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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Saarland
Beschluss verkündet am 06.02.2009
Aktenzeichen: 1 V 1480/08
Rechtsgebiete: FGO, EStG


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 2
EStG § 4 Abs. 1
EStG § 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 1. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Dr. Schmidt-Liebig als Vorsitzender sowie

den Richter am Finanzgericht Hardenbicker und

die Richterin am Finanzgericht Dr. Morsch

am 6. Februar 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2000 vom 1. Oktober 2008 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt, soweit der Antragsgegner von einem höheren Geschäftswert als 2.434.282 DM ausgegangen ist (siehe II 2 c (3) der Gründe). Im übrigen wird der Antrag als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 1/10 dem Antragsgegner und zu 9/10 den Antragstellern auferlegt.

Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.

Gründe:

I. Die Antragsteller sind Eheleute, die beim Antragsgegner zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Antragsteller betrieb in A das Einzelunternehmen X. Dieses Einzelunternehmen umfasste die drei Bereiche:

Softwareentwicklung und -vertrieb

Versicherungsmaklertätigkeit

Datenbankdienste

Am 31. Mai 2000 beauftragte der Antragsteller die Unternehmensberatung Y zur Umwandlung der X in eine Aktiengesellschaft gegen ein Pauschalhonorar von 100.000 DM mit einer Reihe von Tätigkeiten, zu denen auch die Unternehmensbewertung gehörte. Mit Gutachten vom 18. August 2000 bewerteten Y den Geschäftsbereich "Software" der X zum 30. Juni 2000 mit 9.658.000 DM (ohne Betriebsgrundstück nebst Darlehn.

Am 24. August 2000 wurde die X AG durch Bargründung errichtet. Das Grundkapital der X AG betrug 50.000 EUR, aufgeteilt in 50.000 Stückaktien à 1 EUR. Alleinige Aktionäre waren der Antragsteller mit 47.500 und Z mit 2.500 Stückaktien.

Am 21. Dezember 2000 schlossen die X AG und die S AG - ein fremdes Unternehmen - einen Beteiligungsvertrag (Bl. 692 ff. BpU II). Darin war vorgesehen, dass sich die S AG mit 25,1% am Grundkapital der X AG beteiligt unter der Voraussetzung, dass aus dem Einzelunternehmen des Antragstellers der Geschäftsbereich Software mit allen Aktiven und Passiven ausgegliedert und im Wege der Sachkapitalerhöhung in die X AG eingebracht wird. Für diese Beteiligung sollen 1.750.000 DM gezahlt werden (§ 2). Des Weiteren sollte der Antragsteller in 2000 10% seines Aktienpaketes für 75.000 DM für je 1% der Aktien an die S AG verkaufen. Auf Verlangen der S AG sollen bis 31. Dezember 2002 weitere 8% der Aktien zu demselben nämlichen Preis übertragen werden (§ 4). Die Vertragsbeteiligten verpflichteten sich, alle Handlungen zur Durchführung des Vorhabens vorzunehmen (§ 7).

In der Folgezeit verkaufte der Antragsteller aus dem Geschäftsbereich "Softwareentwicklung und -vertrieb" folgende Wirtschaftsgüter an die X AG:

am 28. Dezember 2000 die Software und halbfertigen Arbeiten für 320.000 DM bzw. 255.000 DM,

am 10. Mai 2001 das Betriebsgrundstück und die Geschäftsausstattung für 700.000 DM bzw. 170.000 DM.

Am 6. August 2001 erwarb die S AG - unter Änderung und Ergänzung des Beteiligungsvertrages vom 21. Dezember 2000 - 25,1% des Grundkapitals der X AG gegen Zahlung von 1,3 Mio DM (§ 3). Das Grundkapital der X AG wurde von 50.000 EUR um 16.756 EUR auf 66.756 EUR (= 130.562,75 DM) erhöht; der Differenzbetrag (647.923,77 EUR = 1.267.228,75 DM) wurde als Aufgeld in eine Kapitalrücklage eingestellt. Der Antragsteller verpflichtete sich, an die S AG zu verkaufen und abzutreten

im Januar 2002 10% des Grundkapitals für 1.040.000 DM

bis zum 31. Dezember 2004 weitere 10% des Grundkapitals für 1.040.000 DM und

vom 1. November bis zum 31. Dezember 2004 weitere 5% des Grundkapitals für 520.000 DM.

Der Antragsteller behandelte die Veräußerungen vom 28. Dezember 2000 und vom 10. Mai 2001 ertragsteuerlich als Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter, die er dem laufenden Gewinn zurechnete.

Von September 2005 bis Mai 2007 fand beim Antragsteller für 2000 und 2001 eine Betriebsprüfung statt (Prüfungsbericht vom 18. Mai 2007). Die Prüferin vertrat die Auffassung, es habe sich bei der Übertragung um eine Teilbetriebsveräußerung gehandelt. Im Verlaufe der Prüfung erstellte der Antragsteller - der Rechtsauffassung der Prüferin folgend - eine Veräußerungsgewinnermittlung. Hierbei wurden die Veräußerungserlöse der einzelnen Wirtschaftsgüter als Ertrag erfasst. Ein darüber hinausgehender Geschäftswert blieb unberücksichtigt, da mit dem Wert der Software (320.000 DM) alle stillen Reserven erfasst seien. Die Prüferin ermittelte demgegenüber auf der Grundlage des Anteilskaufs der S AG und des Gutachtens der Unternehmensberatung Y den Unternehmenswert mit 3.685.059,76 DM. Ausgehend von diesem Unternehmenswert berechnete sie unter Abzug der bereits entgeltlich auf die X AG übertragenen Wirtschaftsgüter einen Geschäftswert i.H.v. 2.939.409,76 DM. Da die Übertragung dieses Geschäftswertes auf die X AG unentgeltlich erfolgt sei, nahm sie eine verdeckte Einlage mit zwingender Gewinnrealisierung an. (Tz 2.2.1.1 des Prüfungsberichtes). Die Prüferin ermittelte den Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn für den Veranlagungszeitraum 2000 mit 3.402.849,55 DM und für 2001 mit 508.118,55 DM ermittelt (Tz 2.2.1.3. des Prüfungsberichtes).

Der Antragsgegner schloss sich der Auffassung der Betriebsprüfung an und erließ am 9. November 2007 u.a. geänderte Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001. Gegen diese Bescheide legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung. Der Antragsgegner lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung am 4. Dezember 2007 ab und wies durch Entscheidung vom 18. September 2008 den hiergegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück. Über den Einspruch gegen die Steuerbescheide ist noch nicht entschieden. Zwischenzeitlich sind die Änderungsbescheide vom 9. November 2007 am 1. Oktober 2008 aus anderweitigen Gründen geändert worden.

Am 30. September 2008 stellten die Antragsteller bei Gericht sinngemäß den Antrag,

die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 vom 1. Oktober 2008 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

Zur Antragsbegründung verweisen sie auf ihr Schreiben an den Antragsgegner vom 4. März 2008 (Bl. 2, 15 ff.). Ein Unternehmenswert i.H.v. 3,685 Mio. DM für die Software-Abteilung bei Übergang auf die X AG laut Verträgen vom 28. Dezember 2000 und 10. Mai 2001 sei nicht zu rechtfertigen. Bereits seit dem 1. Oktober 2000 hätten alle Mitarbeiter des Softwarebereiches einen Anstellungsvertrag mit der X AG abgeschlossen.

Das Wertgutachten von Y, wo der mehrfach wegen Betrugs zu Gefängnisstrafen verurteilte T geschäftsleitend tätig sei, sei unbrauchbar gewesen:

das Kundenpotential sei übersetzt gewesen (statt 135.000 unter 20.000 Kunden);

ebenso der durchschnittliche Verkaufspreis/Version (statt 4.500 DM nur ca. 600 DM);

entsprechend reduzierte Schulungs- und Wartungseinnahmen.

Tatsächlich sei der Fortbestand der Einzelfirma zum Übertragungszeitpunkt stark gefährdet gewesen. Die X AG habe aufgrund der negativen Entwicklung keine positive Gewinnprognose gehabt; bereits im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2000 habe ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 120 TEUR bestanden, der sich zum 31. Dezember 2002 auf 265 TEUR erhöht habe.

Die Beteiligung der S AG lasse keinen Rückschluss auf den Unternehmenswert zu. Es sei nicht der Kauf vorhandener Software, sondern der Einstieg in eine strategische Beteiligung beabsichtigt gewesen. Der Betrag von 1,3 Mio. DM habe sich nicht am Unternehmenswert, sondern an der Höhe der erforderlichen Mittel orientiert. Aus der Einzahlung der S AG im Rahmen der Kapitalerhöhung im August 2001 könne - selbst wenn diese einen Firmenwert widerspiegele - nicht auf einen im Oktober 2000 in der vormaligen Einzelfirma vorhandenen und auf die X AG übergegangenen Firmenwert geschlossen werden. Die S AG habe bei ihrem Einstieg in die X AG keinen Firmenwert bezahlt, sondern lediglich die Mittel zur Verfügung gestellt, um eine bestimmte Software zur Serienreife zu entwickeln. Hätte die X AG diese Investition mit Kreditmitteln finanziert, so wäre niemand auf die Idee gekommen, hierin das Vorhandensein eines Firmenwertes zu sehen. Es könne aber keinen Unterschied machen, ob eine Investition mit Fremdmitteln oder - wie hier - mit Eigenkapital finanziert werde (Bl. 66 ff.).

Die Vollziehung der Bescheide führe zu einer unbilligen Härte i.S.v. § 361 Abs. 2 Satz 2 AO. Der Antragsteller sei verheiratet und habe zwei Kinder. Die Familie bestreite den laufenden Unterhalt mit dem Geschäftsführergehalt i.H.v. monatlich rund 5.000 EUR und lebe in einem Einfamilienhaus, das den Eheleuten gehöre (Wert ca. 260 TEUR, mit 70 TEUR Schulden belastet). Daneben habe der Antragsteller ein Einfamilienhaus vermietet, das ca. 180 TEUR wert und mit Schulden aus Renovierungsaufwendungen i.H.v. 160 TEUR belastet sei. Die liquiden Mittel würden aktuell ca. 45 TEUR betragen. Der Antragsteller besitze heute keine Anteile an der X AG mehr. Er sei allerdings zu 100% Gesellschafter der X Assekuranz Service AG, die ihrerseits 51% der Gesellschaftsanteile an der X AG halte. Die Bilanz der X Assekuranz Service AG weise laut vorläufigem Jahresabschluss per 31. Dezember 2007 ein gezeichnetes Kapital von 84,7 TEUR, einen Verlustvortrag von 74,7 TEUR und einen Jahresüberschuss von 19,6 TEUR aus, d.h. das Buchkapital belaufe sich auf rund 30 TEUR. Eine Begleichung der Steuernachzahlungen sei daher praktisch nur durch die Veräußerung der Beteiligung an der X Assekuranz Service AG möglich, sofern sich der erforderliche Betrag dadurch überhaupt realisieren ließe (Bl. 71 f.).

Der Antragsgegner beantragt sinngemäß (Bl. 43),

den Aussetzungsantrag als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt er auf seine Einspruchsentscheidung vom 18. September 2008 Bezug (Bl. 43). Die gutachterliche Stellungnahme von Y gehe von einem Wert des Teilbetriebs "Software" von 9.658.000 DM zum 30. Juni 2000 aus (Bl. 27 f.). Am 21. Dezember 2000 - also vor der Übertragung der Software und der halbfertigen Arbeiten auf die X AG - sei der Beteiligungsvertrag zwischen der X AG und der S AG geschlossen worden. Nachdem der Teilbereich "Software" jedoch nicht im Wege der Sachkapitalerhöhung eingebracht, sondern durch Vertrag vom 28. Dezember 2000 an die X AG verkauft worden sei, hätten die S AG und X AG mit notariellem Vertrag vom 6. August 2001 den Vertrag vom 21. Dezember 2000 ergänzt und nunmehr eine 25,1%ige Beteiligung gegen Zahlung von lediglich 1.300.000 DM vereinbart (Bl. 28 f.).

Das Gutachten von Y sei der Betriebsprüfung nicht vom Antragsteller ausgehändigt, sondern von der Prüferin mittels eines Auskunftsersuchens vom Landgericht beschafft worden. Zur kriminellen Vergangenheit des Herrn T seien Kopien verschiedener Zeitungsartikel vorgelegt, die offensichtlich aus den Jahren 1983, 1984 und 1997 stammten (Bl. 83 f.).

Die Motive für die Beteiligung der S AG seien unerheblich. Fakt sei, dass sie 1,3 Mio DM zum Erwerb von 25,1% der Anteile der X AG aufgewendet habe. Die Beteiligung sei ihr diesen Betrag wert gewesen. In der Höhe dieser Zahlung spiegele sich auch der Firmenwert wider (Bl. 84 f.).

Zur Frage einer unbilligen Härte i.S. von § 361 Abs. 2 Satz 2 AO sei darauf hinzuweisen, das der Antragsteller die von ihm gehaltene Beteiligung an der X AG i.H.v. 7,9% der Anteile zum 23. April 2007 an die S AG verkauft habe. Der Antragsteller möge darlegen, zu welchem Preis die Anteile veräußert worden seien und wie der Kaufpreis verwendet worden sei. Der Verkauf habe gegen Ende der Betriebsprüfung stattgefunden (Prüfung vom 26. September 2005 - 4. Mai 2007), als sich die Steuerforderungen des Finanzamtes bereits abgezeichnet hätten.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Antragsgegners Bezug genommen.

II. Der gemäß § 69 Abs. 4 FGO zulässige Antrag ist bezüglich des Einkommensteuerbescheides 2000 teilweise begründet. Der Senat hat wegen der vom Antragsgegner angenommenen Höhe des Geschäftswertes ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Im übrigen ist der Antrag unbegründet.

1. Voraussetzungen der AdV

Die Aussetzung der Vollziehung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 FGO).

Ernstliche Zweifel bestehen dann, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, d.h. ein Erfolg des Steuerpflichtigen braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als ein Misserfolg (ständige Rechtsprechung, grundlegend BFH vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BStBl III 1967, 533;vom 28. November 1974 V B 52/73, BStBl II 1975, 239).

Eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegt vor, wenn durch die sofortige Vollziehung dem Steuerpflichtigen Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gut zu machen sind, oder wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet wäre. Eine Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte ist jedoch nur dann vertretbar, wenn zugleich auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen; sind dagegen Zweifel fast ausgeschlossen, ist eine Aussetzung der Vollziehung selbst dann nicht zulässig, wenn die Vollziehung eine unbillige Härte zur Folge hätte (BFH v. 19. April 1968 IV B 3/66, BStBl II 1968, 538; v. 31. Januar 1967 VI 5 9/66, BStBl III 1967, 255).

2. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit

Bei Durchführung einer summarischen Prüfung im vorgenannten Sinne bestehen an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ernstliche Zweifel dahingehend, ob die streitigen stillen Reserven in Form des Geschäftswertes der X bei der Übertragung des Teilbetriebes auf die X AG in zutreffender Höhe erfasst worden sind.

a. Gewinnrealisierung bei der unentgeltlichen Übertragung betrieblich genutzter Wirtschaftsgüter

(1) Zu dem bei bilanzierenden Kaufleuten durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG zu ermittelnden Gewinn gehört auch der Wert der Entnahmen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Entnahmen sind mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Werden im Falle der Betriebsaufgabe Wirtschaftsgüter nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen (§ 16 Abs. 3 Satz 5 EStG). Hieraus folgt, dass die Überführung betrieblicher Wirtschaftsgüter ins Privatvermögen grundsätzlich mit einer Aufdeckung der stillen Reserven verbunden ist. Die stillen Reserven eines Wirtschaftsgutes können auch nicht ohne deren Aufdeckung von einem Ertragsteuersubjekt auf ein anderes übertragen werden (subjektbezogener Einkünftebegriff, s. dazu BFH vom 20. Juli 2005 X R 22/02, BStBl II 2006, 457, 460).

Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut im Wege der verdeckten Einlage auf eine Kapitalgesellschaft übertragen, so erhöhen sich die Anschaffungskosten der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts (vgl. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG). Die verdeckte Einlage ist ein unentgeltlicher Vorgang, der bei der Empfängergesellschaft nicht zu Anschaffungskosten führt. Die Erhöhung der Anschaffungskosten der Beteiligung ist lediglich eine Reflexwirkung dieses Vorganges, keine Gegenleistung (BFH vom 20. Juli 2002 X R 22/02, BStBl II 2006, 457 unter II 2 b der Gründe).

(2) Zu den vorgenannten Grundsätzen der Aufdeckung stiller Reserven bildet seit jeher die unentgeltliche Betriebsübertragung eine Ausnahme. Betriebliche Einheiten sollen zu Buchwerten übertragen werden können, um ihren Fortbestand nicht zu gefährden (§ 7 EStDV a.F.; § 6 Abs. 3 EStG; Frotscher, EStG, § 6 Anm 462 m.w.N.).

§ 6 Abs. 3 EStG setzt einen unentgeltlichen Betriebsübertragung voraus. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die verdeckte Einlage eines Betriebes ein unentgeltlicher Vorgang, der bei der Empfängergesellschaft nicht zu Anschaffungskosten führt. Die Erhöhung der Anschaffungskosten der Beteiligung ist lediglich eine Reflexwirkung dieses Vorganges, keine Gegenleistung (BFH vom 20. Juli 2002 X R 22/02, BStBl II 2006, 457 unter II 2 b der Gründe).

Die Vorschrift kommt auch bei einem teilweise entgeltlichen Erwerb zur Anwendung (Einheitstheorie; BFH vom 16. Dezember 1992 XI R 34/92, BStBl II 1993, 436; Frotscher/Herrmann, EStG, § 6 Anm. 478). Dies gilt allerdings nur, wenn das Entgelt nicht die Buchwerte überschreitet und deshalb die bisherigen Buchwerte unverändert fortgeführt werden können.

Ist die Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 3 EStG - z.B. wegen Buchwertüberschreitung des Entgeltes - nicht anwendbar, so verbleibt es bei dem Grundsatz der Aufdeckung der stillen Reserven nach § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG. Auch in diesem Fall erhöhen sich die Anschaffungskosten der Beteiligung (BFH vom 16. Juni 2004 X R 34/03, BFH/NV 2004, 1701, unter II 1 d a.E. der Gründe; Schmidt/Glanegger, EStG, 27. Auflage, 2008, § 6 Anm. 551; Frotscher/Herrmann, EStG, 2008, § 6 Anm. 552; Gosch, StBp 2004, 372; Trossen, EFG 2005, 1841, 1845 ; Hoffmann, GmbHR 2005, 1436, 1440) .

b. Zeitpunkt der Gewinnrealisierung bei teilentgeltlicher Betriebsübertragung

Für die Frage, wann bei einer teilentgeltlichen Betriebsübertragung aufzudeckende stille Reserven zu erfassen sind, gelten sinngemäß die für die Betriebsveräußerung geltenden Grundsätze. Hiernach kommt es darauf an, wann der Betrieb "als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens" auf den Rechtsnachfolger übergeht (z.B. BFH vom IV R 50/90, BStBl II 1992, 380 m.w.N.). Dieser Zeitpunkt des Übergangs ist für den Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung bestimmend. Es handelt sich um den Zeitpunkt, von dem an der Betrieb nach dem Willen der Vertragsparteien auf Rechnung und Gefahr des Betriebsübernehmers fortgeführt wird (z.B. BFH vom 22. September 1991 VIII R 7/90, BStBl II 1993, 228; vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BStBl II 1993, 897, 902). Bei Teilentgeltlichkeit der Betriebsübertragung sind - wie bei der Betriebsveräußerung - die realisierten Gewinne zum Übertragungszeitpunkt zu erfassen, nicht erst und nicht bereits (bei Vorauszahlung) mit Zufluss des Entgeltes (Schmidt/Wacker, EStG, § 16 Anm. 220 m.w.N.).

c. Übergang des Geschäftswertes durch verdeckte Einlage

Nach der Rechtsprechung des BFH geht mit den verkauften Wirtschaftsgütern der mit diesen untrennbar verbundene Geschäftswert des Einzelunternehmens auf die GmbH über. Soweit hierfür kein Entgelt vereinbart wird, liegt - unter Verdrängung des § 5 Abs. 2 EStG - eine verdeckte Einlage vor (BFH-Urteile vom 24. März 1987 I R 202/83, BStBl II 1987, 705;vom 20. August 1986 I R 150/82, BStBl II 1987, 455;vom 18. Dezember 1990 VIII R 17/85, BStBl II 1991, 512;vom 14. Januar 1993 IV R 121/91, BFH/NV 1993, 525;vom 16. Juni 2004 X R 34/03, BFH/NV 2004, 1701;vom 20. Juli 2005 X R 22/02, BStBl II 2006, 457). Der BFH hat in den von ihm entschieden Fällen auch eine Pflicht zur Aufdeckung der stillen Reserven nach § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG angenommen.

d. Anwendung auf den Entscheidungsfall

Der Senat hat keine ernstlichen Zweifel daran, dass zum 31. Dezember 2000 ein Geschäftswert des Teilbetriebs "Software" bei der X existent und aufzudecken war. Zweifelhaft erscheint allerdings, ob der Antragsgegner diesen Wert zutreffend ermittelt hat.

(1) Die Beteiligten sind sich im Verlaufe der Betriebsprüfung darüber einig geworden, dass es sich bei den streitigen Vorgängen nicht (wie erklärt) um die Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter, sondern um eine Teilbetriebsveräußerung des Softwarebereiches der X gehandelt hat. Die Beteiligten sind auch übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Betriebsübergang mit Ablauf des Jahres 2000 stattgefunden hat. Der Senat hat keine Veranlassung, dies zu beanstanden.

Die Teilbetriebsveräußerung ist als verdeckte Einlage zu qualifizieren und führt nach § 16 Abs. 3 EStG im Jahre 2000 zur Aufdeckung der stillen Reserven. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil durch die Verträge vom 28. Dezember 2000 und 10. Mai 2001 im Zuge der Übertragung des Teilbetriebs die entgeltlich übertragenen Wirtschaftsgüter zu höheren Werten als den Buchwerten übertragen worden sind.

(2) Der Senat ist bei summarischer Prüfung der Auffassung, dass sich aus dem Gesamtablauf der Vorgänge, dem Gutachten der Unternehmensberatung Y, das die Antragsteller entgegen ihren Mitwirkungspflichten zurückgehalten haben, und vor allem aber aus den Anteilserwerben der S AG unzweifelhafte Anhaltspunkte für die Existenz eines erheblichen Geschäftswertes ableiten lassen, der keinesfalls in den Entgelten für die mit Verträgen vom 28. Dezember 2000 und 10. Mai 2001 übertragenen Wirtschaftsgüter enthalten sein kann.

Da sich der Antragsgegner zu Recht an den Zahlungen orientiert hat, die die S AG für den Erwerb ihrer Anteile geleistet hat, spielt es letztlich auch keine Rolle, inwieweit die wesentlich höheren Werte des Gutachtens von Y zutreffen und inwieweit dieses die Verhandlungen mit der S AG beeinflusst haben mag. Aus welchen Gründen der S AG der Beteiligungserwerb 1,3 Mio DM wert gewesen ist ("strategische Entscheidung"), spielt letztlich keine Rolle. Durch die Zahlung - in Verbindung mit den weiteren Absprachen in den Verträgen vom 21. Dezember 2000 und vom 6. August 2001 - kommt unter fremden Dritten zum Ausdruck, dass hierdurch (im Gegensatz zur Aufnahme von Fremdkapital durch die AG) jeder der Beteiligten wirtschaftlich gleichwertige Beiträge zum Unternehmensvermögen geleistet hat.

Hierbei war die Änderung des Beteiligungsvertrages vom 21. Dezember 2000 durch den Vertrag vom 6. August 2001 offenbar wegen der Abweichung des Antragstellers von der vorgesehenen Form der Betriebsübertragung (Sachgründung statt Bargründung), möglicherweise aber auch durch einen Konzeptwechsel (Übernahme der Anteilsmehrheit durch die S AG) veranlasst. Auch dies hat nach Auffassung des Senats keine nennenswerten Auswirkungen auf die Wertfindung des Geschäftswertes zum 31. Dezember 2000. Denn selbst wenn sich zwischen dem 21. Dezember 2000 und dem 6. August 2001 die wirtschaftlichen Verhältnisse in der X AG wesentlich verändert haben sollten, ist nicht zu verkennen, dass die Daten der Vereinbarung vom 21. Dezember 2000 zu erheblich höheren Wertansätzen geführt hätten, da damals für den Erwerb von 25,1% der Anteile noch 1,75 Mio DM gezahlt werden sollten.

(3) Ernstliche Zweifel hat der Senat jedoch hinsichtlich der Berechnung des Geschäftswertes. Die Prüferin hat dazu ausgeführt (Tz. 2.2.1.1 des Prüfungsberichtes; Bl. 75 BpA):

"Der Unternehmenswert des Geschäftsbereich Software im Übergabezeitpunkt (Ende Dezember 2000) wird daher aus der Höhe der Zahlung der S AG abgeleitet. Durch Ansatz des dreifachen Wertes der Beteiligungssumme wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Anteile im Wege der Kapitalerhöhung von der AG erworben wurden. Der Tatsache, dass neben Herrn X auch noch Herr Z an der AG mit 3,75% beteiligt ist, wird durch einen weiteren Abschlag berücksichtigt. Der Unternehmenswert ermittelt sich demnach wie folgt:

1.300.000 DM X 71,15% (74,90% - 3,75%) : 25,1% = 3.685.059,76 DM

Hiervon wurden die Wirtschaftsgüter Software mit 320.000 DM, halbfertige Arbeiten mit 255.650 DM und das Anlagevermögen mit 170.000 DM entgeltlich auf die AG übertragen. Der Differenzbetrag in Höhe von 2.939.409,76 DM stellt somit den Geschäft-/Firmenwert dar."

Diese Berechnung ist dem Senat nicht in allen Punkten nachvollziehbar. Ziel des Rechenwerks ist es, den Geschäftswert des Teilbetriebs "Software" der X, der zum 31. Dezember 2000 auf die X AG übertragen worden ist, zu ermitteln. Die S AG hat für ihren Anteil von 25,1% am Stammkapital der X AG 1,3 Mio DM gezahlt. Wenn sie sich hiermit - und dies ist die Annahme unter fremden Dritten - gleichwertig in diese Gesellschaft eingebracht hat, hatten die restlichen Anteile (einschließlich der Anteile des Minderheitsgesellschafters), die der Antragsteller wertmäßig der X entnommen und in die X AG eingebracht hat, einen Wert von (1.300.000 : 25,1 X 74,9 =) 3.879.282 DM. Die S AG hat des weiteren - unter Änderung der Vereinbarung vom 21. Dezember 2000 - die Anteile an der X AG erst erworben, nachdem die Übertragungsmodalitäten von der X auf die X AG geklärt waren. In die Wertfindung gemäß Vertrag vom 6. August 2001 sind somit alle bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Übertragungsakte eingegangen und sind somit von dem Betrag von 3.879.282 DM abzuziehen und nicht nur diejenigen, die bereits zum Übergabezeitpunkt vollzogen waren. Insgesamt handelt es sich hierbei um (320.000 + 255.000 + 700.000 + 170.000 =) 1.445.000 DM. Der hiernach anzusetzende Geschäftswert beträgt also (3.879.282 - 1.445.000 =) 2.434.282 DM (anstatt 2.939.409 DM laut Betriebsprüfung).

3. Keine unbillige Härte

Die Vollziehung der Bescheide ist nicht mit einer unbilligen Härte für die Antragsteller verbunden.

Zum einen sind Zweifel an der Pflicht zur Aufdeckung der stillen Reserven zum Übertragungszeitpunkt des Teilbetriebes nahezu ausgeschlossen. Zum anderen ergibt sich bereits aus dem Vortrag der Antragsteller, dass diese über nicht unerhebliche Vermögensgegenstände und Einkünfte verfügen. Immerhin hat der Antragsteller als Vorstandsmitglied der X AG gemäß Vertrag vom 15. Dezember 2000 eine jährliche Bruttovergütung i.H.v. 204.000 DM erhalten (Bl. 683 ff. BpU II). Zudem müsste er - gemäß Vertrag vom 6. August 2001 - bis zum 31. Dezember 2004 durch die Veräußerung seiner Anteile an der X AG (1.040.000 + 1.040.000 + 520.000 =) 2.600.000 DM erlöst haben. Schließlich ist zu bedenken, dass durch die Aufdeckung der stillen Reserven zum Übertragungszeitpunkt nachträgliche Anschaffungskosten entstehen, die zu einer entsprechenden Verminderung der anlässlich der vorgenannten Anteilsverkäufe entstehenden Steuerpflicht nach § 17 EStG führen.

4. Dem Antrag war damit im dargelegten Umfang stattzugeben; im übrigen war er abzuweisen. Die Kosten des Verfahrens werden gemäß § 136 Abs.1 Satz 1 FGO dem Antragsgegner zu 1/10 und den Antragstellern zu 9/10 auferlegt. Hierbei hat der Senat auch berücksichtigt, dass der gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 gerichtete Antrag bereits deshalb abzuweisen war, weil die hier allein streitige Aufdeckung der dem Geschäftswert zuzurechnenden stillen Reserven sich ausschließlich auf den Einkommensteuerbescheid 2000 ausgewirkt hat.

Die Entscheidung ergeht endgültig nach § 128 Abs. 3 FGO. Eine Zulassung der Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 2 FGO kam nicht in Betracht. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht statthaft.

Ende der Entscheidung

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