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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 2 K 30186/03
Rechtsgebiete: FGO, AO, StGB, EStG


Vorschriften:

FGO § 100 Abs. 1 S. 1 Hs. 1
FGO § 100 Abs. 2 S. 2
AO § 169 Abs. 1 S. 1
AO § 169 Abs. 2 S. 1
AO § 169 Abs. 2 S. 2
AO § 170 Abs. 2 Nr. 1
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1
AO § 370 Abs. 1 Nr. 1
AO § 370 Abs. 1 Nr. 2
StGB § 16 Abs. 1 S. 1
EStG § 46a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Schleswig-Holstein

2 K 30186/03

Einkommensteuer 1993

In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 22. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Einkommensteuer 1993 wird unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides für 1993 vom 16. Dezember 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2003 auf 12.257,71 EUR (23.974,00 DM) festgesetzt; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 11/12 und das Finanzamt zu 1/12.

Das Urteil ist -soweit der Klage stattgegeben worden ist- wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Änderung des Einkommensteuer(ESt)-Bescheides 1993 zulässig und Einnahmen aus anonymen Tafelgeschäften in Höhe von 63.888,33 DM anzusetzen sind.

Die Kläger gaben am 13. Juni 1994 die ESt-Erklärung 1993 beim Finanzamt ab und erklärten unter anderem auf der Anlage KSO Zinsen aus Guthaben und Einlagen sowie aus festverzinslichen Wertpapieren und Investmentanteilen in Höhe von insgesamt 7.720 DM, des Weiteren anzurechnende Kapitalertragsteuer/Zinsabschlag in Höhe von insgesamt 1.813,11 DM. Die Zinseinnahmen sowie die anrechenbare Kapitalertragsteuer wurden durch entsprechende Steuerbescheinigungen nachgewiesen. Die ESt 1993 wurde mit Bescheid vom 23. Januar 1995 in Höhe von 306,00 DM festgesetzt. Mit Schreiben vom 7. August 1995 wurden weitere Zinserträge in Höhe von 10.524,00 DM nachgemeldet und die ESt mit Bescheid vom 28. September 1995 in Höhe von 554,00 DM festgesetzt.

Mit Schreiben vom 7. November 2001 teilte die Gemeinsame Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt (Steufa) den Klägern mit, dass sich aus den dort vorliegenden Unterlagen ergebe, dass Geld- bzw. Wertpapierübertragungen ins Ausland vorgenommen bzw. Tafelgeschäfte getätigt worden seien. Die Kläger wurden aufgefordert, eine vollständige Aufstellung über die in- und ausländischen Kapitalerträge und die entsprechenden Nachweise ab dem Kalenderjahr 1995 einzureichen. Die Überprüfung erfolge nach § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Abgabenordnung (AO). Mit Schreiben vom 18. Dezember 2001 erklärten die Kläger im Wege einer Nachmeldung Einnahmen aus Kapitalvermögen für die Kalenderjahre 1990 bis 1999, unter anderem für die Kalenderjahre 1990 insgesamt 62.407,88 DM (davon erklärt: 7.988,00 DM), 1991 insgesamt 90.564,21 DM (davon erklärt: 11.187,00 DM), 1992 insgesamt 118.156,93 DM (davon erklärt: 27.392,00 DM) und 1993 insgesamt 120.551,82 DM, nach. Mit Änderungsbescheid vom 20. September 2002 setzte das Finanzamt die ESt 1993 auf 26.008,00 DM fest, mit Bescheid vom 16. Dezember 2002 aus anderen Gründen auf 25.502,00 DM.

Die Kläger erhoben am 14. Oktober 2002 Einspruch. Zur Begründung führten sie unter anderem aus, dass das Kreditinstitut bei so genannten Tafelgeschäften bei Auszahlung der Zinserträge den Zinsabschlag einbehalte. Das Kreditinstitut erteile lediglich eine Abrechnung, nicht aber eine Steuerbescheinigung im Sinne des Gesetzes. Damit sei der einbehaltene 35-prozentige Zinsabschlag nicht auf die festzusetzende Steuerschuld anrechenbar. Aus den Tatsachen, dass auf die Erträge aus Tafelgeschäften ab 1993 ein um 10 v.H. bzw. 5 v.H. höherer Zinsabschlag als bei anderen kapitalertragsteuerpflichtigen Erträgen einbehalten und keine Steuerbescheinigungen durch das Kreditinstitut erteilt worden seien, hätten sie geschlossen, dass durch die erhöhten und nicht anrechenbaren Zinsabschläge die Steuern auf diese Zinserträge abgegolten seien. Sie hätten deshalb gutgläubig diese Erträge nicht in der Steuererklärung angegeben. Hinzu komme, dass die Kläger der Auffassung gewesen seien, es könne nicht rechtens und vom Gesetzgeber auch nicht gewollt sein, ein und dieselben Einkünfte zweimal der Einkommensbesteuerung unterwerfen zu müssen. Bestätigt worden sei ihre Auffassung auch durch das Abrechnungsformular der Sparkasse, die lediglich in dem mit "entfällt" entwerteten Steuerbescheinigungsteil darauf hinweise, dass die Kapitalerträge einkommensteuerpflichtig seien, nicht aber auch auf dem Teil des Formulars, der die Abrechnung der Sparkasse enthalte. Somit sei der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung nicht gegeben. Unter rein rechnerischer Einbeziehung der Zinserträge aus Tafelpapieren zu 100% in die Steuerberechnung würde die darauf entfallende ESt-Mehrbelastung lediglich 28,4% betragen, also erheblich unter der bereits abgeführten Steuer von 35% liegen. Es seien somit auch objektiv keine Steuern hinterzogen worden. Da die Festsetzungsfrist nach § 169 AO abgelaufen sei und hinsichtlich der Zinserträge aus Tafelpapieren kein Hinterziehungstatbestand vorliege, sei insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten.

Das Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 1. Juli 2003 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es Folgendes aus:

Der objektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung liege vor. Bei Erfassung der Bruttobeträge der Tafelgeschäfte ergebe sich entsprechend dem ESt-Bescheid 1993 vom 16. Dezember 2002 eine ESt in Höhe von 25.502,00 DM. Bei Außerachtlassung der anonymen Tafelgeschäfte ergäbe sich lediglich eine ESt in Höhe von 7.358,00 DM. Die anonymen Tafelgeschäfte führen daher zu einer Mehrsteuer von 18.144,00 DM. Auch der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung liege vor. Aus der Anlage KSO der unterschriebenen ESt-Erklärung 1993 sei ersichtlich, dass den Klägern ihre Pflicht, die Einkünfte aus Kapitalvermögen wahrheitsgemäß und vollständig anzugeben, bekannt gewesen sei. Angesichts der Höhe der nachgemeldeten Beträge sei die Schlussfolgerung möglich, dass sie von den Klägern vorsätzlich verschwiegen worden seien. Das Vorbringen der Kläger, sie seien der Meinung gewesen, die Versteuerung der Tafelgeschäfte sei durch den Steuerabzug abgeschlossen, stelle eine Schutzbehauptung dar. Die Kläger hätten es offenbar darauf ankommen lassen, dass ihre Einkünfte steuerlich möglicherweise nur fragmentarisch erfasst würden, anstatt ihrer Steuerberaterin alle Unterlagen lückenlos zugänglich zu machen. Gerade das Unterlassen dieser auch für einen steuerlichen Laien selbstverständlichen Maßnahme spreche für das Vorhandensein eines zumindest bedingten Vorsatzes.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage vom 9. Juli 2003. Zur Begründung wird ergänzend vorgetragen, dass die für 1993 erteilten Abrechnungen nicht mehr vorlägen. Sie seien jedoch identisch mit gleichartigen Abrechnungen aus dem Jahre 1999, die beigefügt worden seien. Die Kläger seien jederzeit bereit, an Eides Statt zu versichern, dass tatsächlich nur Einlösungen in ... vorgenommen worden seien. Für die Jahre 1996 bis 2000 sei dies bereits geschehen. Die Tatbestandsmerkmale des § 370 AO seien nicht erfüllt. Zwar sei es bei der vom Finanzamt angewandten vordergründigen, rein formalen Betrachtungsweise zutreffend, dass sich unter Berücksichtigung der Zinszuflüsse eine höhere Steuer ergebe. Gleichwohl wäre bei zutreffender steuerlicher Behandlung für den Fiskus infolge der dann erfolgten Anrechnung der erhöhten Kapitalertragsteuer insgesamt ein niedrigerer Steueranspruch entstanden, weil der persönliche Steuersatz den Abzugsteuersatz deutlich unterschreite. Konkret hätte eine Erhöhung der festzusetzenden Steuer um 18.144,00 DM eine Steuerminderung durch Anrechnung der Kapitalertragsteuer von 22.360,80 DM (35% von 63.883,00 DM) gegenübergestanden. Die Erstattung hätte 4.216,80,00 DM betragen. Da infolge der Handlungsweise der Kläger nachweislich dem Fiskus ein Schaden nicht entstanden sei, er vielmehr eine höhere als gesetzlich gewollte Steuer erhalten habe, sei bei einer am Gesetzeswillen orientierten Auslegung des § 370 Abs. 1 AO der Tatbestand der Steuerverkürzung nicht zu begründen. Dem stehe auch nicht das so genannte Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO entgegen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) greife das Kompensationsverbot gerade dann nicht ein, wenn sich eine Steuerminderung wegen eines engen wirtschaftlichen Zusammenhangs ohne weiteres von Rechts wegen ergeben hätte, falls der Täter anstelle der unrichtigen die der Wahrheit entsprechenden Angaben gemacht hätte (BFH-Beschluss vom 20. Juli 1988 in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 1989, 12). Unter Heranziehung dieser Grundsätze seien im Streitfall Steuern nicht verkürzt worden. Auch sei der subjektive Tatbestand nicht erfüllt. Das Finanzamt verkenne zunächst, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung das Finanzamt die Feststellungslast dafür trage, dass die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerstraftat gegeben seien und dass insoweit auch im Besteuerungsverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" zu gelten habe (BFH vom 14. Januar 1991, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1992, 128). In Anbetracht des Abwicklungsverfahrens bei der Einlösung der Zinsgutscheine bei den von den Kreditinstituten angebotenen Tafelgeschäften und unter Berücksichtigung der hierbei zu zahlenden Kapitalertragsteuer von 35% sei es durchaus schlüssig und glaubhaft, wenn die Kläger versichern würden, diese Erträge im Glauben an ein vereinfachtes Besteuerungsverfahren mit Abgeltungscharakter nicht erklärt zu haben. Dies gelte insbesondere unter dem Aspekt, dass sowohl der Hinweis auf die Steuerpflicht als auch die Anrechnungsmöglichkeit auf den Abrechnungsvordrucken bei der Einlösung entwertet worden seien. Da den Klägern klar gewesen sei, die auf diese Geschäfte gezahlte Kapitalertragsteuer nicht im Rahmen der Veranlagung zurückerhalten zu können, haben sie keine Veranlassung gesehen, die Erträge aus diesen Tafelgeschäften in ihre Steuererklärung aufzunehmen. Ursächlich für die Nichterklärung sei deshalb nicht der Gedanke, Steuern verkürzen zu wollen oder in Kauf zu nehmen, sondern die Annahme, dass die steuerliche Abwicklung allein über die Kapitalertragsteuer so richtig gewesen sei. Dies sei aber nicht vorwerfbar. Die Verhaltensweise sei deshalb mindestens unter dem Gesichtspunkt des Tatbestandsirrtums im Sinne des § 16 Strafgesetzbuch (StGB) zu sehen, der einen Vorsatz ausschließe (BFH vom 19. Mai 1989 in HFR 1990, 334).

Bei der Höhe der angesetzten Kapitalerträge aus Tafelgeschäften sei im Übrigen nicht berücksichtigt worden, dass die Kläger Stückzinsen in Höhe von 4.703,54 DM gezahlt hätten. Nach geltender Rechtsauffassung handele es sich hierbei um negative Einnahmen aus Kapitalvermögen.

In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger vorgetragen, dass gemäß § 46 a EStG bestimmte Kapitalanlagen bis 1988 mit einem pauschalen Steuersatz von 30% abgegolten waren. Die Prozessbevollmächtigte betreue die Kläger seit 1984. Die erste ESt-Erklärung sei für 1983 vorbereitet worden. Aus dieser Zeit würden die Kapitalanlagen stammen. Die Kläger hätten die Kapitalerträge nachgemeldet, aber nicht Selbstanzeige erstattet. Sie hätten kein Schuldgefühl gehabt. Ein Tatbestandsirrtum läge hier vor, denn die Kläger hätten einen Vorteil gehabt, wenn sie sich um die Einbeziehung in die Veranlagung gekümmert hätten. Es werde auf das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 9. März 2004 verwiesen, die Kläger hätten keine Kinder und keine Erben. Die Kläger hätten sich geärgert, da sie bei ordnungsgemäßem Ablauf Geld gespart hätten. Des Weiteren werde zum Tatbestandsirrtum auf die Urteile des FG München vom 10. November 2005 -15 K 3231/05-, des FG Hamburg vom 24. Juni 2005 -I 349/04- und des BGH vom 7. Dezember 1979 -2StR 315/79- verwiesen.

Die Kläger beantragen,

1. den ESt-Bescheid 1993 vom 16. Dezember 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2003 zu ändern, die Einnahmen aus Kapitalvermögen um 63.888,33 DM zu mindern und die ESt entsprechend niedriger festzusetzen,

hilfsweise

Stückzinsen in Höhe von 4.703,54 DM zu berücksichtigen und die ESt entsprechend niedriger festzusetzen,

2. die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Steuerverkürzung liege vor, da es allein auf die Festsetzung ankomme. Das Kompensationsverbot sei zu beachten, da sich nicht ohne weiteres eine geringere Steuerschuld ergeben hätte, wenn die Zinseinnahmen vollständig erklärt worden wären. Die Kläger hätten dann immer noch ordnungsgemäße Steuerbescheinigungen beibringen müssen, um eine Anrechnung der einbehaltenen Steuern zu erlangen. Die Anrechnung hätte sich im Übrigen auch nicht auf die festgesetzte Steuer, sondern lediglich auf die verbleibende Steuer ausgewirkt. Das von den Klägern zitierte Urteil sei insofern nicht zutreffend, da in dem diesem Urteil zu Grunde liegenden Fall bereits auf der Ebene der Besteuerungsgrundlagen eine Kompensation stattgefunden habe. Nach Aktenlage handele es sich bei den Klägern nicht um finanziell völlig unerfahrene Steuerpflichtige. Dies werde durch die Tatsache belegt, dass sie sehr genaue Aufzeichnungen über ihre Geldanlagen geführt und ihr Kapital auch in durchaus nicht gewöhnlicher Weise angelegt hätten. Sie hätten weiterhin von der prinzipiellen Möglichkeit der Anrechnung von Kapitalertragsteuer gewusst, denn sie hätten für diverse Jahre im Rahmen der ESt-Erklärungen entsprechende Bescheinigungen abgegeben. Zudem seien sie steuerlich beraten gewesen. Das Verschweigen gegenüber der Steuerberaterin spreche dafür, dass die Kläger diese Einnahmen bewusst nicht erklären wollten, da auch die Steuerberater üblicherweise um Angabe sämtlicher Einnahmen bitten und dies durch Nachfragen klären würden. Auch habe kein Tatbestandsirrtum vorgelegen. Den Klägern sei bewusst gewesen, dass die Erträge aus den Tafelgeschäften grundsätzlich der ESt unterliegen. Sie seien lediglich der Ansicht gewesen, dass sie die gezahlten Steuern nicht zurückerhalten würden. Insofern sei den Klägern bewusst gewesen, dass die in der Steuererklärung aufgeführten Einnahmen nicht vollständig gewesen seien. Sie hätten diese mit Wissen und Wollen verschwiegen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie 2 Bände ESt-Akten und 1 Band Rechtsbehelfsakten sowie 2 Band Strafakten einschl. 2 Band Handakten der Steuerfahndungsstelle Bezug genommen. Diese waren beigezogen und Gegenstand der Beratung .

Die Prozessbevollmächtigte nahm am 30. November 2006 Akteneinsicht und reichte die Schriftsätze vom 3. Dezember 2006 nach. Der Gang der mündlichen Verhandlung ist dem Protokoll zu entnehmen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist teilweise begründet.

Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht den angefochtenen Steuerbescheid aufheben oder ändern, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Im Streitfall ist der angefochtene ESt-Bescheid insoweit rechtswidrig, als Stückzinsen in Höhe von 4.703,54 DM die Einnahmen aus Kapitalvermögen mindern müssen. Insoweit sind die Kläger in ihren Rechten verletzt. Im Übrigen ist der Änderungsbescheid zur ESt 1993 rechtmäßig, seinem Erlass stand insbesondere nicht der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen.

Die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO liegen vor. Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.

Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 AO ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Steuertatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art (BFH-Urteil vom 30. Oktober 2003 in BStBl II 2004, 394 m.w.N.). Der Zufluss von Einkünften aus Kapitalvermögen im Streitjahr stellt eine solche Tatsache dar. Diese ist auch nach abschließender Zeichnung des Eingabewertbogens durch den zuständigen Bediensteten des Finanzamts und damit nachträglich bekannt geworden. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, so dass es keiner weiteren Ausführungen bedarf. Diese nachträglich bekannt gewordene Tatsache führt auch zu einer höheren Steuer. Die Steuerpflicht der inländischen Zinsen ergab sich aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG).

Entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung stand der Änderung des Bescheides auch nicht die Festsetzungsverjährung entgegen, weil hier gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO von einer zehnjährigen Verjährungsfrist wegen Steuerhinterziehung auszugehen ist. Es steht aufgrund der vorliegenden Beweisanzeichen zur Überzeugung des Senats fest, dass beide Kläger in Bezug auf die nicht erklärten Zinsen eine vorsätzliche (gemeinschaftliche) Steuerhinterziehung begangen haben.

Gemäß § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist die Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung - wie hier nach § 173 AO - nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist dann, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Die Festsetzungsfrist beträgt bei der ESt gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO grundsätzlich vier Jahre. Sie verlängert sich jedoch auf fünf Jahre im Falle einer leichtfertigen Steuerverkürzung und auf zehn Jahre im Falle einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Kläger haben die ESt-Erklärung 1993 am 13. Juni 1994 beim Finanzamt abgegeben, die Festsetzungsfrist endete somit am 31. Dezember 2004 und damit erst nach Erlass des Änderungsbescheides am 20. September 2002.

Steuern werden unter anderem gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1, 2 AO dann hinterzogen, wenn der Steuerpflichtige gegenüber der Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder diese pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt. Steuern sind dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden. Die Verkürzung muss vorsätzlich, d.h. mit Wissen und Wollen desjenigen, der die unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben gemacht hat, geschehen.

Vorsätzlich handelt auch, wer es für möglich hält, dass er den Tatbestand verwirklicht oder das billigt oder doch in Kauf nimmt (so genannter bedingter Vorsatz, vgl. Urteil des BFH vom 19. März 1998, BStBl II 1998, 466). Dabei kann es sich um einen an sich unerwünschten Erfolg handeln, mit dessen möglichem Eintritt der Täter sich aber abfindet. Der Wille muss sich dabei auf die Verwirklichung des Tatbestandes in Kenntnis seiner Tatbestandsmerkmale beziehen. Hierbei reicht es - da sonst nur die Strafbarkeit von Steuerfachleuten in Betracht käme - aus, dass der Täter anhand einer unter Umständen laienhaften Bewertung der Umstände erkennt, dass ein Steueranspruch existiert, auf den er einwirkt. In diesem Zusammenhang ist auf die konkreten Fähigkeiten des Betroffenen zur möglichen steuerrechtlichen Wertung von Tatbeständen abzustellen. Es genügt daher für die Annahme einer Steuerhinterziehung, wenn sich der Steuerpflichtige aufgrund dieser so genannten Parallelwertung in der Laiensphäre des sozialen Sinngehalts seines Verhaltens bewusst ist.

Für die Frage, ob die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung vorliegen, trägt die Finanzbehörde die Feststellungslast. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist, obwohl der strafverfahrensrechtliche Grundsatz "in dubio pro reo" auch im finanzgerichtlichen Verfahren gilt, das Vorliegen der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung nicht nach der Strafprozessordnung sondern nach den Vorschriften der AO und FGO zu beurteilen. Für die Feststellung einer Steuerhinterziehung ist danach kein höherer Grad von Gewissheit notwendig als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das Finanzamt die Feststellungslast trägt (vgl. etwa BFH in BStBl II 1998, 466 m.w.N.).

Ein Vorsatz ausschließender Tatbestandsirrtum nach § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB liegt (nur) dann vor, wenn der Steuerpflichtige aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erkennt, dass seine Angaben unrichtig oder unvollständig sind bzw. dass ein Verkürzungserfolg eintreten kann. Dabei setzt die Annahme einer Steuerhinterziehung aber insbesondere nicht die Feststellung voraus, dass sich der Steuerpflichtige konkrete Vorstellungen über die korrekte steuerliche Einordnung des von ihm nicht oder unrichtig erklärten Sachverhaltes gemacht hat. Entscheidend ist allein, ob er als steuerpflichtig erkannte Einnahmen bewusst verschwiegen hat. Dabei genügt eine seiner Gedankenwelt entsprechende allgemeine Bewertung (vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1992, BStBl II 1992, 565). Der Täter muss nämlich das Unrechtmäßige seiner Tat nicht in rechtstechnischer Beurteilung erkennen.

Eine vorsätzliche Steuerhinterziehung ist hier gegeben. Die Frage der Steuerhinterziehung beurteilt sich nur nach der unrichtigen oder unvollständigen Erklärung und der daraus resultierenden Steuerfestsetzung. Die Anrechnung von Kapitalertragsteuern / Zinsabschlagsteuer ist nicht Gegenstand der Steuerfestsetzung. Dass Schuldner der Kapitalerträge bzw. die die Kapitalerträge auszahlenden Stellen bereits den Kapitalertragsteuerabzug für Rechnung eines Steuerpflichtigen vorgenommen und die einbehaltene Steuer an das Finanzamt abgeführt haben, berührt weder die Erklärungspflicht des Steuerpflichtigen noch die Höhe der festzusetzenden ESt, da die Kapitalertragsteuer grundsätzlich unabhängig von der Erklärungspflicht erhoben wird (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, 23. Aufl., EStG, § 43 Rn. 2, Finanzgericht München, Urteil vom 10. November 2005, EFG 2006, 473 ).

Die pflichtwidrige Nichtangabe der Erträge aus den Tafelgeschäften und der weiteren Erträge in der ESt-Erklärung 1993 und die daraus resultierende Steuerverkürzung erfüllt den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung. In subjektiver Hinsicht ist der Senat aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu der Erkenntnis gelangt, dass die Kläger insoweit auch bedingt vorsätzlich gehandelt haben. Die Kläger haben mit der ESt-Erklärung die Anlage KSO mit Erträgen aus Guthaben und Einlagen von jeweils 81,00 DM sowie mit Erträgen aus festverzinslichen Wertpapieren/Investmentanteilen von je 3.779,00 DM, somit pro Ehegatte insgesamt 3.860,00 DM und anrechenbarer Kapitalertragssteuer von 1.813,11 DM abgegeben. Aus der Anlage KSO ist ersichtlich, dass auch Erträge "aus Tafelgeschäften mit festverzinslichen Wertpapieren" anzugeben sind. Des Weiteren ist in der gleichen Zeile der Anlage KSO eine Spalte für die anrechenbare Kapitalertragsteuer/Zinsabschlag vorgesehen. Darüber hinaus wurden mit der ESt-Erklärung Wertpapier-Ertrags-Abrechnungen der Sparkasse eingereicht. Diese enthalten Hinweise, dass Kapitalerträge grundsätzlich zu den steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen zählen, des Weiteren, dass die einbehaltene Kapitalertragsteuer unter Vorlage der Steuerbescheinigung als Steuervorauszahlung bzw. -guthaben angerechnet wird. Nach Rechtskraft des entsprechenden ESt-Bescheides für 1993 wurden weitere Erträge aus festverzinslichen Wertpapieren/Investmentanteilen in Höhe von jeweils 5.262,00 DM pro Ehegatte nacherklärt. Diese Nachmeldung war unvollständig.

Die Zinsbesteuerung stellt seit Jahrzehnten ein immer wiederkehrendes Thema dar. Der Gesetzgeber hat am 25. Juli 1988 beschlossen, das Steuerreformgesetz 1990 zu verabschieden, und hat das so genannte Zinsamnestiegesetz eingeführt. Um dann sicherzustellen, dass eine gleichmäßige Erfassung möglichst aller Kapitalerträge erfolgt, wurde am 9. November 1992 das Zinsabschlagsgesetz eingeführt (Bundesgesetzblatt -BGBl- I 1992, 1853). Hiervon waren die Kläger selbst im Jahre 1993 betroffen, denn für sie wurde Kapitalertragsteuer auf ihre Erträge aus dem Kapitalvermögen einbehalten. Diese Thematik zur Erfassung von Einkünften aus Kapitalvermögen wurde regelmäßig in allen Medien (Presse, Rundfunk und Fernsehen) behandelt (siehe Darlegungen FG Münster, Beschluss vom 18. Juli 2000, EFG 2000, 1229). Vor diesem Hintergrund ist es nicht überzeugend, dass den Klägern die Steuerpflicht ihrer Kapitaleinkünfte verborgen geblieben war, zumal sie eine erhebliche Größenordnung erreicht hatten und zudem auch das sie betreuende Kreditinstitut auf die ESt-Pflicht in den Erträgnisaufstellungen hingewiesen hat. Es ist auch nicht vorstellbar, dass die Kläger nicht über Wesen und Wirkung der Zinsabschlagsteuer und insbesondere ihrer Vermeidung informiert waren, denn sowohl die Medien als auch die Bankinstitute haben die Öffentlichkeit bzw. die Kapitalanleger ausgiebig über Steuerfreibeträge und die dafür erforderlichen Erklärungen gegenüber ihren Instituten informiert. Aus der von den Klägern eingereichten handschriftlichen Aufstellung über die angelegten Geldbeträge ist ersichtlich, dass anonyme Tafelgeschäfte einmal am 11. August 1988 und die weiteren in der Zeit vom 11. April 1990 bis 28. Juli 1993 angeschafft worden sind. Die Kläger haben auch für die Vorjahre Erträge aus Kapitalvermögen nachgemeldet, für 1990 62.407,88 DM (erklärt: 7.988,00 DM), für 1991 90.564,21 DM (davon erklärt: 11.187,00 DM) und für 1992 118.156,93 DM (davon erklärt: 27.392,00 DM). Bis einschließlich 1992 wurden von den vorgenannten Beträgen, also auch den Tafelpapieren, keine Kapitalertragsteuern einbehalten. Eine Steuererklärung für 1993 mit dem Ziel, den überwiegenden Teil der Zinsabschlagsteuer wieder zurückzuerhalten, hätte zwangsläufig zu weiteren Nachfragen seitens der Finanzbehörde für die vergangenen Jahre geführt und eine Aufdeckung der bisher nicht erklärten Kapitalerträge zur Folge haben können. Aus diesem Grunde ist nach Auffassung des Senats davon auszugehen, dass die Kläger bewusst die anonyme Form der Tafelgeschäfte gewählt haben, um von vornherein die Zinseinnahmen nicht in den ESt-Erklärungen anzugeben. Dies wird auch daraus deutlich, dass für 1993 neben den Tafelgeschäften weitere Erträge in einer Höhe von 38.419,00 DM (Nachmeldung 120.551,82 DM - bisher erklärt / nacherklärt insgesamt 18.244,00 DM - Tafelgeschäfte 63.888,33 DM = 38.419,49 DM) in der ESt-Erklärung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen fehlten.

Dass nur bezüglich der Tafelgeschäfte von einer so genannten "Abgeltungssteuer" ausgegangen worden sei, ist aufgrund des Vorgenannten als Schutzbehauptung anzusehen. Auch die Darlegung in der mündlichen Verhandlung, dass die Tafelpapiere aus der Zeit stammen würden als es den § 46 a EStG noch gab, kann hier zu keiner anderen Beurteilung führen. Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1988 gab es zwar gemäß § 46 a EStG für bestimmte Kapitalanlagen tatsächlich eine Abgeltung durch die Couponsteuer von 30% (Schmidt/Glanegger, EStG, Kommentar, 7. Aufl., § 46 a Rn. 3). Nach der von den Klägern eingereichten handschriftlichen Aufstellung über die angelegten Geldbeträge sind die Tafelpapiere bis auf eine Ausnahme erst im Kalenderjahr 1990 und danach angeschafft worden. Es ist davon auszugehen, dass die Kläger aufgrund ihrer Erfahrungen im Kapitalanlagebereich bei den Auszahlungen ab 1989 den fehlenden Kapitalertragsteuerabzug bemerkt haben dürften.

Die Kläger haben keine Unterlagen über die Einlösung der Coupons aus dem Kalenderjahr 1993 vorgelegt. Selbst wenn im Streitjahr 1993 entsprechend den Abrechnungen der Bank aus den Kalenderjahren 1999 und 2000 verfahren worden sein sollte, spricht der Vermerk "entfällt" auf den Abrechnungsformularen unter dem Teil Steuerbescheinigung nicht für einen fehlenden Vorsatz. Vielmehr wird durch den Hinweis "entfällt" im Rahmen der Gesamtwürdigung zum Ausdruck gebracht, dass die Kläger keine Steuerbescheinigung verlangt haben, um die Anonymität der Tafelgeschäfte zwecks Nichtangabe der Erträge in der ESt-Erklärung zu erhalten. Bei Angabe von Name und Anschrift wäre eine Steuerbescheinigung ausgestellt worden. Aber auch diese Abrechnungen enthalten den Hinweis, dass Kapitalerträge einkommensteuerpflichtig sind.

Dies hätte die Kläger veranlassen müssen bei der Bank oder der Prozessbevollmächtigten, ihrer steuerlichen Beraterin, nachzufragen. Aus dem Gesamtverhalten der Kläger ergibt sich, dass sie eine vollständige Erfassung der regelmäßigen, jährlichen Kapitaleinkünfte für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vermeiden wollten. Ein Steuerpflichtiger, der sich so verhält, hält es in seiner laienhaften Parallelwertung für möglich, dass er dem Staat Steuern vorenthält. Sie haben sich daher mit dem Taterfolg - der Steuerverkürzung - abgefunden. Sie haben keinerlei Unterlagen an die Prozessbevollmächtigte gegeben und es somit bewusst darauf ankommen lassen, dass ihre Einkünfte steuerlich nur unvollständig erklärt und damit zu niedrig festgesetzt werden. Gerade das Unterlassen dieser auch für einen steuerlichen Laien selbstverständlichen Maßnahme spricht für das Vorhandensein eines zumindest bedingten Vorsatzes.

Ein Tatbestandsirrtum liegt nicht vor. Die Frage der Steuerhinterziehung beurteilt sich nur nach der unrichtigen oder unvollständigen Erklärung und der daraus resultierenden Steuerfestsetzung. Die Anrechnung von Kapitalertragsteuern/Zinsabschlagsteuer ist nicht Gegenstand der Steuerfestsetzung. Das FG München (EFG 2006, 473 ) kommt in dem vergleichbaren Fall zum Ergebnis, dass Steuerhinterziehung vorliegt, ein Tatbestandsirrtum wird nicht problematisiert. Der Fall des FG Hamburg (EFG 2005, 1579) ist hier nicht vergleichbar, da es dort um die Anrechnung von Vorsteuern im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung und damit um ein Problem auf der Festsetzungsebene ging. Im Übrigen schied dort ein Tatbestandsirrtum aus, da sich der dortige Kläger gar keine Gedanken gemacht hatte. Dem Fall des BGH (Urteil vom 07.12.1979 -2 StR 315/79-) liegt ebenfalls kein vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde.

Die Kläger irrten nicht über die Steuerpflicht der Erträge. Aus dem oben aufgeführten Gesamtverhalten wird deutlich, dass die anonyme Geldanlage gewählt worden ist, um die Erträge nicht zu versteuern. So ist es in den Kalenderjahren 1990 bis 1992 auch erfolgt. Als 1993 der Abzug von Kapitalertragsteuer eingeführt worden ist, wollten die Kläger ihr Verhalten zur Vermeidung einer Aufdeckung der nichterklärten Erträge der Vorjahre nicht ändern und haben aufgrund der Nichtangabe von Namen und Anschrift die anonyme Auszahlung beibehalten. Auch der weitere Vortrag, dass die Erträge nicht nochmals der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen seien, lässt den Rückschluss zu, dass bei der späteren Abgabe der ESt-Erklärung 1993 eine Nichtangabe nicht wegen Irrtums über die Steuerpflicht, sondern wegen der fehlenden Steuerbescheinigungen erfolgte.

Die Kläger hätten sich nicht nur über die zutreffende steuerliche Behandlung der bezogenen Zinsen informieren müssen, sondern sie hätten zumindest dem Finanzamt die für die Entscheidung der offensichtlich zweifelhaften Rechtsfrage relevanten Tatsachen mitteilen müssen (Finanzgericht Düsseldorf, Urteile vom 25. April 2005, 16 K 1387/04, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2005, 1660; 16 K 3684/02 E, EFG 2005, 1661). Mit ihrem Verhalten ließen es die Kläger bewusst darauf ankommen, dass ihre Einkünfte steuerlich möglicherweise unzureichend erfasst werden und hierdurch im Ergebnis eine Steuerverkürzung eintritt.

Mit Klageerhebung haben die Kläger erstmals gezahlte Stückzinsen in Höhe von 4.703,54 DM geltend gemacht. Diese sind zwar nicht nachgewiesen worden, jedoch ist eine Plausibilität gegeben. Die Einnahmen aus Kapitalvermögen wurden in der Nachmeldung aufgrund der handschriftlichen Aufzeichnungen der Kläger ermittelt. Diese Einnahmen wurden vom Finanzamt der Besteuerung zu Grunde gelegt, so dass nach Auffassung des Senats die in gleicher Weise ermittelten gezahlten Stückzinsen als negative Einnahmen zu berücksichtigen sind.

Die ESt 1993 war danach wie folgt festzusetzen:

 zu versteuerndes Einkommen bisher110.226,00 DM
abzgl. negativer Stückzinsen- 4.703,00 DM
zu versteuerndes Einkommen neu105.523,00 DM
ESt (Splittingtabelle)23.974,00 DM (= 12.257,71 EUR)

Die ESt 1993 ist unter Abänderung des ESt-Bescheides 1993 vom 16. Dezember 2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2003 auf 23.974,00 DM (12.257,71 EUR) festzusetzen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 S. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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