommen.

Auch nach der Verhaftung des W habe die Klägerin weiter Fahrzeuge erworben, wobei die Verhandlungen unmittelbar zwischen E und Li stattgefunden hätten. Die Rechnungen seien durch B erstellt worden. Wenn die Klägerin, die durch den Betrug die Möglichkeit gehabt habe, die Fahrzeuge besonders günstig zu erwerben, von dem betrügerischen Vorgehen keine Kenntnis gehabt hätte, hätte E auf die Einschaltung der F-GmbH verzichten und die Fahrzeuge direkt vom PZC erwerben können. Dass sie dies nicht getan habe, belege, dass es ihr nicht nur darauf angekommen sei, eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis von der F-GmbH zu erhalten, sondern auch einen besonders geringen Netto-Kaufpreis zu erzielen. Dass die Preise unter den marktüblichen gelegen hätten, belege das Beispiel eines Porsche 996 (S. 3 des Schriftsatzes des Beklagten vom 18.01.2007, Bl. 56 FG-Akte). Als Marktpreise könnten nur die vom PZC fakturierten Beträge angesehen werden.

Die weitere Abwicklung der Geschäfte über die F-GmbH nach der Inhaftierung des W sei im Hinblick auf bereits bestellte Fahrzeuge erforderlich gewesen; die Geschäftsbeziehung habe nicht ohne weiteres beendet werden können.

Nach Aussage des Zeugen G vom PZC (Bl. 912 EA) sei der Fahrer der Klägerin Herr Le als bevollmächtigter Fahrer der Firma Z vorgestellt worden. Auch wenn es darum gegangen sei, die Bargeldzahlungen gegenüber den Autohändlern zu bestätigen, habe Herr Le im Auftrag der Firma Z unterschrieben (Bl. 1056 u. 1070 EA). Die Klägerin habe also gewusst, dass die Fahrzeuge nicht an die F-GmbH veräußert worden seien und dass tatsächlich kein Verbringen in einen anderen Mitgliedsstaat stattgefunden habe.

Anlässlich einer Befragung am 27.11.2000 (Bl. 153 EA) habe W außerdem zu verstehen gegeben, dass zwischen ihm und E auch eine persönliche Beziehung bestanden habe. Somit habe E gewusst, dass die F-GmbH keinen Autohandel betrieben habe.

Die Aussage des W, dem E sei es auf "saubere Geschäfte" angekommen, sei vor dem Hintergrund zu verstehen, dass die Umsätze der Klägerin geprüft würden und deshalb die Belege in formeller Hinsicht in Ordnung sein müssten.

Hinsichtlich der streitigen Eingangsumsätze der Klägerin habe W ausgeführt, dass E gewusst habe, wo die Fahrzeuge eingekauft werden sollten, bzw. angeboten worden seien. W sei dann beauftragt worden, die entsprechenden Rechnungen im Namen der F-GmbH zu fertigen. Der Klägerin sei es also ausschließlich darauf angekommen, eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis von der F-GmbH zu erhalten. Die weitere Abwicklung des Erwerbs sei von der Klägerin in eigener Regie vorgenommen worden.

Auch das Zahlungsverhalten der Klägerin spreche für deren Kenntnis von der Zwischenschaltung der wirtschaftlich inaktiven F-GmbH. Bis zur Verhaftung des W sei - zumindest was das PZC betreffe - der Nettobetrag aus der Rechnung des PZC an Z, bzw. SM bezahlt worden. Danach habe die Klägerin den Bruttobetrag aus der Rechnung der F-GmbH ihr gegenüber gezahlt. Das PZC habe also einen höheren Kaufpreis erhalten, als ihm zugestanden habe. Vom zuständigen Verkäufer sei der Mehrbetrag dazu verwendet worden, um B für die Rechnungsausstellung zu entlohnen. Vor der Verhaftung des W sei dies zwischen W und E geregelt worden (Bl. 154 EA). Das kriminelle Mitwirken der Klägerin sei von W gegenüber dem Fahnder am 07.09.2000 auch telefonisch bestätigt worden (Bl. 123 EA).

Dass der Klägerin die Scheintätigkeit der F-GmbH bekannt gewesen sei, folge auch daraus, dass zu keinem Zeitpunkt Geschäfte am angeblichen Unternehmenssitz durchgeführt worden seien und außerdem die Geschäfte entweder bar oder mittels Scheck abgewickelt worden seien. Die Rechnungen der F-GmbH hätten auch keine Kontoangaben enthalten (Bl. 125 EA).

Nicht zuletzt spreche der Umstand, dass die Klägerin die Preise der Vorlieferanten gekannt habe, dafür, dass sie mit W einvernehmlich vorgegangen sei. So hätte die nicht unerhebliche Preisdifferenz Anlass zu Bedenken geben müssen. Dessen ungeachtet hätten sich auch die von der F-GmbH berechneten Preise unter den marktüblichen bewegt. Dies hätte der Klägerin auffällig erscheinen und diese zu Nachforschungen bewegen müssen.

Dass Umsatzsteuer-Sonderprüfungen den Sachverhalt nicht aufgedeckt hätten, läge in der Natur derartiger Betrugssysteme, da diese stets den Überprüfungen der formellen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs standhielten.

Auch aus den Bestimmungen der 6. EG-Richtlinie ergebe sich keine andere Beurteilung. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 11.05.2006 C-384/04 - FTI - , UR 2006, 410 ) müssten zwar Wirtschaftsteilnehmer, die alle Maßnahmen treffen, die vernünftigerweise von ihnen verlangt werden können, um sicherzustellen, dass ihre Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind, auf die Rechtmäßigkeit dieser Umsätze vertrauen können, ohne Gefahr zu laufen, ihr Recht auf Vorsteuerabzug zu verlieren. Stelle sich hingegen - wie im Streitfall - heraus, dass das Recht auf Vorsteuerabzug in betrügerischer Weise ausgeübt worden sei, so sei die Finanzverwaltung befugt, die Rückzahlung der abgezogenen Beträge zu verlangen. Der Vorsteuerabzug sei ferner dann zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststehe, dass der Steuerpflichtige gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt habe, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen gewesen sei; dies gelte auch dann, wenn der fragliche Umsatz den objektiven Kriterien genüge, auf denen die Begriffe der Lieferung von Gegenständen und der wirtschaftlichen Tätigkeit beruhten (EuGH-Urteil vom 06.07.2006 C-439/04 und C-440/04, Axel Kittel und Recolta Recycling, UR 2006, 594).

Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 27.09.2006 (Bl. 31 - 37 FG-Akte) und vom 18.01.2007 (Bl. 54 - 57 FG-Akte) Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle vom 27.08.2007 (Bl.188 - 195 FG-Akte) und vom 29.11.2007 (Bl. 315 - 323 FG-Akte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der F-GmbH ist zu Recht versagt worden.

I.

Gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer folgende Vorsteuerbeträge abziehen: "Die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind".

Im Streitfall fehlt das Tatbestandmerkmal "Rechnung eines ... anderen Unternehmers", da die Klägerin die Unternehmereigenschaft der vorgeblichen Lieferantin F-GmbH mangels deren Sitzes nicht nachweisen kann. Die F-GmbH ist kein Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 UStG.

1. Im Hinblick auf den sog. Sofortabzug der Vorsteuer nach Empfang (der Leistung und) der Rechnung muss das Tatbestandsmerkmal der Leistung eines anderen Unternehmers durch die Finanzverwaltung anhand dieser Rechnung nachprüfbar sein. Bezüglich des Zeitraums der Durchführung der zivilrechtlichen Leistungsvereinbarungen trägt der Leistungsempfänger die Feststellungslast für die Erfüllung der vorbezeichneten Voraussetzung. Denn insoweit besteht eine Obliegenheit des Leistungsempfängers, sich über die Richtigkeit der Geschäftsdaten (Anschrift, Firma, Rechtsform u.Ä.) zu vergewissern. Da bei einer eingetragenen juristischen Person (hier: GmbH) deren angegebener Sitz grundsätzlich maßgebend ist - wobei nach den Umständen des Einzelfalls auch ein "Briefkasten-Sitz" mit postalischer Erreichbarkeit der Gesellschaft ausreichen kann -, bedarf es besonderer, detaillierter Feststellungen der Steuerbehörde zur Annahme eines "Scheinsitzes", um Sitz und Unternehmereigenschaft der Gesellschaft entfallen lassen zu können. Anhaltspunkte dafür können sich dann ergeben, wenn am eingetragenen Firmensitz keinerlei Geschäftsleitungs- und Arbeitgeberfunktion, Behördenkontakt und Zahlungsverkehr stattfindet (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.1996 V R 51/93, BStBl. II 1996, 620). An dieser Rechtsprechung hat der BFH festgehalten (vgl. BFH-Beschluss vom 04.02.2003, V B 81/02, BFH/NV 2003, 670; BFH-Urteil vom 19.04.2007 V R 48/04, BFH/NV 2007, 2035 unter C. 1. a) der Gründe).

2. Nach welchen rechtlichen Grundlagen der "Sitz" einer Gesellschaft umsatzsteuerrechtlich zu bestimmen ist, hat diese Rechtsprechung offen gelassen. Der Senat ist der Auffassung, dass sich die Bestimmung an gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen auszurichten hat (vgl. auch BFH-Urteil vom 22.05.2003 V R 97/01, BStBl. II 2003, 819 unter II. 1 b) der Gründe). Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 28.06.2007 (C-73/06 - Planzer -, UR 2007, 654 auf Vorlagebeschluss des FG Köln vom 19.01.2006 - 2 K 5044/03, EFG 2006, 612) ausgeführt, dass der Steuerpflichtige sich nicht missbräuchlich auf Normen des Gemeinschaftsrechts berufen darf und deshalb der behauptete Sitz einer Gesellschaft auch der wirtschaftlichen Realität entsprechen muss (Planzer, Rn. 43, 44, 45). Entsprechend hat er den Begriff des "Sitzes einer wirtschaftlichen Tätigkeit" und den einer "festen Niederlassung" einer Gesellschaft ausgelegt, (wobei im Streitfall Art. 3 Buchst. b und Art. 9 der 8. Richtlinie 79/1072/EWG und Art. 1 Nr. 1 der 13. Richtlinie 86/560/EWG zu beurteilen waren). Danach verlangt der Niederlassungsbegriff einen Mindestbestand an Mitteln, der durch das ständige Zusammenwirken der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildet wird. Die Niederlassung ist somit durch eine gewisse Beständigkeit und eine Struktur geprägt, die eine autonome Erbringung der Dienstleistungen ermöglicht; Hilfs- oder vorbereitende Tätigkeiten reichen dazu nicht aus. Hierbei ist auf die Art der Tätigkeit der Gesellschaft abzuheben. Notwendig ist in der Regel ein Büro, in dem Verträge abgefasst und tägliche Entscheidungen getroffen werden können (Planzer, Rn. 53 bis 56). Der "Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit" einer Gesellschaft ist der Ort, an der die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung des Unternehmens getroffen und die Handlungen zu deren zentralen Verwaltung vorgenommen werden. Andere Elemente, wie z.B. der Ort, an dem Verwaltungsunterlagen erstellt oder Bücher geführt, bzw. Bank- und Finanzgeschäfte getätigt werde, können gleichfalls in Betracht gezogen werden (Planzer, Rn. 60, 61).

3. Der Senat vertritt die Auffassung, dass diese Rechtsprechung des EuGH auch im vorliegenden Fall anzuwenden ist, soweit es um die Frage geht, ob die F-GmbH zum Zeitpunkt der Lieferung und der Rechnungserstellung ihren Sitz in Aachen hatte und als leistende Unternehmerin i.S.d.. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG bzw. Art 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie 388/77/EWG anzusehen ist. Zwar befasste sich die Entscheidung des EuGH mit Vorschriften der 8. und 13. Richtlinie. Aber diese stehen in engem Zusammenhang mit Art. 17 Abs. 2 der 6. Richtlinie, der den Vorsteuerabzug bzw. die Erstattung regelt. Der Vorsteuerabzug ist von der Unternehmereigenschaft des Leistenden abhängig. Außerdem ist die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität bei der Beurteilung des Sitzes einer Gesellschaft maßgebend für das gesamte Mehrwertsteuerrecht und nicht nur für die 8. und 13. Richtlinie, wie der EuGH betont (Planzer Rn. 43). Darüber hinaus findet sich der Begriff der Niederlassung und des wirtschaftlichen Sitzes auch in Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie. Die hierzu ergangene Rechtsprechung hat der EuGH verwendet, um die gleich lautenden Begriffe der 8. und 13. Richtlinie auszulegen (vgl. Rn. 65 bis 67 des Schlussantrages der Generalanwältin in der Rechtsache C-73/06 sowie Planzer Rn. 54 f.). Dies spricht für die Annahme, dass der Begriff des Sitzes einer Gesellschaft im gemeinschaftlichen Mehrwertsteuerrecht einheitlich aufzufassen ist. Letztlich veranlasst der Gesichtspunkt des Verbots einer missbräuchlichen Ausnutzung des Gemeinschaftsrechts den EuGH, Mindestanforderungen an die wirtschaftliche Tätigkeit am behaupteten Sitz einer Gesellschaft zu stellen. Deshalb haben solche Gesellschaften, die den Mindestanforderungen nicht genügen und den sog. Briefkasten- oder Strohfirmen zuzurechnen sind, keinen Sitz an dem behaupteten Ort (Planzer, Rn. 62). Hieraus folgert der Senat, dass die EuGH-Entscheidung C-73/06 - Planzer auch für den Streitfall anzuwenden sind, da in ihr die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze zur Beurteilung des Sitzes einer Gesellschaft und damit der Unternehmereigenschaft des Lieferanten zum Zeitpunkt der Lieferung und Rechnungserstellung zusammengefasst worden sind (vgl. auch Martin, Anm. zu BFH-Urteil vom 19.04.2007 V R 48/04, BFH/PR 2007, 429). Soweit der BFH in früheren Entscheidungen sog. Briefkastenfirmen als Sitz von Gesellschaften unter bestimmten Bedingungen für ausreichend erachtete (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.1996 V R 51/93, BStBl. II 1996, 620; BFH-Beschluss vom 04.02.2003, V B 81/02, BFH/NV 2003, 670; BFH-Urteil vom 19.04.2004 V R 48/04, BFH/NV 2007), ist nach Ansicht des Senats diese Rechtsprechung durch die Entscheidung des EuGH nicht aufgehoben oder eingeschränkt, sondern lediglich gemeinschaftsrechtlich ausgeformt worden.

4. Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des vorliegenden Akteninhaltes ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass die F-GmbH im Streitjahr 1999 zum Zeitpunkt der Lieferungen und Ausstellung der Rechnungen keinen Sitz in A hatte, der ihr die Eigenschaft einer leistenden Unternehmerin nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG verleiht.

a) Aus den Erkenntnissen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung folgt, dass die F-GmbH und ihr Geschäftsführer W unter den angegebenen Sitzen "T-Straße" und D-Straße" keine Geschäftsleitungsfunktionen ausübte. Weder zum Prüfungszeitpunkt am 24.08.1998 noch bei der weiteren Umsatzsteuer-Sonderprüfung am 24.09.1999 (d.h. im Streitjahr) wurden W oder B am angeblichen Sitz der F-GmbH angetroffen. Es handelte sich bei den Sitzen auch um Adressen typischer Büroserviceunternehmen, die lediglich Hilfsdienste für die F-GmbH ausübten. Dies folgt nicht nur aus den Feststellungen der Sonderprüfer, sondern auch aus der Aussage der Inhaberin des Büroservices "R". Diese teilte den Prüfern mit, dass ihre Tätigkeit im Wesentlichen in der Entgegennahme von Telefonanrufen bestanden habe. Dabei handelte es sich nicht um Telefonate solcher Personen, deren Geschäftsverbindung mit der F-GmbH im vorliegenden Verfahren zu beurteilen ist, sondern um Interessenten, die auf Inserate der F-GmbH in der Süddeutschen Zeitung antworteten. Hieraus folgert der Senat, dass ein wesentlicher Teil der Tätigkeit der F-GmbH überhaupt nicht über den angeblichen Sitz der GmbH in A abgewickelt wurde. Die Inhaberin hatte zudem weder die Möglichkeit noch die Befugnis, weitergehende Tätigkeiten für die F-GmbH auszuführen, die über die Weiterleitung von Nachrichten an W oder B hinausgingen. W und B hielten sich nur gelegentlich und nicht zu bestimmten Terminen bei dem Büroservice auf, um die Post und die Aufzeichnungen über die Kundennachfragen entgegenzunehmen. Im Übrigen waren sie nur über eine Mobilfunknummer zu erreichen. Der Büroservice stellte der F-GmbH auch keine Räume zur Verfügung, in denen Geschäftsverhandlungen geführt, Verträge geschlossen, Abrechnungen erstellt oder sonstige Verwaltungsaufgaben hätten durchgeführt werden können. Außerdem wurden in A keinerlei Buchführungsunterlagen und sonstige Geschäftsunterlagen aufbewahrt. Dies hat Frau R in ihrer Vernehmung bestätigt. Die Sonderprüfer haben zudem anlässlich ihrer Prüfungsversuche im August 1998 und September 1999 festgestellt, dass keine Unterlagen, keine Geschäftsräume der F-GmbH und keine Anzeichen für einen PKW-Handel, wie z.B. Stellplätze, vorhanden waren. Anlässlich einer Durchsuchung des angeblichen Geschäftssitzes der F-GmbH in A durch die Steuerfahndung im Jahre 2000 wurde gleichfalls bestätigt, dass keine Büroräume, keine Unterlagen und lediglich ein Telefonanschluss vorhanden waren (Aktenvermerk vom 08.05.2000, Bl. 38 EA). Arbeitnehmer der F-GmbH sind in Aachen nicht tätig geworden; die E-GmbH beschäftigte auch keine Arbeitnehmer.

Nach den getroffenen Feststellungen ist ebenfalls auszuschließen, dass es an einem anderen Ort solche Räume oder Stellplätze gab und der Sitz des Büroservices als - noch - zulässiger Sitz der GmbH im Sinne einer "Anlaufstelle" gewertet werden könnte. Weder F noch B haben dergleichen behauptet. Gegen diese Annahme spricht auch das vorangegangene Verhalten des W. Dieser hatte bereits im Juni 1997 einen Fahrzeughandel in L angemeldet, der in einer Wohnung betrieben worden sein sollte, die W nie genutzt hatte und in der - nach Angabe des Vermieters - auch tatsächlich keine Geschäftstätigkeit ausgeübt wurde. Demgemäß ist auch eine Abmeldung von Amts wegen zum 01.06.1997 erfolgt. Unter seiner belgischen Adresse war W ebenfalls seit 28.01.1998 nicht mehr zu erreichen (vgl. Anklageschrift gegenüber W. vom 20.10.1999, Bl. 64 f. EA, Tz. II.1.). Hieraus folgert der Senat, dass W im Streitjahr sich in gleicher Weise verhalten hat wie in den Vorjahren, nämlich unter Angabe falscher oder unzutreffend gewordener Sitze seine tatsächlichen Wohn- und "Geschäftssitze" zu verheimlichen. Dies wird bestätigt durch das weitere Geschehen im Jahre 1999, wonach der Aufenthaltsort oder Geschäftssitz des Geschäftsführers W nicht ermittelt werden konnte und deshalb am 06.07.1999 ein Haftbefehl ausgestellt wurde.

b) Die Überzeugung des Senats, dass die F-GmbH keinen Sitz in A hatte, wird zudem gestützt durch die Feststellungen in der Anklageschrift vom 20.10.1999 (Tz. II.4.2) und durch das rechtskräftige, gem. § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Urteil gegenüber W vom 06.03.2000 (Bl. 93 ff. EA). Dort ist unter Seite 6 festgehalten, dass die F-GmbH ausschließlich zu dem Zweck gegründet wurde, als Rechnungsaussteller zu fungieren und sonst keinen Geschäftszweck hatte, während die Einzelfirma F. - auch - tatsächliche Geschäfte durchführte. Zwar betraf das Urteil einen anderen Tathergang, aber die Feststellung der Eigenschaft der F-GmbH als reine Rechnungsausstellerin trifft auch für den hier zu beurteilenden Sachverhalt zu, zumal das Urteil über eine fortdauernde Steuerhinterziehung in den Jahre 1997 und 1998 zu entscheiden hatte und keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass im Jahr 1999 sich die Verhältnisse der F-GmbH geändert hätten. Ist der einzige Zweck einer GmbH lediglich in der Rechnungsausstellung begründet, so ist die Annahme gerechtfertigt, dass keine Geschäftstätigkeit ausgeübt wurde und keine Mittel benötigt wurden, die nach den Grundsätzen der oben genannten Rechtsprechung einen Sitz einer GmbH ausmachen.

c) W hat auf Rechtsmittel gegen das Strafurteil verzichtet. Aus diesem Grunde können seine Aussagen zum Tathergang und zur Situation der F-GmbH herangezogen werden, die Grundlage seiner von ihm akzeptierten Verurteilung war. In seiner Vernehmung vom 22.10.2002 (Bl. 335 ff. EA) hat W bekundet, dass die F-GmbH eine bei einem Bürodienstleister angesiedelte Scheinfirma gewesen und lediglich zur Rechnungsausstellung gegründet worden sei. Seine Aussage steht in Einklang mit den sonstigen Feststellungen, die ein klares Bild von der mangelnden Sitzeigenschaft der F-GmbH geben, die weder über Geschäftsräume noch sonstige Ausstattungsmerkmale (Buchführung, Geschäftsunterlagen) verfügte. Der Inhalt seiner Vernehmung ist in der Verhandlung durch den Zeugen Steuerfahndungsprüfer Bu bestätigt worden. W selbst ist als Zeuge unerreichbar (siehe unten Ziffer II.3.).

d) Die Aussagen des Geschäftsführers der Klägerin, E, und des Zeugen Le widersprechen den Feststellungen nicht. Der Zeuge Le hat lediglich ausgesagt, dass er anlässlich eines Besuchs in A zwei Damen angetroffen habe, von denen er den Eindruck gewonnen habe, dass sie bei der F-GmbH angestellt seien. Dieser Eindruck lässt sich mit der Tatsache erklären, dass es sich um ein Büroserviceunternehmen handelte, dessen Inhaberin und deren Angestellte Hilfstätigkeiten für die F-GmbH ausführten und beim Besuch des Zeugen anwesend waren. E hat in seiner Vernehmung vom 29.08.2000 ausgesagt (Bl. 1037 EA), dass ihm kein Büro gezeigt worden sei. Dies ist zutreffend, da kein Büro der F-GmbH bestand. Die angebliche Äußerung der Frau R gegenüber E, dass die F-GmbH "kaufmännisch tätig" gewesen sei, gibt lediglich deren allgemeine Einschätzung wieder, sagt allerdings nichts darüber aus, was Grundlage ihrer Einschätzung war. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang vielmehr ihre Aussage vom 18.04.2000, deren Inhalt allerdings die Annahme bestätigt, dass die F-GmbH in Aachen gerade keinen Sitz hatte.

5. Die Klägerin hat behauptet, ihrem Geschäftführer E seien die Umstände, welche die fehlende Sitzeigenschaft der F-GmbH begründen, nicht bekannt gewesen; sie habe im guten Glauben an die Unternehmereigenschaft der F-GmbH die Umsätze getätigt und den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen geltend gemacht.

Der BFH vertritt die Auffassung, dass es keinen guten Glauben an die Unternehmereigenschaft des inländischen Lieferanten gibt (vgl. BFH-Urteil vom 01.02.2001 V R 6/00, BFH/NV 2001, 941 m.w.N. zur Rspr.; Heidner in Bunjes/Geist UStG, 8. Aufl. § 15, Rnr. 18) und der Einwand, gutgläubig gewesen zu sein, nur im Rahmen eines Billigkeitsverfahrens zu überprüfen ist (vgl. Abschn. 202 UStR 2005; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, § 15 Rnr. 85 f). Strittig ist freilich nunmehr, ob wegen der Rechtsprechung des EuGH der gute Glauben an das Vorliegen von die Unternehmereigenschaft begründenden Tatsachen ausnahmsweise der Vorsteuerabzug ermöglicht und bereits im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH-Urteil vom 06.07.2006 C-439/04 und C-440/04, Kittel und Recolta, UR, 2006, 594; Urteile des FG Köln vom 06.12.2006 und 19.12.2006, 4 K 1354/02 und 6 K 84/02, EFG 2007, 558 f. mit Anm. Fumi), Die Beantwortung der Rechtsfrage kann dahinstehen, weil der Senat die Überzeugung gewonnen hat, dass der Geschäftsführer der Klägerin Kenntnis von den näheren Umständen hinsichtlich des fehlenden Sitzes der F-GmbH hatte, er also nicht gutgläubig war.

a) Aus den getroffenen Feststellungen wird ersichtlich, dass E bereits vor dem Streitjahr 1999 geschäftlichen und privaten Kontakt zu W und B hatte. Dies folgt aus hinsichtlich der geschäftlichen Kontakte aus dem Verkauf eines Kfz von W an die Einzelfirma des E, der seinerseits den Wagen an die Firma SM der Herren W und B veräußerte. Außerdem trat E im Rahmen seiner Tätigkeit für die ASC im Jahre 1998 mit der F-GmbH in laufende Geschäftsverbindung. Dies ergibt sich aus den im Tatbestand unter I.5 näher bezeichneten Rechnungen des ASC und aus der Zeugenaussage des Fahnders Bu, der auf diese bereits früher bestehenden Verbindungen zwischen W und E hingewiesen und in diesem Zusammenhang auf seinen Aktenvermerk vom 25.05.2004 aufmerksam machte (Bl. 311 f. EA, Protokoll vom 29.11.2007). Da E als Angestellter der ASC bereits im Jahre 1998 zahlreiche Fahrzeuggeschäfte mit der F-GmbH abgewickelt hatte, musste ihm aufgrund der tatsächlichen Umstände schon zu diesem Zeitpunkt klar gewesen sein, dass ein Sitz der F-GmbH in A nicht existierte. Bereits damals war eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung in Aachen nicht durchführbar, weil an den angeblichen Sitzen T- und D-Straße die Gesellschaft und ihre Geschäftsführer unerreichbar waren. Die Zustellung an das Büroserviceunternehmen in der T-Straße schlug fehl, wie sich auch aus dem Schreiben des Finanzamtes A vom 15.09.1998 (Bl. 981 EA) ergibt. Es ist deshalb ausgeschlossen, dass sich E im Jahre 1998 an W oder B über die Adressen in A zur Abwicklung der Fahrzeuggeschäfte gewandt hat; diese Personen waren dort im Jahre 1998 ebenso wenig zu erreichen wie 1999.

Eine Geschäftsanbahnung und -abwicklung über die Adresse der F-GmbH scheiterte auch daran, dass dort keine Geschäftsräume oder -unterlagen vorhanden oder Arbeitnehmer der F-GmbH beschäftigt waren. Ebenso wenig sind am angeblichen Geschäftssitz in A Fahrzeuge an- oder verkauft bzw. abgestellt worden, weil zur Präsentation der Fahrzeuge keine Möglichkeiten vorhanden waren. Hieraus folgt für den Senat, dass E die Geschäftsbeziehungen mit B und W nur telefonisch abwickelte und er die Fahrzeuge direkt von den Vorlieferanten abholte oder von diesen gebracht bekam; jedenfalls hat W in Aachen keine PKW in Empfang genommen; solche sind auch dorthin nicht geliefert worden. Angesichts der Tatsache, dass zwischen der F-GmbH (vertreten durch B und W) und E keinerlei geschäftliche Aktivitäten am vorgeblichen Sitz der F-GmbH in A abgewickelt wurden, war nach Überzeugung des Senats dem E spätestens seit 1998 bewusst, dass in A keine Vertragsverhandlungen angebahnt, Fahrzeuge erworben, Arbeitnehmer beschäftigt wurden und sich die Geschäftsleitung des Unternehmens nicht in Aachen aufhielt. Außerdem wurden keine Geldüberweisungen an die F-GmbH durchgeführt; alle Geschäfte sind nach Aussagen des E in bar abgewickelt worden (Vernehmung vom 29.08.2000, Bl. 1037 EA). Überweisungen waren auch nicht möglich, da die F-GmbH über keine Konten verfügte und auf den Rechnungsformularen keine Bankverbindung angab (vgl. Rechnungen, Bl. 108 f EA).

b) Auch mit Blick auf den weiteren Umstand, dass W und E nach Aussage des W freundschaftlich verbunden waren (Befragung vom 27.11.2007, Bl. 153 EA; Vernehmung vom 22.10.2002, Bl. 335 EA), ist die Aussage des E unglaubwürdig, er habe die näheren Umstände bei der F-GmbH nicht gekannt. Bereits die Art der Geschäftsabwicklung im Laufe des Jahres 1998 hätte E dringend Veranlassung geben müssen, nach den tatsächlichen Grundlagen der F-GmbH zu fragen, die - außer für die Rechnungserteilung - bei der Abwicklung der Geschäfte nicht in Erscheinung trat. Angesichts der nicht nur rein geschäftlichen Beziehung hätte diese Möglichkeit bestanden, ohne die Geschäftsbeziehungen zu beeinträchtigen. Angesichts der offen zutage tretenden Umstände hätte sich dem E die Erkenntnis aufdrängen müssen, dass die F-GmbH in eine Umsatzsteuerhinterziehung verwickelt war. Dass E trotzdem die Geschäftsbeziehungen unverändert weiter führte, begründet nach Überzeugung des Senats einen Verstoß gegen seine Verpflichtung, Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Umsätze nicht in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen werden (vgl. Kittel und Recolta, a.a.O., Rnr. 51). E war bereits 1998 nicht mehr gutgläubig i.S.d.. genannten Rechtsprechung des EuGH.

c) Dies gilt gleichermaßen für das Streitjahr 1999, da sich die Situation nicht verändert hatte. Außerdem ist der Senat der Überzeugung, dass bereits ab 1998 der E sichere Kenntnis von den Tatsachen hatte, die die fehlende Sitzeigenschaft der F-GmbH begründeten. Hierfür spricht nicht nur der Zeitablauf, der die erheblichen und andauernden Verdachtsmomente hinsichtlich der Steuerhinterziehung durch die F-GmbH zur Gewissheit reifen lassen musste. Wie nämlich die weitere Entwicklung im Bezug auf die Geschäfte mit dem PZC zeigt (vgl. unten unter II. 2.1. c), hat E in 1999 bewusst und gewollt die Dienste der F-GmbH in Anspruch genommen, um die durch den ungerechtfertigten Vorsteuerabzug "verbilligten" PKW zu erwerben.

Auch der Umstand, dass E noch in der zweiten Jahreshälfte 1999 Geschäfte mit der F-GmbH getätigt hatte, obwohl deren Geschäftsführer W bereits mit Haftbefehl gesucht wurde, zeigt, dass E in die Tatverwirklichung eingeweiht war. Es ist schwerlich vorstellbar, dass ein mit Haftbefehl gesuchter Geschäftsführer mit Geschäftspartnern Geschäfte abwickelt, die auf eine Steuerhinterziehung schließen lassen und er die Geschäftspartner nicht über die die Hintergründe der Geschäfte in Kenntnis setzt. Zum einen zeigt das Verhalten des W (Verheimlichen von Wohn- und Geschäftssitz), dass er sich seit Anfang 1999 einer Verfolgung ausgesetzt fühlte. Dies konnte E, der in ständigem Kontakt zu W stand, nicht verborgen geblieben sein. In diesem Zusammenhang ist nahe liegend, dass W nur mit Leuten Kontakt aufnehmen und Geschäfte abwickeln wollte, denen er vertrauen konnte, dass sie ihn nicht aufgrund von Ermittlungsmaßnahmen verraten würden. Dies setzt aber voraus, dass diese Geschäftspartner in die kriminellen Hintergründe der PKW-Geschäfte eingeweiht oder in diese verwickelt waren, insbesondere dann, wenn es sich - wie im Verhältnis zur E-GmbH - um eine andauernde Geschäftsbeziehung handelte. E konnte W nur über das Mobiltelefon erreicht haben; gleichwohl kam es, wie die Liste der Verkäufe zeigt (Bl. 1159 f. EA), zu zahlreichen Verkäufen nach Ausstellung des Haftbefehls am 06.07.1999.

d) Dass E über die Steuerhinterziehung der F-GmbH (durch Ausstellung fingierter Rechnungen, die die Klägerin zum Vorsteuerabzug nutzte) informiert war, folgt nach Auffassung des Senats zum andern aus den weiteren Verkäufen der F-GmbH nach Verhaftung ihres alleinigen Geschäftsführers W am 13.09.1999. Dabei handelte es sich um 21 Porsche mit einem Verkaufswert von 2.404.320,70 DM (vgl. Schreiben des Finanzamtes A Steuerfahndung - vom 06.06.2000, Bl. 1026 f. dort Seite 3). Verhandlungen mit W konnte E nach diesem Zeitpunkt nicht mehr geführt haben. Vielmehr ergibt sich der Aussage des Zeugen Bu, dass E sodann mit dem Geschäftsführer des PCZ, bzw. Li (dem "Vorlieferanten" der F-GmbH), die Preise der Porsche ausgehandelt hat (Protokoll, Seite 5). Eine solche Vorgehensweise ist aber nur möglich, wenn zum einen E von der Verhaftung und der zugrunde liegenden Straftat erfahren hatte und zum anderen sich nicht um die daraus folgende die Erkenntnis kümmerte, dass auch die vorangegangenen Geschäfte auf einer fortdauernden Steuerhinterziehung der F-GmbH bzw. auch des PCZ beruhten. Verhält sich ein Geschäftspartner in dieser Weise, so ist der Schluss gerechtfertigt, dass er bereits vorher in das Geschäftsgebaren und in die Steuerhinterziehung der F-GmbH eingeweiht war. Damit war ihm aber auch klar, dass die F-GmbH keine andere Funktion hatte als durch ihre Rechnungsausstellungen eine inländische Lieferung durch die F-GmbH anstelle des PCZ vorzutäuschen. Im Zusammenhang mit den oben genannten sonstigen Auffälligkeiten bei der F-GmbH ist der Senat der Überzeugung, dass der Geschäftsführer der Klägerin im Streitjahr 1999 Kenntnis von allen Umständen gehabt hat. Denn die Eigenschaft der F-GmbH als Rechnungsausstellerin war gleichermaßen Grundlage der Steuerhinterziehung und der fehlenden Sitzeigenschaft.

II.

Der F-GmbH ist die Unternehmereigenschaft auch deshalb zu versagen, weil sie keine "wirtschaftliche Tätigkeit" i.S.d. Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie ausübte.

1. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Nach Art. 4 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL) gilt als Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Die Begriffe Unternehmer und Steuerpflichtiger sind deckungsgleich, da das nationale Recht richtlinienkonform auszulegen ist (Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 2, Rz. 20). Als wirtschaftliche Tätigkeit gelten nach Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie neben hier nicht einschlägigen speziellen Tätigkeiten alle Tätigkeiten eines Erzeugers Händlers oder Dienstleistenden.

Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit ist gemeinschaftsrechtlich nicht definiert. In seinen Urteilen vom 12.01.2006 (Optigen u.a., C-54/03, C-355/03 und C-484/03, UR, 2006, 157 f.) führt der EuGH aus, dass sich der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeiten auf einen weiten Bereich erstreckt und dass es sich dabei um einen objektiv festgelegten Begriff handelt, da die Tätigkeit an sich, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, betrachtet wird (Optigen Rn. 43).

Die Aktivitäten der F-GmbH bestanden darin, Rechnungen für vorgetäuschte Lieferungen auszustellen (s.u.); ihre Vergütung ergab sich aus der Differenz zwischen dem von ihr berechneten Brutto-Betrag und dem Netto-Rechnungsbetrag des jeweiligen Autohauses (s. hierzu Ausführungen unter III. 2), sowie die Aussage des Zeugen Bu (Bl. 1226 EA).

2. Das bloße Ausstellen fingierter Rechnungen stellt keine wirtschaftliche Tätigkeit in dem beschriebenen Sinne dar.

a) Zwar kann das Ausstellen von Rechnungen gegen Entgelt grundsätzlich eine Dienstleistung sein, die damit auch eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Dies kann aber nur dann gelten, wenn die Rechnungsstellung eine eigenständige Tätigkeit darstellt (z.B. Abrechnungen durch privatärztliche Verrechnungsstellen), nicht aber, wenn die Rechnungsstellung für sich genommen eine strafbare Handlung ist oder diese verdecken will.

b) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine verbotene Aktivität eine wirtschaftliche Tätigkeit sein. Zusätzlich ist aber erforderlich, dass diese Tätigkeit ihrer Art nach geeignet ist, mit erlaubten Geschäften zu konkurrieren (zu Lieferungen von Betäubungsmitteln und Falschgeld: vgl. EuGH Urteile vom 05.07 1988 C-269/86 - Mol -, EuGHE 1988, 3627, vom 29.06.1999 C-158/98 - Coffeeshop Siberie - EuGHE 1999, I-3971, vom 02.08.1993 C-111/92 - Lange - EuGHE 1993, I-4677 und vom 11.06.1998 C-283/95 - Fischer -, UR 1998, 384). Diese Erkenntnis beruht auf dem Grundsatz, dass die steuerliche Wertneutralität eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften verbietet und somit die Einstufung eines Verhaltens als strafbar nicht ohne weiteres dazu führt, dass der fragliche Vorgang nicht steuerbar ist (Coffeshop Siberie Rn. 49). Bestätigt wurde diese Auffassung mit Urteilen vom 06.07.2006 (C-439/04 und C-440/04 Kittel u. Recolta, a.a.O.), wonach in dem Fall, dass eine Lieferung an einen Steuerpflichtigen vorgenommen wird, der weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in einen vom Verkäufer begangenen Betrug einbezogen war, der Vorsteuerabzug nicht ausgeschlossen ist (Kittel u. Recolta, a.a.O., Rn. 52).

Soweit das Ausstellen von Rechnungen ausschließlich dazu dient, an Stelle der tatsächlichen Lieferbeziehungen andere Lieferbeziehungen vorzutäuschen und damit eine Steuerhinterziehung zu ermöglichen, ist diese Aktivität nach § 370 AO strafbar und damit dem illegalen Sektor zuzuordnen, der außerhalb des Regelungsbereiches der 6. EG-Richtlinie liegt. Ein Wettbewerb mit legalen Aktivitäten (z.B. der Übernahme von Abrechnungen) ist in diesem Rahmen auch nicht denkbar, so dass nach den o.g. Grundsätzen der EuGH-Rechtsprechung keine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt.

Soweit die F-GmbH daneben noch Aktivitäten entwickelt hatte (z.B. durch Aufgabe von Inseraten), sind diese als unselbstständige Nebenleistungen zu ihrer Hauptaktivität des Erstellens fingierter Rechnungen zu sehen, um die Steuerhinterziehung zu ermöglichen.

3. W hatte bereits anlässlich der informellen Befragung vom 27.11.2000 (Bl. 153 - 155 EA) zugegeben, dass B und W keine professionellen Autohändler waren. Dem entsprechen die Feststellungen des Strafurteils, dass die beiden in die Vermittlung hochwertiger Automobile eingestiegen sind, weil sie sich davon gute Geschäfte versprachen. Sie selbst waren jedoch nicht so gut wie E oder das PZC in der Lage, die entsprechenden Fahrzeuge und die Kunden dafür ausfindig zu machen. Dem entsprechend waren auch die von B und W gegründeten Firmen SM tatsächlich nur geringfügig und Z überhaupt nicht mit dem Autohandel befasst, sondern wurden - wie W in seiner Vernehmung (Bl. 89 - 92 EA) zugegeben und das Strafurteil festgestellt hat - bereits vor 1999 dazu benutzt, innergemeinschaftliche Lieferungen zu fingieren. Die Einzelfirma des W F Cars und später die F-GmbH wurden danach benötigt, um den Wünschen der Abnehmer entsprechend passende Rechnungen erstellen zu können. Dies ergibt sich aus der Befragung des W vom 27.11.2000, wonach so bereits bei den Lieferungen von Fahrzeugen an ASC-GmbH verfahren worden war, z.B. bei für französische Abnehmer bestimmten Fahrzeugen Rechnungen mit USt gemäß § 25a UStG (Differenzbesteuerung).

Die F-GmbH wurde auf Veranlassung eines anderen Abnehmers des W (Krämer) gegründet. Die Einzelfirma F Cars und die F-GmbH dienten nach den Feststellungen des Strafurteils vielmehr dazu, Rechnungen mit Ausweis von Umsatzsteuer an die jeweiligen Abnehmer auszustellen, ohne dass diesen Rechnungen tatsächliche Geschäfte zugrunde lagen; die F-GmbH diente ausschließlich diesem Zweck (S. 5, 6 des Strafurteils).

Nach der Aussage des Zeugen Bu in der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2007 hat W ihm gegenüber geäußert, dass die Geschäfte des E im Rahmen seiner Einzelfirma, der ASC-GmbH und später der Klägerin durch dieses ohnehin bestehende System "durchgeschleust " wurden. Diese Aussage ergibt sich zwar weder aus der Befragung (Bl.153 - 155 EA) noch aus der Vernehmung des W (Bl. 335 -339 EA), noch aus der Vernehmung durch den Beamten C der Steuerfahndung D (Bl. 89 - 92 EA). Der Zeuge Bu hat in seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung betont, dass er großes Gewicht auf diese Äußerung des W gelegt habe; insoweit mutet es seltsam an, dass er sie nicht protokolliert hat. Gleichwohl passt diese Äußerung ins Gesamtbild der Sachverhaltsfeststellungen und ist deshalb trotz dieser Umstände glaubhaft.

Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die F-GmbH ausschließlich zu dem Zweck, Rechnungen über tatsächlich nicht stattgefundene Geschäftsvorfälle zu erstellen, existierte und keinerlei weiteren Geschäftsbetrieb unterhielt. Dies stellt keine "wirtschaftliche Tätigkeit" nach Art. 4 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie dar. Die F-GmbH ist folglich nicht "Steuerpflichtiger" i.S.d. des Art. 4 Abs. 1 6. EG-Richtlinie und damit auch nicht Unternehmer gem. § 2 Abs. 1 UStG.

III.

1. Der Vorsteuerabzug steht dem Unternehmer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zu für die in Rechnungen i. S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen, die ein anderer Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt hat.

Die Vorschrift setzt Art. 17 der 6. EG-Richtlinie um. Nach Art. 17 Abs. 2 a der 6. EG-Richtlinie kann der Unternehmer die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer aus für sein Unternehmen ausgeführten Lieferungen oder Dienstleistungen als Vorsteuer abziehen. Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer müssen nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich identisch sein (z.B. BFH Beschluss vom 31.01.2002 - V B 108/01, BStBl II 2004, 622 und Urteil vom 07.07.2005 - V R 60/03, BFH/NV 2006, 139).

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist. Maßgeblich ist hiernach, wer aus dem entsprechenden Rechtsgeschäft zu einer Leistung i. S. des § 1 Abs. 1 UStG an den Leistungsempfänger verpflichtet ist. Ohne Bedeutung ist insoweit, ob er seine Leistungsverpflichtung höchstpersönlich ausführt oder durch andere ausführen lässt und inwiefern ihm der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts endgültig verbleibt.

Tritt deshalb jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen aber für Rechnung eines anderen auf, der aus welchen Gründen auch immer nicht selbst als berechtigter bzw. verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet; dem entsprechend sind auch dem sog. Strohmann die Leistungen zuzurechnen, die der sog. Hintermann in berechtigter Weise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat. Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft --zivilrechtlich und (umsatz-)steuerrechtlich (vgl. auch § 117 BGB, § 41 Abs. 2 AO)-- allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen worden ist, d.h. wenn die Vertragsparteien --der Strohmann und der Dritte (hier der Leistungsempfänger)-- einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Dritten und dem Hintermann eintreten sollen (BFH Beschluss vom 31.01.2002 - V B 108/01 BStBl. II 2004, 622 sowie Urteil vom 07.07.2005 - V R 60/03, a.a.O.).

Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug dann, wenn zwischen dem Leistungsempfänger und den ihm gegenüber als Vertragspartner auftretenden Personen ausdrücklich oder zumindest stillschweigend Einverständnis darüber bestanden hat, dass im Streitfall nicht die die Rechnung ausstellende GmbH, sondern ein anderer die Fahrzeuge liefern sollte. Dies ist der Fall, wenn der Leistungsempfänger wusste oder nach den Gesamtumständen des Falles erkennen musste, dass es sich bei der als Vertragspartner bezeichneten Person um einen Strohmann (Strohfirma) handelte und die vertraglichen Beziehungen, sowie die daraus resultierenden Rechte und Pflichten tatsächlich einen anderen betreffen sollten. Mithin kommt es nach der o.g. Rechtsprechung des BFH darauf an, wer im Rechtsverkehr als berechtigter und verpflichteter Vertragspartner auftritt.

b) Nach dem Urteil des BFH vom 19.04.2007 (V R 48/04, a.a.O.) muss der Unternehmer alle Maßnahmen treffen, die vernünftiger Weise von ihm verlangt werden können, um sicher zu stellen, dass die Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind. Ob ein Steuerpflichtiger wissen konnte oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war, ist im Wesentlichen tatsächliche Würdigung, die dem Finanzgericht obliegt. Nach den maßgebenden Beweisregeln trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen. Das gilt grundsätzlich auch für das Wissen oder wissen können vom Tatplan eines Vor- oder Nachlieferanten. Darauf, dass die vom leistenden Unternehmer geschuldete Mehrwertsteuer tatsächlich auch entrichtet wird, kommt es für den Vorsteuerabzug nicht an. Diese Rechtsprechung des BFH steht in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile vom 12.01.2006, Optigen u.a., a.a.O.).

2. Der Vorsteuerabzug der Klägerin hängt danach davon ab, ob in den Rechnungen der F-GmbH über tatsächlich von ihr ausgeführte Lieferungen abgerechnet worden ist, und weiter, ob dem in diesem Fall grundsätzlich bestehenden Recht auf Vorsteuerabzug eine Einbindung der Klägerin und ihres Geschäftsführers E in einen Umsatzsteuerbetrug entgegensteht. Nach diesen Grundsätzen kommt es also zunächst darauf an, ob den Rechnungen der F-GmbH an die Klägerin tatsächliche Lieferbeziehungen - ggf. auch im Rahmen eines Reihengeschäfts - zugrunde gelegen haben.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist das Gericht davon überzeugt, dass zwischen der F-GmbH und der Klägerin keine Lieferbeziehungen - auch nicht im Rahmen eines Reihengeschäfts - zustande gekommen sind. Den ausgestellten Rechnungen liegen keine tatsächlichen Lieferungen der F-GmbH zugrunde, so dass auch aus diesem Grund der Vorsteuerabzug zu versagen ist. Die tatsächlichen Lieferbeziehungen bestanden vielmehr zu den Autohäusern, von denen die Fahrzeuge stammten.

a) Die hinter der F-GmbH stehenden natürlichen Personen waren B und W. Dies war dem Geschäftsführer der Klägerin E bekannt und folgt bereits aus den Rechnungen der F-GmbH an die Klägerin, die von W quittiert sind (z.B. Bl. 17 EA).

Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass E wusste, dass die F-GmbH nicht wirtschaftlich tätig war sondern ausschließlich dazu fungierte, Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis auszustellen. B und W waren keine erfahrenen Autohändler. Sie stiegen in das Geschäft mit hochwertigen Fahrzeugen ein mit dem Ziel, Kontakte zu knüpfen, um entsprechende Fahrzeuge ausfindig zu machen und zu vermarkten, weil die Nachfrage nach solchen Fahrzeugen groß war (S. 4 des Urteils des LG Stade, Bl. 96 EA). Die F-GmbH wurde nach den Feststellungen des Urteils des LG Stade (S. 5, Bl. 97 EA) auf Veranlassung des Autohändlers K der Fahrzeuge abnahm, gegründet. Mit dem Autohändler H wickelten B und W bereits Verkäufe in der Weise ab, dass H als Lieferant der Fahrzeuge Rechnungen über innergemeinschaftliche Lieferungen an SM erstellte, während die Einzelfirma F Cars des W, bzw. die F-GmbH Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis an K für die Lieferung des nämlichen Fahrzeugs erstellte und die betreffenden Fahrzeuge tatsächlich in Deutschland verblieben (S. 5 des Urteils des LG Stade, Bl. 97 EA). Die Feststellungen, dass es sich bei den Rechnungen der F-GmbH in diesen Fällen um Scheinrechnungen handelte, basieren auch auf der Tatsache, dass im PC des K Rechnungsmasken der F-GmbH und in seinen Geschäftsräumen von W blanko unterschriebene leere Papierbogen vorgefunden worden waren.

Wegen der aufgrund dieser Sachverhalte festgestellten Steuerhinterziehung wurde W verurteilt.

b) E wusste zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls im Zeitpunkt der Gründung der Klägerin (F-GmbH) von der beschriebenen Art und Weise, wie B und W die Geschäfte abwickelten.

W hat in der informellen Befragung vom 27.11.2000 (Bl. 153 - 155 EA) gegenüber dem Zeugen Bu erklärt, den E bereits in seiner Eigenschaften als Inhaber seiner Einzelfirma und Arbeitnehmer der ASC-GmbH kennen gelernt zu haben. Aus den Äußerungen des W hatte der Zeuge den Eindruck gewonnen, dass E und W damals bereits gut miteinander bekannt waren (vgl. auch oben unter I. 5. b) der Gründe). Aus diesen schon vor Gründung der Klägerin bestehenden Geschäftsbeziehungen wusste E, dass W und B keine professionellen Autohändler waren. Dies passt auch zu der Aussage des W, dass E oft schon wusste, "wo die Autos standen" und dass E die Autos selbst "bestellt" hatte (Bl. 154 EA).

E hatte bereits seit 1997 im Rahmen seiner Tätigkeit für die ASC-GmbH, sowie seine Einzelfirma E Cars geschäftliche Kontakte zu B und W. Beispielhaft ergibt sich dies aus der Rechnung vom 11.07.1997 (Bl. 58 EA), die W als Inhaber der Einzelfirma F Cars an E als Inhaber seiner Einzelfirma ausstellte. Das nämliche Fahrzeug wurde sodann von E an die SM als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung fakturiert (Rechnung vom 17.11.1997, Bl. 986 EA). W hat gegenüber dem Zeugen Burkhard ausgesagt, dass die Abwicklung der Fahrzeuge, die an E, die ASC GmbH und die E-GmbH gingen, "einfach mit durchgeschleust worden seien, weil das Gebilde ohnehin bestanden habe". Die Feststellungen des LG Stade wie auch die Aussage des W rechtfertigen den Schluss, dass die jeweiligen Abnehmer der Fahrzeuge - wie auch die Klägerin - sich in der Regel selbst um die Akquisition der geeigneten Fahrzeuge kümmerten; das Firmengeflecht der Herren B und W wurde sodann eingeschaltet, um die Abwicklung des Erwerbs zu übernehmen.

c) E hat sich nach Überzeugung des Senats bewusst in das Betrugssystem von B und W einbinden lassen.

E hätte nämlich die Fahrzeuge dort, wo er sie ausfindig gemacht hatte, ohne Einschaltung der Firmen des B und W auch direkt erwerben können. Er hatte jedoch - wie die übrigen Geschäftspartner von W und B auch - ein Interesse daran, die Firmen von W und B zwischenzuschalten, da damit ein Vorteil in Höhe der Umsatzsteuer verbunden war, die als Vorsteuer geltend gemacht werden konnte, ohne dass sie abgeführt wurde, und E über die Preisgestaltung an diesem "Gewinn" beteiligt wurde.

Das Gericht schenkt der Aussage des Zeugen Le keinen Glauben, E habe versucht, direkt mit dem PZC Geschäfte abzuschließen und Li habe dieses Angebot abgelehnt. Zwar deckt sich diese Aussage mit den Feststellungen in dem Urteil des LG Chemnitz gegen G. Gleichwohl wertet das Gericht die Aussage Le als Gefälligkeitsaussage (siehe hierzu Ausführungen unten unter d)), denn wenn E direkt vom PZC hätte Fahrzeuge erwerben wollen, hätte es der vorherigen Einschaltung von B und W nicht bedurft. Auch die Vorgeschichte betreffend die Kontakte der Einzelfirma des E und der ASC GmbH mit B und W spricht eindeutig dagegen.

Um das Funktionieren des Systems zu gewährleisten und bei den Autohäusern kein Misstrauen zu erwecken, durfte E gegenüber den Autohäusern zunächst nicht selbst in Erscheinung treten. Also knüpften B und W den Kontakt, so wie es im Falle des PZC nach den Feststellungen der Steuerfahndung, der insoweit glaubhaften Aussage des Zeugen Li und den gegenüber der Berichterstatterin telefonisch bestätigten und in der Verhandlung verlesenen Aussagen des G (Aktenvermerk, Bl. 305 - 307 FG-Akte) geschehen ist. Dem jeweiligen Autohaus gegenüber mussten B und W eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an deren im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Firmen - zunächst SM, später Z - vorspiegeln und eine entsprechende Fakturierung veranlassen, damit nur der Netto-Kaufpreis bezahlt werden musste.

d) Im Falle des PZC kann nicht festgestellt werden, ob Li tatsächlich anfänglich annahm, dass die an Z fakturierten Fahrzeuge nach Portugal verbracht wurden. Das Gericht ist jedoch davon überzeugt, dass ihm spätestens zu dem Zeitpunkt, als E in Erscheinung trat, klar war, dass die Fahrzeuge an E, bzw. seine GmbH - die Klägerin - geliefert wurden.

(1) Durch die Fakturierung der F-GmbH mit Umsatzsteuerausweis erlangte der jeweilige Erwerber, im Streitfall die Klägerin, die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs. Da W und B nicht die Absicht hatten, die ausgewiesene Umsatzsteuer für die F-GmbH abzuführen, konnte diese einen unter dem Netto-Preis des Autohauses liegenden Netto-Kaufpreis ausweisen. Zwar lag der Brutto-Preis höher, aber durch den Vorsteuerabzug war der Erwerber nur mit dem von der F-GmbH ausgewiesenen Netto-Preis belastet, so dass er an seine Abnehmer günstigere Preise als das Autohaus, von dem das Fahrzeug eingekauft worden war, gewähren konnte und gleichwohl eine Marge erzielte.

Das vom Zeugen Bu angeführte Beispiel (Bl. 1226 EA) veranschaulicht, in welcher Weise sich B und W einerseits und der jeweilige Erwerber andererseits den gezogenen Vorteil geteilt haben. Dabei kann offen bleiben, ob der Gewinnanteil der Klägerin in der "verbilligten" Überlassung des PKW oder noch (zusätzlich) in weiteren Geldleistungen bestand. Entscheidend ist, dass dieses Beispiel zutreffend erhellt, dass E von dem betrügerischen System wusste und selbst Teilnehmer der Steuerhinterziehung war. Denn ihm mussten als im Automobilgeschäft tätiger Kaufmann die niedrigen Preise der vom PZC angebotenen Fahrzeuge auffallen (vgl. hierzu die Aussage des Zeugen Bu mit Berechnungsbeispiel auf S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). In Anbetracht der Tatsache, dass dem E die Herren W und B auch seit längerem bekannt waren und er - E - vom fehlenden Sitz der F-GmbH und von den sonstigen unüblichen Geschäftspraktiken dieser Personen wusste, (wie z.B. die durchgängige Barzahlung der Fahrzeuge), ist der Senat deshalb der Überzeugung, dass der Geschäftsführer der Klägerin nicht nur die die näheren objektiven Umstände der Hinterziehung kannte, sondern darüber hinaus auch in den Tatplan der W und B, bzw. des Zeugen Li vom PZC, eingeweiht war und dies seines Vorteils willen billigte.

(2) Die Fahrzeuge mussten von den jeweiligen Autohäusern zu der Klägerin gelangen, ohne dass auffiel, dass sie nicht in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbracht wurden. Also musste ein Fahrer dort erscheinen, der mit einer Abholvollmacht der portugiesischen Z ausgestattet war. Dass für den Zeugen Le eine Abholvollmacht der Z vorgelegt wurde, ergibt sich aus der telefonisch bestätigten Aussage des G. Zwar hat der Zeuge Le ausgesagt, er selbst habe keine solche Abholvollmacht übergeben; er hat aber auch nicht ausgeschlossen, dass eine derartige Vollmacht gefaxt worden sein könnte. Das Gericht geht aber aufgrund der Äußerungen von G (Vernehmung vom 27.04.2005, Bl. 912 EA und telefonische Auskunft Bl. 305 FG-Akte) davon aus, dass entweder B oder W dem PZC eine Abholvollmacht der Z für den Fahrer Le vorgelegt hatte. Zumindest war Le bei seinem ersten Erscheinen im PZC als Fahrer für die Fa. Z vorgestellt worden.

Die Aussage Li hierzu ist widersprüchlich. Gegenüber dem Zeugen Bu sagte er in seiner Vernehmung vom 27.04.2005 aus, Le sei als Fahrer des E vorgestellt worden (Bl. 901 EA). Zugleich sagte er aber ebenfalls aus, das PZC - also auch er selbst - sei davon ausgegangen, dass die Fahrzeuge nach Portugal gehen. Letzteres konnte er aber nur dann annehmen, wenn Le als Fahrer für die Z vorgestellt wurde. In der gerichtlichen Vernehmung vom 27.08.2007 wusste Li nicht mehr, ob Le auch eine Abholvollmacht der Z hatte, bestätigte aber, dass Le als Fahrer des E vorgestellt wurde (Bl. 193 FG-Akte).

Die Aussage des Zeugen Le steht, soweit dieser erklärte, gegenüber dem PZC als Fahrer der Klägerin E-GmbH aufgetreten zu sein und im Übrigen nebenher Aufträge für Z angenommen zu haben, im Widerspruch zu den Aussagen Li und G und den Feststellungen der Steuerfahndung. Auch W hatte nie ausgesagt, Le sei als Fahrer im Auftrag der Z tätig gewesen. Das Gericht sieht vielmehr in der Aussage des Zeugen Le den Versuch, sein Wissen um den Umstand zu vertuschen, dass er gegenüber den Autohäusern als Fahrer der Z vorgestellt worden war, tatsächlich aber die Fahrzeuge für die Klägerin abgeholt hatte. Vielmehr glaubt das Gericht, dass auch der Zeuge Le in die ganze Konstruktion eingeweiht war.

Aus der Gesamtheit der Aussagen in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit muss der Schluss gezogen werden, dass die Zeugen Li und Le wussten, dass Le nur pro forma als Fahrer der Z auftreten sollte, tatsächlich die Fahrzeuge aber für E abholte. Hieraus wiederum kann nur geschlossen werden, dass es sich um ein verabredetes Vorgehen handelte, in das auch E einbezogen war.

(3) Glaubhaft ist hingegen, dass der Zeuge Le von E einen handschriftlichen Zettel bekam, auf dem die Fahrzeugdaten und der Geldbetrag, der identisch mit dem Brutto-Betrag lt. Rechnung F-GmbH war, vermerkt waren. Glaubhaft ist ebenfalls, dass er sich in dem Gebäude des PZC in einem Nebenraum mit B, bzw. W getroffen hatte. Dort musste er den Brutto-Geldbetrag an B, bzw. W übergeben. Im Gegenzug erhielt er die Rechnung der F-GmbH. Da B und W nicht über eigene finanzielle Mittel für den Ankauf von Fahrzeugen verfügten, konnten sie die Rechnung des Autohauses erst nach Übergabe des Geldes durch den Fahrer bezahlen. Dies erklärt auch die ursprüngliche - nicht protokollierte - Aussage des Zeugen Le, "W sei nach der Geldübergabe aus dem Raum gegangen und mit Schlüssel und Papieren zurückgekehrt". Was der Zeuge in Verlauf seiner späteren Aussage nur noch als Ausnahmefall zugegeben hat, muss entsprechend seiner ursprünglichen Äußerung der Normalfall gewesen sein. B bzw. W haben nach der Geldübergabe den Netto-Betrag aus der Rechnung des PZC an Z an den Zeugen Li übergeben. So ist auch die Feststellung des Zeugen Bu zu verstehen, nach seinen Ermittlungen sei im PZC nur der Netto-Betrag bezahlt worden. Im Gegenzug hat Li Fahrzeugpapiere und Schlüssel ausgehändigt.

(4) Möglich ist auch, dass Li bei der Geldübergabe durch den Zeugen Le zumindest in einigen Fällen ebenfalls mit anwesend war und den Netto-Betrag aus der Rechnung an die Fa. Z direkt erhalten hat. Dies würde seine Aussage gegenüber dem Zeugen Burkhard (Bl. 902 EA) hinsichtlich der Vorgehensweise bei Nr. 2 der Lieferarten erklären (vgl. S. 5 des Protokolls der mündlichen Verhandlung). Zwar konnte Li sich in seiner gerichtlichen Vernehmung vom 27.08.2007 an die Lieferart Nr. 2 nicht mehr erinnern; der Zeuge Bu hat jedoch betont, dass Li diesbezüglich klar und eindeutig ausgesagt hatte, so dass davon ausgegangen werden kann, dass zumindest in einigen Fällen die Übergabe wie von ihm beschrieben stattfand.

(5) Nicht entscheidungsrelevant ist, ob die Übergabeprotokolle, die der Fahrer S in seiner Vernehmung vom 22.04.2003 (Bl. 878 - 880 EA) erwähnte, tatsächlich existiert haben und vernichtet wurden. Der Zeuge Bu sagte hierzu (nicht protokolliert) aus, dass lediglich ein einziger solcher Übergabezettel bei der Durchsuchung in K vorgefunden wurde (Bl. 884 EA), jedoch keiner bei der Durchsuchung in C; diese seien aber an andere Unterlagen angeheftet worden, was man an den durch den Hefter verursachten Löchern erkannt habe. Zwar stellt dies ein weiteres gewichtiges Indiz für das Betrugsmodell dar, doch auch ohne die Existenz dieser Übergabeprotokolle ist der Senat aus den dargelegten Gründen von der beschriebenen Gestaltung überzeugt.

f) Bestätigt wird das Hinterziehungsmodell und die Einbindung des Li in dieses auch dadurch, dass es nach der Verhaftung des W zu Problemen kam, die dadurch gelöst wurden, dass der Zeuge Li in Vorlage trat (Bl. 903 EA, bestätigt in der gerichtlichen Vernehmung, s. Bl. 194 FG-Akte).

E war ohne Rechnung der F-GmbH verständlicher Weise nicht bereit, den Kaufpreis zu bezahlen. Ohne das Betrugssystem hätte es nahe gelegen, spätestens nach der Verhaftung des W direkt beim PZC zu erwerben. Damit wären jedoch die Vorteile hinfällig gewesen; das Beispiel (Bl. 1226 EA) veranschaulicht, dass beim Weiterverkauf der Fahrzeuge Verluste entstanden wären.

Nicht glaubhaft ist die Aussage des Zeugen Li, die Klägerin habe auch vorher direkt mit dem PZC Verträge abgeschlossen. Diese erstmals in der richterlichen Vernehmung gemachte Aussage steht in Widerspruch zu seinen früheren Aussagen (Bl. 901 ff. EA), sowie zu sämtlichen übrigen Feststellungen. G hat telefonisch gegenüber der Berichterstatterin ausdrücklich erklärt, "es habe definitiv keine Geschäfte mit E gegeben". Dies entspricht auch den Feststellungen der Steuerfahndung, die keinerlei Unterlagen über direkte Geschäfte vorgefunden hatte.

Glaubhaft ist hingegen, dass die Verkaufsverhandlungen zwischen E und dem Zeugen Li stattgefunden hatten. B und W waren keine professionellen Autohändler; E wusste, welche Fahrzeuge er suchte, und welche Preise er dafür bereit war zu zahlen. B und W waren nicht so wie er in der Lage, eigenständig die Verkaufsverhandlungen zu führen. Vor dem Zeitpunkt, als E selbst in Erscheinung trat, musste E die Fahrzeuge suchen und seine Preisvorstellungen B und W mitteilen.

Soweit Li in seiner Aussage vom 27.08.2007 zu der Passage: "d.h. ich habe konkret mit E über die Preise verhandelt" (Bl. 902 EA) erklärte, er habe E die an Z berechneten Preise mitgeteilt, bestätigt diese Aussage - sofern sie wahr ist -, dass die ganze Vorgehensweise zwischen allen Beteiligten abgesprochen war. Bei Reihengeschäften soll nämlich der Endabnehmer den an den Zwischenhändler berechneten Preis gerade nicht erfahren. Sofern die hierzu in der Vernehmung vom 27.08.2007 gemachte Aussage unzutreffend ist, muss davon ausgegangen werden, dass Li in seiner Vernehmung durch den Zeugen Burkhard die Wahrheit gesagt hat und tatsächlich die Preisverhandlungen zwischen E und Li stattfanden.

Die Bekanntmachung und Einführung des E bei der Geschäftsführung des PZC durch B und W hätte - reelle Geschäfte unterstellt - nur dann Sinn gemacht, wenn E im Anschluss daran direkt Geschäfte mit dem PZC getätigt hätte. Bei Reihengeschäften ist es nicht üblich, Lieferanten und Endabnehmer einander bekannt zu machen. Tatsächlich wurden in der Folgezeit die von E ausgewählten und ausgehandelten Fahrzeuge von B oder W im Namen der Z bestellt und an Z berechnet.

Daraus kann nur geschlossen werden, dass Li spätestens ab dem Zeitpunkt, als E in Erscheinung getreten war, wusste, dass die Fahrzeuge tatsächlich an E bzw. die Klägerin geliefert wurden. Davon ist übrigens auch G überzeugt.

Wenn Li nicht bereit gewesen wäre, mitzuspielen, wäre das System in dem Zeitpunkt zusammengebrochen, in dem er Kenntnis davon erlangte. Nach eigener Aussage hatte er diese Kenntnis jedenfalls ab der Verhaftung des W, nach den Feststellungen im Strafurteil des LG Chemnitz gegen G (S. 25/26 der Urteils, Bl. 266/267 FG-Akte) spätestens ab Ende August 1999. Auch danach wurden die Geschäfte weiter nach dem bewährten Muster abgewickelt, obwohl es bei reellen Geschäften nahe gelegen hätte, diese direkt abzuwickeln. Dass die Konditionen auch zu diesem Zeitpunkt zwischen Li und E direkt ausgehandelt wurden, wird durch die Mitteilung des Li an E vom 13.09.1999 (Bl. 726 EA) bestätigt.

Aus dem gesamten Geschehensablauf ist nach der Überzeugung des Gerichts allerdings zu schließen, dass Li bereits ab dem ersten Auftreten des E dies wusste und - in Erwartung seiner Provisionen - gleichwohl weiterhin Geschäfte gemacht hat.

Dem LG Chemnitz genügte für die Annahme der Hinterziehung von Umsatzsteuer durch G die Feststellung, dass Li und G spätestens seit Ende August 1999 das beschriebene Modell bekannt war; deshalb brauchte es keine Feststellungen zu der Zeit davor getroffen zu treffen. Darum kann aber auch aus dieser Feststellung nicht geschlossen werden, dass das Modell vorher nicht bekannt war.

Die Aussage des Zeugen Le, dass E bei Li angefragt habe, ob man nicht direkt Geschäfte machen könne und Li dies abgelehnt habe, hält der Senat nicht für glaubhaft. Zwar ergibt sich aus dem Urteil des LG Chemnitz gegenüber G, dass auch dort eine solche Aussage gemacht wurde (S. 9, Bl. 250 EA). Auch ist im Rahmen regulärer Geschäftsbeziehungen ein solches Verhalten eines Lieferanten nicht ungewöhnlich. Im Streitfall ist aber zu berücksichtigen, dass - wenn es sich um reguläre Reihengeschäfte gehandelt hätte - der Zwischenhändler die Konditionen mit dem Lieferanten ausgehandelt, das Fahrzeug von diesem erworben und aufgrund eigener Verhandlungen mit dem Abnehmer an diesen weiter geliefert hätte; einer Vorstellung des Abnehmers beim Lieferanten hätte es nicht bedurft, im Gegenteil hat der Zwischenhändler kein Interesse daran, dass diese sich kennen lernen. Dass gleichwohl so verfahren wurde, erklärt sich also nur in die Einbindung des E in das System der Herren B und W. Die angebliche Anfrage nach direkten Geschäftsbeziehungen macht aufgrund dieser Einbindung keinen Sinn und ist als Gefälligkeitsaussage anzusehen.

Damit ist festgestellt, dass nur die Lieferungen des PZC an die Klägerin von den Vertragsbeteiligten tatsächlich gewollt waren. Die Lieferungen des PZC an Z und der F-GmbH an die Klägerin stellen dagegen - soweit überhaupt entsprechende mündliche "Willenserklärungen" angenommen werden - Scheingeschäfte gemäß § 117 BGB dar.

Zugleich steht damit auch fest, dass der für die Klägerin verantwortliche E von der Steuerhinterziehung der an ihn "leistenden" F-GmbH wusste.

3. Aufgrund der Feststellungen der Steuerfahndung geht das Gericht davon aus, dass auch den übrigen Rechnungen der F-GmbH über nicht vom PZC stammende Fahrzeuge Scheingeschäfte zugrunde liegen.

Ausschlaggebend dafür sind die Feststellungen in dem Strafurteil gegen W, wonach die Firmen des B und W bereits vor Gründung der Klägerin in großem Umfang für gleichartige Geschäfte genutzt worden waren, sowie das Eingeständnis des W, dass die F-GmbH ausschließlich zu dem Zweck der Erstellung von Rechnungen gegründet worden war. Insoweit gelten die unter 2. getroffenen Feststellungen gleichermaßen.

4. Nach diesen Feststellungen ist die EuGH-Rechtsprechung (Urteile vom 12.01.2006, C-354/03, C-355/03, C-484/03 - Optigen u.a., a.a.O.) auf den hier streitigen Sachverhalt schon deshalb nicht anzuwenden, weil der von der F-GmbH an die Klägerin berechnete "Umsatz", aus dem der Vorsteuerabzug begehrt wird, gerade Bestandteil der Steuerhinterziehung ist. Ebenso wie nach der o.g. EuGH-Rechtsprechung setzt auch nach dem BFH-Urteil vom 19.04.2007 - V R 48/04 das Abheben auf das Wissen, bzw. Wissen müssen des den Vorsteuerabzug begehrenden eine Lieferkette voraus, an der es hier gerade fehlt. Vertragliche Beziehungen zwischen der Klägerin und der F-GmbH, die die berechneten Lieferungen zum Gegenstand hatten, bestanden gerade nicht, sondern die einzige Aufgabe der F-GmbH bestand in der Erstellung von Rechnungen über eine innergemeinschaftliche Lieferung, die die tatsächliche Lieferung im Inland verdecken sollte.

5. Das Gericht konnte auf die protokollierten Aussagen des W, die dieser gegenüber dem Zeugen Bu gemacht hatte, und die der Zeuge glaubhaft bestätigt hat, zurückgreifen.

Der als Zeuge geladene W stand nicht selbst zur Verfügung. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Inhalt der Postzustellungsurkunde vom 02.11.2007 (Bl. 288 FG-Akte), wonach der Zusteller die Ladung zu übergeben versucht und in den zu der Wohnung L-Straße, Ka gehörenden Briefkasten eingelegt hatte, nicht belegt, dass der Zeuge W tatsächlich unter dieser Adresse wohnhaft ist. Dass er unter dieser Adresse zum Zeitpunkt der Zustellung der Ladung tatsächlich nicht mehr wohnhaft war, ergibt sich nämlich aus den Mitteilungen des Einwohnermeldeamts Ka vom 02.11.2007 (Bl. 240 FG-Akte) und vom 12.04.2007 (Bl. 104 FG-Akte), wonach W "nach unbekannt" abgemeldet wurde, sowie aus den fehlgeschlagenen Zustellungsversuchen am 30.03.2007 (Bl. 89 FG-Akte) und am 14.05.2007 (Bl. 145 FG-Akte). Da der Zeuge W unbekannten Aufenthalts ist und die vom Gericht unternommenen Versuche der Ermittlung seines Wohnsitzes, bzw. Aufenthalts erfolglos blieben, war er nicht verfügbar.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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