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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Saarland
Urteil verkündet am 08.10.2009
Aktenzeichen: 2 K 1127/07
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 9 Abs. 1
EStG § 9 Abs. 1
EStG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Senat des Finanzgerichts des Saarlandes

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Prof. Dr. Peter Bilsdorfer als Vorsitzender,

die Richterinnen am Finanzgericht Hörndler und Dr. Anke Morsch sowie

die ehrenamtlichen Richterinnen Claudia Bremerstein (Fachassistentin) und Beate Stahl (Unternehmerin)

ohne mündliche Verhandlung

am 8. Oktober 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2003 als Zollbeamtin beim Hauptzollamt in M Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie streitet mit dem Beklagten um die Berücksichtigung diverser Aufwendungen (Reisekosten, Kosten der Telekommunikation, Reinigungskosten) als Werbungskosten.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2003 machte die Klägerin u.a. Reisekosten geltend (ESt, Bl. 35), die das damals zuständige Finanzamt unberücksichtigt ließ. Diese Kosten betrafen

eine viertägige Fahrt zum Kloster Neustift in Brixen, wo die Klägerin an einem Seminar der Hanns Seidel Stiftung zum Thema "Die europäische Einigung - 2004: Ein Europa 25" teilgenommen hatte (ESt, Bl. 36 ff.). Die Seminargebühren betrugen 100 Euro.

eine viertägige Informationsfahrt auf Einladung einer Bundestagsabgeordneten nach Berlin (ESt, Bl. 48 ff.). Die Fahrtkosten der Klägerin betrugen 175,25 Euro.

eine viertägige Reise mit der Deutschen Beamtenjugend nach Wien (ESt, Bl. 53 ff.). Die Fahrtkosten der Klägerin betrugen 150 Euro.

eine eintägige Reise mit der Arbeitnehmer-Union nach Bamberg (ESt, Bl. 55). Die Fahrtkosten der Klägerin betrugen 10 Euro.

Weitere Werbungskosten-Positionen betrafen die "Reinigung Berufskleidung (pauschal)" i.H. von 103 Euro sowie "Telekommunikationsaufwendungen". Diese Aufwendungen erkannte das damals zuständige Finanzamt nicht als Werbungskosten an.

Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid vom 17. März 2005 (ESt, Bl. 58) legte die Klägerin am 14. April 2005 Einspruch ein (Rbh, Bl. 3). Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2007 setzte der zwischenzeitlich zuständig gewordene Beklagte die Einkommensteuer auf 3.183 Euro fest, wobei jedoch die vorerwähnten nicht anerkannten Aufwendungen weiterhin keine Berücksichtigung fanden (Bl. 21 ff.).

Am 12. März 2007 (Montag) hat die Klägerin Klage erhoben (Bl. 1).

Sie beantragt sinngemäß (Bl. 2),

den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 17. März 2005 in Form der Einspruchsentscheidung vom 8. Februar 2007 dahingehend zu ändern, dass Aufwendungen für Reisen i.H. von 432,25 Euro, für Telekommunikation i.H. von 70 Euro und Reinigung von Dienstkleidung i.H. von 103 Euro als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Berücksichtigung finden.

Bei den Reisen der Klägerin handele es sich um berufsbezogene Fahrten, da ein konkreter Bezug zu der Arbeit der Klägerin als Zollbeamtin bestanden habe. Die Telekommunikationskosten seien in Höhe von 70 Euro beruflich veranlasst. Dies gelte auch für die Reinigungskosten. Die Klägerin trage im Außendienst zwar keine Uniform. Die von ihr getragene Kleidung sei jedoch aufgrund der Art der Tätigkeit einer besonderen Verschmutzung ausgesetzt (Bl. 2 f.).

Der Beklagte beantragt (Bl. 38),

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Für sämtliche nicht anerkannte Aufwendungen sei ein konkreter Bezug zu der beruflichen Sphäre der Klägerin nicht nachgewiesen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die geltend gemachten Ausgaben stellen keine Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit dar.

1. Rechtsgrundlagen allgemein

§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bestimmt Werbungskosten als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Die Rechtsprechung hat den Werbungskostenbegriff allerdings dem Begriff der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG angeglichen. Werbungskosten liegen danach vor, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (BFH vom 10. Januar 2008 VI R 17/07, BStBl II 2008, 234).

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die aus beruflichen Gründen erwachsenen Kosten zugleich Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen darstellen. Diese sog. gemischten Aufwendungen sind nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG grundsätzlich nicht abziehbar.

2. Spezielle Werbungskosten

2.1. Reisekosten

2.1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH führen (Auslands-) Reisen, die nach der Lebenserfahrung sowohl dem beruflichen als auch dem Bereich der privaten Lebensführung angehören können, nur dann zu abziehbaren Werbungskosten, wenn die Reisen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse unternommen werden, wenn also die Verfolgung privater Interessen, wie z.B. Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen sind. Andernfalls sind die gesamten Reisekosten nicht abziehbar, soweit sich nicht ein durch den Beruf veranlasster Teil nach objektiven Maßstäben sicher und leicht abgrenzen lässt (vgl. z.B. BFH vom 29. November 2006 VI R 36/02, BFH/NV 2007, 681; vom 18. Oktober 1990 VI R 72/89, BStBl II 1991, 92).

Für die Beurteilung der Frage, ob für eine Reise in nicht unerheblichem Umfang Gründe der privaten Lebensführung eine Rolle gespielt haben, hat die Rechtsprechung in erster Linie auf den Zweck der Reise abgestellt. Reisen, denen offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt, sind in der Regel ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen, selbst wenn solche Reisen in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden. Als unmittelbaren beruflichen Anlass hat der BFH das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, das Halten eines Vortrages auf einem Fachkongress, die Durchführung eines Forschungsauftrages oder die Absicht eines Künstlers, am Reiseziel wegen des dort vorhandenen landschaftlichen oder kulturellen Umfelds in einer seinem besonderen Malstil entsprechenden Arbeitsweise tätig zu werden, angesehen (vgl. z.B. BFH vom 16.Oktober 1986 IV R 138/83, BStBl II 1987, 208). Anders dagegen sind (Auslands-) Reisen zu beurteilen, denen ein solcher konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit fehlt. Hierzu gehören insbesondere Reisen zu Informationszwecken wie z.B. Gruppenreisen zu Studienzwecken oder Kongressreisen.

Speziell bei staatspolitischen Bildungsreisen ist nicht -im Sinne rein beruflicher Veranlassung- ausschlaggebend, dass ein Beamter verpflichtet ist, sich durch sein gesamtes dienstliches und außerdienstliches Verhalten zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung i.S. des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten (FG Berlin vom 8. Mai 1979 V 2/79, EFG 1979, 542). Dies gilt unabhängig davon, ob dem Beamten für diese Reise Sonderurlaub gewährt worden ist.

2.1.2. Sämtlichen von der Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung angeführten Reisen fehlte ein unmittelbarer beruflicher Anlass. Es handelte sich vielmehr um staatspolitische Bildungsreisen, die dem privaten Bereich zuzuordnen sind.

Der Senat verweist diesbezüglich auf die in der Einspruchsentscheidung sorgfältig vorgenommene Einzelbeurteilung durch den Beklagten. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung des Beklagten vollinhaltlich an. Es ist bei keiner der Reisen, die allesamt an touristisch interessante Städte bzw. in entsprechend reizvolle Regionen geführt haben, erkennbar, dass für die Durchführung dieser Reisen ein spezieller beruflicher Bezug gegeben war.

Mithin scheidet eine Berücksichtigung der entsprechenden Aufwendungen als Werbungskosten aus.

2.2. Telekommunikationskosten

2.2.1. Telefonkosten können Werbungskosten sein. Lässt sich jedoch bei einem insgesamt sowohl dem beruflichen wie auch dem privaten Bereich zuzurechnenden Kostenblock keine präzise Zuordnung (etwa einzelner Gesprächskosten) vornehmen, so ist der beruflich veranlasste Anteil der Telefonkosten zu schätzen (BFH vom 19. Dezember 1977 VI R 198/76, BStBl II 1978, 287). Für die Ermittlung des beruflichen Umfangs kommt es dabei allerdings in besonderem Maße auf die Mitwirkung des Steuerpflichtigen an (BFH vom 9. November 1978 VI R 195/77, BStBl II 1979, 149). Seiner Mitwirkungspflicht kommt dieser am besten dadurch nach, dass er geeignete Aufzeichnungen führt, weil er auch insoweit --wie bei allen Werbungskosten-- zur Beweisvorsorge verpflichtet ist (BFH vom 22. Dezember 2000 IV B 4/00, BFH/NV 2001, 774).

2.2.2. Im Streitfall hat die Klägerin lediglich abstrakt erklärt, es müsse "in der heutigen Zeit die Möglichkeit bestehen, sich mit den gängigen Telekommunikationsmitteln mit seinem Arbeitgeber in Kontakt setzen zu können" (Bl. 3). Sie hat indessen nicht dargelegt, wo und wann und in welchem Umfang ein solcher Kontakt stattgefunden hat und aus welchem Anlass eine solche Kontaktaufnahme auf Kosten der Klägerin geboten war. Dies schließt es aus, den beruflichen Anteil ansatzweise zutreffend zu schätzen.

2.3. Reinigungskosten Berufskleidung

2.3.1. Aufwendungen für Kleidung (inklusive deren Reinigung) sind ebenso wie Aufwendungen für Wohnung und Verpflegung grundsätzlich Kosten der Lebensführung und nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG selbst dann nicht abzugsfähig, wenn sie zugleich der Förderung des Berufs dienen (BFH vom 18. April 1991 IV R 13/90, BStBl II 1991, 751: Konzertkleider sowie schwarze Hosen einer Instrumentalsolistin).

Ein Abzug als Werbungskosten kommt gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG nur in Betracht, wenn es sich bei der maßgeblichen Kleidung um typische Berufskleidung handelt. Nach der Rechtsprechung des BFH liegt typische Berufskleidung vor, wenn die berufliche Verwendungsbestimmung bereits in ihrer Beschaffenheit entweder durch ihre Unterscheidungsfunktion, wie z.B. bei Uniformen oder durch dauerhaft angebrachte Firmenembleme, oder durch ihre Schutzfunktion - wie bei Schutzanzügen, Arbeitsschuhen o.ä. - zum Ausdruck kommt (BFH vom 6. Juni 2005 VI B 80/04, BFH/NV 2005, 1792 m.w.N.: ausschließlich bei der Berufsausübung getragene bürgerliche Kleidung eines Soldaten). Die Qualifizierung eines Kleidungsstücks als typische Berufskleidung scheidet schon dann aus, wenn seine Benutzung als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt (BFH vom 19. Januar 1996 VI R 73/94, BStBl II 1996, 202: Lodenmantel des Leiters eines staatlichen Forstamtes). Aufwendungen für bürgerliche Kleidung führen daher selbst dann nicht zum Werbungskostenabzug, wenn diese Kleidung nahezu ausschließlich (BFH vom 20. November 1979 VI R 25/78, BStBl II 1980, 73: Trachtenanzug des Geschäftsführers eines im Bayerischen Stil gehaltenen Nürnberger Lokals) bzw. ausschließlich (BFH vom 6. Juni 2005 VI B 80/04, BFH/NV 2005, 1792) bei der Berufsausübung benutzt wird.

Der BFH hat jedoch die Aufwendungen für den schwarzen Anzug eines Leichenbestatters (BFH vom 30. September 1970 I R 33/69, BStBl II 1971, 50), eines Oberkellners (BFH vom 9. März 1979 VI R 171/77, BStBl 1979, 519) sowie eines katholischen Geistlichen (BFH vom 10. November 1989 VI R 159/86, BFH/NV 1990, 288) als Werbungskosten anerkannt, weil die vom üblichen Verwendungszweck unterschiedliche Funktion dem schwarzen Anzug den Charakter einer typischen Berufskleidung verleihe. In den Fällen des Oberkellners und des katholischen Geistlichen solle nach Ansicht des BFH der schwarze Anzug der Position dieser Personen Ausdruck verleihen und dieser Tätigkeit den erwarteten äußeren Rahmen geben. Im Fall des Leichenbestatters ist der BFH der Meinung, es handele sich bei dem schwarzen Anzug um ein Kleidungsstück, das angesichts seiner beruflichen Verwendung eine Verwendung im privaten Bereich nicht mehr zulasse (ergänzend zum schwarzen Anzug eines Croupiers FG Baden-Württemberg vom 31. Januar 2006 4 K 448/01, EFG 2006, 809).

2.3.2. Unter Anwendung dieser Grundsätze erfüllen die von der Klägerin während ihrer Arbeitszeit getragenen Kleider nicht die Voraussetzungen einer typischen Berufskleidung. Es handelt sich, wie die Klägerin selbst einräumt, um keine Uniform. Vielmehr trägt die Klägerin während ihrer Berufsausübung ihre zivile Kleidung. Dass diese einer besonderen Verschmutzung ausgesetzt ist, ist zwar vorgetragen, aber in keiner Weise nachgewiesen. Hinzu kommt, dass die Klägerin auch nicht ansatzweise dargetan hat, wie sie auf den Betrag von 103 Euro gekommen ist, den sie insoweit als Werbungskosten anerkannt haben will.

3. Nach alledem konnte die Klage insgesamt keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO als unbegründet abzuweisen.

Zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO bestand keine Veranlassung.

Der Senat war nach § 94a Satz 1 FGO zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung berechtigt, da der Streitwert 500 Euro nicht übersteigt (Bl. 36).

Ende der Entscheidung

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