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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 25.02.2009
Aktenzeichen: 7 K 1566/07
Rechtsgebiete: MinöStG


Vorschriften:

MinöStG § 4 Abs. 1 Nr. 2
MinöStG § 25 Abs. 1 Nr. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 7. Senat

unter Mitwirkung

der Vorsitzenden Richterin am Finanzgericht K

des Richters am Finanzgericht H

des Richters am Finanzgericht G

der ehrenamtlichen Richter K und K

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 25.02.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Streitig ist, ob bei der Klägerin im Streitjahr 2004 die Voraussetzungen für eine steuerfreie Verwendung von Mineralöl nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG erfüllt sind und ob der Beklagte einen entsprechenden Antrag der Klägerin auf Vergütung der Mineralölsteuer zu Recht abgelehnt hat.

Die Klägerin beantragte am 12.12.2005 die steuerfreie Verwendung von Mineralöl (vorliegend schwerem Heizöl) nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG. Hierbei beantragte sie die Vergütung für schweres Heizöl (2.428.890 kg). Sie führte an, dass sie das Mineralöl zur Dampferzeugung verwende. Sie betreibt in L ein Baustoffwerk, in dem sie u.a. Baustoffe selbst herstellt. Das von ihr dabei angewendete Verfahren zur Härtung der jeweiligen Baustoffe erfolgt im Wege des so genannten Autoklavierens (= Dampfhärtung von Baumaterialien zur Herstellung von Kalksandstein und Porenbeton. Die dampfgehärteten Baustoffe werden in Autoklaven (Dampfdruckkesseln) unter Sattdampfatmosphäre bei Temperaturen von 180 bis 210 Grad Celsius gehärtet. Zum Betrieb der Autoklaven und somit zur Erzeugung des zur Härtung notwendigen Drucks verwendet die Klägerin schweres Heizöl.

Im Rahmen einer Steueraufsichtsmaßnahme wurde am 28.02.2006 festgestellt, dass das verwendete schwere Heizöl in einem Dampfkessel ausschließlich zur Wärmeerzeugung verwendet wird. Auf das Schreiben des Prüfers vom 03.03.2006 (Blatt 10 der Behördenakte) wird Bezug genommen. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 04.05.2006 (Blatt 17 der Behördenakte) den vorgenannten Antrag mit der Begründung ab, dass das schwere Heizöl ausschließlich in einem Dampfkessel zur Wärmeerzeugung verwendet werde und deshalb eine Vergütung der Mineralölsteuer nicht möglich sei, weil die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG - Verwendung zu anderen Zwecken als zum Verheizen - nicht erfüllt seien. Eine Vergütung der Mineralölsteuer für schweres Heizöl, das zu Heizzwecken verwendet werde, sehe der Gesetzgeber nicht vor. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, der durch die Entscheidung vom 03.07.2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr aus der Richtline EG 2003/96 ein unmittelbarer Vergütungsanspruch zustehe. Gemäß dem allgemein anerkannten Grundsatz des "effet utile" in der gefestigten Rechtsprechung des EuGH sei der Beklagte bei der Anwendung des nationalen Rechtes verpflichtet, dieses im Sinne der Ziele des Gemeinschaftsrechtes auszulegen. Der bundesdeutsche Gesetzgeber sei verpflichtet gewesen, die Richtline EG 2003/96 bis zum 31.12.2003 umzusetzen. Dies ergebe sich aus Art. 28 der Richtlinie. Dieser Verpflichtung sei er jedoch nicht rechtzeitig nachgekommen, sondern habe die Richtlinie erst mit Wirkung zum 01.08.2006 durch Einführung des Energiesteuergesetzes in nationales Recht umgesetzt. Bis dahin sei in der Bundesrepublik Deutschland das Mineralölsteuergesetz in Kraft geblieben. Dies sei im Streitfall richtlinienkonform vor dem Hintergrund der Regelungen der Richtlinie 2003/96 EG auszulegen. Wäre er seiner Verpflichtung fristgerecht nachgekommen und hätte er die Richtlinie schon zum 31.12.2003 dergestalt in nationales Recht umgesetzt, wie er dies später durch § 51 Energiesteuergesetz getan habe, hätte der Beklagte unzweifelhaft 2004 eine Erstattung vornehmen müssen. Die Richtline EG 2003/96 sehe vor, dass eine Steuerfreiheit bzw. Steuerentlastung für solche Stoffe gewollt sei, die zu zweierlei Zwecken benutzt würden und nicht ausschließlich dem "Verheizen" dienten. Der Beklagte sei ab dem 01.01.2004 - nach Ablauf der in der Richtlinie vorgesehenen Umsetzungsfrist - gezwungen gewesen, § 4 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG im Sinne des Gemeinschaftsrechtes richtlinienkonform so auszulegen wie die Richtlinie dies vorgesehen habe.

Der Auslegung des Begriffs des "Verheizens", wie diese im BFH-Urteil vom 28.10.2008 VII R 6/08 vorgenommen worden sei, könne nicht gefolgt werden. Der Begriff des "Verheizens" sei auf Grundlage der EG-Richtlinie 2003/96 in einem anderen Verständnis zu begreifen. Im Streitfall sei ebenso wie bei der Ziegelherstellung und der Kalkherstellung eine steuerbegünstigte Verwendung statt eines Verheizens anzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 04.05.2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.07.2007 dahingehend abzuändern, dass die beantragte Mineralölsteuervergütung in Höhe von 60.225 EUR gewährt wird.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass eine Entlastung von der Mineralölsteuer für das Kalenderjahr 2004 mangels konkreter Anspruchsgrundlage nicht vorgenommen werden könne. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG seien nicht erfüllt. Die von der Klägerin angeführte Richtlinie EG 2003/96 sei weder hinreichend genau noch unbedingt, um eine unmittelbare Rechtskraft im Mitgliedstaat zu erwirken und als Anspruchsgrundlage im Streitfall zu dienen. Ohne weitere Konkretisierung sei aus Art. 2 Abs. 4 dieser Richtlinie nicht ersichtlich, welche Regelungen für Energieerzeugnisse gelten sollen und welche Prozesse und Verfahren von diesem Artikel erfasst seien. Der EuGH habe in seinem Urteil vom 29.04.2004 - C 240/01 den Begriff "Verbrauch als Heizstoff" geprägt. Eine Abweichung von dieser Auslegung sei auch in der Richtlinie EG 2003/96 nicht ersichtlich.

Zu beachten sei ferner, dass nach Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b) zweiter Anstrich EG 2003/96 diese Richtlinie gerade nicht für Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck gelte. Das Begehren der Klägerin nach richtlinienkonformer Entscheidung sei daher unverständlich, da sie selbst von einem Energieerzeugnis mit zweierlei Verwendungszweck ausgehe, das aber gerade vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen worden sei.

Im übrigen wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II. 1. Die Klage ist nicht begründet.

Der Beklagte hat zu Recht die Vergütung der Mineralölsteuer nach § 25 MinöStG abgelehnt.

Die Voraussetzungen nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG sind nicht erfüllt. Das Autoklavieren (= Dampfhärten) von Baumaterialien im Baustoffwerk der Klägerin in L stellt ein Verheizen im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG dar.

Unter dem Autoklavieren ist die Dampfhärtung von Baumaterialen zur Herstellung von Kalksandstein und Porenbeton zu verstehen. Die dampfgehärteten Baustoffe werden hierbei in Autoklaven (Dampfdruckkesseln) unter Sattdampfatmosphäre bei Temperaturen von ca. 180 bis 210 Grad Celsius gehärtet. Zum Betrieb der Autoklaven und somit zur Erzeugung des zur Härtung notwendigen Drucks verwendet die Klägerin schweres Heizöl. Das von ihr zur Dampfhärtung eingesetzte Mineralöl wird hierbei nicht zu einem anderen Zweck als dem des Verheizens verwendet. Die Übertragung der durch die Verbrennung des Mineralöls erzeugten thermischen Energie auf die Dampfdruckkessel stellt keinen anderen Verwendungszweck dar. Denn mit dem Verbrennen des Mineralöls ist dessen Verwendung abgeschlossen. Der Einsatz des Mineralöls und dessen chemischer Bestandteile dient einzig und allein der Erzeugung thermischer Energie, so dass unabhängig von der nachfolgenden Nutzung der erzeugten Energie zur Herstellung eines zur Härtung der Baustoffe erforderlichen Dampfdruckes ein "Verheizen" vorliegt. Dabei ist auch nach den Vorgaben der Energiesteuerrichtlinie EGRL 96/2003 (künftig: EnergieStRL) davon auszugehen, dass beim Einsatz eines Energieerzeugnisses unter Ausnutzung der erzeugten thermischen Energie zur Umwandlung eines anderen Stoffes das Energieerzeugnis nicht zugleich für andere Zwecke als als Heizstoff im Sinne von Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 1. Anstrich EnergieStRL verwendet wird und dass insoweit der nationale Gesetzgeber nicht mehr frei über eine Nichtbesteuerung entscheiden kann.

Vorliegend kann deshalb offen bleiben, ob die EnergieStRL im Streitjahr unmittelbar anzuwenden ist, denn auch danach wäre im Streitfall eine Besteuerung nicht ausgeschlossen: Ausweislich der in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b 2. Anstrich EnergieStRL genannten Beispiele wird das Vorliegen eines anderen Verwendungszwecks fingiert, wenn ein Energieerzeugnis bei der chemischen Reduktion, bei der Elektrolyse und bei Prozessen in der Metallindustrie eingesetzt wird. Daran fehlt es im Streitfall, denn bei der Dampfhärtung handelt es sich nicht um einen der vorgenannten Vorgänge. Auch nach der EnergieStRL besteht das Grundprinzip, dass Energieerzeugnisse, die als Heizstoffe bestimmt sind oder als solche verwendet werden, zu besteuern sind (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom 28.10.2008 VII R 6/08, ZSteu 2008, R1118 - R1121, [...]Dokument).

Selbst wenn man aber mit der Klägerin davon ausginge, dass das Mineralöl im Streitfall "zweierlei Verwendungszwecken" diente, wären die Mitgliedsstaaten durch die EnergieStRL nicht verpflichtet gewesen, das Mineralöl von der Steuerpflicht auszunehmen, weil eine derartige Verwendung "außerhalb des Anwendungsbereiches des Gemeinschaftsrechtsakts" gelegen hätte (so ausdrücklich BFH-Urteil vom 28.10.2008 VII R 6/08, a.a.O., dort Rn. 16). Dies führt - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht zur Steuerfreiheit, sondern dazu, dass die Mitgliedsstaaten in ihrer Entscheidung frei sind, ob und in welchem Umfang sie eine Besteuerung vornehmen wollen. Im Streitjahr war das streitbehaftete Energieerzeugnis nach dem MinöStG nicht von der Besteuerung ausgenommen. Infolgedessen steht für den Streitzeitraum keine Rechtsgrundlage zur Verfügung, die den Anspruch der Klägerin auf Vergütung der Mineralölsteuer rechtfertigen könnte.

Der Klage ist daher der Erfolg zu versagen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen nach § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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