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Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 21.02.2008
Aktenzeichen: 3 K 775/99
Rechtsgebiete: EStG 1990, KStG 1984


Vorschriften:

EStG 1990 § 6 Abs. 1 Nr. 1
EStG 1990 § 6 Abs. 1 Nr. 2
KStG 1984 § 8 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

3 K 775/99

Körperschaftsteuer für 1992

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 3. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Februar 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Schurwanz,

den Richter am Finanzgericht Kerber,

den Richter am Finanzgericht Burckgard,

den ehrenamtlichen Richter

die ehrenamtliche Richterin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Teilwertabschreibung auf eine Beteiligung an einer GmbH.

Mit Vertrag vom 29. August 1991 erwarb die V GmbH sämtliche Anteile an der seinerzeit als W GmbH firmierenden nunmehrigen S GmbH, der Klägerin, von der Treuhandanstalt. Die Klägerin hielt bereits damals ihrerseits sämtliche Anteile an der seinerzeit als W GmbH firmierenden nunmehrigen SW GmbH (im folgenden T GmbH). Die V GmbH sicherte der Treuhandanstalt zu, dass sie bis zum 31. Dezember 1993 ständig zumindest 180 Arbeitnehmer in Dienstverhältnissen beschäftigen werde. Ausgenommen war ein Personalabbau, soweit er sich auf Einschränkungen im ÖPNV durch Entscheidungen der Landesregierung, der Kommune oder des Kreises mit Wirkung auf den zu zahlenden Betriebskostenausgleich ergebe. Für jeden nicht besetzten der 180 Arbeitsplätze hatte die Käuferin DM 500,-- / Monat zu zahlen. Soweit sich aus einer Einschränkung des Angebots im ÖPNV das Erfordernis des Personalabbaus ergeben sollte, waren Abfindungs- und Sozialplanansprüche von Mitarbeitern, die bis zum 31. März 1992 aus der Klägerin oder der T-GmbH ausschieden, von der Treuhandanstalt bis zu einem Betrag von DM 125.000,-- zu übernehmen. Die Verkäuferin stellte die Klägerin wie auch die T-GmbH von Rückübertragungs- und Entschädigungsansprüchen der Stadt Wittenberg im Hinblick auf die im Eigentum der T-GmbH befindlichen Flächen im Gebiet "..." frei.

In ihrer nach der o.g. Anteilsveräußerung berichtigten DM-Eröffnungsbilanz wies die T-GmbH ihr Eigenkapital mit DM 1.522.364,-- aus. Die Klägerin aktivierte ihre Beteiligung an der T-GmbH in ihrer berichtigten DM-Eröffnungsbilanz mit demselben Wert.

Zum 31. Dezember 1992 nahm die Klägerin eine Teilwertabschreibung i.H.v. DM 507.455,-- vor. Auf diesen Stichtag wies die T-GmbH Eigenkapital I.H.v. DM 1.564.293,77 aus. Im 2. Halbjahr 1990 hatte sie einen Verlust i.H.v. DM 134.778,79, in 1991 i.H.v. DM 1.294.377,78 und in 1992 i.H.v. DM 241.014,11 erwirtschaftet.

Im Anlagespiegel der T-GmbH auf den 31. Dezember 1992 finden sich u.a. folgende Angaben:

 FahrzeugKennzeichenAnschaffungAnschaffungskostenBilanzansatz
Mercedes Benz- K 306November 1990170.920,0081.920,00
Mercedes Benz- K 307November 1990170.920,0081.920,00
Mercedes Benz- K 308November 1990170.920,0081.920,00
Mercedes Benz- K 336November 1990170.920,0081.920,00
Mercedes Benz- K 310November 1990170.920,0081.920,00
Mercedes Benz- K 311November 1990176.643,0084.643,00
Mercedes Benz- K 312November 1990176.643,0084.643,00
Mercedes Benz- K 314November 1990176.642,0084.702,00
Mercedes Benz- K 313November 1990176.643,0084.703,00
Mercedes Benz- K 315November 1990176.642,0084.702,00

Die Körperschaftsteuererklärung der Klägerin für 1992 ging beim Beklagten im Jahre 1993 ein. Der Beklagte setzte die Körperschaftsteuer zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

In Auswertung eines Prüfungsberichts vom 30. Dezember 1997 erließ der Beklagte unter dem 30. Juni 1998 einen Änderungsbescheid über Körperschaftsteuer für 1992, in dem er die Teilwertabschreibung nicht berücksichtigte.

Der hiergegen gerichtete Einspruch ging beim Beklagten am 10. Juli 1998 ein. Die Klägerin führte aus, bei der Teilwertabschreibung sei der Leitgedanke des Gläubigerschutzes zu berücksichtigen. Der seinerzeitige Wirtschaftsprüfer habe auf die Teilwertabschreibung gedrängt. Bei Anwendung des Stuttgarter Verfahrens ergebe sich ein Wert der Beteiligung i.H.v. DM 600.000,--. Dabei betrage der Vermögenswert 132,8% des Stammkapitals der T-GmbH, das sich auf DM 500.000,-- belaufe. In diesem Wert seien die Grundstücke mit dem vierfachen des Einheitswerts von DM 155.000,-- berücksichtigt, während ihr Buchwert DM 1.519.552,-- betrage. Selbst wenn man unterstelle, dass der Buchwert dem Verkehrswert der Grundstücke entspreche, ergäben sich ein Vermögenswert von 312,8 v.H. und damit ein gemeiner Wert von 210 v.H. In diesem Fall gelange man zu einem Bilanzansatz i.H.v. DM 1.050.000,--. Der von ihr mit TDM 50 prognostizierte Jahresgewinn erscheine angesichts der Verluste in den Jahren 1990 bis 1992 ausgesprochen hoch.

Unter dem 16. November 1999 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, selbst wenn der für Zwecke der Vermögensteuer anzusetzende gemeine Wert der Beteiligung deren Anschaffungskosten unterschreite, rechtfertige dies allein noch nicht eine Teilwertabschreibung. Die Anlaufverluste der T-GmbH seien angesichts hoher Investitionen und Personalkosten sowie des Umsatzrückgangs vorhersehbar gewesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Die hiergegen gerichtete Klage ging beim Gericht am 17. Dezember 1999 ein. Die Klägerin trägt vor, für eine Teilwertabschreibung auf das "Sachanlagevermögen" der T-GmbH durch dies habe keine Veranlassung bestanden, da die Wertansätze in der berichtigten DM-Eröffnungsbilanz zuträfen. Sie habe bei der Ermittlung des sog. Vermögenswerts im Rahmen der Wertfindung nach dem Stuttgarter Verfahren hinsichtlich des "Sachanlagevermögens" die Buchwerte zugrunde gelegt, da diese den Teilwerten entsprochen hätten. Die Teilwertabschreibung auf die Beteiligung habe ihren Grund darin, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung der "Beteiligungsgesellschaft" im Jahre 1992 unvorhergesehen nochmals deutlich verschlechtert habe.

Für Vermögensgegenstände, die wie Beteiligungen nicht wiederbeschafft werden könnten, ergäben sich keine Wiederbeschaffungskosten und meist auch keine Einzelveräußerungswerte. Ziel der Bewertung einer Beteiligung müsse es sich, spätere Ergebnisbeeinträchtigungen zu vermeiden. Dabei sei das sog. Stuttgarter Verfahren anzuwenden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass in der T-GmbH stille Reserven in der Zeit vom 01. Juli 1990 bis zum 31. Dezember 1992 nur in geringem Umfang entstanden seien. Bei der Ermittlung des Ertragshundertsatzes habe sie die negativen Ergebnisse der Jahre 1990 bis 1992 unberücksichtigt gelassen und statt dessen ein erzielbares Ergebnis von TDM 50 angesetzt, was bezogen auf das Stammkapital der T-GmbH einem Ertragshundertsatz von 10 v.H. entspreche. Man gelange zu einem Teilwert der Beteiligung von DM 1.050.000,--, wobei bei der Ermittlung des Vermögenswerts von den Buchwerten auszugehen sei, so dass sich bei einem Wert des Betriebsvermögens von DM 1.564.000,-- ein Satz von 312,8 v.H. errechne. Hinsichtlich des weiteren Vortrags wird auf die Schriftsätze der Klägerin Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Körperschaftsteuer für 1992 unter Änderung des Bescheids vom 30. Juni 1998 und der zu diesem ergangenen Einspruchsentscheidung vom 16. November 1999 unter Berücksichtigung eines um DM 507.455,-- reduzierten zu versteuernden Einkommens festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung und verweist darauf, dass in der Bilanz der T-GmbH auf den 31. Dezember 1992 einige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unter dem Verkehrswert bewertet worden sein dürften. Hinsichtlich des weiteren Vortrags wird auf die Schriftsätze des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die von der Klägerin vorgenommene Teilwertabschreibung auf ihre Beteiligung an der T-GmbH ist auch nicht anteilig gerechtfertigt.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG 1990 in der Fassung der Bekanntmachung vom 07. September 1990, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 1990 --hier i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1984-- sind Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1990). Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft bildet als ganze ein Wirtschaftsgut (vgl. BFH-Urteil vom 07. November 1990 I R 116/86, BFHE 162, 552, BStBl II 1991, 342). Im Streitfall ist der Teilwert der Beteiligung an der Tochtergesellschaft der Klägerin nicht unter den Ansatz in deren berichtigter DM-Eröffnungsbilanz gesunken. Teilwert des Wirtschaftsguts ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das betreffende Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG 1990). Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb in der bisherigen Weise fortführt (sog. going-concern-Prinzip). Daher bildet der gemeine Wert Ausgangspunkt und Untergrenze für die Ermittlung des Teilwerts der Geschäftsanteile (vgl. BFH-Beschluss vom 09. März 2000 X B 106/99, BFH/NV 2000, 1184). Ist die Beteiligung nicht entbehrlich, so bildet der Substanzwert i.S.d. Wiederbeschaffungskosten die Untergrenze des Teilwerts (BFH-Urteil vom 7. November 1990 I R 116/86, BFHE 162, 552, BStBl II 1991, 342). Eine Teilwertabschreibung setzt somit voraus, dass die Wiederbeschaffungskosten nach dem Erwerb der Beteiligung gesunken sind, weil sich der innere Wert des Beteiligungsunternehmens vermindert hat. Eine solche Wertminderung ergibt sich nicht bereits daraus, dass im Beteiligungsunternehmen hohe Verluste entstanden sind. Denn für den Wert der Beteiligung sind nicht nur die Ertragslage und die Ertragsaussichten, sondern auch der Vermögenswert und die funktionale Bedeutung des Beteiligungsunternehmens im Unternehmensverbund maßgebend (BFH-Urteile vom 28. April 2004 I R 20/03, BFH/NV 2005, 19, 27. Juli 1988 I R 104/84, BFHE 155, 56, BStBl II 1989, 274, und07. November 1990 I R 116/86, BFHE 162, 552, BStBl II 1991, 342; BFH-Beschluss vom 09. März 2000 X B 106/99, BFH/NV 2000, 1184).

Es kann dahinstehen, ob der Ertragswert der Beteiligung hinter deren Substanzwert zurückblieb. Es kommt daher auch nicht darauf an, dass Anlaufverluste eine Teilwertabschreibung nicht zu rechtfertigen vermögen (Kirchhof/Söhn/Mellinghoff - Werner, EStG, 40. Lfg., Dezember 1992, § 6, RZ B 526). Im Streitfall ist eine Teilwertabschreibung nämlich auch dann nicht gerechtfertigt, wenn man unterstellt, die Tochter sei aufgrund der von dieser erwirtschafteten Verluste auch im Hinblick auf die Fortführung des Unternehmens der Klägerin für diese nicht von funktionalem Interesse gewesen. Denn in diesem Falle wäre zwar eine Teilwertabschreibung auf den Liquidationswert i.S.d. Nettosubstanzwerts möglich (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht Urteil vom 11. April 2000 6 K 611/93, EFG 2001, 157), dieser lag jedoch über dem Ansatz der Beteiligung in der DM-Eröffnungsbilanz der Klägerin. Als alleinige Anteilseignerin hätte sie die Liquidation der Tochter betreiben können. Auch der Nettoliquidationserlös der Tochter hätte sich zumindest auf den Ansatz der Beteiligung in der berichtigten DM-Eröffnungsbilanz der Klägerin belaufen:

Zum einen gibt es keine Hinweise auf sog. negative stille Reserven in der Bilanz der T-GmbH auf den 31. Dezember 1992.

Zum andere überstiegen die stillen Reserven der T-GmbH die voraussichtlichen Liquidationskosten jedenfalls dann, wenn man von letzteren die Differenz zwischen dem von der T-GmbH ausgewiesenen Eigenkapital und dem Bilanzansatz in der berichtigten DM-Eröffnungsbilanz der Klägerin abzieht. Bereits letztere Differenz beläuft sich auf rund DM 41.000,--.

Stille Reserven ergeben sich aus der Anwendung der sog. Halbjahresregel wie der Annahme einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Nutzfahrzeuge von maximal 4 Jahren durch die T-GmbH. Realistisch hingegen erscheint bei Lastkraftwagen wie Sattelzugmaschinen eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von zumindest 5 Jahren.

Es ergeben sich hierdurch allein bei den Sattelzugmaschinen der Marke Mercedes Benzfolgende stille Reserven i.H.v. rund DM 150.000,--. Die Einzelheiten ergeben sich aus folgender Tabelle:

 FahrzeugKennzeichenAnschaffungAnschaffungskostenBilanzansatzRechnerischer Ansatz Stille Reserven
Mercedes Benz- K 306November 1990170.920,0081.920,0096854,66667 14.934,67
Mercedes Benz- K 307November 1990170.920,0081.920,0096.854,67 14.934,67
Mercedes Benz- K 308November 1990170.920,0081.920,0096.854,67 14.934,67
Mercedes Benz- K 336November 1990170.920,0081.920,0096.854,67 14.934,67
Mercedes Benz- K 310November 1990170.920,0081.920,0096.854,67 14.934,67
Mercedes Benz- K 311November 1990176.643,0084.643,00100.097,70 15.454,70
Mercedes Benz- K 312November 1990176.643,0084.643,00100.097,70 15.454,70
Mercedes Benz- K 314November 1990176.642,0084.702,00100.097,13 15.395,13
Mercedes Benz- K 313November 1990176.643,0084.703,00100.097,70 15.394,70
Mercedes Benz- K 315November 1990176.642,0084.702,00100.097,13 15.395,13
Summe     151.767,70

Das sog. Stuttgarterverfahren lässt seit der Anknüpfung an die Steuerbilanz positive wie negative stille Reserven unberücksichtigt. Im Streitfall führt es zu einer Abwertung wegen fehlender Erträge in der Vergangenheit, woran auch der Ansatz eines kalkulierten Gewinns von TDM 50 kaum etwas ändert. Es führt dazu, dass sogar der Liquidationswert unterschritten wird, birgt also die Gefahr eines Ergebnisses unterhalb der absoluten Untergrenze des Teilwerts (Frotscher-Herrmann, EStG, 121. Lfg., Juli 2004, § 6, RZ 353; kritisch gegenüber dem Stuttgarter Verfahren FG München Beschluss vom 27. Januar 2004 6 V 3630/03, [...] STRE200470741). Es kann somit dahinstehen, ob der nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte Wert die absolute Untergrenze des Teilwerts bildet (vgl. den Orientierungssatz zum Urteil des Senats vom 23. Januar 2003 3 K 145/00, [...] STRE200371400).

Die Verpflichtungen zur Beschäftigung von Arbeitnehmern trafen nicht die Klägerin, sondern die V GmbH. Nur diese kann möglicherweise Rückstellungen für aus der Beschäftigungszusage erwachsende Eventualverbindlichkeiten bilden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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