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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 13.09.2006
Aktenzeichen: 6 K 1898/02 (Ez)
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 9 Abs. 5 S. 3
EigZulG § 9 Abs. 5 S. 4
EigZulG § 9 Abs. 5 S. 5
EigZulG § 11 Abs. 6 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

URTEIL

In dem Finanzrechtsstreit

hat der 6. Senat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht der Richterin am Finanzgericht des Richters am Finanzgericht des ehrenamtlichen Richters des ehrenamtlichen Richters ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 13. September 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Eigenheimzulagenbescheid vom 7. Dezember 2001 für die Wohnung A. in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2002 wird dahingehend geändert, daß ab 2001 jährlich weitere 766,94 EUR (1.500 DM) Kinderzulage festgesetzt werden.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist hinsichtlich des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß ergebenden

Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollsteckung durch Sicherheitsleistung von 7/6 des vorgenannten Betrages abwenden, es sei denn, die Kläger leisten zuvor Sicherheit in dieser Höhe.

Tatbestand

Streitig ist der Umfang der zu gewährenden Kinderzulage.

Die als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger haben zwei Kinder und sind Miteigentümer der Wohnung A. in .... Die Klägerin ist zudem Alleineigentümerin der Wohnung B. in .... Für diese, an Angehörige der Klägerin unentgeltlich überlassene Wohnung (sogenanntes Erstobjekt) gewährte das seinerzeit zuständige Finanzamt (FA) zuletzt mit geändertem Eigenheimzulagenbescheid vom 16. August 2000 jährlich ab 2000 5.000 DM Grundzulage zuzüglich 3.000 DM Kinderzulage, als die Kläger Eigenheimzulage auch für die andere, seit dem 24. September 2001 zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung (sogenanntes Zweitobjekt) geltend machten. Das FA setzte daraufhin mit Bescheiden vom 7. Dezember 2001 für das Zweitobjekt die Eigenheimzulage einschließlich ökologischer Zusatzförderung jährlich ab 2001 auf 5.555 DM mit der Ankündigung, Kinderzulage ab 2002 zu gewähren, sowie für das Erstobjekt die Eigenheimzulage jährlich ab 2002 ohne Kinderzulage fest. Am 14. Dezember 2001 änderte das FA entsprechend einem Antrag der Kläger den Bescheid für das Erstobjekt ab 2001 dahingehend, daß die Kinderzulage von jährlich 3.000 DM bei dem Erstobjekt zu gewähren ist. Auf einen Einspruch der Kläger gegen die Streichung der Kinderzulage für das Zweitobjekt berücksichtigte das FA mit Entscheidung vom 5. August 2002 für das Zweitobjekt ab 2001 jährlich zwei halbe Kinderzulagen von jeweils 750 DM und wies den Einspruch im übrigen zurück. Nachdem die Kläger am 6. September 2002 Klage erhoben hatten, ist die Zuständigkeit des FA am 1. Oktober 2005 auf den Beklagten übergegangen.

Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stünde auch für das Zweitobjekt die volle Kinderzulage zu. Nach den Regelungen des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) seien nicht die Kläger als Ehegatten gemeinsam anspruchsberechtigt, sondern als zwei Anspruchsberechtigte zu behandeln. Die nach § 11 Abs. 6 Satz 3 EigZulG zusammen durchzuführende Festsetzung der Zulage gelte nur für Ehegatten, die Miteigentümer der Wohnung seien, während die verfahrensgegenständliche Wohnung im Alleineigentum der Klägerin stehe. Auch greife § 9 Abs. 5 Satz 4 und 5 EigZulG nicht. Danach sei nur die zweifache Gewährung der Kinderzulage für zwei Wohnungen durch einen Anspruchsberechtigten ausgeschlossen. So könnten Ehegatten, von denen einer Alleineigentümer sei oder die gemeinsam Eigentümer von zwei Wohnungen seien, nicht mehrfach Kinderzulage geltend machen. Hier sei jedoch für das Erstobjekt allein die Klägerin anspruchsberechtigt, so daß der Kläger für das Zweitobjekt ohne Einschränkungen kinderzulagenberechtigt sei. Insbesondere komme ein nur hälftiger Ansatz nach § 9 Abs. 5 Satz 3 EigZulG nicht in Betracht. Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränke sich auf den Fall, daß beide Miteigentümer zugleich Anspruch auf Kinderzulage für ein gemeinsames Kind hätten.

Die Kläger beantragen sinngemäß, den Eigenheimzulagenbescheid vom 7. Dezember 2001 für die Wohnung A.A.in ... Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2002 dahingehend zu ändern, daß ab 2001 jährlich weitere 766,94 EUR (1.500 DM) Kinderzulage festgesetzt werden,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß Abweisung.

Er trägt unter Hinweis auf die Einspruchsentscheidung im wesentlichen vor, die Kläger als Ehegatten seien gemeinsamer Anspruchsberechtigter für Kinderzulage. Da die Kläger Miteigentümer des Zweitobjekts seien, könne dem Kläger nach § 9 Abs. 5 Satz 3 EigZulG nur die halbe Kinderzulage gewährt werden. Denn dem Grundsatz nach bestehe nur einmal Anspruch auf diese Zulage.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 4. September 2002 sowie vom 8. Oktober 2002 Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

1. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat für die Wohnung A. in Anspruch auf Festsetzung einer Kinderzulage in voller Höhe.

a) Die Klagebefugnis der Klägerin beruht auf der gemeinsamen Festsetzung der Zulage nach § 11 Abs. 6 Satz 3 EigZulG; die streitige Kinderzulage ist nach § 9 Abs. 1 EigZulG neben der Grundzulage Bestandteil der Eigenheimzulage.

b) Durch die Sechste Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur Änderung der Finanzamts-Zuständigkeitsverordnung vom 9. September 2005 (Sächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 2005, 269) ist die Zuständigkeit für den Bezirk der Finanzämter neu geregelt worden. Danach ist seit dem 1. Oktober 2005 der Beklagte unter anderem für die beim FA anhängigen Verfahren zuständig. Dieser während des Klageverfahrens eingetretene Zuständigkeitswechsel führt zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Januar 2001 VI R 102/98, BFHE 194, 372, BStBl II 2003, 151).

c) Der Anspruch auf Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 EigZulG setzt unter anderem voraus, daß der Anspruchsberechtigte nicht für das jeweilige Kalenderjahr bereits Kinderzulage oder eine Steuerermäßigung nach § 34 f des Einkommensteuergesetzes (EStG) für eine andere Wohnung in Anspruch nimmt, § 9 Abs. 5 Satz 4 und 5 EigZulG. Mit der Vorschrift ist die zweifache Inanspruchnahme der Kinderzulage für zwei Eigenheimzulagenobjekte durch einen Anspruchsberechtigten ausgeschlossen (vgl. BFH-Beschluß vom 18. Dezember 2000 X B 91/00, BFH/NV 2001, 768).

aa) Anspruchsberechtigter für die Kinderzulage als Bestandteil der Eigenheimzulage, § 9 Abs. 1 EigZulG, ist ein unbeschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des Einkommensteuergesetzes, § 1 EigZulG. Anspruchsberechtigt ist danach die jeweils einzelne natürliche Person. Bei Ehegatten, die gemeinsam eine Wohnung herstellen oder anschaffen, ist jeder Ehegatte selbständig anspruchsberechtigt im Sinne des § 1 EigZulG (vgl. BFH-Urteil vom 6. April 2000 IX R 90/97, BFHE 191, 377, BStBl II 2000, 414). Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 5 Satz 1 EigZulG, der ausdrücklich zwischen dem Anspruchsberechtigten und seinem Ehegatten unterscheidet.

bb) Der Kläger nimmt - anders als in den vom BFH (in BFH/NV 2001, 768 sowie mit Beschluß vom 21. Dezember 2005 X B 121/05, BFH/NV 2006, 741) entschiedenen Fällen - für das Kalenderjahr 2001 und die folgenden Jahre keine Kinderzulage oder eine Steuermäßigung nach § 34 f EStG für eine andere Wohnung in Anspruch. Zwar erhält die Klägerin als Ehegatte des Klägers für eine andere Wohnung Eigenheimzulage einschließlich Kinderzulage. Doch hierfür ist nur sie als Alleineigentümerin dieser Wohnung anspruchsberechtigt.

d) Der Anspruch des Klägers ist nicht durch § 9 Abs. 5 Satz 3 EigZulG auf den hälftigen Ansatz der Kinderzulage beschränkt (vgl. im Ergebnis auch Hausen/Kohlrust-Schulz, Die Eigenheimzulage, 2. Auflage, Rn. 509; Stephan, Die Wohneigentumsförderung, 6. Auflage, S. 681; a.A. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 21. Dezember 2004 IV C 3 - EZ 1010 - 43/04, BStBl I 2005, 305, Tz. 64 Satz 5; Fischer-Tobies in Die Information über Steuer und Wirtschaft - INF - 1998, 193 [200]). Nach dieser Vorschrift ist bei jedem Anspruchsberechtigten die Kinderzulage zur Hälfte anzusetzen, wenn mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung sind und sie zugleich für ein Kind Anspruch auf die Kinderzulage haben.

aa) Die Halbteilung ist mithin (nur) dann durchzuführen, wenn mehrere Anspruchsberechtigte Eigentümer einer Wohnung sind. Außerdem müssen die Anspruchsberechtigten zugleich für diese Wohnung für ein Kind Anspruch auf die Kinderzulage haben, das heißt, die gemeinsame Anspruchsberechtigung der Miteigentümer ist auf diese Wohnung zu beziehen. Denn die Vorschrift setzt als Rechtsfolge fest, daß bei "jedem" der Anspruchsberechtigten die Kinderzulage zur Hälfte anzusetzen ist. Gälte die Rechtsfolge auch für eine Anspruchsberechtigung aufgrund einer anderen Wohnung - wovon der Beklagte ausgeht -, hätte der so zweifach Anspruchsberechtigte dem Grunde nach ein gesetzlich nicht vorgesehenes "Wahlrecht" auszuüben, ob er für die gemeinsame Wohnung die hälftige Kinderzulage oder für die andere, ihm allein gehörende Wohnung die volle Kinderzulage geltend macht. Die Auffassung des Beklagten ist auch insofern nicht konsequent, weil sie einerseits hinsichtlich des "Anspruchs auf Kinderzulage" die Anspruchsberechtigung aufgrund weiterer Wohnungen berücksichtigt, andererseits hinsichtlich des Eigentums an "einer Wohnung" indes nur auf die konkrete Wohnung abstellt. Folgerichtig ist es vielmehr, bei der Anwendung der Vorschrift im Hinblick auf die Wohnung wie im Hinblick auf die Anspruchsberechtigung auf das einzelne Objekt abzustellen. Dieser Auslegung entspricht, daß der Gesetzgeber bei der Fassung von § 9 Abs. 5 Satz 3 EigZulG lediglich beabsichtigte, mit dieser Vorschrift sicherzustellen, daß nichtverheiratete Eltern, die Miteigentümer einer Wohnung sind, künftig wie Ehegatten die Kinderzulage für das gemeinsame Kind insgesamt nur einmal in Anspruch nehmen können (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BR-Drs. 498/95, zit. nach Wacker, EigZulG, 3. Auflage, § 9, Rn. 0.1), und hier nicht die Zahl der Kinderzulagen bei mehreren Objekten regeln wollte. Die Begrenzung der Kinderzulage bei einer Mehrheit von Objekten ist vielmehr Regelungsgegenstand von § 9 Abs. 5 Satz 4 EigZulG.

bb) Für den Streitfall folgt hieraus, daß die Klägerin, die schon einen Anspruch auf Kinderzulage für die in ihrem Alleineigentum stehende Wohnung hat (§ 9 Abs. 5 Satz 4 EigZulG), nicht hinsichtlich der gemeinsamen Wohnung anspruchsberechtigt ist. Für die gemeinsame Wohnung haben somit nicht die Klägerin und der Kläger zugleich Anspruch auf die Kinderzulage; nur dem Kläger steht ein solcher Anspruch zu. Da der Kläger wiederum für die im Alleineigentum der Klägerin stehenden Wohnung nicht anspruchsberechtigt ist, ist bei ihm die Kinderzulage für die gemeinsame Wohnung nicht nach § 9 Abs. 5 Satz 3 EigZulG nur zur Hälfte anzusetzen.

cc) Im übrigen ist auch in anderen Fällen eine zweifache Inanspruchnahme der Kinderzulage nicht ausgeschlossen. Hierzu kommt es beispielsweise dann, wenn Ehegatten jeweils Alleineigentümer einer Wohnung sind (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 305, Tz. 64 Satz 4) oder wenn die Voraussetzungen für die Grundförderung von zwei Wohnungen bei Miteigentümer-Ehegatten nacheinander gegeben sind (vgl. Hausen/Kohlrust-Schulz, a.a.O., Rn. 507).

2. Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht nach § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

5. Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegen § 151 Abs. 3 und 1 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozeßordnung zugrunde.

Ende der Entscheidung

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