Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Beschluss verkündet am 13.10.2008
Aktenzeichen: 6 V 1477/08
Rechtsgebiete: FGO, AO


Vorschriften:

FGO § 69 Abs. 3 S. 1
FGO § 69 Abs. 2
AO § 237
AO § 239
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

6 V 1477/08

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Bescheid über Aussetzungszinsen vom 04.07.2008)

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 6. Senat

am 13. Oktober 2008

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Antragstellerin zur Last.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um den Beginn des Laufs der Festsetzungsfrist nach § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AO.

Der BFH wies mit Beschluss vom 19. Dezember 2006 (I B 67/06) die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Finanzgerichtes vom 3. Mai 2006 (4 K 238/00) als unzulässig zurück. Die Ausfertigungen der Entscheidung wurden am 7. Februar 2007 zur Post gegeben; beim Antragsgegner ging die Ausfertigung der Entscheidung am 8. Februar 2007 ein.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2008 setzte der Antragsgegner Aussetzungszinsen für die Veranlagungszeiträume 1992 und 1993 zur Körperschaftsteuer in Höhe von 36.454,00 Euro fest. Über den dagegen erhobenen Einspruch ist noch nicht entschieden. Einen von der Antragstellerin gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner am 29. Juli 2008 ab.

Die Antragstellerin hat am 13. August 2008 Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Sie ist der Auffassung, dass der Lauf der einjährigen Frist (§ 239 Abs. 1 Satz 1 AO) mit Ablauf des 31. Dezember 2006 begonnen habe, da der Beschluss des BFH vom 19. Dezember 2006 stamme, so dass mit Ablauf des 31. Dezember 2007 Festsetzungsverjährung eingetreten sei.

Sie beantragt sinngemäß,

die Vollziehung des Bescheids über die Festsetzung von Aussetzungszinsen vom 4. Juli 2008 bis einen Monat nach Beendigung des Einspruchsverfahrens auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass es nicht auf das Datum des BFH-Beschlusses, sondern auf dessen Bekanntgabe ankomme. Diese liege im Jahr 2007, so dass die Festsetzungsfrist erst am 31. Dezember 2008 ablaufe. Innerhalb dieser Frist sei der streitige Bescheid ergangen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II. Der Antrag ist unbegründet.

1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Finanzgericht auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

a) Ernstliche Zweifel in diesem Sinn bestehen dann, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage auf Grund präsenter Beweismittel und des unstreitigen Sachverhaltes erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtwidrig erweisen könnte (vgl. BFH, BStBl. II 2004, 622; Gräber/Koch, FGO, § 69 Rz. 86 m.w.N.).

b) Solche Zweifel bestehen nicht. Gem. § 239 Abs. 1 S. 1 AO sind auf die Zinsen die für die Steuern geltenden Vorschriften entsprechend, aber mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Festsetzungsfrist ein Jahr beträgt. Gem. § 239 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 AO beginnt die Festsetzungsfrist für Aussetzungszinsen im Sinne des § 237 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage endgültig erfolglos geblieben ist. Endgültig keinen Erfolg gehabt hat eine Anfechtungsklage, wenn sie durch unanfechtbare Entscheidung abgewiesen und damit das klageabweisende Urteil rechtskräftig geworden ist (BFH, BStBl. II 1994, 785; BFH, BStBl II 1987, 320). Die Rechtskraft tritt im Falle eines an sich statthaften und rechtzeitig eingelegten Rechtsmittels, hier der Nichtzulassungsbeschwerde, sowohl bei der Verwerfung (etwa bei fehlender oder mangelhafter Begründung) als auch bei der Zurückweisung als unbegründet mit der Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung ein (BFH, BFH/NV 1987, 108; dem folgend die Literatur: Tipke/Kruse, Kommentar zur FGO, § 116 Rdnr. 84, Hübschman/Hepp/Spitaler, Kommentar zur FGO, § 116 Rdnr. 277f; Beermann, Kommentar zur FGO, § 116 Rdnr. 113; Gräber, Kommentar zur FGO, § 116 Rdnr. 69). Die Wirkungen der Rechtskraft treten allerdings erst mit Bekanntgabe der Entscheidung ein, da auch die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde bekanntzugeben ist, bei Zulassung der Beschwerde gemäß § 116 Abs. 7 Satz 2 FGO durch Zustellung, ansonsten formlos (vgl. BGH, NJW 2005, 3724). Bei der Berechnung des Fristbeginns für die Festsetzung von Zinsen für von der Vollziehung ausgesetzte Steuerbeträge gemäß § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AO ist mithin die Bekanntgabe des eine Nichtzulassungsbeschwerde verwerfenden Beschlusses und nicht bereits das Datum dieses Beschlusses maßgeblich (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 6. August 1999, Az 18 K 603/96 AO, bestätigt durch BFH, BFH/NV 2001, 291).

Danach ist die Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts vom 3. Mai 2006 erst im Februar 2007 rechtskräftig geworden, so dass die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war.

Selbst wenn die Auffassung des BVerwG (BVerwG, NVwZ 1994, 1206 ; so auch Gräber, Kommentar zur FGO, § 116 Rdnr. 69; Tipke/Kruse, Kommentar zur FGO, § 116 Rdnr. 84, Hübschman/Hepp/Spitaler, Kommentar zur FGO, § 116 Rdnr. 278; a.A. BGH, NJW 2005, 3724 mit grundsätzlichen Erwägungen zum Wirksamwerden von gerichtlichen Entscheidungen durch Zustellung oder Bekanntgabe) zutreffend sein sollte, dass der Zeitpunkt der Herausgabe des Beschlusses aus dem Gerichtsgebäude zur Beförderung mit der Post maßgeblich sein dürfte, wäre die Festsetzungsfrist bei Erlass des streitigen Bescheides noch offen. Denn das von der Geschäftstelle des BFH erstellte Anschreiben, mit dem der Beschluss den Beteiligten übersandt worden ist, wurde erst am 7. Februar 2007 gefertigt, so dass der Lauf der Festsetzungsfrist erst am 31. Dezember 2007 begonnen hat und am 31. Dezember 2008 ablaufen wird.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

...

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde nicht gegeben, § 128 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung.

Ende der Entscheidung

Zurück