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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 02.01.2006
Aktenzeichen: 2 K 2306/02
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 88 Abs. 1
AO 1977 § 90 Abs. 1
AO 1977 § 146 Abs. 1 S. 1
AO 1977 § 146 Abs. 1 S. 3
AO 1977 § 158
AO 1977 § 162 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

2 K 2306/02

Gewerbesteuermessbetrag 1998 und ges. Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12. 1996 bis 1998

In dem Finanzrechtsstreit

[...]

hat der 2. Senat

unter Mitwirkung

von Vizepräsidentin des Finanzgerichts ... Richter am Finanzgericht ... Richter am Amtsgericht ... der ehrenamtlichen Richter ...

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 1. Februar 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Hinzuschätzung von Einnahmen für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages.

Der Kläger betrieb seit 1972 einen Fleischereibetrieb. Die Gewinnermittlung erfolgte gemäß § 5 Einkommensteuergesetz (EStG). Ab 1990 verfügte er über mehrere Betriebsstätten. Das Objekt J.-G.-Weg 47 in L. vermietete er mit Wirkung zum 1. September 1997 an Herrn P. H.. Gemäß § 4 des Vertrages war Zweck des Mietverhältnisses der Betrieb einer Einzelhandelseinrichtung für Fleisch- und Wurstwaren (vgl. im Einzelnen Bl. 52 - 53 d.A.). Der Mietzins wurde mit DM 1.000 netto und die Nebenkosten mit DM 100 netto zzgl. der jeweils geltenden Mehrwertsteuer vereinbart. Im Jahr 1997 gingen DM 5.060 und im Jahr 1998 DM 7.964 an Mieten nicht beim Kläger ein. Die vom Untermieter nicht gezahlten Mieten wurden vom damaligen Rechtsanwalt des Klägers mehrfach angemahnt, zuletzt am 15. Dezember 1999. Das Mietverhältnis wurde mit Schreiben vom 15. Juli 2000 fristlos gekündigt (Bl. 55 - 62 d.A.). Die dem Kläger durch die Vermietung entstandenen Kosten wurden als Betriebsausgaben im Rahmen der Einkommensteuer geltend gemacht.

Der Kläger hatte im Jahr 1991 ein Eigenkapitalhilfedarlehen (EKH-Darlehen) über DM 137.500 und im Jahr 1992 ein ERP-Darlehen über DM 275.000 in Anspruch genommen. Das EKH-Darlehen wurde mit einer Schlusszahlung von DM 74.500 am 14. Oktober 1998 getilgt, das ERP-Darlehen mit einer Schlusszahlung vom 25. Mai 1998 über DM 81.770.

Der Beklagte erließ am 22. Juni 1999 den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 1998 und setzte ./. DM 37.781 fest. Der Bescheid über den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31. 12. 1995 vom 6. September 1996 stellte einen Verlust von DM 26.591 fest. Der entsprechende Bescheid zum 31. 12. 1996 vom 9. Januar 1998 setzte einen vortragsfähigen Gewerbeverlust von DM 41.937 fest. Für 1997 wurde mit Bescheid vom 23. Oktober 1998 ein Gewerbeverlust von DM 64.117 und für 1998 mit Bescheid vom 22. Juni 1999 von DM 98.519 festgestellt. Alle Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Der Beklagte führte in der Zeit vom 21. April 1999 bis 25. Februar 2000 eine Außenprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 durch. Dabei stellte die Prüferin fest, dass Mängel in Buchführung bestünden. Tagessummenbons der elektronischen Kassenwaagen seien nicht aufbewahrt und das Kassenbuch nicht täglich erstellt worden. Die Einnahmen von den Summenbons seien auf gesonderte Blätter übertragen und zum Monatsende mit den Eingangsrechnungen im Kassenbuch erfasst worden. Die Aufzeichnungen seien nicht chronologisch erstellt gewesen, sodass Kassenfehlbeträge entstanden seien. Die Einzahlungen von der Kasse auf das Bankkonto seien erst im Rahmen der Erstellung des Kassenbuchs eingearbeitet worden. Es sei zu Differenzen zwischen den Kassenbeständen und den Bankeinzahlungen gekommen, die Kassenbestände laut Kassenbuch hätten die Höhe der Einzahlungen auf das Bankkonto nicht ermöglicht. Die Prüferin stellte u.a. folgende Einzahlungen des Klägers fest (vgl. Auszug aus der Prüfer-Handakte):

 DatumKontoBetrag
6.5.1998Bank L.,DM 10.000
13.5.1998Girokonto H,DM 81.770
8.6.1998Bank L.,DM 10.000
22.6.1998Bank L.,DM 16.500
3.8.1998Bank L.,DM 3.000
4.8.1998Bank L.,DM 5.000
4.8.1998Bank L.,DM 6.000
12.8.1998Girokonto H,DM 74.500
24.8.1998Bank L.,DM 3.000
24.8.1998Bank L.,DM 8.000
31.8.1998Bank L.,DM 8.000
SUMME:  DM 225.770

Die Zahlungen auf das Konto der Bank seien als Barzahlungen mit dem Betreff "Einlage" versehen gewesen. Diese Zahlungen wurden mangels anderer Nachweise von der Prüferin als Einnahmen angesehen. Des Weiteren sah sie Mietforderungen des Klägers im Jahr 1997 in Höhe von DM 5.060 und im Jahr 1998 in Höhe von DM 7.964 aus der Untervermietung des Ladengeschäfts als Forderung an und die eingegangenen Mietzahlungen von DM 2.530 für 1997 und von DM 7.300 für 1998 als Einnahmen, da die Mietaufwendungen für das Objekt gewinnmindernd geltend gemacht worden sind (vgl. im Einzelnen den Bericht über die Außenprüfung vom 31. August 2000, BP-Akte II, Exposé vom 17. Januar 2000, Bl. 133, 135 d.A.).

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und setzte mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 den Gewerbesteuermessbetrag auf DM 3.585 fest. Der vortragsfähige Gewerbeverlust zum 31. 12. 1995 wurde mit Bescheiden vom selben Tag auf DM 16.395 und zum 31. 12. 1996, 1997 und 1998 auf null DM festgesetzt. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Er trug vor, dass er gemeinsam mit seiner Schwester im Jahr 1994 ein Haus in G. für DM 266.000 verkauft habe. Davon habe dem Kläger die Hälfte zugestanden, eine Gutschrift von DM 66.500 sei im Jahr 1994 auf seinem Privatkonto bei der Bank A erfolgt. Er habe am 18. Februar 1995 DM 22.778,81, am 7. Februar 1996 DM 26.444,73 und am 14. Februar 1997 DM 22.806,67 als weitere Zahlungen aus diesem Verkauf erhalten. Seine Frau habe einen Sparbrief im Jahr 1995 angelegt, der im Jahr 1997 zur Auszahlung gekommen sei. Das Geld sei bar am 20. Oktober 1997 ausgezahlt worden. Die Forderungen aus der Untervermietung seien nicht als solche anzusetzen, da bei der Außenprüfung bekannt gewesen sei, dass sie uneinbringlich seien. Mit der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2002 änderte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetragsbescheid auf DM 2.850 und die Bescheide über den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31. 12. 1995 auf DM 25.513, zum 31. 12. 1996 auf DM 8.409 und zum 31. 12. 1997 auf DM 8.720. Im Übrigen wurde der Einspruch zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die vorliegende Klage. Gegen die Änderung der ebenfalls vom Beklagten entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1998 erhob der Kläger vor dem Sächsischen Finanzgericht zum Az. 1 K 2269/02 Klage, die mit Urteil vom 7. April 2004 abgewiesen wurde.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Einzahlungen auf die Konten keine Einnahmen, sondern hinsichtlich des Darlehenskontos Tilgungsleistungen aus Privatmitteln seien. Die Ehefrau des Klägers habe im Jahr 1995 einen Sparbrief über DM 175.000 abgeschlossen, der im Jahr 1997 ausgezahlt worden sei. Das Geld sei auf ein Sparbuch eingezahlt worden und am 20. Oktober 1997 sei die erneute Auszahlung erfolgt und das Geld in ein Bankschließfach gelegt worden . Dies könne auch durch Eintragungen auf der Besucherkartei der Bank belegt werden. Es seien Bargeldbestände aus früheren Zeiten vorhanden gewesen, was durch die Vorlage von Sparbüchern belegt sei. Ferner habe der Kläger Leistungen aus einer Lebensversicherung erhalten.

Die Einkünfte aus der Untervermietung mit Herrn H. seien keine aus Gewerbebetrieb, da der Kläger diesen gerade an dieser Filiale nicht mehr betreiben habe wollen. Daher seien diese als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 1998 vom 24. Oktober 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. September 2002 dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag 1998 auf 0 DM festgesetzt sowie den vortragsfähigen Gewerbeverlust vom 24. Oktober 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2002 dahingehend zu ändern, dass der vortragsfähige Gewerbeverlust zum 31.12. 1996 auf DM 19.986, zum 31.12.1997 auf DM 22.187 und zum 31.12.1998 auf DM 37.781 festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist unter Hinweis auf sein Vorbringen im Verfahren des Sächsischen Finanzgerichts, Az. 1 K 2269/02 der Auffassung, dass die Feststellungen der Prüferin im Wesentlichen zuträfen. Die Barauszahlung stehe mit der Tilgung der EKH- und ERP-Darlehen in keinem zeitlichen Zusammenhang.

Die nicht gezahlten Mieten in Höhe von DM 7.964 aus dem Untermietverhältnis seien nicht als Einlagen, sondern als Forderungen zu erfassen. Diese seien zum Bilanzerstellungszeitpunkt im April 1999 nicht uneinbringlich gewesen. Spätere, wertaufhellende Erkenntnisse seien nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB in den Folgejahren zu berücksichtigen. Da bis zum Jahr 2000 die Beitreibung versucht worden sei, käme nur eine Korrektur von DM 5.516 der Nettoforderung in Betracht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze, dem Inhalt der Gewerbesteuer- und der Rechtsbehelfsakten sowie auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 13. Dezember 2005 und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2006 verwiesen. Die Akte 1 K 2269/02 wurde beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Der Gewerbesteuermessbetragsbescheid vom 24. Oktober 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. September 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Der Beklagte hat zu Recht DM 225.770 als Einnahmen dem Gewerbeertrag hinzugeschätzt. Der Kläger kann sich nicht auf die formelle Ordnungsmäßigkeit seiner Buchführung berufen, § 158 AO, die Voraussetzungen der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Wege der Schätzung nach § 162 Abs. 1 AO liegen vor.

a) Buchungen und sonst erforderliche Aufzeichnungen sind gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 AO vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sollen überdies täglich festgehalten werden, § 146 Abs. 1 Satz 3 AO, und so beschaffen sein, dass ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen (Urteil des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 20. September 1989 - X R 39/87, BStBl II 1990, 109). In der Außenprüfung wurde festgestellt, dass Tagessummenbons der elektronischen Kassenwaagen nicht aufbewahrt und das Kassenbuch nicht täglich erstellt wurden. Die Einnahmen von den Summenbons sind dagegen auf gesonderte Blätter übertragen und erst zum Monatsende mit den Eingangsrechnungen im Kassenbuch erfasst worden. Die Aufzeichnungen sind nicht chronologisch erstellt gewesen, sodass Kassenfehlbeträge entstanden. Die Einzahlungen von der Kasse auf das Bankkonto sind erst im Rahmen der Erstellung des Kassenbuchs eingearbeitet worden. Es ist zu Differenzen zwischen den Kassenbeständen und den Bankeinzahlungen gekommen, die Kassenbestände laut Kassenbuch haben die Höhe der Einzahlungen auf das Bankkonto nicht ermöglicht. Die Buchführung wurde also entgegen § 146 Abs. 1 AO nicht zeitnah und richtig erstellt. Diese Mängel erfassen die gesamte Buchführung, da der Kläger im Wesentlichen Bargeschäfte tätigte, bei denen es besonders auf die Ordnungsgemäßheit der Kasse ankommt. Sie wurden vom Kläger nicht in Abrede gestellt.

b) Damit fehlt der Buchführung des Klägers die Beweiskraft nach § 158 AO, sodass der Beklagte im Wege der Schätzung gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 AO von weiteren Betriebseinnahmen ausgehen konnte. Aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Kassenaufzeichnungen ist der Schluss naheliegend, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden sind. Daher war es geboten, die vom Kläger als "Einlagen" bezeichneten Bareinzahlungen als Betriebseinnahmen anzusehen. Dem Kläger ist der Nachweis der Herkunft der als Einlage behandelten Mittel zur Tilgung des EKH- und des ERP-Darlehens und der anderen Bareinzahlungen nicht gelungen. Er hat zwar Urkunden vorgelegt, die belegen, dass ein Sparbrief vorhanden war, der im Jahr 1997 aufgelöst und ein Betrag von DM 175.000 auf ein Sparbuch eingezahlt wurde. Jedoch ist der weitere Zahlungsweg nicht mehr zweifelsfrei nachzuverfolgen, da der zeitliche Zusammenhang und die Höhe der einzelnen Beträge durch die Beweisaufnahme nicht zu klären gewesen sind. Der Kläger hat behauptet, dass das Geld aus dem Sparbrief am 20. Oktober 1997 von einem Sparbuch bar ausgezahlt und in ein Bankschließfach bei der Bank A eingelegt worden sei. Dort sei es dann von der Ehefrau des Klägers, der Zeugin F. abgehoben und in bar auf das Konto bei der HypoVereinsbank und der Bank eingezahlt worden. Als weitere Belege dafür wurde die Besucherkartei des Bankschließfaches der Bank A vorgelegt. Die Zeugin F. konnte kaum detaillierte Angaben machen. Sie hat dargelegt, dass der Betrag von DM 175.000 von einem auf ihren Namen angelegten Sparbrief stammt und dass sie das Geld nach Umschreibung auf ihr Girokonto abgehoben und in ein Bankschließfach bei der Bank A eingelegt hatte. Sie konnte sich aber weder an konkrete Zeitpunkte erinnern, an denen sie Geld aus dem Schließfach entnommen haben will noch an bestimmte Beträge erinnern, die mit den Angaben des Klägers übereinstimmen könnten. Insbesondere konnte die Zeugin auf Vorhalt der Besucherkartei durch das Gericht keine Angaben machen, die belegen, dass sie an diesen Tagen tatsächlich in der Bank war und gerade die behaupteten Geldbeträge abgehoben hat. Auch sind diese Angaben nicht mit den durch Unterlagen belegten Unterlagen in Einklang zu bringen. Damit ist insbesondere die Behauptung des Klägers nicht bewiesen worden, dass am 12. August 1998 eine Auszahlung stattgefunden haben soll. Der Hinweis auf den Bargeldbestand im heimischen Tresor ist auch insoweit nicht weiterführend, da gerade die Herkunft der Bargeldbestände im Jahr 1998 zu klären war. Des weiteren ist aus der Kopie des Sparbuchs Nr. 0618040615 der Ehefrau der Klägerin ersichtlich, dass im Zeitraum 17. Februar 1997 bis 9. Juli 1997 weitere DM 164.000,00 abgehoben wurden. Die Einlassung, dass es sich insgesamt um das vom Ehemann vor Eheschließung erworbenen Vermögen handelt ist nicht glaubhaft. Die Behauptung des Klägers, er habe aus dem Verkauf eines geerbten Hauses im Jahr 1994 in der Folgezeit erhebliche Geldbeträge erhalten, ist weder durch Urkunden noch durch die Aussage der Zeugin F. bestätigt worden.

c) Der Sachverhalt ließ sich damit nicht soweit zur Überzeugung des Senates aufklären, dass die Einlagen von DM 225.770 aus privaten Mitteln stammen. Die Sachaufklärungspflicht der Finanzbehörde gemäß § 88 Abs. 1 AO und die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen nach § 90 Abs. 1 AO stehen in einem engen Zusammenhang. Wenn ein Steuerpflichtiger ihm auferlegte allgemeine oder besondere Mitwirkungs-, Informations- oder Nachweispflichten verletzt, mindert grundsätzlich die Ermittlungspflicht der Finanzbehörde (§ 88 Abs. 1 AO) entsprechend. Dies gilt auch für das finanzgerichtliche Verfahren (§ 76 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 und § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Als Kriterien für das Ausmaß der Reduzierung von Sachaufklärungspflicht und Beweismaß können folgende Gesichtspunkte bedeutsam werden: Der Grad der Pflichtverletzung, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Gedanke der Zumutbarkeit, die gesteigerte Mitverantwortung aus vorangegangenem Tun (BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 - X R 16/86, BStBl II 1989, 462). Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Gedanken der Beweisnähe zu. Die Verantwortung des Steuerpflichtigen für die Aufklärung des Sachverhalts ist um so größer (die von Finanzbehörden und Finanzgericht um so geringer), je mehr Tatsachen oder Beweismittel der von ihm beherrschten Informations- und/oder Tätigkeitssphäre angehören (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 1986 - VII R 145/85, BStBl II 1986, 857). Die Verletzung abgabenrechtlicher Mitwirkungspflichten kann dann, wenn sie Tatsachen oder Beweismittel aus dem alleinigen Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen betrifft, sogar dazu führen, dass aus seinem Verhalten für ihn nachteilige Schlüsse gezogen werden. Solche Schlussfolgerungen können auch nicht bezifferbare Besteuerungsgrundlagen betreffen. Die Befugnis hierzu ergibt sich aus § 162 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO unmittelbar (BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 - X R 16 /86, a.a.O.).

Nach diesen Grundsätzen ist die Pflichtverletzung des Klägers im Verhältnis zur weiteren Sachaufklärungspflicht des Beklagten und des Finanzgerichts abzuwägen. Danach ist davon auszugehen, dass die Einzahlungen auf das Konto der Bank, Kto-Nr. in verschiedenen Beträgen im Jahr 1998 sowie die Einzahlungen auf das Konto der Bank B, Kto-Nr. Betriebseinnahmen sind. Zwar hat der Kläger Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass in dieser Höhe private Mittel vorhanden waren. Der Zahlungsfluss ist damit für jede Einzahlung aber noch nicht nachgewiesen. Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger Bargeschäfte in nicht unerheblichen Umfang führte und aufgrund der festgestellten Mängel in der Buchführung, insbesondere der Kassenführung, ist davon auszugehen, dass betrieblich vereinnahmte Beträge als Einlage behandelt wurden. Soweit der Sachverhalt nicht weiter aufklärbar ist, geht dies zu Lasten des Klägers, der allein durch seine Aufzeichnungen in der Lage war, die Privateinlagen nachzuweisen. Dies ist jedoch nicht mit der für die Überzeugung des Senates erforderlichen Sicherheit erfolgt.

d) Die Schätzung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte für die Höhe der nicht erklärten Einnahmen bestehen in den Bareinzahlungen auf den Konten des Klägers. Der Schätzungsrahmen reicht bis zur Höhe dieser Einzahlungen zuzüglich eines Sicherheitszuschlages. Der Beklagte hat sich in diesem Rahmen gehalten und auf einen Sicherheitszuschlag verzichtet.

2. Der Beklagte hat die Mietforderung zutreffend als Einnahmen angesetzt. Neue, wertaufhellende Erkenntnisse, die erst später vorliegen, bleiben insoweit unberücksichtigt Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind. Das ist auch in der Steuerbilanz zu beachten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG), BFH-Urteil vom 28. März 2000 - VIII R 77/96, BStBl II 2002, 227). Zum Abschlussstichtag 31. Dezember 1998 war nicht erkennbar, dass die Forderung uneinbringlich sein soll. Dies belegen die vom Kläger vorgelegten Schreiben des von ihm beauftragten Rechtsanwaltes, der bis in das Jahr 1999 versucht hat, die Mieten einzutreiben.

Die eingenommenen Mieten sind auch nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzusehen und damit aus dem Gewerbeertrag herauszurechnen. Entgegen der Behauptung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger diese Einkünfte nicht als solche aus Vermietung und Verpachtung in seiner Einkommensteuererklärung angegeben, sondern vielmehr die Kosten aus den Mietverhältnissen als Betriebsausgaben angesetzt. Als weiteres Indiz für die Zuordnung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb spricht, dass der Kläger die vermietete Filiale zunächst selbst betrieben hat und dann an einen anderen Fleischer untervermietete. Damit war die Filiale weiterhin Bestandteil seines Unternehmens.

3. Die Klage gegen die Bescheide über den vortragsfähigen Gewerbeverlust 1996, 1997 und 1998 ist ebenfalls unbegründet. Für das Jahr 1996 sind Einwendungen des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit weder vorgebracht noch erkennbar. Für die Jahre 1997 und 1998 gilt das für den Gewerbesteuermessbetragsbescheid ausgeführte entsprechend.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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