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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 23.05.2007
Aktenzeichen: 4 K 1815/03
Rechtsgebiete: AO, HGB


Vorschriften:

AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
HGB § 253 Abs. 1
HGB § 253 Abs. 2
HGB § 266 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

4 K 1815/03

Einkommensteuer 1996 und 1997,

Gewerbesteuermessbetrag 1996, 1997 und 1998,

Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1996 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998

In dem Finanzrechtsstreit ...

hat der 4. Senat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters

am Finanzgericht Dr. R ,

des Richters am Finanzgericht H und

des Richters am Amtsgericht S sowie

der ehrenamtlichen Richterin H und

des ehrenamtlichen Richters H

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 23.5.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997, die Gewerbesteuermessbescheide 1996, 1997 und 1998, der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1996 und der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998 werden dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer 1996 und 1997, die Gewerbesteuermessbeträge 1996, 1997 und 1998 in der Höhe festgesetzt werden und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31.12.1996 und der verbleibende Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.1998 in der Höhe festgestellt werden, die sich jeweils ergibt, wenn die Aufteilung der Anschaffungskosten für Grund und Boden und Gebäude des Grundstücks K in H im Verhältnis 35 % zu 65 % erfolgt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Aufteilung des Grundstückskaufpreises in den Anteil für Grund und Boden und den Anteil für das Gebäude.

Die Kläger wenden sich gegen die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998, der Kläger darüber hinaus gegen die Gewerbesteuermessbescheide 1996, 1997 und 1998, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1996, alle vom 5.9.2002 und in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 23.6.2003.

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Klempnermeister. Mit Kaufvertrag vom 22.1.1993 hatte der Kläger für einen Gesamtkaufpreis von 350.000,00 DM das Betriebsgrundstück K in H , eine ehemalige Tankstelle, gekauft. Bei der Aktivierung des Grundstücks hatte der Kläger im Jahr 1993 einen Aufteilungsmaßstab i.H.v. 20 % Grund und Boden und 80 % Gebäude zugrunde gelegt: Grund und Boden aktivierte er i.H.v. 74.036,- DM, Gebäude i.H.v. 296.147,- DM. Die Steuerbescheide für die Streitjahre wurden bestandskräftig und enthielten keinen Vorbehalt der Nachprüfung.

Der Beklagte führte beim Kläger im Jahr 2001 eine Außenprüfung durch. Im Außenprüfungsbericht vom 18.12.2001 stellte der Prüfer u.a. fest:

"Der Steuerpflichtige erwarb mit Kaufvertrag vom 22.01.1993 (Übergang Nutzen + Lasten 01.10.1993) für einen Gesamtkaufpreis von 350.000,00 DM das Betriebsgrundstück K Der Gesamtkaufpreis wurde in 20 v. H. Grund und Boden und 80 v. H. Gebäude aufgeteilt.

Während der Prüfung legte der Steuerpflichtige ein Gutachten vom 30.11.1991 vor. Das Grundstück hat lt. Gutachten einen Gesamtwert von 440.000 DM. Der Gebäudeanteil beträgt hier 63 % des Gesamtkaufpreises.

Aufgrund der Daten des Wertgutachtens ermittelte die Bausachverständige des Finanzamtes einen Sachwert i. H. v. 258.335 DM wobei auf den Grund und Boden ein Anteil von 42,7 % und auf das Gebäude 57, 3 % entfielen.

Die Aufteilung der Bausachverständigen wurde dem PB-Ansatz für das Gebäude zugrundegelegt."

Wegen der Einzelheiten wird auf den Außenprüfungsbericht vom 18.12.2001 (Bl. 6 ff. der Akten über die Betriebsprüfung), das Gutachten des Sachverständigen G (Bl. 15 ff. der Gerichtsakte) und die Stellungnahme der Bausachverständigen des Finanzamts C W vom 14.5.2001 (Bl. 62 ff. der Gerichtsakte) verwiesen. Der Außenprüfung folgend setzte der Beklagte die Einkommensteuer und die Gewerbesteuermessbeträge aufgrund der geminderten AfA-Bemessungsgrundlage in den angefochtenen Änderungsbescheiden fest und lehnte die beantragten Verlustfeststellungen ab.

Der Klägervertreter trägt vor, die Änderung der Steuerfestsetzungen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sei aus mehreren Gründen rechtswidrig. Der Aufteilungsmaßstab auf Grundlage der Wertermittlung stelle bereits keine Tatsache i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO dar. Das Gutachten des Sachverständigen G , das nicht vom Kläger in Auftrag gegeben worden sei, beinhalte eine Bewertung des gesamten Objekts, mithin des Grund und Bodens sowie des Gebäudes. Der Wert eines Gegenstandes sei jedoch keine Tatsache, sondern nur das Ergebnis von Schlussfolgerungen. In dem Gutachten des Sachverständigen G vom 30.11.1991 seien keine wertbildenden Eigenschaften des Grundstücks zu erblicken, die dem Beklagten neu bekannt geworden sein könnten. Das Gutachten sei weder dem Grunde noch der Höhe nach für die Bildung des Kaufentschlusses des Klägers maßgeblich gewesen. Es habe weder im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen noch im Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses 1993 vorgelegen. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass der Kläger statt eines Verkehrswertes von 440.000,- DM lediglich 350.000,- DM gezahlt habe. Das Gutachten trage darüber hinaus nicht dem Umstand Rechnung, dass der Grund und Boden durch den ehemaligen Betrieb einer Tankstelle in nicht unerheblichem Maße kontaminiert ist und dementsprechend eine erhebliche Minderung im Wert erfahren habe. Insofern sei bereits der in dem Gutachten G enthaltene Aufteilungsmaßstab von 36,53 % : 63,47 % falsch. Im Hinblick auf die Kontaminierung des Grund und Bodens habe der Kläger den überwiegenden Teil des Kaufpreises für die Gebäude gezahlt.

Das Gutachten der Sachverständigen W sei nicht geeignet, den ermittelten Aufteilungsmaßstab zu manifestieren. Die Sachverständige habe das Objekt lediglich vom öffentlichen Straßenbereich aus in Augenschein genommen, so dass weder wertmindernde noch werterhöhende Eigenschaften mit der für ein Sachverständigengutachten erforderlichen Gewissheit tatsächlich hätten festgestellt werden können.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997, die Gewerbesteuermessbescheide 1996, 1997 und 1998, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1996 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998, alle vom 5.9.2002 und in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.6.2003, aufzuheben,

die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären

für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, Steuerbescheide seien aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel bekannt würden, die zu einer höheren Steuer führten. Ein Sachverständigengutachten sei ein Beweismittel, wobei jedoch das Gutachten die Erkenntnis neuer Tatsachen vermitteln müsse. Die neue Tatsache sei vorliegend der sich aus dem Gutachten ergebende neue Aufteilungsmaßstab des Gesamtkaufpreises von 42,7 : 57,3 im Verhältnis Grund und Boden / Gebäude des vom Kläger 1993 erworbenen Grundstücks. Das erste Gutachten habe bereits 1991 vorgelegen und sei durch das von der Bausachverständigen erstellte Gutachten lediglich bestätigt worden. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben sei bei den vorgenommenen Änderungen nicht gegeben, da sie von der Richtigkeit der eingereichten Steuererklärung habe ausgehen können, insbesondere da das Aufteilungsverhältnis von 20 : 80 der im OFD-Bezirk gängigen Verwaltungspraxis im Wege der Schätzung entsprochen habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens der Sachverständigen Dipl.-Ing. H vom 26.2.2007, zu dem der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 27.3.2007 Stellung genommen hat. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten und auf den Schriftsatz vom 27.3.2007 verwiesen (Bl. 173 der Gerichtsakte). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorgelegten Steuerakten und der Gerichtsakte 4 K 1815/03 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage beider Kläger richtet sich auch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998. Zwar hat der Klägervertreter in der Klageschrift die Klage insoweit als gegen einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1998 bezeichnet. Da ein solcher Bescheid jedoch nicht existiert, der Klageschrift statt dessen aber der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31.12.1998 als Anlage K 8 beigefügt war, ergibt sich für das Gericht zweifelsfrei, dass die Klage tatsächlich gegen diesen Bescheid gerichtet sein sollte.

Die Klage ist teilweise begründet. Die von den Klägern bzw. dem Kläger angefochtenen Änderungsbescheide vom 5.9.2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 23.6.2003 sind rechtswidrig, soweit der Beklagte einen im Jahr 1993 zu aktivierenden Gebäudewert für das Grundstück K in H i.H.v. lediglich 200.550,- DM geschätzt hat. Der Beklagte war zur Änderung der bestandskräftigen Bescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt. Allerdings war der Kaufpreis des Grundstücks K in H von 350.000,- DM nach Auffassung des Senats i.H.v. 122.500,- DM als Grund und Boden und i.H.v. 227.500,- DM als Gebäude zu aktivieren (vgl. § 266 Abs. 2, A. II. 1 i.V.m. § 253 Abs. 1 und 2 HGB), so dass sich die AfA-Bemessungsgrundlage entsprechend erhöht.

Die Voraussetzungen der Änderungsvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind erfüllt. Tatsache ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Der Wert des Grundstücks und damit auch der Aufteilungsmaßstab als Verhältnis des Bodenwertes zum Gesamtwert sind als solche keine Tatsache, sondern nur das Ergebnis von Schlussfolgerungen (vgl. BFH-Urteil vom 11. Mai 1999 IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446;Urteil vom 14. Januar 1998 II R 9/97, BStBl II 1998, 371). Jedoch sind dem Beklagten durch das Gutachten des Sachverständigen G vom 30.11.1991 erstmals wertbildende Eigenschaften des Grundstücks bekannt geworden, die ihn - zumal nach Inaugenscheinnahme des Grundstücks vom öffentlichen Straßenbereich durch die Bausachverständige - nunmehr in die Lage versetzten, zur Frage des Aufteilungsmaßstabes eigene Schlussfolgerungen zu treffen. Da der Kläger in seinem Jahresabschluss den Aufteilungsmaßstab angesetzt hat, ohne diesen begründende Eigenschaften zu erläutern, können spätere Erkenntnisse des Beklagten eine Änderung des Steuerbescheids aufgrund neuer Tatsachen rechtfertigen (vgl. Rüsken in Klein, AO, § 173, Rn. 31; BFH-Urteil vom 11. Mai 1999 IX R 72/96, BFH/NV 1999, 1446). Die vom Beklagten bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zur Aufteilung herangezogenen Erkenntnisse gewann dieser erstmals aufgrund der Angaben in dem Sachverständigengutachten des Sachverständigen G und der Feststellungen der Bausachverständigen W . Hierzu gehören namentlich die in der Stellungnahme der Bausachverständigen vom 14.5.2001 erwähnten Grundstücksangaben und die Beschreibung der Gebäude hinsichtlich Lage, Alter, Geschosszahl, Zustand etc (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 173, Rn. 9). Es sind keine Anhaltspunkte dafür bekannt, dass diese Tatsachen bereits bei der Veranlagung der Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärungen der Streitjahre dem zuständigen Finanzbeamten bekannt waren. Das Sachverständigengutachten lag dem Beklagten bis zur Übergabe im Rahmen der Betriebsprüfung nicht vor.

Die Änderung der Bescheide ist nicht nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Der Beklagte hat im Rahmen der früheren Veranlagung seine Ermittlungspflichten nach § 88 AO nicht verletzt, indem er den vom Kläger gewählten Aufteilungsmaßstab zunächst akzeptiert hat. Die Finanzbehörde braucht eindeutigen Steuererklärungen und vorgelegten Jahresabschlüssen nicht mit Misstrauen zu begegnen; sie kann regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen, ohne besondere Ermittlungen anstellen zu müssen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, BStBl II 2004, 911; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 173, Rn. 65 m.w.N.). Anhaltspunkte, aus denen sich dem Beklagten im Rahmen der Veranlagung hätten Zweifel aufdrängen müssen, sind aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich. Der gewählte Aufteilungsmaßstab gab keinen Anlass zu Nachforschungen, da dieser Maßstab von 20 v.H. zu 80 v.H. bei einer Vielzahl von Fällen zu weitestgehend richtigen Ergebnissen führt und daher regelmäßig akzeptiert wird.

Dies führt jedoch andererseits nicht dazu, dass sich der Kläger unmittelbar auf eine etwaige Verwaltungspraxis berufen könnte. Zwar mag es sich bei dem vom Kläger angewandten Aufteilungsmaßstab um einen solchen handeln, der grundsätzlich von der Finanzverwaltung bei der Veranlagung akzeptiert wird. Dies schließt jedoch nicht aus, dass die Finanzverwaltung im Einzelfall und bei erheblichen Abweichungen vom allgemeinen Schätzungsmaßstab aufgrund neuer Erkenntnisse und Schätzungsgrundlagen eine andere Schätzung vornimmt. Auch ist durch die Veranlagung kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, der es dem Beklagten verbieten würde, die Bescheide zu ändern. Der Kläger hat offensichtlich keine Dispositionen wegen der behaupteten Verwaltungspraxis getroffen. Der Anschaffungsvorgang erfolgte unabhängig von einem etwaigen Aufteilungsmaßstab zwischen Grund und Boden und Gebäuden. Insofern konnte kein dahingehender Vertrauenstatbestand geschaffen werden, denn ein solcher setzt zumindest ein nachhaltiges Verhalten der Finanzbehörde voraus, das zu vertrauensgeschützten Dispositionen beim Steuerpflichtigen geführt hat (vgl. Gersch in Klein, AO, § 4, Rn. 19 m.w.N.). Zudem ist die Behörde aufgrund des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung an ihre Sachbehandlung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht gebunden.

Die Schätzung hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH- Beschlüsse vom 23. Juni 2005 IX B 132/04, BFH/NV 2005, 1798 und IX B 117/04, BFH/NV 2005, 1813) wie folgt zu erfolgen: Ist ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, dann ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AfA) aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Bodenanteil und den Gebäudeanteil aufzuteilen. Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann die Wertermittlungsverordnung (WertV 1988) entsprechend herangezogen werden. Nach § 7 WertV 1988 ist der Verkehrswert mit Hilfe des Vergleichswert-, des Ertragswert- oder des Sachwertverfahrens zu ermitteln. Welches dieser gleichwertigen Wertermittlungsverfahren jeweils anzuwenden ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden (BFH-Beschlüsse vom 23. Juni 2005 IX B 132/04, BFH/NV 2005, 1798 und IX B 117/04, BFH/NV 2005, 1813, jeweils m.w.N.).

Nach dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen H , dem der Senat folgt, betrug der Bodenwert 107.640,- DM; der Sachwert der Gebäude 159.360,- und der Ertragswert der Gebäude 149.360,- DM.

Die Sachverständige hat zutreffend den Bodenwert auf 78,- DM/m² und damit auf 107.640,- DM geschätzt. Es bestehen keine Bedenken gegen die Methode der Sachverständigen, das zum Bewertungsstichtag übliche "Schematische Verfahren zur Ermittlung von Bodenwerten in den neuen Ländern" anzuwenden. Der Bodenwert ist zu berechnen ausgehend von dem Grundwert 65,- DM abzüglich Abschlägen i.H.v. 15 % für die Lage innerhalb der Gemeinde und 10 % wegen der vorhandenen Eintragungen im Altlastenkataster zuzüglich als abgegolten anzusetzende Erschließungsbeiträge i.H.v. 30,- DM/m². Hinsichtlich der Ermittlung des Sachwertes der einzelnen Gebäude macht sich der Senat die Ausführungen der Sachverständigen H im Gutachten vom 25.2.1007 zu eigen, gegen die weder die Kläger noch der Beklagte Einwendungen erhoben haben. Zutreffend hat die Sachverständige den Sachwert der Gebäude und Außenanlagen insgesamt auf 382.350,- DM abzüglich eines Marktanpassungsabschlages i.H.v. 30 %, mithin auf 267.000,- DM geschätzt.

Da der Kläger das Grundstück für seinen Gewerbebetrieb nutzt, ist der im Sachwertverfahren ermittelte Gebäudewert zugrundezulegen (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 2003 IX R 13/00, BFH/NV 2003, 769). Das Verhältnis von Gebäudewert zu Bodenwert beträgt demzufolge nach den obigen Ausführungen 40 % / 60 %. Allerdings hält der Senat den Ansatz eines Abschlages von 5 Prozentpunkten für geboten. Der nach dem Sachwertverfahren ermittelte Verkehrswert des Grundstücks betrug zum 22.1.1993 267.000,- DM, der Kaufpreis hingegen 350.000,- DM. Grundsätzlich ist die Differenz zwischen Kaufpreis und Verkehrswert ebenfalls nach dem Verhältnis Bodenwert zu Gebäudewert aufzuteilen. Der Senat hält es indes in diesem besonders gelagerten Ausnahmefall, in dem der Betreiber eines Klempnereibetriebes eine kontaminierte ehemalige Tankstelle gekauft hat, für nachvollziehbar, dass der Kläger einen höheren Anteil des Mehrpreises für die Gebäudesubstanz als für den kontaminierten Boden aufgewandt hat. Um diesen außergewöhnlichen Sachverhalt zu berücksichtigen, hält der Senat eine Korrektur durch einen Abschlag von 5 % für angemessen. Im Ergebnis ist deshalb der Kaufpreis dahingehend aufzuteilen, dass der Bodenwert 122.500,- DM (35 %) statt 149.450,- DM und der Gebäudewert 227.500,- DM (65 %) statt 200.550,- DM beträgt. In dem entsprechenden Verhältnis sind ebenfalls die zu den Anschaffungskosten gehörenden Anschaffungsnebenkosten aufzuteilen (§ 253 Abs. 1 i.V.m. § 255 Abs. 1 HGB).

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 nicht erfüllt sind. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.

Ende der Entscheidung

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