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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 04.03.2009
Aktenzeichen: 8 K 690/08
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1
UStG § 2 Abs. 1
UStG § 13a Abs. 1
UStG § 13b Abs. 1
UStG § 13b Abs. 2
UStG § 17 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 8. Senat

durch

Richter am Finanzgericht als Einzelrichter

auf Grund mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 04.03.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob einer Änderung von Umsatzsteuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung der Grundsatz von Treu und Glaube entgegensteht, wenn der Steuerfall bereits mehrfach an Amts Stelle geprüft worden ist, und ob vereinbarte Entgelte für steuerpflichtige Leistungen im Streitjahr 2003 uneinbringlich geworden sind.

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft R.-ausländischen Rechts. Die Gesellschafter im Streitjahr 2003 waren N. mit 96,04 v.H. und F. mit 3,96 v.H. Gemäß Registereintragung in R. -Ausland vom 30.04.1999 war Herr F. für vier Jahre als Generaldirektor ernannt. In einem beim Beklagten abgegebenen Fragebogen zur Erteilung einer Steuernummer vom 19.10.2002, der von N. unterzeichnet ist, wurde erklärt, dass sich der Ort der Geschäftsleitung in M. befinde und F., der in der S.-Str., App. A) a in M. wohne, Geschäftsführer sei. N. bezeichnete sich selbst als ständiger vom Unternehmen unabhängiger Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland. Das Unternehmen unterhalte unter der Anschrift S.-Str., App. A) a in M. eine feste Geschäftseinrichtung. In einem vom Bundesamt für Finanzen - Informationszentrale Ausland - beigeschafftem Auszug aus einer allgemeinen Wirtschaftsauskunft vom 11.09.2002 wird N. als Geschäftsführer der Klägerin geführt. Eine Vollmacht für den Steuerberater der Klägerin Kl., die dem Beklagten am 25.06.2007 übermittelt wurde, ist von N. als Geschäftsführer unterzeichnet. Ebenso die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten der Klägerin für das Rechtsbehelfsverfahren vom 20.07.2007. Die Vollmacht für das vorliegende Klageverfahren vom 10.04.2008 trägt die Unterschrift des F..

Im Streitjahr 2003 war die Klägerin als Nachunternehmerin auf Grund Werkvertrag vom 18.04.2002 für die Firma A.H.Z., auf Grund Werkvertrag vom 19.09.2002 für die Firma S. B. GmbH und Co. KG M. und auf Grund Werkvertrag vom 01.10.2002 für die G. GmbH Sc. im Inland tätig. Die Werkverträge sind jeweils von N. S. unterschrieben, der gegenüber der Firma G. und der Firma H. als "Betriebsinhaber" bezeichnet ist.

Unter dem 28.03.2003 teilte der Steuerberater K. für die Klägerin mit, dass sich der Sitz der Geschäftsleitung im Inland, und zwar in der S.-Str./A) a in M. befinde. Daraufhin erhielt die Klägerin am 28.03.2003 und am 04.04.2003 zur Vorlage bei der Firma S. bzw. bei der Firma G. Bescheinigungen über die Ansässigkeit im Inland nach § 13 b Abs. 4 Satz 2 Umsatzsteuergesetz - UStG - mit einer Gültigkeitsdauer von jeweils einem Jahr.

Die Klägerin gab für das Streitjahr 2003 monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab, mit denen sie insgesamt Umsätze in Höhe von 1.205.262 EUR und Vorsteuern in Höhe von 20.893,05 EUR anmeldete. Mit Umsatzsteuerjahreserklärung 2003 erklärte die Klägerin am 29.10.2004 Umsätze in Höhe von 1.075.510 EUR und Vorsteuern in Höhe von 21.196,67 EUR. Die geringeren Umsätze gegenüber den Voranmeldungen begründet die Klägerin mit der Uneinbringlichkeit von Forderungen gegen die Firma S. in Höhe von 89.619,71 EUR netto, gegen die Firma G. in Höhe von 18.985,72 EUR und gegen die Firma H. in Höhe von 21.153,04 EUR netto. Zum Nachweis legte die Klägerin mit Schreiben vom 15.01.2005 Schriftverkehr mit den Auftraggebern vor, wonach die Firma S. mit Fax vom 23.03.2004 Mängel angezeigt und am 30.03.2004 die Ersatzvornahme eingeleitet hatte. Die Firma G. hatte auf ein Schreiben der Klägerin vom 12.02.2004 unter dem 25.02.2004 erwidert, dass ein Einbehalt aus der Schlussrechnung auf Grund mangelhafter Ausführung noch nicht freigegeben werden könne, da der Bauherr seinerseits einen Rückbehalt geltend mache und zwei Gutachten zur Feststellung der Mängel in Auftrag gegeben habe; am 18.08.2004 wurden die Gutachten der Klägerin übermittelt. Die Firma H. teilte der Klägerin unter dem 22.10.2004 mit, dass die Auszahlung des Sicherungseinbehaltes von einer mängelfreien Übergabe der Bauleistungen abhinge und erhebliche Mängel, die bis zur Gesamtabnahme durch den Auftraggeber nicht beseitigt hätten werden können, vorlägen; dadurch seien ihr selbst erhebliche Einbußen entstanden und es könne der Sicherungseinbehalt gegenüber der Klägerin nicht zur Auszahlung gebracht werden. Der Beklagte stimmte der Jahreserklärung zu und erteilte der Klägerin am 22.02.2005 eine Abrechnungsmitteilung. Am 13.10.2006 änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung 2003 nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung - AO -. Er ging nunmehr von einer Steuerpflicht der Auftraggeber nach § 13 b Abs. 2, Abs. 1 UStG aus und setzte nur noch ausgewiesene Steuern nach § 14 Abs. 2 UStG in Höhe von 78.455,68 EUR an; die erklärten Vorsteuern in Höhe von 21.196,67 EUR ließ er weiterhin zum Abzug zu. Der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO wurde aufrecht erhalten. Mit Bescheid vom 15.06.2007 änderte der Beklagte erneut die Umsatzsteuerfestsetzung 2003 und veranlagte die Klägerin nunmehr wieder entsprechend ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung 2003. Auch dieses Mal wurde der Vorbehalt der Nachprüfung beibehalten. Dagegen legte die Klägerin am 20.07.2007 Einspruch ein. Obwohl die Steuererklärung richtig abgegeben worden sei, habe das Finanzamt den falschen Bescheid vom 13.10.2006 erlassen. Die Klägerin sei bemüht, mit den vorhandenen liquiden Mitteln Neuinvestitionen zu tätigen, um ihren Fortbestand zu sichern. Das Finanzamt könne seine Fehler nicht auf dem Rücken der Klägerin austragen. Der Steuerbescheid vom 13.10.2006 sei auf Grund einer abschließenden Prüfung in angemessener Frist ergangen und könne daher nicht nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden. Hinsichtlich der geprüften Tatbestände sei auch der Vorbehalt der Nachprüfung verbraucht. Unter dem 30.01.2008 erklärte N., er sei noch im Jahr 2005 Verantwortlicher der Niederlassung der Klägerin in Deutschland gewesen. Alle ab dem Jahr 2002 erstellten Rechnungen hätten keine Umsatzsteuer ausgewiesen, da § 13 b UStG angewandt worden sei. Jede Rechnung habe den Hinweis enthalten: "Sie als Leistungsempfänger sind Schuldner der Mehrwertsteuer gemäß § 13 b UStG.". Ferner legte die Klägerin im Einspruchsverfahren eine Abmeldung beim Gewerbeamt M. zum 17.08.2006 vor, in der als Grund für die Betriebsaufgabe "Insolvenz" bezeichnet ist. Mit Einspruchsentscheidung vom 12.03.2008 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück und berücksichtigte nach vorheriger Anhörung nunmehr auch die von den Firmen S., G. und H. nicht entrichteten Entgelte bei der Bemessung der steuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen. Dabei wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Am 14.04.2008 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie sich zunächst auch gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2002 gewendet hatte.

Mit Schriftsatz vom 23.06.2008 hat die Klägerin die Klage wegen Umsatzsteuer 2002 zurückgenommen.

Die Klage wegen Umsatzsteuer 2003 richte sich gegen die wiederholte Änderung der Festsetzung nach § 164 Abs. 2 sowie gegen die Nichtanerkennung der uneinbringlichen Forderungen. Zu Unrecht vertrete das Finanzamt die Auffassung, dass ein Steuerbescheid nach § 164 Abs. 2 AO jederzeit geändert werden könne, und zwar unabhängig davon, ob das Finanzamt schon eine Rechtsprüfung durchgeführt habe oder nicht. Der Jahreserklärung 2003 sei durch das Finanzamt nach Prüfung zugestimmt worden. Insbesondere habe das Finanzamt den vorgelegten Schriftverkehr wegen der uneinbringlichen Forderungen geprüft. Eine neuerliche Prüfung habe dann im Zuge des Erlasses des geänderten Bescheides vom 13.10.2006 stattgefunden. Damit habe das Finanzamt die der Umsatzsteuer 2003 unterliegenden Sachverhalte zwei Mal sowohl dem Umfang, d.h. der Höhe nach, als auch dem Grunde nach geprüft. Dabei seien dem Finanzamt alle Umstände bekannt gewesen. Änderungen der Sachverhalte hätten sich nicht ergeben. Schon aus rechtstaatlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätzen heraus sei deshalb nur noch dann eine Änderung möglich, wenn neue Tatsachen bekannt würden oder auf Grund einer geänderten Rechtsprechung nach Erlass des Bescheides eine Änderung geboten sei. Es würde an Willkür grenzen, wenn das Finanzamt, warum auch immer, seine Rechtsauffassung nach abschließender Prüfung beliebig ändern könne. Insbesondere wegen der gravierenden Änderungen mit dem Umsatzsteuerbescheid vom 13.10.2006 sei spätestens zu diesem Zeitpunkt von einer abschließenden Prüfung auszugehen. Die Uneinbringlichkeit der Forderungen sei ebenfalls bereits abschließend geprüft worden. Der Klägerin könne nicht zugemutet werden, die Forderungen gerichtlich beizutreiben, wenn sie der Überzeugung sei, die streitigen Gelder nicht bekommen zu können.

Die Klägerin beantragt,

den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 15.06.2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.03.2008 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 10.02.2009 hat der Senat den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe:

Der erkennende Einzelrichter kann im Streitfall auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2009 abschließend durch Urteil entscheiden. Das Verfahren ist nicht nach § 155 FGO i.V.m. § 240 Satz 1 Zivilprozessordnung - ZPO - unterbrochen. Zwar führt auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei im Ausland zur Unterbrechung nach den genannten Vorschriften, sofern das ausländische Recht entsprechend dem deutschen Insolvenzrecht die ausschließliche Prozessführungsbefugnis des Verwalters, und zwar auch in Bezug auf das Schuldnervermögen in fremden Staaten, vorsieht (vgl. BFH-Beschluss vom 21.01.1998 I ER -P- 1/98, BFH/NV 1998, 980, m.w.N.). Im Streitfall kann indessen trotz der in der Abmeldung beim Gewerbeamt M. bezeichneten Ursache für die Betriebsaufgabe zum 17.08.2006 nicht von einer Insolvenz im Rechtssinne über das Vermögen der Klägerin ausgegangen werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass der die Klägerin abmeldende Vertreter möglicherweise wegen einer Überschuldung der inländischen Niederlassung dabei von Insolvenz gesprochen hat, ohne dass in R.-Ausland ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet ist. Denn nach dem Vorbringen der Klägerin im Einspruchsverfahren führt sie ihren Betrieb fort und investiert weiter. Auch wird sie, wie die Vollmachten im Rechtsbehelfsverfahren und die Prozessvollmacht zeigen, weiter wie bisher vertreten. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Klägerinvertreter erklärt, dass die Klägerin weiterhin in R.-Ausland geschäftstätig sei und nur ihre Tätigkeit in Deutschland eingestellt habe. Zwar kann auch während eines Insolvenzverfahrens die Geschäftstätigkeit fortgeführt werden. In diesem Fall muss aber davon ausgegangen werden, dass ein Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Klägerin erlangt und ein weiteres Handeln der bisherigen Vertreter nicht duldet. Zudem kann während eines Insolvenzverfahrens regelmäßig nicht weiter in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens investiert werden.

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Die geänderte Umsatzsteuerfestsetzung mit Bescheid vom 15.06.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.03.2008 (§ 44 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO).

1. Ohne Rechtsfehler geht der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt der Einspruchsentscheidung davon aus, dass die Klägerin als Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG Schuldnerin der Umsatzsteuer für die von ihr im Inland ausgeführten Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist.

Die Steuerschuldnerschaft ist nicht nach § 13 b Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 UStG auf die Leistungsempfänger übergegangen, weil diese als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechtes Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers bezogen haben. Ein im Ausland ansässig Unternehmer i.S.d. Vorschrift ist ein Unternehmer, der nicht im Inland einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Leistung ausgeführt wird (§ 13 b Abs. 4 Sätze 1 und 2 UStG). Der Begriff der Ansässigkeit ein solcher des Gemeinschaftsrechts. Nach Art. 21 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 der 6. Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuer 77/388/EWG - Richtlinie 77/388 EWG - können die Mitgliedsstaaten gemäß den von ihnen festgelegten Bedingungen vorsehen, dass der Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung von Gegenständen bzw. der steuerpflichtigen Dienstleistung die Steuer schuldet, wenn die steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen bzw. die steuerpflichtige Dienstleistung von einem nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen bewirkt bzw. erbracht wird. Nach Art. 1 Nr. 1 der 13. Richtlinie des Rates vom 17.11.1986 zur Harmonisierung des Rechts der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuer - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige 86/560/EWG - Richtlinie 86/560/EWG - gilt im Sinne dieser Richtlinie als nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässiger Steuerpflichtige derjenige Steuerpflichtige, der in diesem Gebiet weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung, von wo aus die Umsätze bewirkt worden sind, noch - in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer festen Niederlassung - seinen Wohnsitz oder üblichen Aufenthaltsort gehabt hat. Für eine Kapitalgesellschaft - wie die Klägerin - kommt eine Ansässigkeit im Inland mithin nur dann in Betracht, wenn der Sitz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Inland ist oder sie hier eine fest Niederlassung unterhalten hat. Der zum Merkmal der "festen Niederlassung" ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist zu entnehmen, dass eine solche einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur besitzen muss, die eine Erbringung von Umsätzen ermöglicht (vgl. EuGH Urteil vom 17.07.1997 Rs. C-190/95, UR 1998, 185).

Im Streitfall gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass diese Voraussetzungen gegeben waren. Der Steuerberater der Klägerin hat dem Beklagten im Jahr 2003 angezeigt, dass sich der Ort der Geschäftsleistung im Inland befinde. Hinzu kommt, dass der Klägerin am 28.03.2003 bzw. am 04.04.2003 Bescheinigungen im Sinne von § 13 b Abs. 4 Satz 3 UStG erteilt worden sind. Nach dieser Vorschrift schuldet der Leistungsempfänger, wenn zweifelhaft ist, ob der Unternehmer im Ausland ansässig ist, die Steuer dann nicht, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheinigung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zuständigen Finanzamts nachweist, dass er kein im Ausland ansässiger Unternehmer ist. Im Umkehrschluss gilt: Liegt eine solche Bescheinigung vor, schuldet der leistende Unternehmer die Steuer (§ 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Er kann dann nicht einwenden, dass die ihm antragsgemäß erteilte Bescheinigung falsch und steuerpflichtig an seiner Statt doch der Leistungsempfänger sei (so auch Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, Stand: Oktober 2008, § 13 b Rz. 120, a.A. Birkenfeld, UR 2002, 153, 158). So liegt es jedenfalls hinsichtlich der nach dem Vorliegen der genannten Bescheinigungen für die gegenüber den dort genannten Leistungsempfängern erbrachten Leistungen. Hat die Klägerin demnach teilweise zu Unrecht bei der Abrechnung ihrer Leistungen keine Umsatzsteuer geltend gemacht und auf § 13 b UStG verwiesen, ändert das hieran nichts.

2. Zutreffend geht der Beklagte ferner davon aus, dass eine Berichtigung der Bemessungsgrundlage wegen der Uneinbringlichkeit von Forderungen im Streitjahr 2003 nicht vorzunehmen ist.

Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Halbs. 1 Nr. 1 UStG hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag entsprechend zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 ist die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Uneinbringlichkeit eingetreten ist. Uneinbringlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn die tatsächliche Vereinnahmung des Entgelts nicht feststeht. Das ist insbesondere bei Insolvenz oder sonstiger Zahlungsunfähigkeit des Schuldners der Fall. Uneinbringlichkeit liegt auch vor, wenn die Forderung erfolglos gerichtlich geltend gemacht ist, aber auch bereits dann, wenn sie vom Leistungsempfänger substantiiert bestritten wird (vgl. Klenk in: Sölch/Ringleb, UStG, Stand: September 2005, § 17 Rz. 102 ff., m.w.N.). Im Streitfall ist nicht erkennbar, dass eine Uneinbringlichkeit der streitbefangenen Werklohnforderungen bereits im Streitjahr 2003 eingetreten ist. Die Geltendmachung von Mängeln durch die Auftraggeber der Klägerin ist, soweit erkennbar, erst im Jahr 2004 erfolgt. Von daher gab es im Streitjahr noch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächliche Vereinnahmung des Entgeltes nicht feststehen könnte.

3. Entgegen der Auffassung der Klägerin durfte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung 2003 mit dem angefochtenen Änderungsbescheid nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO und abermals im Wege der Verböserung im Einspruchsverfahren ändern. Vertrauensschutzgesichtspunkte bzw. der Grundsatz von Treu und Glauben stehen dem nicht entgegen.

Die Änderung eines Steuerbescheides unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ist bis zur Grenze der Verwirkung, jederzeit möglich (vgl. BFH-Urteil vom 11. Oktober 1988 VIII R 419/83, BStBl II 1989, 284; FG Hamburg, Urteil vom 24. Oktober 1989 II 240/(7, EFG 1990, 203). Ist der Steuerpflichtige der Auffassung, sein Fall sei abschließend geprüft und der Vorbehalt der Nachprüfung daher rechtswidrig, kann er Rechtssicherheit dadurch erstreiten, dass er die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung beantragt (§ 164 Abs. 3 Satz 1 AO), gegen die Ablehnung dieses Antrages Einspruch einlegt und nach dessen Zurückweisung im Klagewege die Verpflichtung des Finanzamtes zum Erlass eines identischen Bescheides ohne Vorbehalt der Nachprüfung gerichtlich geltend macht. Unterlässt er dies, ist ein schützenswertes Vertrauen in den Bestand eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheides nur in besonderen Ausnahmefällen schützenswert, etwa wenn das Finanzamt ausdrücklich zusichert, dass bestimmte Änderungen unterbleiben werden.

Im Streitfall liegt ein solcher besonderer Ausnahmefall nicht vor. Zwar weist die Klägerin nachvollziehbar darauf hin, dass die Umsatzsteuerfestsetzung 2003 bereits nach Vorliegen ihrer Jahreserklärung abschließend geprüft werden konnte, weil in der Tat alle tatsächlichen Umstände bekannt waren. Auch hat der Beklagte im Rahmen der Erteilung seiner Zustimmung bereits damals eine Prüfung vorgenommen. Weiterhin ist der Klägerin darin zu folgen, dass im Rahmen der Änderung mit Bescheid vom 13.10.2006 eine nochmalige umfassende Prüfung des Steuerfalles erfolgt ist. Indessen macht § 164 Abs. 3 Satz 3 AO gerade deutlich, dass nur im Falle einer Außenprüfung und nicht im Falle einer Prüfung an Amts Stelle der Vorbehalt der Nachprüfung zwingend aufzuheben ist. Und selbst im Falle einer Außenprüfung entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung nicht automatisch. Wird er, entgegen dem Gesetzesbefehl nach einer Außenprüfung nicht aufgehoben, muss der Steuerpflichtige ebenfalls die Aufhebung beantragen und sie ggf. mit Einspruch bzw. Verpflichtungsklage durchsetzen. Das Gesetz erkennt mithin nicht einmal bei einem entgegen § 164 Abs. 3 Satz 3 AO fortbestehenden Vorbehalt der Nachprüfung ein schützenswertes Vertrauen an.

Auch Verwirkung ist noch nicht eingetreten. Verwirkung erfordert neben einem Umstands- ein Zeitelement. Auf Grund von Zeitablauf kann sich ein besonderes Vertrauen in den Bestand einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung aber regelmäßig erst dann ergeben, wenn Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Solange das nicht der Fall ist, kann sich eine Verwirkung der Änderungsbefugnis nach § 162 Abs. 2 AO nur unter besonderen Umständen ergeben, die im Streitfall nicht erkennbar sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, § 136 Abs. 2 FGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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