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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 11.04.2002
Aktenzeichen: 2 K 1616/99
Rechtsgebiete: EStG, EigZulG


Vorschriften:

EStG § 7i
EStG § 10 f Abs. 1 S. 2
EigZulG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

2 K 1616/99

Einkommensteuer 1997

In dem Finanzstreit

hat der 2. Senat

unter Mitwirkung von

Ri'inAG Dr. Haunhorst,

RiFG H.-G. Patt,

Ri'in FG Löwen und

der ehrenamtlichen Richter Dietrich und Rößner

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 11. April 2002

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Bescheid vom 8. Dezember 1998 und die Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 1999 werden dahingehend geändert, dass ein Abzugsbetrag nach § 10 f EStG aus einer Bemessungsgrundlage von 240.415,82 DM berücksichtigt wird. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten aufgegeben.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungesbeschluss ergebenden Kosten der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, die mit Vertrag vom 23. März 1996 Teile eines ehemaliges Produktions- und Lagergebäude in C., A.str. 214 c, erworben haben. Im Jahr 1997 haben die Kläger ihren Anteil des Hauses umgebaut und es ab 1997 zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Insgesamt fielen Aufwendungen in Höhe von 367.531,09 DM an.

Am 7. November 1997 beantragten die Kläger an Amtsstelle für das Objekt Eigenheimzulage nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EigZulG. Dabei wurde ein Betrag von 360.000 DM als Bemessungsgrundlage in den Vordruck eingetragen. Ob dies in Absprache und auf Anraten der Sachbearbeiterin des Beklagten erfolgte, ist streitig.

Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 2. Januar 1998 die Eigenheimzulage für die Veranlagungszeiträume 1997 bis 2004 mit jährlich 8.000 DM fest. Als Bemessungsgrundlage wurden 360.000 DM ausgewiesen.

Mit Bescheid vom 4. August 1998 erteilte das Regierungspräsidium Chemnitz eine Bescheinigung nach §§ 7 i, 10 f und 11 b EStG. Danach bestätigte die Behörde, dass das Gebäude ein Baudenkmal nach § 2 Abs. 1 des Sächsischen Denkmlaschutzgesetzes sei und dass die daran durchgeführten Arbeiten im Sinne der §§ 7 i, 10 f und 11 b EStG zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich waren. Auf das der Bescheinigung beigefügte Verzeichnis der Baumaßnahmen wird verwiesen. Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung 1997 Aufwendungen gem. § 10 f EStG für das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmal in Höhe von zunächst 204.493,00 DM geltend und beantragten die Berücksichtigung des 10 %igen Abzugsbetrages in Höhe von 20.449,00 DM als Sonderausgabe, weil für diese Aufwendungen die Voraussetzungen des § 10 f EStG vorliegen würden.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 1998 versagte der Beklagte die Steuerbegünstigung nach § 10 f EStG mit der Begründung, dass ein Abzug nicht zulässig sei, weil die Aufwendungen in Höhe von 360.000,00 DM in die Bemessungsgrundlage nach dem Eigenheimzulagegesetz einbezogen worden seien. Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Sie trugen vor, dass die Aufwendungen, die eigenheimlagebegünstigt seien, nur 127.145,27 DM betragen hätten. Somit seinen 240.415,82 DM als Bemessungsgrundlage nach § 10 f EStG zu berücksichtigen. Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 1999 wurde der Einspruch zurückgewiesen. Der Beklagte führte zur Begründung aus, dass die Bemessungsgrundlage im Eigenheimzulagebescheid vom 2. Januar 1998 bestandskräftig festgesetzt worden sei. Ein anderweitiger Ansatz sei nicht möglich.

Mit ihrer Klage vom 11. August 1999 verfolgen die Kläger ihr Begehen weiter. Sie sind der Auffassung, dass ihnen die im Eigenheimzulagebescheid genannte Bemessungsgrundlage für die Entscheidung nach § 10 f EStG nicht bindend sei. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Sachbearbeiterin des Beklagten sie unvollständig darüber informiert habe, welche Bedeutung die Bemessungsgrundlage im Eigenheimzulagerecht für andere steuerliche Vergünstigungen habe. Die Sachbearbeiterin habe sich nur Belege bis zur Höhe von ca. 100.000,00 DM zeigen lassen, da weitere Aufwendungen an dem maximal zu gewährenden Eigenheimzulagebetrag nicht mehr ändern würden. Da der Eigenheimzulagebescheid der Höhe nach dem Antrag entsprochen habe, seien sie nicht dagegen vorgegangen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 8. Dezember 1998 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. Juli 1999 dahingehend zu ändern, dass ein Abzugsbetrag nach § 10 f EStG aus einer Bemessungsgrundlage von 240.415,82 DM berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Einbeziehung von Aufwendungen in Höhe von 360.000 DM die Gewährung eines Abzugsbetrages nach § 10 f EStG auschliesse. Im übrigen lägen die Voraussetzungen des § 7 i EStG nicht vor, da aus einer Scheune ein Neubau errichtet worden sei, wie sich auch aus der Gewährung der vollen Eigenheimzulage ergebe. Den Klägern sei es nach § 10 f EStG verwehrt, die Herstellungskosten für das Gebäude als Bemessungsgrundlage anzusetzen. Der denkmalrechtliche Bescheid sei insoweit nicht bindend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Einkommensteuerbescheid 1997 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten. Der Beklagte hat es zu Unrecht unterlassen, einen Abzugsbetrag nach § 10 f EStG aus 240.415,82 DM zu berücksichtigen.

Der Abzugsbetrag nach § 10 f EStG ist u.a. nur dann zu berücksichtigen, wenn die Voraussetzungen des § 7 i EStG vorliegen. Dies ist entgegen der Auffassung des Beklagten der Fall. Es kann offen bleiben, ob es sich um einen Neubau handelt. Durch die Bescheinigung der Denkmalbehörde nach § 7 i EStG ist der Beklagte gebunden. Die verbindlichen Feststellungen der als Grundlagenbescheid wirkenden Bescheinigung beziehen sich grundsätzlich auf die Denkmaleigenschaft und darauf, ob die Aufwendungen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Denkmal und zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind (vgl. BFH, BFH/NV 2002, 405). Da die Denkmalbehörde mit dem Bescheid vom 4. August 1998 festgestellt hat, dass das Gebäude ein Baudenkmal ist und die hieran durchgeführten Arbeiten zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich waren, sind diese Umstände für den Beklagten bindend festgestellt, selbst wenn es sich tatsächlich um die Herstellung eines Neubaus handeln sollte (vgl. BFH, BFH/NV 2002, 405).

Der Abziehbarkeit nach § 10 f Absatz 1 Satz 2 EStG - neben anderen hier nicht streitigen Voraussetzungen - steht auch nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige insoweit die Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage nach dem Eigenheimzulagegesetz einbezogen hat. Denn Aufwendungen hat der Steuerpflichtige nur insoweit in die Bemessungsgrundlage nach dem Eigenheimzulagegesetz einbezogen, als sie sich auf die Höhe der Eigenheimzulage ausgewirkt haben (BFH, BFH/NV 2001, 848 zu § 10 e EStG). Danach ist der Steuerpflichtige nicht nur zur Wahl der Fördermöglichkeiten nach § 10 f EStG oder dem Eigenheimzulagegesetz berechtigt (vgl. BFH, BFH/NV 2001, 848), sondern auch dazu, den Betrag der Aufwendungen auf die Bemessungsgrundlagen nach § 10 f EStG und dem Eigenheimzulagegesetz aufzuteilen. Mit der "Soweit-Regelung" soll nur eine mehrfache Begünstigung derselben Aufwendungen im jeweiligen Jahr der Veranlagung ausgeschlossen werden (vgl. BFH, BFH/NV 2001, 848; FG Thüringen, EFG 1997, 1498 zu § 10 e EStG und § 7 FördGG m.w.N.; Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG, § 10 f EStG, Rdnr 37; Kirchhof/Söhn, Kommentar zum EStG, § 10 f EStG, Rdnr B 19 und B 28; unklar: Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum EStG, § 10 f EStG, Rdnr 25).

Der Eigentümer ist, solange keine Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides eingetreten ist, nicht an die einmal ausgeübte Wahl der Begünstigung gebunden. Dass der Eigentümer mit der Inanspruchnahme einer Begünstigungsart für den restlichen Abzugszeitraum gebunden sein soll, lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem mit der Vorschrift verfolgten Zweck herleiten (vgl. BFH/NV 2001, 848). Von diesem Wahlrecht machen die Kläger in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch. Da nach den unstreitigen Angaben der Kläger Aufwendungen an dem Baudenkmal in Höhe von 127.115,27 DM gem. § 8 EigZulG und in Höhe von 240.415,82 DM gem. § 10 f EStG zu berücksichtigen sind, steht den Klägern insoweit auch der Abzug wie Sonderausgaben zu.

Dem steht nicht entgegen, dass in dem bestandskräftigen Eigenheimzulagebescheid eine Bemessungsgrundlage von 360.000 DM genannt ist. Diese Bemessungsgrundlage erwächst nicht in Bestandskraft, da sie nicht von der Festsetzung umfasst ist. Eine Doppelförderung in Bezug auf dieselben Aufwendungen liegt ebenfalls nicht vor, da sich aus der zu berücksichtigenden Bemessungsgrundlage von 127.115,27 DM ein Förderbetrag von ebenfalls 5.000 DM ergibt (§ 9 Abs. 2 EigZulG).

Da der Einkommensteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung wegen der Nichtberücksichtigung des Abzugsbetrages nach § 10 f EStG rechtwidrig sind, waren sie insoweit zu ändern und dem Beklagten die Berechnung der Steuer aufzugeben (§ 100 Abs. 2 FGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 155 FGO i.V.m. § 711 ZPO.

Die Revision war aus den Gründen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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