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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 24.06.2009
Aktenzeichen: 3 V 1829/08
Rechtsgebiete: AO, EStG, FGO, KStG, HGB


Vorschriften:

AO § 164 Abs. 2
EStG § 4 Abs. 2
FGO § 69 Abs. 3
FGO § 69 Abs. 7
FGO § 128 Abs. 3
KStG § 8 Abs. 3
HGB § 253 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Verfahren

...

hat das Finanzgericht des Landes A - 3. Senat -

am 24. Juni 2009

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Burckgard,

den Richter am Finanzgericht Kerber und

den Richter Pröve

beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides für 2000 vom 16. Juli 2008 wird ausgesetzt.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe:

I. Die Antragstellerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Februar 2000 gegründet und am 21. März 2000 in das Handelsregister des Amtsgerichtes M. eingetragen. Gesellschafter der Antragstellerin sind Frau S. B. (55%) und Herr R.G. (45%).

Mit notariellem Vertrag vom 05. April 2000 erwarb die Antragstellerin unter gleichzeitigem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten von der ... GmbH & Co KG zum Kaufpreis von 100.000 DM mehrere Grundstücke in der Gemarkung B., im einzelnen eine Kiesgrube in S. mit Zufahrt, Flurstücke 109/2 (56.524 m²) und 109/3 (54.862 m²) sowie mehrere Verkehrsflächen in St. (2996 m²). Die Bergbaurechte an den Grundstücken wurden mit gesondertem Vertrag an die Antragstellerin veräußert. Alleinige Kommanditisten der ... GmbH & Co KG und zugleich alleinige Gesellschafter der Komplementärin waren S. G., der Vater von R. G., und H. B., der Ehemann von S. B. Wenige Monate nach der Veräußerung wurde über das Vermögen der ... GmbH & Co KG das Insolvenzverfahren eröffnet.

Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2000 aktivierte die Antragstellerin die erworbenen (jedoch erst in 2002 bezahlten) Grundstücke mit den Anschaffungskosten einschließlich Erwerbsnebenkosten i.H.v. insgesamt 105.500,60 DM.

Der Antragsgegner führte in der Zeit vom 15. Juni 2006 bis 16. Mai 2008 bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung u.a. über bereits veranlagte Körperschaftsteuern 2000 bis 2002 durch. Der Betriebsprüfungsbericht datiert auf den 30. Juni 2008. Nach Auffassung der Betriebsprüfung seien die von der Antragstellerin mit Vertrag vom 05. April 2000 erworbenen Grundstücke überteuert erworben worden. Die Betriebsprüfung ermittelte nach Auswertung des Vermerkes der Bausachverständigen der Finanzverwaltung, Frau B., vom 19. Oktober 2006 (Bl. 403-405 der BP-Akte) einen angemessenen Kaufpreis für die Grundstücke einschließlich Nebenkosten von 54.396,35 DM (Wert der Grundstücke zum Zeitpunkt 05. April 2000 i.H.v. 48.895,75 DM zzgl. Nebenkosten i.H.v. 5.500,60 DM ) Der übersteigende Betrag von 51.104,25 DM wurde für das Jahr 2000 einerseits als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe behandelt, zum anderen wegen verwandtschaftlicher Beziehungen der Gesellschafter der Antragstellerin zu den Gesellschaftern der Verkäuferin und deren Komplementärin als verdeckte Gewinnausschüttung nach § 8 Abs.3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) dem Einkommen außerbilanziell wieder hinzugerechnet.

Der Antragsgegner erließ am 16. Juli 2008 einen gemäß § 164 Abs.2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid für 2000 über Körperschaftsteuer, in dem er für die verdeckte Gewinnausschüttung die Ausschüttungsbelastung herstellte. Die Abänderung bezog sich auf den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 03. Juli 2002. Er setzte die Körperschaftsteuer in Auswertung der Ergebnisse des Betriebsprüfungsberichtes in Höhe von 11.638,54 EUR (von bisher 997,02 EUR) nebst Zinsen und Solidaritätszuschlag fest. Hieraus berechnete er einen Nachzahlungsbetrag für die Körperschaftsteuer 2000 von 10.641,52 EUR zzgl. Zinsen und Solidaritätszuschlages.

Die Antragstellerin legte gegen den Änderungsbescheid mit Schreiben vom 14. August 2008 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Über den Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Hinsichtlich der beantragten Aussetzung der Vollziehung teilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 12. September 2008 mit, dass sich für das Jahr 2000 aus den angefochtenen Feststellungen keine Auswirkungen auf die Körperschaftsteuer ergäben. Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 08. Oktober 2008 Einspruch ein. Zugleich verwies sie auf den bereits mit Schreiben vom 14. August 2008 gestellten "Antrag auf Teilwertabschreibung" und beantragte gleichzeitig eine Bilanzberichtigung für das Jahr 2000. Der Wert der unbebauten Grundstücke sei in der Bilanz für das Jahr 2000 mit einem um 35.869,12 EUR geminderten Betrag nach einer Teilwertabschreibung von 70% der ursprünglichen Anschaffungskosten anzusetzen.

Den Einspruch wies der Antragsgegner mit Einspruchsbescheid vom 01. Dezember 2008 als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung seien von der Antragstellerin nicht hinreichend dargelegt worden. Zudem stellten das Grundstück und der bereits erschlossenen Bodenschatz gesonderte Wirtschaftsgüter dar, die auch gesondert zu bilanzieren seien. Die notwendige Rekultivierung mit einem Klärschlammsubstrat habe schon bei Erwerb des Grundstückes am 05. April 2000 festgestanden und hätte zu diesem Zeitpunkt auch bereits begonnen. Es sei daher widersprüchlich, wenn die Antragstellerin zwar den Kaufpreis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als angemessen ansehe, später aber die bereits im Erwerbszeitpunkt begonnene Rekultivierung als wertmindernden Faktor anführe. Eine Teilwertabschreibung sei aber bereits deshalb abzulehnen, weil diese in Form der Bilanzberichtigung gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur vom Steuerpflichtigen selbst durchgeführt werden könne und die Antragstellerin bisher keine entsprechend geänderte Handels- und Steuerbilanz eingereicht hätte. Das Urteil des BFH vom 17. Juli 2008 I R 85/07, BFH/NV 2008, 1925, sei nicht anwendbar, da sich dieses lediglich auf die Frage der Zulässigkeit einer Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG beziehe.

Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2008 hat die Antragstellerin einen Antrag auf gerichtliche Vollziehungsaussetzung gestellt. Zur Begründung verweist sie darauf, dass zum einen der vereinbarte Kaufpreis für die Grundstücke der Kiesgrube S. (Flurstücke 109/02, 109/03) am 05. April 2000 keinesfalls überhöht gewesen sei. Bei Anwendung des ermäßigten Bodenrichtwertes gem. § 145 Abs. 3 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) ergebe sich für die unbebauten Grundstücke bei Anwendung eines vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation mitgeteilten Bodenrichtwertes von 1,05 EUR/m² im Gegenteil mit 93.564,24 EUR ein höherer Wert als der vereinbarte Kaufpreis. Das Gutachten der Bausachverständigen B. sei aber auch bereits deshalb nicht richtig, weil diese die Bewertung zum Stichtag auf Grund von Erkenntnissen aus der Gegenwart, d.h. aus der Ortsbesichtigung vom 04. Oktober 2006 durchgeführt habe. Zudem sei die Fläche zum 31. Dezember 2000 bereits zu 70% mit Klärschlamm verfüllt worden und somit bereits zu 70% als Unland zu bewerten. Es sei daher bereits zum 31.12.2000 eine Teilwertabschreibung von 70% der Anschaffungskosten vorzunehmen, da die verfüllte Fläche mit 0,00 EUR/m² zu bewerten sei. Mangels Nutzungsmöglichkeit habe diese Fläche keinen Marktwert.

Die Antragstellerin beantragt,

die gerichtliche Vollziehungsaussetzung für den Bescheid vom 16. Juli 2008 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag sowie der Zinsen zur Körperschaftsteuer für das Jahr 2000 in Höhe von insgesamt 15.201,80 EUR.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im Einspruchsbescheid vom 01. Dezember 2008.

II. Der Antrag wurde dahingehend ausgelegt, dass die Antragstellerin nur die Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides, nicht auch der Folgebescheide begehrt. Zwar ist im Antrag, d.H. im Schriftsatz vom 14. Januar 2009, der Betrag von 15.201,80 EUR genannt, der auch die Nachzahlungen von Solidaritätszuschlag und Zinsen enthält. In der Regel ist jedoch der Antrag, auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen, als Hinweis auf § 69 Abs. 2 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu verstehen und nicht als (unzulässiger) förmlicher Antrag (BFH-Beschluss vom 23. August 2004 IV S 7/04, BFH/NV 2005, 09). Insbesondere auf Grund der Tatsache, dass die Antragstellerin im Verfahren nicht vertreten ist, sieht der Senat keine Veranlassung von dieser Regel abzuweichen.

Der Antrag ist begründet.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen bewirken oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (BFH-Beschlüsse vom 7. September 2007 V B 97/07, BFH/NV 2008, 120; vom 30. Oktober 2007 V B 170/07, BFH/NV 2008, 627, und vom 29. November 2007 I B 181/07, BStBl II 2008, 195, ständige Rechtsprechung). Der lediglich summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sind der unstreitige Sachverhalt, die gerichtsbekannten Tatsachen und die präsenten Beweismittel zugrunde zu legen (BFH-Beschluss vom 18. Oktober 2007 I B 148/07, BFH/NV 2008, 542). Die Aussetzung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Mai 1997 VIII B 108/96, BFHE 183, 174, BFH/NV 1997, R 462, m.w.N.). Aussetzung der Vollziehung ist daher auch dann zu gewähren, wenn die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide später im Hauptverfahren bestätigt werden sollte.

Hiernach sind ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, dessen Aussetzung der Vollziehung begehrt wird, zu bejahen.

Ernstliche Zweifel bestehen zum Einen an der vom Antragsgegner angenommenen verdeckten Gewinnausschüttung.

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626 und Urteil vom 28. Januar 2004 I R 50/03, BFH/NV 2004, 737). Eine vGA kann auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter gegeben sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das "Nahestehen" in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein. Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahestehende Person ist unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat. Dies gilt sowohl für die vGA i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 I R 139/94, BFHE 182, 184, BStBl II 1997, 301, unter II.A.1.b der Gründe) als auch für die vGA i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG (BFH-Urteile vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103; vom 22. Februar 2005 VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266). Allerdings gilt dies uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind. Nur in diesem Falle spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die nahestehende Person den Vorteil ohne ihre Beziehung zum Gesellschafter nicht erhalten hätte (BFH Urteil vom 19. Juni 2007 VIII R 34/06, BFH/NV 2007, 2291).

Ein überhöhter Kaufpreis für den Erwerb des Grundstücks kann grundsätzlich zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Als vGA ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem angemessenen Preis und dem Kaufpreis anzusetzen. Voraussetzung ist jedoch, dass dieser Kaufpreis bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gezahlt worden wäre, weil ein objektives Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und der gewissenhafte Geschäftsführer dies bemerkt hätte (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1977 VIII R 191/74, BStBl II 1978, 109). Es kommt dabei weniger darauf an, ob der Kaufpreis dem tatsächlichen Verkehrswert entspricht, sondern ob dieser ideelle Geschäftsleiter, aufgrund des Kenntnisstandes zu dem Zeitpunkt, in dem der Kaufpreis vereinbart wurde diesen Preis bei einem Grundstückskauf von einem fremden Dritten bezahlt hätte.

Hiernach bestehen nach der gebotenen summarischen Überprüfung ernstliche Zweifel daran, dass es sich bei dem tatsächlich angesetzten Kaufpreis um einen unangemessenen Wert gehandelt hat, welche die ... GmbH & Co KG ohne die familiären Beziehungen der Gesellschafter nicht erhalten hätte. Insbesondere bestehen ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des von dem Antragsgegner zur Begründung des überhöhten Kaufpreises maßgeblich herangezogenen "Gutachtens" der Bausachverständigen der Finanzverwaltung, Frau B. (Bl. 164 ff der BP-Akte). Es lässt sich dem Gutachten nicht entnehmen dass die Sachverständige zu Ihrer Bewertung den tatsächlichen Zustand der Grundstücke, etwa den Anteil der Befüllung mit Klärschlamm zum maßgeblichen Zeitpunkt 05. April 2000 erfragt oder ermittelt hätte. Im Gutachten wird lediglich ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung (04. Oktober 2006) beide Grundstücke voll in Rekultivierungsmaßnahmen eingeschlossen waren und vorerst nicht forstwirtschaftlich oder landwirtschaftlich genutzt werden könnten, daher als sogenanntes Unland zu bewerten seien. Hierfür sei lediglich ein geschätzter Anerkennungswert von 0,20 EUR/m² anzusetzen. Eine nähere Begründung für die Höhe des Anerkennungswertes wird im Gutachten nicht genannt. Lediglich in der weiteren Stellungnahme vom 18. Juni 2007 (Bl. 523 der BP-Akte) führt die Gutachterin aus, dass Vergleichswerte für Unland in A fehlen, beispielsweise der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in N. (B) im Jahr 2006 Unland mit durchschnittlich 0,30 EUR/m² bewertet habe. Die von der Gutachterin beigefügte Tabelle (Bl. 525 der BP-Akte) weist jedoch in ganz B Werte für Unland zwischen 0,08 EUR/m² und 2,75 EUR/m² aus. Es erscheint jedoch fehlerhaft, wenn die Gutachterin die gesamten Grundstücksflächen zum Zeitpunkt 05. April 2000 als Unland bewertet, wobei doch unzweifelhaft noch nicht die ganze Fläche mit Klärschlamm befüllt wurde, sondern im Gegenteil noch weiter ausgebeutet wurde. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die gesamte Fläche und nicht nur ein Teil zum Stichtag nicht kulturfähig war. Weiterhin erscheint es fehlerhaft, wenn die Gutachterin zum Vergleich die Werte aus einem anderen Bundesland und zudem noch aus dem Jahr 2006 und nicht aus dem maßgeblichen Jahr 2000 heranzieht. Auch der Wert von 0,30 EUR/m² erscheint vor dem oben genannten Hintergrund einer großen Preisspanne zwischen 0,08 EUR/m² und 2,75 EUR/m² nicht nachvollziehbar. Diese Preisspanne ist zwar nur für das Jahr 2006 und auch nur für B nachgewiesen, es ist jedoch kein Grund ersichtlich, warum nicht auch in A im Jahr 2000 eine erhebliche Preisspanne für Unland bestehen sollte.

Zum Anderen dürfte bei summarischer Prüfung der Antragstellerin eine Teilwertabschreibung hinsichtlich der betroffenen Grundstücke zustehen.

Die von der Antragstellerin (bereits während der Betriebsprüfung) begehrte Teilwertabschreibung der Anschaffungskosten der Flurstücke 109/2 und 109/3 i.H.v. 70% zum 31.12.2000 erscheint gerechtfertigt, auch wenn die Antragstellerin für die Begründung der Teilwertabschreibung kein Gutachten vorgelegt hat. Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern besteht zwar die Vermutung, dass der Teilwert der nachfolgenden Bilanzstichtage noch den Anschaffungskosten entspricht, denn die Bewertung mit den Anschaffungskosten ist die Regel und die mit dem Teilwert die Ausnahme (BFH-Urteil vom 7. November 1990 I R 116/86, BFHE 162, 552, BStBl II 1991, 342). Deshalb ist es Sache desjenigen, der die Bewertung mit dem geringeren Teilwert geltend macht, die Voraussetzungen dafür darzulegen. Allerdings ist die Vermutung widerlegbar, wobei nur im Einzelfall entschieden werden kann, welche Anforderungen an die Widerlegung dieser Vermutung zu stellen sind (BFH-Urteil in BFHE 162, 552, BStBl II 1991, 342).

Mit dem Vortrag der Antragstellerin, dem der Antragsgegner nicht entgegen getreten ist, die Grundstücke könnten weder zum Stichtag 31. Dezember 2000 zu 70% noch voraussichtlich in der Zukunft landwirtschaftlich genutzt werden, weil insbesondere in der Zeit zwischen Ankauf und dem Bilanzstichtag 31. Dezember 2000 ein Verfüllung der Kiesgrube und eine Rekultivierung mit Klärschlamm zu ca. 70% stattgefunden habe, hat die Antragstellerin substantiiert die Möglichkeit dargetan, dass der Wert der Grundstücke unter die Anschaffungskosten gefallen sein kann. Es wäre dann bereits zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2000 ca. 70% der Fläche als Unland lediglich mit einem Anerkennungswert zu bewerten. Ob dieser jedoch, wie die Antragstellerin meint, 0,00 EUR/m² beträgt oder geringfügig mehr, kann für Zwecke des Verfahrens auf Aussetzung der Vollziehung offen bleiben. Der Antragstellerin ist auch nicht zuzumuten, ihr Vorbringen durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu untermauern, denn die Vorlage eines Sachverständigengutachtens ist im finanzgerichtlichen Verfahren lediglich als ein Privatgutachten zu behandeln, das als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen ist. Nennt der Steuerpflichtige triftige Gründe, die einen unter die Anschaffungskosten eines Grundstückes gefallenen Teilwert nahe legen, hat das Finanzgericht den Teilwert selbst zu ermitteln (BFH-Beschluss vom 15. Oktober 2004 III B 161/03 ). Die Richtigkeit der Höhe der beantragten Teilwertabschreibung von 35.869,12 EUR zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2000 wäre daher ggf. in einem sich anschließenden Hauptsacheverfahren durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu überprüfen.

Einer Bilanzberichtigung steht auch nicht, wie der Antragsgegner meint, entgegen, dass vorliegend der Grund und Boden und die Bodenschätze grundsätzlich gesonderte Wirtschaftsgüter sind und somit eine Teilwertabschreibung des Grundstückes nicht mit der vorgenommenen Auskiesung begründet werden kann. Die Antragstellerin begründet die Teilwertabschreibung nämlich nicht mit der Auskiesung, sondern mit der Wiederverfüllung der Grube mit einem Klärschlammsubstrat, wodurch gerade die wirtschaftliche Nutzung des Grund und Bodens z.B. durch die Landwirtschaft beeinträchtigt bzw. unmöglich gemacht wird.

Die Antragstellerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass es zu der von Ihr begehren Bilanzberichtigung gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG der vorherigen Einreichung einer entsprechend geänderten Handels- und Steuerbilanz bedarf. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners hält der Senat das Urteil des BFH vom 17. Juli 2008 I R 85/07, BStBl II 2008, 924 für auf den vorliegenden Fall anwendbar, auch wenn wegen § 253 Abs. 2 Satz 3 des Handelsgesetzbuches (HGB) und des geltenden Maßgeblichkeitsgrundsatzes für den Fall der dauernden Wertminderung eine Fehlerhaftigkeit der Bilanz ohne die Durchführung der Teilwertabschreibung und insoweit eine Bilanzberichtigung i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG und keine Bilanzänderung gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG im Streit steht. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann ein Bilanzansatz u.a. dann nicht nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG geändert ("berichtigt") werden, wenn und soweit er denjenigen Kenntnisstand widerspiegelt, den der Kaufmann im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung haben konnte (BFH-Urteil vom 5. April 2006 I R 46/04, BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688, m.w.N.). Die von der Antragstellerin vorgetragenen Umstände waren jedoch im Zeitpunkt der Bilanzerstellung unzweifelhaft bereits bekannt. Die bisher vorliegende Bilanz spiegelt daher gerade nicht den Kenntnisstand der Antragstellerin bei Bilanzaufstellung wider. Eine Bilanzberichtigung ist daher möglich. Jedenfalls für Zwecke des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung, in dem ohnehin nur vorläufige Regelungen getroffen werden, muss der Unternehmer auch bei einer zwingend durchzuführenden Bilanzberichtigung nicht bereits mit dem Antrag auf Bilanzberichtigung eine geänderte Bilanz einreichen. Ggf. wird die Antragstellerin dieses jedoch für Zwecke des Hauptsacheverfahrens nachholen müssen.

Unter Zugrundelegung einer Teilwertabschreibung von 35.869,12 EUR (70.153,90 DM) würde sich bei gleichzeitigem Fortfall der vom Antragsgegner angenommen verdeckten Gewinnausschüttung von 51.104 DM und einem entsprechend erhöhten Steuerbilanzgewinn ein Steuerbilanzgewinn von -48.835,90 DM und eine festzusetzende Körperschaftsteuer von 0,00 DM ergeben. Auch und gerade vor diesem Hintergrund kann die tatsächliche Höhe der begehrten Teilwertabschreibung für Zwecke des Verfahrens auf Aussetzung der Vollziehung offen bleiben, da selbst bei einer Teilwertabschreibung von lediglich 35% der Anschaffungskosten, die nach summarischer Prüfung jedenfalls anzunehmen ist, sich eine Körperschaftsteuerfestsetzung von 0,00 DM ergeben würde

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs.1 FGO.

Die Beschwerde war nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, da sich das Urteil des BFH vom 17. Juli 2008 I R 85/07, BStBl 2008, 924 hinsichtlich der Notwendigkeit einer vorherigen Bilanzerstellung durch den Steuerpflichtigen nicht ausdrücklich auch auf den Fall einer Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG erstreckt.

Ende der Entscheidung

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