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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 20.09.2007
Aktenzeichen: 2 K 1974/06
Rechtsgebiete: UStG, EStG, HGB


Vorschriften:

UStG § 14c Abs. 1 S. 2
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
UStG § 17 Abs. 1
EStG § 5 Abs. 1 S. 1
HGB § 252 Abs.1 Nr. 4 Hs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

2 K 1974/06

Einkommensteuer 2001 bis 2003 und gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12. 2001 bis 2003

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 2. Senat

unter Mitwirkung

von Vizepräsidentin des Finanzgerichts ...,

Richter am Finanzgericht ...,

Richterin am Finanzgericht ... sowie

den ehrenamtlichen Richtern ...

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 20. September 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Berücksichtigung einer Umsatzsteuerberichtigung im Rahmen der Einkommensteuer.

Die Kläger sind miteinander verheiratet und werden vom Beklagten zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Inhaber einer Bau- und Möbeltischlerei als Einzelfirma. Er ermittelt seinen Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG. In den Jahren 2001 bis 2003 erbrachte er Werkleistungen an verschiedene Kunden und erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er in den jeweiligen Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2001 mit DM 31.016, für 2002 mit EUR 6.858 und für 2003 mit EUR 17.702 angab. Die jeweiligen Bilanzen legte er dem Beklagten vor. Im Jahr 2005 fand beim Kläger eine Außenprüfung statt. Die Prüferin stellte fest, dass der Kläger teilweise zu Unrecht Umsatzsteuer doppelt ausgewiesen hatte. Dabei seien im Jahr 2001 DM 34.992, 2002 EUR 28.494 und 2003 EUR 69.993 unberechtigt ausgewiesen und die Steuernachforderungen bei der Gewinnermittlung zu passivieren (vgl. im Einzelnen Prüfungsbericht vom 12. August 2005, Prüfungsakte, insbesondere Anlage 7). Der Kläger stellte 2005 korrigierte Rechnungen aus, weswegen die Umsatzsteuer im Jahr 2005 berichtigt wurde. Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüfung und setzte die Einkommensteuer der Jahre 2001 bis 2003 mit Bescheiden vom 6. Februar 2006 auf jeweils DM/EUR 0 fest. Dabei wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit ./. EUR 29.804 für 2001, ./. EUR 21.747 für 2002 und ./. EUR 50.939 für 2003 zu Grunde gelegt. Des Weiteren erließ er Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Einkommensteuer auf den 31. 12. 2001 über DM 10.258, auf den 31. 12. 2002 über EUR 13.466 und auf den 31. 12. 2003 über EUR 50.550. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein mit der Begründung, dass die berichtigte Umsatzsteuer in den Streitjahren wertaufhellend als Forderung einzustellen sei, sodass wirtschaftlich die Umsatzsteuernachforderung neutralisiert sei. Der Kläger sei beschwert, da die begehrte höhere Steuerfestsetzung bei den Streitjahren in Folgejahren auf Grund des Bilanzzusammenhangs günstiger sei. Dadurch werde eine höhere Besteuerung in den Folgejahren vermieden. Es entstünde sonst ein sinnloser Verzehr von Verlustvorträgen vor Anrechnung von z.B. Sonderausgaben und führe im Ergebnis dazu, dass die Umsatzsteuer einer Ertragsbesteuerung unterworfen würde. Der Vergütungsanspruch entstehe bereits bei Ausstellung der fehlerhaften Rechnung. Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 2006 als unbegründet zurück. Für den Fall der Rechnungsberichtigung nach unrichtigem Steuerausweis komme die Aktivierung des Berichtigungsanspruchs erst in Betracht, wenn die berichtigten Rechnungen vorlägen, da der Steuerpflichtige erst selbst die Berichtigung vornehmen müsse. Der Berichtigungsanspruch stehe insoweit unter einer aufschiebenden Bedingung.

Die Kläger sind der Meinung, dass die Forderungen aus der Umsatzsteuerberichtigung in den Streitjahren zu aktivieren seien, da die wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen insoweit gesetzt seien. Der umsatzsteuerliche Berichtigungsanspruch könne keine Auswirkungen auf die bilanzrechtliche Entstehung des Vergütungsanspruchs haben. Es könne daher nicht auf den Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung ankommen. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes gehe für den Vorsteueranspruch davon aus, dass dieser im Zeitpunkt des Leistungsbezugs entstehe. Hinsichtlich des Umsatzsteuervergütungsanspruchs aufgrund unrichtigen Steuerausweises sei es ausreichend, dass dieser entstanden sei, eine Willensbetätigung des Steuerpflichtigen sei zwar erforderlich, ändere aber nichts am Entstehen. Es liege kein bedingter Anspruch vor, da kein Unsicherheitsmoment zu erkennen sei.

Die Kläger beantragen,

die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer für die Jahre 2001 bis 2003 vom 6. Februar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 2006 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers mit DM 5.188 für 2001, EUR 6.747 für 2002 und EUR 19.054 für 2003 angesetzt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Rechtsprechung zur Bilanzierung des Vorsteueranspruchs nicht auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet werden könne. Im Unterschied zum Vorsteuerabzug müsse der Unternehmer selbst tätig werden, um den Erstattungsanspruch tatsächlich zu realisieren, daher seien die für die Realisierung wesentlichen Ursachen erst mit der Rechnungsberichtigung gelegt. Es handele sich um einen aufschiebend bedingten Anspruch. Die Unsicherheit könne etwa darin bestehen, dass der Leistungsempfänger nicht auffindbar sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhaltes im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Einkommensteuer-, Bilanz-, Prüfungs- und Rechtsbehelfsakte sowie die Dauerunterlagen und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20. September 2007 verwiesen. Die Kläger nahmen hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide vor der mündlichen Verhandlung 2001 bis 2003 zurück.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer vom 6. Februar 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Oktober 2006 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

I. Die Klage ist zulässig. Zwar begehren die Kläger die Aufhebung von für sie günstigen Verlustfeststellungsbescheiden. Sie haben jedoch dargelegt, dass dies für sie vorteilhaft in folgenden Besteuerungszeiträumen ist, sodass ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

II. Der Beklagte hat zutreffend in den Streitjahren die Umsatzsteuerverbindlichkeiten in der Gewinnermittlung des Klägers passiviert, dem stehen keine Forderungen aus Umsatzsteuerberichtigungsansprüchen nach §§ 14c Abs. 1 Satz 2, 17 Abs. 1 UStG gegenüber.

1. Der Zeitpunkt der Aktivierung von Forderungen bestimmt sich gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 EStG bei buchführenden Gewerbetreibenden nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Gemäß § 252 Abs.1 Nr.4 2.Halbsatz HGB sind Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Nach dem Realisationsprinzip dürfen Vermögensmehrungen nur erfasst werden, wenn sie disponibel sind. Bei Lieferungen und anderen Leistungen wird Gewinn realisiert, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen wirtschaftlich erfüllt hat und ihm die Forderung auf die Gegenleistung, also die Zahlung, so gut wie sicher ist. Allerdings sind Gewinne gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 zweiter Halbsatz HGB bilanziell nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind; dies betrifft auch Forderungen. Eine Forderung ist daher nur zu aktivieren, wenn sie entweder rechtlich bereits entstanden ist oder die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, Urteil des Bundesfinanzhofsvom 8. November 2000 - I R 10/98, BFHE 193, 406, BStBl II 2001, 349).

a) Die Kläger berufen sich auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Vorsteuerabzug bei der Umsatzsteuer, nach der Vorsteueranspruch bereits im Zeitpunkt der Leistungserbringung entsteht und zu aktivieren ist. Zwar entsteht der Vorsteueranspruch gemäß § 15 Abs.1 Nr.1 UStG rechtlich erst, wenn der Unternehmer ordnungsgemäße Rechnungen vorlegen kann. Mit der Ausführung von Lieferungen oder Leistungen von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ist der Vorsteueranspruch jedoch wirtschaftlich bereits begründet. Der Anspruch ist so gut wie sicher. Besondere Risiken sind im Regelfall nicht gegeben (Urteil des Bundesfinanzhofsvom 12. Mai 1993 - XI R 1/93, BStBl II 1993, 786). Jedoch sind der Vorsteueranspruch und der Umsatzsteuervergütungsanspruch nach Berichtigung der Bemessungsgrundlage - insbesondere nach unrichtigem Steuerausweis - nicht vergleichbar. Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG sind Berichtigungen der Bemessungsgrundlage für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Besteuerungsgrundlage eingetreten ist. Dies gilt nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG auch im Streitfall, da der Kläger in Rechnungen für eine Lieferung einen höheren Steuerbetrag gesondert ausgewiesen hat, als er nach dem Gesetz schuldet. § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG schließt eine Rückwirkung der Berichtigung des Umsatzsteuerausweises auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung aus und bewirkt dadurch, dass Berichtigungen der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage in einer dem umsatzsteuerlichen Schuldverhältnis, das in der Regel ein Dauerschuldverhältnis ist, eigentümlichen W. durch eine die ursprüngliche umsatzsteuerliche Erfassung kompensierende Buchung eines Vergütungsanspruches durchgeführt werden (Urteil des Bundesfinanzhofsvom 9. April 2002 - VII R 108/00, BFHE 198, 294, BStBl II 2002, 562 ). Bis zur Berichtigung der Rechnung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG schuldet der Unternehmer die unzutreffend ausgewiesene Steuer. Die Berichtigung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG erst in dem späteren Besteuerungszeitraum vorzunehmen, nicht etwa (rückwirkend) auf den Zeitpunkt der Rechnungsausgabe oder auf den für § 14c Abs. 1 UStG gesetzlich in § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG vorgeschriebenen Zeitpunkt der Steuerentstehung für die Leistung (Urteil des Bundesfinanzhofsvom 19. Dezember 2002 - V R 66/00, BFH/NV 2003, 591). Daraus folgt, dass zwar der steuerliche Berichtigungsanspruch bereits mit Ausgabe der unrichtigen Rechnung besteht, aber der daraus resultierende Steuervergütungsanspruch im Sinne von § 37 AO erst in dem Moment, in dem die Berichtigung tatsächlich durchgeführt wird. Unsicher im Sinne des Realisationsprinzips ist bereits der Zeitpunkt des Vergütungsanspruchs. Der Steuerpflichtige hat es selbst in der Hand zu bestimmen, wann er den unrichtigen Steuerausweis korrigiert. Hingegen beim Vorsteueranspruch steht fest, in welchem Besteuerungszeitraum er besteht, unabhängig von der Geltendmachung. Darin liegt auch keine Wertaufhellung im bilanziellen Sinne, da der Anspruch im Zeitpunkt der Bilanzerstellungen der Streitjahre der Vergütungsanspruch noch nicht entstanden und der Berichtigungsanspruch per se nicht bilanzierungsfähig ist.

Für die Richtigkeit des gefundenen Ergebnisses spricht auch der Umstand, dass eine Berichtigung nach § 14c Abs. 1, 17 Abs. 1 UStG im Streitfall auf bewusst unrichtig ausgestellten Rechnungen beruht, die durch die erhöhte Möglichkeit der Geltendmachung von Vorsteuern durch den Auftraggeber das Steueraufkommen gefährden und u.U. auch seitens des Ausstellers der Tatbestand des § 370 AO vorliegen kann.

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofsvom 4. Februar 2005 (VII R 20/04, BFH/NV 2005, 942). Dort ging es um das zivilrechtliche Entstehen einer Forderung aus Umsatzsteuervergütung. Dabei ist der Bundesfinanzhof davon ausgegangen, dass der Umsatzsteuervergütungsanspruch nach Rechnungsberichtigung im Zeitpunkt der Berichtigung entsteht, was sich aus § 17 Abs. 1 Satz 3 UStG ergibt. Maßgeblich in dieser Entscheidung ist des Weiteren die Feststellung, dass der ursprüngliche Steueranspruch von der Berichtigung unberührt bleibt, da er entstanden ist und ihm - in einer anderen steuerlichen Periode - ein Vergütungsanspruch nach § 17 Abs. 1 UStG gegenübergestellt wurde. Daher kann daraus nicht die Aktivierung des Vergütungsanspruches im Zeitpunkt der Ausgabe der unrichtigen Rechnung hergeleitet werden.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, die Revision war nach § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, da aus Sicht des Senates eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes zur Rechtsfortbildung erfordert.

Ende der Entscheidung

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