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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 24.09.2003
Aktenzeichen: 4 K 226/01
Rechtsgebiete: UStG 1999


Vorschriften:

UStG 1999 § 12 Abs. 2 Nr. 1
UStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

URTEIL

In dem Finanzrechtsstreit

wegen Umsatzsteuerfestsetzung für das dritte Vierteljahr 2000 vom 21.11.2000

hat der 4. Senat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht Dr. S, des Richters am Finanzgericht H und des Richters am Amtsgericht S und der ehrenamtlichen Richter D und E ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 24.9.2003 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 3. Kalendervierteljahr 2000 vom 17.11.2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.1.2001 wird dahingehend abgeändert, daß die Umsatzsteuer um 5.053,89 DM herabgesetzt wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in der Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob das Legen von Wasserleitungen (Liefererleitungen) einschließlich der Hauswasseranschlüsse als umsatzsteuerpflichtige Leistung "Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluß an das Versorgungsnetz" oder als unselbständige Nebenleistung anzusehen ist.

Der Kläger ist ein Z und A. Er wendet sich gegen die Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 3. Kalendervierteljahr 2000 vom 17.11.2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.1.2001, mit welcher er u.a. Umsätze zum Steuersatz von 16 v.H. in Höhe von 56.105,- DM (netto) aus der Errichtung von Liefererleitungen einschließlich Hausanschlußleitungen (sog. Wasseranschlußbeiträge, Baukostenzuschüsse oder Hausanschlußkosten) entsprechend dem BMF-Schreiben vom 4.7.2000 anmeldete.

Der Kläger beliefert seine Kunden mit Trinkwasser. Für die Lieferung des Wassers erhebt er Grundgebühren und Mengengebühren. Für die Errichtung von Liefererleitungen einschließlich der Hausanschlußleitung, d.h. der Verbindung seines Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage, erhält er eine Kostenerstattung. Die Hausanschlußleitungen bleiben im Eigentum des Versorgungsunternehmens.

Der Kläger trägt vor, ohne daß sich an der Gesetzeslage etwas geändert habe und ohne erkennbaren Bezug auf die Rechtsprechung werde von der langjährigen Verwaltungspraxis abgewichen, derartige Leistungen als unselbständige Nebenleistungen zu behandeln und mit 7 % Umsatzsteuer zu besteuern. Eine selbständige Leistung "Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluß an das Versorgungsnetz" gebe es nicht. Diese werde lediglich aus fiskalischen Gründen konstruiert. Eine Wasserversorgung ohne Hausanschlußleitung sei faktisch unmöglich. Die Hausanschlußleitungen hätten ausschließlich den Zweck, die Wasserlieferung bis ins Grundstück sicherzustellen. Die Kostenerstattungen hierfür seien ähnlich wie die Grundgebühr Bestandteil der Wasserversorgungsgebühr und somit Bestandteil des Entgelts für die Wasserlieferung. Er habe ebenso auf die Kostenerstattung für die Hausanschlußleitungen verzichten und eine entsprechend höhere Grund- oder Mengengebühr erheben können. Die Erstattung von Hausanschlußkosten sei eine Form der Transportkosten, weil die verlegten Rohre ausschließlich dem Transport des Wassers dienten. Transportkosten seien jedoch nach Abschnitt 149 Abs. 3 Satz 9 UStR stets als Teil des Entgelts bzw. als Entgelt für eine unselbständige Nebenleistung anzusehen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 3. Kalendervierteljahr 2000 vom 17.11.2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.1.2001 dahingehend abzuändern, daß die Umsatzsteuer um 5.053,89 DM herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, das Legen von Wasserleitungen einschließlich der Hauswasseranschlüsse durch den Kläger sei gemäß BMF-Schreiben vom 4.7.2000, BStBl. I 2000, 1185 eine selbständige Hauptleistung, an dieses Schreiben sei er gebunden. Die Kosten für den Hausanschluß seien nicht mit Transportkosten vergleichbar oder Bestandteil des Entgelts für die Wasserlieferung. Die Verschaffung der Anschlußmöglichkeit sei eine Leistung, die einmalig erbracht werde, dauerhaft dem Grundstück zugute komme und unabhängig davon sei, ob und in welchem Umfang die Wasserbezugsmöglichkeit in Anspruch genommen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorgelegten Steuerakten und der Gerichtsakte 4 K 226/01 Bezug genommen. Der Kläger hat mit Schreiben vom 5.3.2001 (Bl. 15 d.A.) und der Beklagte mit Schreiben vom 21.2.2001 (Bl. 9 d.A.) einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Gründe

Die Klage ist begründet.

Die von der Klägerin gegenüber den jeweiligen Endabnehmern erbrachten Leistungen, nämlich die Lieferung von Wasser und die Errichtung von Liefererleitungen einschließlich der Hausanschlußleitung, stellen insgesamt die einheitliche Leistung "Lieferung von Wasser" dar, für die sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, Nr. 34 der Anlage die Umsatzsteuer auf 7 von Hundert ermäßigt. Es liegt eine einheitliche Leistung vor, da das Liefern von Wasser die Hauptleistung und die Errichtung von Liefererleitungen einschließlich der Hausanschlußleitungen eine unselbständige Nebenleistung zu dieser Hauptleistung darstellt, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt (so auch Tehler, in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, 261, Stichwort: Hausanschluss; Löblein, DStR 2000, 1903). Die genannte Leistung ist als Nebenleistung zur Hauptleistung Lieferung von Wasser anzusehen, weil sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 25.2.1999, Az.: C-349/96, Rn. 30; BFH, Urteil vom 90.10.2002, Az.: V R 67/01, BStBl. 2003, 379, 380; Abschnitt 29 Abs. 3 UStR). Die Verlegung der Rohre ist keine besondere, von der Wasserlieferung unabhängige Leistung, sondern ein Teil dessen, das der Lieferer tun muß, um seine Lieferpflicht zu erfüllen. Das Entgelt dafür ist dementsprechend ohne Rücksicht auf seine Benennung und die rechtliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses ein Teil dessen, das der Abnehmer aufwenden muß, um die Lieferung zu erhalten (vgl. für die Instandhaltung der zur Stromlieferung erforderlichen Anlagen: RFH, Urteil vom 20.5.1932, Az.: V A 441/32, RStBl. 1933, 275). Der Endabnehmer läßt sich einen Hausanschluß vom Wasserlieferer nicht um seiner selbst willen legen. Die üblicherweise bis zur Wasseruhr vom Wasserlieferanten verlegten Rohre (vgl. dazu BFH, Bescheid vom 20.10.1959 und Urteil vom 25.2.1960, Az.: V 39/58 U, BStBl. III 1960, 181) haben für ihn keinen eigenen Nutzen und Wert.

Nicht abhängig ist die Besteuerung von der Art der Erhebung der Gebühren. Ebensowenig wie die Berechnung eines Gesamtpreises entscheidende Bedeutung für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung hat (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 25.2.1999, Az.: C-349/96, Rn. 31), führt die Berechnung gesonderter Gebühren zur Aufspaltung der Leistungen. Die Leistung ist nicht allein deshalb Hauptleistung, weil sie gesondert abgerechnet wird.

Die Einwendung des Beklagten, die Verschaffung der Anschlußmöglichkeit sei eine Leistung, die einmalig erbracht werde, dauerhaft dem Grundstück zugute komme und unabhängig davon sei, ob und in welchem Umfang die Wasserbezugsmöglichkeit in Anspruch genommen werde, steht dem Ergebnis nicht entgegen. Es ist nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht dargetan, warum dieses Vorbringen gegen die Annahme einer unselbständigen Nebenleistung sprechen soll.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage berührt eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle.

Ende der Entscheidung

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