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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Beschluss verkündet am 27.11.2009
Aktenzeichen: 3 Ko 1688/09
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG Anlage 1.3.1
RVG Anlage 1.3.2.1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 3. Senat

am 27. November 2009

beschlossen:

Tenor:

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Erinnerungsführer auferlegt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe:

I.

Der Erinnerungsführer hatte unter dem Aktenzeichen 5 K 829/09 Klage auf die Zahlung von Kindergeld erhoben. Die Familienkasse hat mit Schriftsatz vom 2. Juli 2009 erklärt, dass der Klage abgeholfen werde und Kindergeld ab Oktober 2008 nachgezahlt werde. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 21. Juli 2009 hat die Berichterstatterin die Kosten der Beklagten auferlegt.

Im nachfolgenden Kostenfestsetzungsantrag beantragte der Bevollmächtigte des Erinnerungsführers u.a., auch eine 1,2 Anerkenntnisgebühr aus einem Streitwert i.H.v. EUR festzusetzen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1. September 2009 folgte die Kostenbeamtin des Sächsischen Finanzgerichts dem Antrag insoweit nicht und setzte die dem Erinnerungsführer zu erstattenden Kosten auf EUR fest.

Mit der Erinnerung macht der Erinnerungsführer geltend, aus den Anmerkungen zu Nr. 3202 VV RVG ergebe sich, dass die Anmerkung zu Nr. 3104 entsprechend gelte. Aus Nr. 3104 VV RVG Anmerkung 1 Nr. 3 ergebe sich, dass eine Terminsgebühr entstehe, soweit das Verfahren vor dem Sozialgericht nach dem angenommenen Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung ende. Da diese Fußnote entsprechend auch für das finanzgerichtliche Verfahren gelte, entstehe eine Anerkenntnisgebühr auch bei angenommenem Anerkenntnis im finanzgerichtlichen Verfahren. Eines Analogieschlusses bedürfe es angesichts dieser Verweisung nicht.

Die Kostenbeamtin hat mit Beschluss vom 30. September 2009 der Erinnerung nicht abgeholfen und die Erinnerung dem Kostensenat zur Entscheidung vorgelegt.

Die Erinnerungsgegnerin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

Die Erinnerung hat keinen Erfolg.

Dem Erinnerungsführer steht keine Terminsgebühr für seinen Bevollmächtigten zu. Die Frage, ob bei Abhilfe seitens des Beklagten und beiderseitiger Erledigungserklärung ohne mündliche Verhandlung wie im sozialgerichtlichen Verfahren eine Terminsgebühr entsteht, hat der Senat bereits mit Beschluss vom 27. April 2009 (3 Ko 635/09) ablehnend entschieden (ebenso im Ergebnis FG Schleswig Holstein vom 14. April 2008 5 KO 16/08, EFG 2008, 1150). Der Senat hält an dieser Entscheidung fest.

Unter Abschnitt 2 VV RVG sind die Gebühren des Anwalts in Verfahren in zweiter Instanz sowie das finanzgerichtliche Verfahren als erstinstanzliches Verfahren geregelt. Unter Nr. 3202 wird die Entstehung einer Terminsgebühr bestimmt. In den Anmerkungen Abs. 1 wird Bezug genommen auf die Anmerkungen zur Terminsgebühr im erstinstanzlichen Verfahren (Nr. 3104); Abs. 2 der Anmerkungen enthält spezialgesetzliche Vorschriften zum finanzgerichtlichen Verfahren (Entscheidung nach § 79a Abs. 2, § 90a oder § 94a FGO).

Die Anmerkungen Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 zu Nr. 3104 VV-RVG bestimmen zum einen, dass eine Terminsgebühr auch entsteht, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (im finanzgerichtlichen Verfahren § 90 Abs. 2 FGO); zum anderen werden verschiedene spezialgesetzliche Vorschriften aus verschiedenen Verfahrensordnungen genannt, bei denen ebenfalls eine Terminsgebühr besteht.

Da für das finanzgerichtliche Verfahren bereits in der Anm. Abs. 2 zu Nr. 3202 die spezialgesetzlichen Vorschriften aufgezählt sind, bei denen eine Terminsgebühr entsteht, hat die Verweisung auf die Anmerkungen zu Nr. 3104 keine Bedeutung, sofern dort spezialgesetzliche Vorschriften aus anderen Verfahrensordnungen genannt sind. Die Verweisung auf Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 3104 VV-RVG hat nur insoweit Bedeutung, als auf Anm. 1 Nr. 1 Alternative 1 (Fälle des § 90 Abs. 2 FGO) verwiesen ist.

Deshalb ist entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers die Verweisung in VV 3202 Abs. 1 RVG nicht dahingehend zu verstehen, dass ebenso wie im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend VV 3104 Anm. 1 Nr. 3 eine Terminsgebühr auch dann entsteht, wenn das Verfahren vor dem Finanzgericht nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet.

Auch für eine analoge Anwendung der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 3 VV-RVG ist kein Raum. Die dort geregelte Situation, dass ein Verfahren vor dem Sozialgericht nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet, ist keiner analogen Übertragung auf das Finanzgericht fähig. Einer solchen Analogie steht entgegen, dass es an der hierfür nach allgemeiner Rechtslehre erforderlichen Lücke in der Rechtslage fehlt. Vielmehr hat der Gesetzgeber, indem er die Annahme eines Anerkenntnis vor dem Sozialgericht zum Tatbestandsmerkmal gemacht hat, zugleich ausdrücklich entschieden, dass die Annahme von Anerkenntnissen vor anderen Gerichten (abgesehen von dem Fall des § 307 ZPO, der bereits in der Nr. 1 der genannten Vorschrift aufgegriffen wird) nicht in Betracht kommt. Dies ist umso nachdrücklicher festzuhalten, als in Nr. 3 eben gerade Fragen öffentlich-rechtlicher Verfahrensarten - nämlich des Sozialgerichtsverfahrens - in Ergänzung der in Nr. 1 für das Zivilprozessrecht und den dort geltenden § 307 ZPO getroffenen Regelung angesprochen werden. Umso mehr hätte der Gesetzgeber Anlass gehabt, auch das allgemeine Verwaltungsgericht bzw. das Finanzgericht zu erwähnen, wenn er nicht nur vor dem Sozialgericht, sondern auch vor einer dieser Gerichtsbarkeiten angenommene Anerkenntnisse zum Anknüpfungspunkt für die Zuerkennung einer Terminsgebühr hätte machen wollen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, da das Gerichtskostengesetz hierfür keinen Gebührentatbestand vorsieht.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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