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Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: 3 K 306/01
Rechtsgebiete: KStG, EStG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 S. 2
EStG § 4 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

3 K 306/01

Körperschaftsteuer 1996, 1997 und 1998

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 3. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Februar 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Schurwanz,

den Richter am Finanzgericht Burckgard,

den Richter am Finanzgericht Kerber,

den ehrenamtlichen Richter

die ehrenamtliche Richterin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Bescheide vom 06. November 2000 über Körperschaftsteuer 1996, 1997 und 1998 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2001 werden nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert. Der Beklagte hat der Klägerin das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mitzuteilen und nach Rechtskraft der Entscheidung die Bescheide mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

Die bis zur mündlichen Verhandlung entstandenen Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 40 v.H. und der Beklagte zu 60 v.H. zu tragen; die seither entstandenen Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die im Jahr 1990 gegründete Klägerin betreibt einen Einzelhandel mit Computern. In den Streitjahren waren R., B. und M. zu je einem Drittel am Stammkapital der Klägerin beteiligt. Alle drei Gesellschafter sind zugleich zu Geschäftsführern bestellt.

In der Zeit vom 17. Januar 2000 bis zum 27. April 2000 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Hierbei vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung mit der Grundstücksgemeinschaft B., M., R. erfüllt seien. An dieser Grundstücksgemeinschaft sind die drei Gesellschafter der Klägerin mit ihren Ehefrauen zu gleichen Teilen beteiligt. Die Grundstückgemeinschaft vermietete an die Klägerin ein Gebäude, in den sich ihre Lagerräume, die Werkstatt, Verkaufsräume, Büroräume und der Testschulungsraum der Klägerin befinden.

Des Weiteren stellte der Prüfer fest, dass die Gesellschafter in den Streitjahren der Klägerin Darlehen ausreichten, die mit einem Zinssatz von 10 bis 12 v.H. verzinst wurden. Angemessen sei jedoch ein Mittel aus den gültigen Soll- und Habenzinsen. Der Prüfer bezog sich auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) in BStBl II 1990, 649 und in BStBl II 1994, 725. Hinsichtlich der Differenzbeträge nahm der Prüfer verdeckte Gewinnausschüttungen an (1996: 11.591,40 DM, 1997: 8.623,55 DM; 1998: 10.456,08 DM). Wegen der Zusammenstellung der einzelnen Darlehensverträge wird auf Bl. 115 ff. der Bp-Arbeitsakte verwiesen. Die vom Prüfer vorgenommene Berechnung des angemessenen Zinses ergibt sich aus Bl. 183 ff. der Bp-Arbeitsakte.

Außerdem nahm der Prüfer verdeckte Gewinnausschüttungen hinsichtlich der in den Jahren 1996 und 1998 an die Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlten sog. Leistungszulagen an, weil der Anstellungsvertrag hinsichtlich ihrer Höhe keine klare und eindeutige Regelung enthalte (1996: 15.000,00 DM; davon jeder Gesellschafter-Geschäftsführer je 5.000,00 DM; 1998: 8.395.50 DM, davon B. 2.404,50 DM, R. 2.819,00 DM und M. 3.172,00 DM). Die Zulage wird im Zusammenhang mit bestimmten Projekten gezahlt, für die Überstunden bzw. Wochenendarbeit notwendig waren. Auf die insoweit getroffenen Vereinbarungen in den Anstellungsverträgen wird Bezug genommen. Auch andere Arbeitnehmer der Klägerin haben eine Zulage erhalten.

Wegen der weiteren Feststellungen wird auf den Inhalt des Prüfungsberichts verwiesen.

In Auswertung der Prüfungsfeststellungen ergingen am 06. November 2000 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide für 1996, 1997 und 1998 über Körperschaftsteuer, in denen für die verdeckten Gewinnausschüttungen die Ausschüttungsbelastung hergestellt wurde.

Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide fristgemäß Einspruch ein, der sich gegen die Annahme einer Betriebsaufspaltung und gegen den Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen richtete.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen vom 24. Juli 2001 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 17. August 2001 Klage erhoben.

Die Klage hat sich zunächst gegen dieselben Punkte wie die Einsprüche gerichtet.

Im Verlauf des Verfahrens hat der Beklagte seine Auffassung aufgegeben, dass eine Betriebsaufspaltung vorliege. Andererseits wendet sich die Klägerin nunmehr nur noch gegen die verdeckten Gewinnausschüttungen hinsichtlich der Verzinsung der Darlehen.

Die Klägerin trägt vor, dass die Abweichung zwischen den Darlehensverträgen, die mit den Gesellschaftern geschlossen wurden, und dem Vertrag, der mit einer Nichtgesellschafterin (W.) geschlossen wurde, unwesentlich seien. Ein Gesellschafter (M.) habe einen Teil des Darlehens rückfinanziert. Auch hier sei eine Verzinsung von 10 v.H. vereinbart worden.

Der Beklagte vergleiche die vereinbarten Zinssätze der Gesellschafterdarlehen mit Zinssätzen von Ratenkrediten der Banken. Ein Gesellschafterdarlehen, welches ohne werthaltige Sicherheiten an wirtschaftendes Unternehmen vergeben werde, könne wenn überhaupt in seiner Konditionierung mit einem Kontokorrentkredit eines Kreditinstituts verglichen werden. Ebenso sei, wenn man dem Gedanken der Teilung der Marge folgen wolle, mit dem Vergleich zu einem Refinazierungsinstrument zu verfahren. Nicht der Zins eines Sparbriefs, sondern der Habenzins eines Kontokorrentkontos sei für die Beurteilung der Refinanzierung heranzuziehen. Im Übrigen könne die Klägerin diesem Vorgehen nicht zustimmen. Die Höhe des Zinssatzes eines Gesellschafterdarlehens, das der Sicherung der Liquidität oder der Sicherung der Finanzierung von Investitionen diene, könne nur mit dem Zinssatz verglichen werden, den die Gesellschaft zahlen müsste, wenn sie das Darlehen zu gleichen Konditionen am Kapitalmarkt aufnehmen würde. es sei zu berücksichtigen, dass ein Gesellschafterdarlehen ungesichert sei und im Falle der Insolvenz der Gesellschaft hinter den Forderungen anderer Gläubiger zurücktrete. Banken würden in der Regel keine ungesicherten Darlehen vergeben. Ein Risikoaufschlag von 2 Prozentpunkten auf ein Refinanzierungsgeschäfts sei moderat, weshalb ein Zinssatz von 12 v.H. wirtschaftlich gerechtfertigt sei.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide vom 06. November 2000 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2001 dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer 1996, 1997 und 1998 unter Außerachtlassung folgender verdeckter Gewinnausschüttungen festgesetzt wird:

 1996:11.591,00 DM
1997:8.623 DM
1998:10.456 DM

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Aufgrund des mit W. geschlossenen Vertrages (vgl. Bl. 175 der Bp-Arbeitsakte) könne ein Fremdvergleich durchgeführt werden. Frau W. sei schlechter gestellt als die Gesellschafter, denn sie könne erst frühestens nach Ablauf eines Jahres und mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist die Rückzahlung des Darlehens verlangen. Sie trage deshalb ein höheres Risiko als die Gesellschafter, weshalb ein höherer Zinssatz gerechtfertigt sei. Sie habe allerdings auch lediglich Zinsen von 10 v.H. erhalten

Da die banküblichen Sollzinsen für Ratenkredite im Prüfungszeitraum durchschnittlich 11,54 v.H. und die Habenzinsen für Finanzanlagen (Sparbriefe) durchschnittlich 4,45 v.H. betrugen, sei der Ansatz eines Mittelwertes von 8 v.H. angemessen. Dieser Ansatz stehe auch zu den bisher höchstrichterlich entschiedenen Vergleichsfällen nicht im Widerspruch, weil die BFH-Rechtsprechung keine konkreten Maßstäbe für die Festlegung angemessener Zinsen nenne.

Was die Rückfinanzierung durch den Gesellschafter M. betreffe, so rechtfertige diese nicht die Anerkennung eines Zinssatzes von 10 v.H. Habe die Gesellschaft selbst keinen Kredit aufgenommen, so würden die banküblichen Habenzinsen die Untergrenze und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung bilden. Der im Einzelfall angemessene Betrag sei innerhalb der genannten Marge durch Schätzung zu ermitteln, wobei dem Risiko, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt werden könne, besondere Bedeutung zukomme. Der Ansatz der Sollzinsen sei jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesellschaft - wie die Klägerin - keine Bankgeschäfte betreibe und deshalb nicht den damit verbundenen Aufwand habe. Seien keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, so sei nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen werde, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen (BFH in BStBl II 1990, 649).

Die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung der Hausbank über Zinsen in Höhe von 14,75 v.H. für Kontoüberziehungen (vgl. Bl. 174 der Bp-Arbeitsakte) könne nicht berücksichtigt werden, weil sie als Maßstab für langfristige Verbindlichkeiten mit gewissem Risiko nicht in Frage komme. Im Übrigen hätten die Jahresdurchschnittswerte der Kontokorrentzinsen in den Jahren 1996 bis 1998 10,1 v.H., 9,1 v.H. bzw. 9,0 v.H. betragen.

Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2006 hat der Beklagte erklärt, er sei bereit, die bisher angesetzten verdeckten Gewinnausschüttungen um die Hälfte vermindert zu berücksichtigen. Diese Minderung ergebe sich, wenn man einen Zinssatz von 10 v.H. als angemessen ansetze.

In der mündlichen Verhandlung sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass es über die Homepage der Bundesbank (www.bundesbank.de) die Möglichkeit gibt, statistische Zeitreihen für verschiedene Finanzierungsarten abzurufen, die nach Durchschnittssätzen, Untergrenzen der Streubreite und Obergrenze der Streubreite differenzieren.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage richtet sich inzwischen nur noch gegen den Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttungen hinsichtlich der Verzinsung der von den Gesellschafter-Geschäftsführern an die Klägerin hingegebenen Darlehen. Insoweit ist die Klage begründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des zwischen den Beteiligten im Verfahren wegen der Gewerbesteuermessbeträge (3 K 305/01) ergangenen Urteils vom 21. Februar 2008 Bezug genommen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Hierbei wurde berücksichtigt, dass sich ein Teil des ursprünglichen Streits bereits vor der mündlichen Verhandlung erledigt hatte.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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