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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 14.01.2009
Aktenzeichen: 2 K 269/07
Rechtsgebiete: ErbStG


Vorschriften:

ErbStG § 3 Abs. 1
ErbStG § 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 2. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Januar 2009

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Weber als Vorsitzender,

die Richterin am Finanzgericht Dr. Leingang-Ludolph,

den Richter am Finanzgericht Schulz,

die ehrenamtliche Richterin ... und

die ehrenamtliche Richterin ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Erbschaftsteuerbescheides vom 26. Oktober 2005.

Die Klägerin ist neben ihren beiden Neffen ... und ... H. und ihrem Cousin, dem Prozessbevollmächtigten, gesetzliche Erbin nach K. B., geb. H. Die Erblasserin war verheiratet mit dem Wittwer H. Aus dessen erster Ehe war eine Tochter hervorgegangen, die inzwischen ebenfalls verstorbene Frau S. Diese wuchs bei den Eheleuten B. auf. Die Erblasserin hatte keine Nachkommen; Frau S. war von ihr nicht adoptiert worden.

Frau S. hatte seit 1990 Kontovollmacht für die Konten der Erblasserin. Nach deren Tod trug sie die Nachlasskosten der Erblasserin. Die Sparkasse H. akzeptierte nach dem Tod der Erblasserin am 4. März 2004 zunächst anstandslos die Kündigung des Girokontos und monatliche Verfügungen über das Sparkonto durch Frau S. Im Jahre 2005 verlangte die Sparkasse für die weitere Auszahlung des Sparkontoguthabens einen Erbschein. Im Juni 2005 erließ das zuständige Nachlassgericht einen Erbschein zugunsten der gesetzlichen Erben der Erblasserin. Die Klägerin und der Prozessbevollmächtigte trafen im August 2005 "mit dem Wissen, das <die Erblasserin> allein ihre Stieftochter (...) als Erbe bedacht wissen wollte, jedoch zur Ausführung eines rechtsgültigen Testamentes infolge des Todeseintritts nicht mehr gekommen ist " eine Vereinbarung, wonach sie auf ihren Erbanteil "verzichteten". Ihren jeweiligen Anteil am Nachlass ließen sie Frau S. zukommen. Die beiden Neffen der Klägerin hatten zuvor deutlich gemacht, dass sie eine derartige Vereinbarung nicht unterschreiben würden.

Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) setzte aufgrund der gesetzlichen Erbfolge unter Berücksichtigung des auf die Klägerin entfallenden Anteils am Nachlass am 26. Oktober 2005 gegen die Klägerin Erbschaftsteuer in Höhe von 884 EUR fest. Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, die Erblasserin sei ohne Testament und ohne Nachkommen verstorben. Das aufgrund der Ehe entstandene Stiefkindverhältnis zu Frau S. habe dem eines leiblichen Kindschaftsverhältnisses gleichgestanden. Die Erblasserin habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass ihre Stieftochter das Begräbnis durchführen und die Grabstelle pflegen solle. Dafür habe ihr das Ersparte zustehen sollen, zumal die Stieftochter die Erblasserin die letzten zwölf Jahre gepflegt habe. Weshalb es nicht zur Abfassung eines rechtsgültigen Testaments gekommen sei, sei nicht bekannt. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FA führte im Einspruchsbescheid vom 2. Februar 2007 aus, der Besteuerung sei die gesetzliche Erbfolge zu Grunde zu legen. Die "Erklärung über eine formnichtige mündliche Verfügung des Erblassers" könne nicht anerkannt werden. Es fehle der Nachweis des ernstlichen Erblasserwillens. Die Erklärung sei auch nicht zeitnah, sondern erst mehrere Monate nach dem Todesfall erstellt worden. Im Übrigen handele es sich nicht um eine unwirksame Verfügung der Erblasserin, denn eine solche (auch formunwirksame) Verfügung existiere nicht.

Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihren Vortrag im Einspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, dass erbschaftsteuerrechtlich nur die Bereicherung zu besteuern sei. Nach Erfüllung des letzten Willens der Erblasserin sei nicht sie, die Klägerin, sondern Frau S. Bereicherte.

In der mündlichen Verhandlung wies der Prozessbevollmächtigte darauf hin, dass alle Beteiligten davon ausgegangen seien, dass die Erblasserin ihre Stieftochter als Erbin eingesetzt habe. Anlässlich eines Geburtstages der Erblasserin habe diese erklärt, ihre Stieftochter würde später einmal ohnehin alles erhalten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

den Erbschaftsteuerbescheid vom 26. Oktober 2005 und den Einspruchsbescheid vom 2. Februar 2007 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist das FA auf seinen Einspruchsbescheid.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) unterliegt der Erwerb durch Erbanfall der Erbschaftsteuer. Die Klägerin ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge Erbin zu 1/4 nach dem Tod der Erblasserin geworden. Der auf sie entfallende Anteil am Nachlass betrug 13.374,25 EUR. Das FA hat daher gegen die Klägerin zutreffend eine Steuer in Höhe von 884 EUR festgesetzt.

Eine Steuer gegen die Klägerin wäre allerdings nicht festzusetzen, soweit sie Verfügungen aufgrund einer formunwirksamen letztwilligen Verfügung erfüllt hätte. Dies war zunächst in § 14 ErbStG 1925 ausdrücklich geregelt. Danach war, wenn der Erbe eine wegen Formmangels unwirksame Verfügung von Todes wegen erfüllte, die Steuer zu erheben, die bei Gültigkeit der Verfügung des Erblassers zu entrichten gewesen wäre. Diese Bestimmung wurde durch das ErbStÄndG 1951 gestrichen. In der Begründung hierzu heißt es, diese Regelung sei überflüssig, weil dieser Rechtsgedanke bereits in § 5 Steueranpassungsgesetz (StAnpG), jetzt § 41 Abgabenordnung, enthalten sei. Im vorliegenden Fall kommt die Anwendung dieses Rechtsgedankens allerdings nicht in Betracht, denn nach Auffassung des Senats fehlt es an einer formunwirksamen Verfügung von Todes wegen. Eine solche liegt nicht vor. Die gemeinsame Erklärung der Klägerin und des Prozessbevollmächtigten stellt keine formunwirksame letztwillige Verfügung der Erblasserin dar.

Ob ein Erlass der festgesetzten Erbschaftsteuer aus Billigkeitsgründen in Betracht kommt, kann der Senat dahinstehen lassen, da es hierauf im vorliegenden Verfahren nicht ankommt. Für einen Erlass der Erbschaftsteuer könnten allerdings die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung betreffend den Familiengeburtstag sprechen. Der Prozessbevollmächtigte hat insoweit ausgeführt, dass die Erblasserin erklärt habe, Frau S. würde später einmal ohnehin alles bekommen. Anscheinend gingen alle (einschließlich der Klägerin und des Prozessbevollmächtigten) davon aus, dass die Stieftochter gesetzliche Erbin der Erblasserin sei und diese auch ohne Testament beerben würde. Der Senat hat im Hinblick darauf, dass die Stieftochter im Haushalt ihres Vaters und ihrer Stiefmutter aufgewachsen ist, wenig Zweifel, dass bei der Erblasserin ein derartiges Rechtverständnis vorhanden war. Wäre dieses Rechtsverständnis bei der Erblasserin und den übrigen Anwesenden nicht vorhanden gewesen, hätten die Anwesenden, insbesondere die Klägerin und der Prozessbevollmächtigte die Erblasserin darauf aufmerksam gemacht, dass die Stieftochter die Erblasserin nur beerben kann, wenn die Erblasserin ihre Stieftochter durch ein Testament als Erbin bestimmt. Dass die Klägerin und der Prozessbevollmächtigte die Erblasserin auf die Notwendigkeit eines Testaments hingewiesen hätten, ergibt sich für den Senat aus dem Umstand, dass die Klägerin und der Prozessbevollmächtigte, nachdem sie erkannten, dass die mit ihnen nicht verwandte Stieftochter nicht gesetzliche Erbin geworden war, dieser ihren jeweiligen Erbanteil überlassen haben. Ein Erlass der Erbschaftsteuer könnte das über alle Maßen anständige Verhalten der Klägerin - für das es keine rechtliche Verpflichtung gab - honorieren und die Rechtsfolgen des § 14 ErbStG 1925 im Billigkeitswege herstellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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