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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 25.10.2007
Aktenzeichen: 2 K 399/07
Rechtsgebiete: EStG, HGB


Vorschriften:

EStG § 5 Abs. 1 S. 2
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4
HGB § 253 Abs. 5
HGB § 254 S. 1
HGB § 279 Abs. 2
HGB § 280 Abs. 1
HGB § 280 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

2 K 399/07

Körperschaftsteuer 1999 und 2000

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 2. Senat unter Mitwirkung von Vizepräsidentin des Finanzgerichts,

Richter am Finanzgericht,

Richterin am Finanzgericht sowie

der ehrenamtlichen Richter

ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 25. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Notwendigkeit einer Zuschreibung für vorgenommene Sonderabschreibungen in der Steuerbilanz.

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der Raiffeisen-Volksbank e.G., die zum 1. Januar 2002 auf die Klägerin verschmolzen wurde. Die Raiffeisen-Volksbank e.G. nahm Sonderabschreibungen für das Gebäude B.-str. 36 - 38 in in Anspruch, die sie im Wege der Zuschreibung in den Jahren 1999 von DM 130.000, 2000 von DM 526.613 und 2001 von ./.DM 42.080 in der Handelsbilanz berücksichtigte. In der Steuerbilanz machte sie die vorgenommenen Abschreibungen wieder rückgängig. Das Finanzamt C.-Süd führte bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2001 durch. Dabei kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Zuschreibung handelsrechtlich als Aktivierungswahlrecht zulässig sei, mit der Folge eines Aktivierungsgebotes in der Steuerbilanz im Jahr der Zuschreibung. Jedoch sei die Korrektur des handelsrechtlichen Ergebnisses nach § 60 Abs. 2 EStDV in der Steuerbilanz unzulässig (vgl. im Einzelnen Prüfungsbericht vom 22. Dezember 2003, Prüfungsakte). Der Beklagte folgte den Feststellungen der Prüfung und änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Körperschaftsteuerbescheide und setzte die Körperschaftsteuer am 26. Mai 2004 für 1999 auf ./.EUR 8.109 und am 10. Juni 2004 für 2000 auf ./. EUR 92.833,22 fest. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein mit der Begründung, dass die handelsrechtliche Zuschreibung steuerlich keine Berücksichtigung finden könne, da ab dem Veranlagungszeitraum 1999 nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG eine Zuschreibung von in vorangegangenen Jahren vorgenommenen Sonderabschreibungen nicht mehr möglich sei. Es liege eine steuerliche Bewertungsobergrenze vor, die eine Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips darstelle. Der Beklagte wies den Einspruch am 29. Januar 2007 als unbegründet zurück. Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 4 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 sei missverständlich, die Bewertungsobergrenze gelte nur dann, wenn der Steuerpflichtige von seinem Wertbeibehaltungswahlrecht in der Handelsbilanz Gebrauch mache.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Anliegen unter Verweis auf ihr Vorbringen im Vorverfahren weiter. Der Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit greife nicht, da dem handelsrechtlichen Wahlrecht kein steuerliches entspreche. Vielmehr sei in §§ 5 Abs. 6, 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG eine Spezialregelung zu sehen, die einem solchen Wahlrecht in der Steuerbilanz entgegenstehe.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer 1999 vom 26. Mai 2004 und 2000 vom 10. Juni 2004, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2007, dahingehend abzuändern, dass das zu versteuernde Einkommen 1999 um DM 130.000 und 2000 um DM 526.613 vermindert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen und dem weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Bilanz-, Prüfungs- und Rechtsbehelfsakte verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Senat einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Bescheide über Körperschaftsteuer 1999 vom 26. Mai 2004 und 2000 vom 10. Juni 2004, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2007, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

I. Die Klägerin hat in ihrer Handelsbilanz für die Streitjahre 1999 und 2000 Zuschreibungen vorgenommen, die auch in der Steuerbilanz nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG zu berücksichtigen sind.

1. Die Klägerin hat zutreffend handelsbilanziell eine Zuschreibung von zuvor in Anspruch genommener Sonder-AfA vorgenommen. Nach § 280 Abs. 1 HGB müssen juristische Personen Zuschreibungen zur Wertaufholung vornehmen, wenn die Gründe für eine Teilwertabschreibung weggefallen sind, insoweit besteht kein Wahlrecht nach § 253 Abs. 5 HGB. Dies kann gemäß §§ 280 Abs. 2, 254 Satz 1, 279 Abs. 2 HGB auch für Sonderabschreibungen vorgenommen werden, insoweit besteht wieder ein Wahlrecht für den Steuerpflichtigen. Die Literatur hält dies insbesondere aufgrund des Grundsatzes der umgekehrten Maßgeblichkeit der Steuerbilanz auf die Handelbilanz für zulässig (Fischer, BB 2003, 411, Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 6 Rn. 496).

2. Wenn der Steuerpflichtige handelsbilanziell die Sonderabschreibungen wieder rückgängig machen kann, muss dies nach Auffassung des Senates auch steuerbilanziell nachvollzogen werden. Dies ergibt sich aus dem Maßgeblichkeitsgrundsatz der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nach § 5 Abs. 1 EStG. Dem steht § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BGBl. I S. 402, BStBl I S. 304) nicht entgegen. Dieser erfordert den Ansatz des niedrigeren Teilwerts mit Wirkung ab dem ersten nach dem 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahr (Erstjahr) bei einer voraussichtlich dauernde Wertminderung. Daneben ist das bislang geltende Wertbeibehaltungswahlrecht aufgehoben und stattdessen ein striktes Wertaufholungsgebot eingeführt worden. Mit der Einführung eines Wertaufholungsgebots anstelle des bislang geltenden Wertbeibehaltungswahlrechts ergibt sich nunmehr der Wertansatz eines Wirtschaftsguts für jeden Bilanzstichtag aus dem Vergleich der um die zulässigen Abzüge geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle tretenden Werts als der Bewertungsobergrenze und dem niedrigeren Teilwert als der Bewertungsuntergrenze. Hat sich der Wert des Wirtschaftsguts nach einer vorangegangenen Teilwertabschreibung wieder erhöht, so ist diese Betriebsvermögensmehrung bis zum Erreichen der Bewertungsobergrenze steuerlich zu erfassen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die konkreten Gründe für die vorherige Teilwertabschreibung weggefallen sind. Auch eine Erhöhung des Teilwerts aus anderen Gründen führt zu einer Korrektur des Bilanzansatzes. Gleiches gilt, wenn die vorherige Teilwertabschreibung steuerlich nicht oder nicht vollständig wirksam wurde (vgl. insoweit BMF-Schreiben vom 25. Februar 2000, VV DEU BMF 2000-02-25 IV C 2-S 2171b-14/00, BStBl I 2000, 372).

a) § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG ist keine starre Bewertungsobergrenze, die auch eine - zulässige - Zuschreibung aufgrund des nachträglichen Verzichts auf Sonderabschreibungen ausschließen würde. Der Klägerseite ist zuzugeben, dass der Wortlaut der Vorschrift mit der Formulierung "die Wirtschaftsgüter sind mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen" nahe legt, stets zwingend den Wert anzusetzen, der unter Berechnung u.a. von Sonderabschreibungen buchmäßig im Bewertungszeitpunkt besteht. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG eine weitere Durchbrechung des umgekehrten Maßgeblichkeitsgrundsatzes eintreten sollte. Diese müsste dann ausdrücklich angeordnet werden (Schmidt, EStG, § 5 Rn. 41). Dies hat der Gesetzgeber z.B. in § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG bei Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzungen getan, die zwingend werterhöhend anzusetzen sind. Eine solche eindeutige Anordnung fehlt aber in § 6 Abs. 1 EStG. Anderes ist auch der Begründung zur Gesetzesänderung nicht zu entnehmen (vgl. BT-Drucks. 14/23, S. 171). Vielmehr ist hinsichtlich der - noch - vorhandenen Wahlrechte des Steuerpflichtigen von einer variablen Grenze auszugehen (Mayer-Vegelin in Bordewin/Brandt, EStG, § 6 Rn. 145b; Schmidt, a.a.O., § 6 Rn. 52).

b) Daher bleibt es bei der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz mit der Folge, dass die Klägerin ihre in der Handelsbilanz vorgenommene Zuschreibung auch in der Steuerbilanz vornehmen muss. Das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundesfinanzhofes (vom 24. April 1985 - I R 65/80, BStBl II 1986, 324) ist im Streitfall nicht einschlägig, da es zu einer anderen Gesetzeslage erging.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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