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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 12.11.2007
Aktenzeichen: 4 KO 1391/07
Rechtsgebiete: RVG, GKG, FGO


Vorschriften:

RVG § 2 Abs. 2 S. 1
RVG § 13 Abs. 1
RVG Anm. 1 zu VV RVG Nr. 3104
RVG Anm. 1 zu VV RVG Nr. 3202
RVG Anm. 2 zu VV RVG Nr. 3202
GKG § 52 Abs. 1
GKG § 52 Abs. 4 Hs. 1
FGO § 79a Abs. 2
FGO § 90a
FGO § 94a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

4 KO 1391/07

Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung

In dem Rechtsstreit ...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 4. Senat -

am 12. November 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Erinnerungsführerin wendet sich zum einen gegen den von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bei der Kostenfestsetzung zugrunde gelegten Streitwert und begehrt zum anderen die Festsetzung und Erstattung einer Terminsgebühr.

Die Erinnerungsführerin erhob am 06. März 2006 Klage gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Einkommensteuer. Gegenstand dieser Feststellung waren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 6.876,00 Euro, die der Erinnerungsführerin lediglich zu zwei Dritteln, also in Höhe von 4.584,00 Euro, zugerechnet worden waren. Mit ihrer Klage verfolgte die Erinnerungsführerin das Ziel, dass ihr die Einkünfte in voller Höhe zugerechnet werden. Dabei und in dem der Klage vorangegangenen Einspruchsverfahren ließ sich die Erinnerungsführerin von ihrem Bevollmächtigten vertreten.

Nachdem der Erinnerungsgegner dem Begehren der Erinnerungsführerin entsprochen und die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, bestimmte das Gericht mit Beschluss vom 27. April 2007, dass der Erinnerungsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Die Erinnerungsführerin beantragte hierauf bei der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 2.298,00 Euro unter anderem die Festsetzung einer Verfahrensgebühr und einer Terminsgebühr nach den Nummern 3200 und 3202 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte - Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG). Zur Begründung führte sie an, dass die Klage auf Zurechnung weiterer 2.298,00 Euro gerichtet gewesen sei, also dieser Betrag als Streitwert anzunehmen sei. Hinsichtlich der geltend gemachten Terminsgebühr enthalte die Anmerkung zum VV RVG Nr. 3104, auf die im VV RVG Nr. 3202 Bezug genommen werde, den Hinweis, dass die Terminsgebühr auch dann entstehe, wenn im Verfahren vor den Sozialgerichten nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung entschieden werde. Im finanzgerichtlichen Verfahren sei ein Anerkenntnis nicht vorgesehen; die Wertung des VV RVG Nr. 3104 müsse daher entsprechend gelten, so dass eine Terminsgebühr entstehe, wenn das Verfahren - wie hier - nach Erlass eines Bescheides nach § 172 der Abgabenordnung durch Erledigungserklärungen beendet werde.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die der Erinnerungsführerin zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 01. August 2007 auf 185,64 Euro festgesetzt und zugleich bestimmt, dass der festgesetzte Betrag ab dem 13. Juni 2007 zu verzinsen ist. Der Erstattungsbetrag setzt sich zusammen aus:

 Gegenstandswert (Streitwert) Es sind zu erstatten
Verfahrensgebühr(§ 13 RVG, VV RVG Nr. 3200, 3201, 1008)1.000,00 Euro136,00 Euro
Pauschale für Telekommunikationsdienstleistungen (§ 13 RVG, VV RVG Nr. 7002) 20,00 Euro
Zwischensumme 156,00 Euro
19 v.H. Umsatzsteuer (§ 13 RVG, VV RVG Nr. 7008) 29,64 Euro
Gesamtbetrag - Gerichtliches Verfahren : 185,64 Euro

Zur Begründung führte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle aus, dass der Streitwert in Verfahren wegen einer einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Einkommensteuer nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes stets pauschal zu ermitteln sei. Werde - wie hier - nur um die Verteilung bzw. Zurechnung von ihrer Höhe nach unstreitigen Gewinnen gestritten, sei ein Regelpauschsatz von 25 v.H. als Streitwert anzunehmen. Dieser Regelpauschsatz sei, wenn - wie hier - nur ein Gesellschafter bzw. Feststellungsbeteiligter klage, nur auf den Gewinnanteil (Betrag) anzuwenden, der streitig sei. Hiernach ergebe sich ein Streitwert von (2.298,00 Euro x 25/100 =) 574,50 Euro. Dieser Betrag liege unter dem nach § 52 Abs. 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) anzunehmenden Mindeststreitwert, so dass dieser Mindeststreitwert von 1.000,00 Euro bei der Gebührenberechnung zugrunde zu legen sei. Die Terminsgebühr sei nicht verdient, weil eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden habe.

Mit der dagegen gerichteten Erinnerung begehrt die Erinnerungsführerin die Festsetzung weiterer 439,28 Euro. Zur Begründung führt sie aus, Gegenstand des Klageverfahrens sei gewesen, ob die gesonderte und einheitliche Feststellung als solche rechtmäßig gewesen sei, d.h. ob Einkünfte auf mehrere Personen zu verteilen gewesen seien oder nicht. Streitig sei also gewesen, ob der Betrag von 2.298,00 Euro Dritten oder der Klägerin zuzurechnen sei, so dass das Interesse der Klägerin auf 2.298,00 Euro gerichtet gewesen sei. Soweit es die Terminsgebühr betreffe, sei nicht nachvollziehbar, dass in Verfahren vor den Sozialgerichten mehr Gebühren anfallen könnten als im finanzgerichtlichen Verfahren, obwohl es sich bei beiden Verfahren gleichermaßen um Verfahren der besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit handele. Ein Unterschied zwischen einem Anerkenntnis und der umfassenden Erledigung durch Erlass eines Änderungsbescheides sei nicht erkennbar.

Der Erinnerungsgegner vertritt die Auffassung, dass als Streitwert im Regelfall 25 v.H. des streitigen Gewinns anzusetzen seien; in Ausnahmefällen sei es denkbar, bis zu 50 v.H. des streitigen Gewinns als Streitwert anzunehmen. Im Hinblick darauf, dass Gegenstand des Klageverfahrens nicht die Höhe der Gewinne, sondern allein deren Zurechnung gewesen sei, sei es jedoch vorliegend angemessen, lediglich 10 v.H. der streitigen Gewinne als Streitwert anzunehmen, so dass sich unter Berücksichtigung des Mindeststreitwertes von 1.000,00 Euro der von der Urkundsbeamtin angesetzte Betrag ergebe. Die Voraussetzungen für die Entstehung einer Terminsgebühr seien nicht erfüllt.

II.

Die Erinnerung hat keinen Erfolg.

Die Urkundsbeamtin hat der Berechnung der zu erstattenden Gebühren zutreffend den (Mindest-) Streitwert von 1.000,00 Euro zugrunde gelegt und zutreffend festgestellt, dass eine Terminsgebühr nicht entstanden ist. Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 01. August 2007 ist daher nichts zu erinnern.

Rechtsgrundlage für den Anspruch der Erinnerungsführerin auf Erstattung der ihr entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen ist der Beschluss vom 27. April 2007, in dem das Gericht dem Grunde nach bestimmt hat, dass der Erinnerungsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die hiernach von dem Erinnerungsgegner zu tragenden Kosten bestimmen sich zum einen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG - VV RVG - und zum anderen gemäß § 13 Abs. 1 RVG nach dem Gegenstandswert (Streitwert), der für die Höhe der nach dem Vergütungsverzeichnis angefallenen Wertgebühren maßgebend ist.

Hiernach hat der Erinnerungsgegner der Erinnerungsführerin - wie festgesetzt - 185,64 Euro zu erstatten.

a) Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat bei der Berechnung der der Erinnerungsführerin zu erstattenden Verfahrensgebühr (VV RVG Nr. 3200) zutreffend als Streitwert 1.000,00 Euro angenommen.

Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Dabei ist § 52 Abs. 4 Halbsatz 1 GKG zu beachten. Danach darf der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nicht unter 1.000,00 Euro angenommen werden. Hiernach sind im Ergebnis 1.000,00 Euro als Streitwert anzunehmen.

Wird - wie hier - in einem finanzgerichtlichen Verfahren um eine gesonderte und einheitliche Einkünftefeststellung gestritten, ist als Streitwert der aus dem Ergebnis der Feststellung ableitbare streitige Einkommensteuerbetrag anzunehmen. Die Ermittlung der konkreten ertragssteuerlichen Auswirkung einer Feststellung ist indes regelmäßig relativ aufwendig und daher unpraktikabel, wenn - wie hier - mehrere Personen von der (streitigen) Feststellung betroffen sind. Aus diesem Grund ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes als Streitwert ein Pauschalsatz von 25 v.H. der streitigen positiven oder negativen Einkünfte bzw. Einkünfteanteile in Ansatz zu bringen (BFH, Beschluss vom 17. November 1987 - VIII R 346/83 - BStBl. II 1988, S. 287, 289, Beschluss vom 06. September 2001 - VIII S 6/01 - BFH/NV 2002, S. 207). Ausgehend davon, dass die Erinnerungsführerin mit ihrer Klage die Zurechnung von (2 x 1.146,00 Euro =) 2.298,00 Euro streitig gestellt hat, errechnet sich hiernach ein Streitwert von 574,50 Euro.

Der dagegen gerichtete - zutreffende - Einwand der Erinnerungsführerin, der Bundesfinanzhof lasse auch Ausnahmen zu, in denen ein höherer (Pausch-) Betrag als Streitwert angenommen werde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes möglichen Abweichungen betreffen ersichtlich Fallgestaltungen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die streitigen Feststellungen in einem Umfang ertragssteuerliche Auswirkungen haben, die über den mit dem Pauschsatz von 25 v.H. typisierend erfassten Regelfall deutlich hinausgehen (vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 22. Januar 2001 - IV S 10/00 - JurBüro 2001, 593). Derart erhebliche einkommensteuerliche Auswirkungen werden von der Erinnerungsführerin jedoch nicht geltend gemacht und dürften angesichts der Feststellung des Erinnerungsgegners, dass das zu versteuernde Einkommen der Erinnerungsführerin geringer sei als der Grundfreibetrag, auch nicht zu erwarten sein.

Selbst wenn angesichts der Einkommensverhältnisse der Erinnerungsführerin in einem gewissen Umfang von einer Abweichung vom Regelfall auszugehen sein sollte, wäre diesem Umstand im Übrigen dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle gemäß § 52 Abs. 4 Halbsatz 1 GKG - statt 574,50 Euro - als Streitwert 1.000,00 Euro angenommen hat. Dies entspricht immerhin 43,52 v.H. des im Klageverfahren streitigen Betrages der einheitlichen und gesonderten Feststellung und liegt damit weit über dem eingangs genannten Pauschsatz von 25 v.H. der streitigen positiven oder negativen Einkünfte.

b) Die Erinnerungsführerin vermag auch nicht mit ihrem Begehren auf Erstattung einer Terminsgebühr durchzudringen, denn eine Terminsgebühr ist nicht angefallen.

Nach der Anmerkung 2 zu VV RVG Nr. 3202 entsteht eine Terminsgebühr, wenn gemäß § 79a Abs. 2, § 90a oder § 94a der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Diese Voraussetzung ist - unstreitig - nicht erfüllt, so dass die begehrte Terminsgebühr allenfalls nach der Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3202 verdient sein könnte.

Nach der Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3202 gilt die Anmerkung zu VV RVG Nr. 3104 entsprechend. Gemäß der Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3104 entsteht die Terminsgebühr, wenn (Nr. 1) das Gericht im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheidet, (Nr. 2) das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheidet oder (Nr. 3) das Verfahren vor dem Sozialgericht nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. Das Gericht hat jedoch weder im Sinne der Nr. 1 und 2 streitig über das Klagebegehren entschieden, noch liegt ein Anerkenntnis im Sinne von Nr. 3 vor.

Zwischen den Beteiligten besteht Übereinstimmung dahingehend, dass ein Anerkenntnis im Sinne der Anmerkung 1 Nr. 3 zu VV RVG Nr. 3104 nicht vorliegt, weil ein Anerkenntnis weder erklärt wurde noch von der Finanzgerichtsordnung vorgesehen ist.

Entgegen der Ansicht der Erinnerungsführerin ist die umfassende Erledigung des Klagebegehrens durch Erlass eines Änderungsbescheides und hieran anschließende Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen durch die Verfahrensbeteiligten auch nicht mit der Verfahrensbeendigung durch die nach § 101 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mögliche Erklärung und Annahme eines Anerkenntnisses vergleichbar.

Die Erinnerungsführerin übersieht insoweit, dass das angenommene Anerkenntnis eine von anderen Verfahrensordnungen - z.B. Finanz- und Verwaltungsgerichtsordnung - abweichende Besonderheit des sozialgerichtlichen Verfahrens ist. Deshalb kann auch das sozialgerichtliche Verfahren - ohne Anerkenntnis - durch Erlass eines dem Klagebegehren entsprechenden Verwaltungsaktes und anschließende Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen beendet werden; in diesem Fall entsteht selbst im sozialgerichtlichen Verfahren nach Anmerkung 1 Nr. 3 zu VV RVG Nr. 3104 eine Terminsgebühr nicht.

Auch der Hinweis der Erinnerungsführerin, es sei nicht nachvollziehbar, dass in Verfahren vor den Sozialgerichten mehr Gebühren anfallen könnten als im finanzgerichtlichen Verfahren, führt weder bei der nach Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3202 angeordneten "entsprechenden" Anwendung des VV RVG Nr. 3104 zur (Festsetzung und) Erstattung einer Terminsgebühr im Falle der Verfahrensbeendigung durch Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen nach Erlass eines dem Klagebegehren entsprechenden Änderungsbescheides, noch kommt insoweit eine analoge Anwendung des VV RVG Nr. 3104 in Betracht.

aa) Die in der Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3202 getroffene Anordnung, dass die Anmerkung zu VV RVG Nr. 3104 "entsprechend" anzuwenden sei, bezieht sich ersichtlich nur darauf, dass die Regelung der VV RVG Nr. 3104 nicht unmittelbar auf das Verfahren vor den Finanzgerichten (und den Landessozialgerichten) anwendbar ist. Entsprechende Anwendung bedeutet mithin, dass eine Terminsgebühr im Verfahren vor den Finanzgerichten (und den Landessozialgerichten) unter den gleichen Voraussetzungen entsteht wie im Verfahren vor einem Sozialgericht. Diese Voraussetzung ist - wie bereits dargelegt - nicht erfüllt, weil ein Anerkenntnis weder erklärt noch angenommen wurde.

bb) Auch für eine analoge Anwendung der VV RVG Nr. 3104 ist kein Raum, da insoweit weder eine Regelungslücke vorliegt noch eine vergleichbare Interessenlage.

Das Anerkenntnis bewirkt nach § 101 Abs. 2 SGG unmittelbar die Erledigung des Rechtsstreites, ohne dass es weiterer Prozesshandlungen bedarf (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, München 2005, § 101 RdNr. 22, 23). Das Anerkenntnis ist dementsprechend nach § 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG Vollstreckungstitel, während aus einer übereinstimmenden Erledigungserklärung nicht vollstreckt werden kann. Dieser Unterschied in der Vollstreckbarkeit war augenscheinlich maßgebend dafür, dass das Anerkenntnis - neben Urteil und Gerichtsbescheid, die nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG Vollstreckungstitel sind - gemäß VV RVG Nr. 3104 eine Terminsgebühr auslöst.

Dagegen ließe sich zwar einwenden, dass es im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärung keiner Anordnung der Vollstreckbarkeit bedürfe, weil der Verwaltungsakt bzw. Änderungsbescheid, der zur Abgabe der Erledigungserklärungen geführt hat, seinerseits vollstreckbar ist. Ein solcher Verwaltungsakt kann aber - im Gegensatz zum Anerkenntnis nach § 101 Abs. 2 SGG - von der Behörde nach Maßgabe der zu beachtenden Vorschriften über die Änderung oder Aufhebung von Verwaltungsakten zurückgenommen oder abgeändert werden. Nicht nur hinsichtlich der Vollstreckbarkeit, sondern auch hinsichtlich der Änderbarkeit ist das nach § 101 Abs. 2 SGG abgegebene und angenommene Anerkenntnis mithin mit einem Gerichtsbescheid oder Urteil im Sinne der Anmerkung 1 zum VV RVG Nr. 3104 vergleichbar. Der Erinnerungsführerin ist zwar zuzugeben, dass hinsichtlich der verfahrensbeendenden Wirkung an sich und - möglicherweise - auch hinsichtlich des dem Bevollmächtigten entstehenden Aufwandes kein wesentlicher Unterschied zwischen der Annahme eines Anerkenntnisses nach § 101 Abs. 2 SGG und der Abgabe einer Erledigungserklärung besteht. Das war aber nach der erkennbaren Konzeption des Gesetzgebers (allein) nicht ausreichend, um auch insoweit - also bei Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen - zu bestimmen, dass eine Terminsgebühr entsteht.

Auch der - denkbare - Einwand, die dargelegte Auslegung der Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3202 führe dazu, dass der Regelungsgehalt der Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3202 ins Leere gehe, weil in der Anmerkung 2 zu VV RVG Nr. 3202 durch Nennung der §§ 79a Abs. 2, 90a, 94a FGO bereits die in der Anmerkung 1 Nr. 1 und 2 zu VV RVG Nr. 3104 (sinngemäß) angesprochenen Verfahren genannt seien und das finanzgerichtliche Verfahren ein Anerkenntnis im Sinne der Anmerkung 1 Nr. 3 zu VV RVG Nr. 3104 nicht kenne, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es trifft zwar zu, dass die Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3104 im finanzgerichtlichen Verfahren insoweit keine praktische Bedeutung hat. Hierin legt jedoch kein Widerspruch, weil ohne die Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3202 im Verfahren vor den Landessozialgerichten eine Terminsgebühr für die in der Anmerkung 1 zu VV RVG Nr. 3104 umschriebenen Verfahren nicht entstehen könnte.

3.) Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 66 Abs. 8, 68 Abs. 3 GKG.



Ende der Entscheidung

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