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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 22.09.2009
Aktenzeichen: 3 K 130/09
Rechtsgebiete: EStG, GG


Vorschriften:

EStG § 3
GG Art. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 22. September 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Steuerfreiheit einer Aufwandsentschädigung für eine Tätigkeit im Hauptausschuss einer Gemeinde.

Der Kläger war in den Streitjahren 2003 bis 2006 Mitglied der Stadtvertretung der Stadt ... und zugleich des Hauptausschusses der Stadtvertretung (vgl. § 45a der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein -GO-). Er erhielt für seine ehrenamtliche Tätigkeit in der Stadtvertretung auf der Grundlage von § 14 Abs. 2 der Hauptsatzung der Stadt vom 19. Juni 2003 eine als Aufwandsentschädigung geleistete monatliche Zahlung von pauschal 269,00 EUR (3.228,00 EUR jährlich) und für seine Tätigkeit als Mitglied des Hauptausschusses gemäß § 14 Abs. 3 der Hauptsatzung der Stadt eine monatliche Aufwandsentschädigung von zusätzlich 243,00 EUR (2.916,00 EUR jährlich).

Die Kläger wurden in den Streitjahren 2003 bis 2006 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. In den ESt-Erklärungen gab der Kläger unter anderem Einkünfte aus nebenberuflicher Tätigkeit als Mitglied der Stadtvertretung von jeweils jährlich 3.228,00 EUR an, wovon er 2.669,00 EUR als steuerfrei behandelte und somit jeweils 552,00 EUR als steuerpflichtig erklärte.

Die ESt-Veranlagungen 2003 bis 2006 wurden insoweit zunächst erklärungsgemäß vorgenommen und erfolgten jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).

Anlässlich einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die für die Tätigkeit im Hauptausschuss als Aufwandsentschädigung in Höhe von 243,00 EUR monatlich geleistete Zahlung in voller Höhe als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit steuerpflichtig sei. Mit Änderungsbescheiden vom 23. Dezember 2008 wurde dies vom Beklagten umgesetzt und die ESt 2003 auf ... EUR, die ESt 2004 auf ... EUR, die ESt 2005 auf ... EUR und die ESt 2006 auf ... EUR festgesetzt.

Die Kläger legten gegen diese Bescheide am 28. Januar 2009 Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung trugen sie im Wesentlichen vor, dass sie sich gegen die Besteuerung der monatlichen Aufwandsentschädigung in Höhe von 243,00 EUR für die Mitgliedschaft des Klägers im Hauptausschuss der Stadtvertretung der Stadt wendeten. Nach einem Erlass des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein vom 7. Januar 2002 werde für ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeindevertretung in Gemeinden mit 150.001 bis 450.000 Einwohner/innen die Aufwandsentschädigung in Höhe von 223,00 EUR monatlich steuerfrei gestellt. Aufwandsentschädigungen für Hauptausschussmitglieder würden darin nicht erwähnt. Die Aufwandsentschädigung sei gemäß § 3 Nr. 12 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei. Sie erfolge aufgrund einer Landesverordnung durch eine öffentliche Kasse. Die Aufwandsentschädigung für die weitere ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied des Hauptausschusses beruhe auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 der Landesverordnung für Entschädigungen in kommunalen Ehrenämtern (EntschVO). Die Aufwandsentschädigung als Mitglied der Stadtvertretung bleibe hiervon unberührt. Eine zusätzliche Aufwandsentschädigung sei auch gerechtfertigt, weil die ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied des Hauptausschusses sehr arbeits- und zeitintensiv sei. Zumindest müssten von ihr nach R 13 Abs. 2 Nr. 2 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 154,00 EUR monatlich als steuerfrei anerkannt werden. Zwar bestehe nach einem Erlass des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein vom 2. April 2001 keine zusätzliche Steuerbefreiung für eine Tätigkeit im Hauptausschuss einer Gemeinde. Dies werde aber der besonderen Stellung des Hauptausschusses in der Kommunalverfassung Schleswig-Holsteins und dem zusätzlichen Arbeitsaufwand für eine Mitgliedschaft in diesem Gremium nicht gerecht. Zudem behandele das Einkommensteuerrecht in § 3 Nr. 12 EStG Aufwandsentschädigungen aus Bundes- und Landeskassen und anderen öffentlichen Kassen asymmetrisch. Es stelle sich die Frage, inwieweit hier dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsprinzip widersprochen werde. Da es sich um eine Aufwandsentschädigung aus einer sonstigen Kasse handele, deren Höhe jedoch durch die Landesgesetzgebung determiniert sei, sei zu überlegen, ob diese nicht unter § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG falle und damit völlig steuerfrei zu stellen sei.

Mit Bescheid vom 24. Januar 2009 lehnte der Beklagte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Der dagegen erhobene Einspruch blieb ebenso erfolglos wie der Antrag auf Eilrechtsschutz an das Gericht (Beschluss vom 17. August 2009, 3 V 129/09).

Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2009 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die ESt-Bescheide 2003 bis 2006 vom 23. Dezember 2008 als unbegründet zurück.

Die Kläger haben am 5. Juni 2009 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Erlass, auf den sich das Finanzamt berufe, eine falsche Auslegung von Gemeindeordnung und koordiniertem Ländererlass darstelle. Dort werde auf die Frage der Organeigenschaft abgestellt, die für den koordinierten Ländererlass keine Rolle spiele. Der Hauptausschuss sei zwar kein kommunalrechtliches Organ, habe jedoch umfangreiche Befugnisse und Aufgaben und ersetze den Magistrat alter Art. Er stehe damit in der Kontinuität eines Gremiums, für das in der Vergangenheit eine zusätzliche Steuerfreiheit gewährt worden sei. Damit widerspreche der Erlass auch der Landesentschädigungsverordnung. Zumindest ein Teil der Aufwandsentschädigung müsse als pauschalierter Arbeitsaufwand steuerfrei sein. Es stelle sich auch die Frage, ob die in dem Erlass für bestimmte Funktionen (z.B. Fraktionsvorsitzende) bewilligten höheren steuerfreien Pauschbeträge dem Gleichheitsgebot entsprächen.

Die Kläger beantragen,

die ESt-Bescheide 2003 bis 2006 vom 23. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2009 dergestalt zu ändern, dass die Aufwandsentschädigungen für die Mitgliedschaft im Hauptausschuss der Stadtvertretung in Höhe von 243,00 EUR monatlich als steuerfrei anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend im Wesentlichen vor, § 1 Abs. 2 EntschVO bestimme, dass die an Mitglieder des Hauptausschusses gezahlte Aufwandsentschädigung pauschalierter Auslagenersatz und Entschädigung für den Aufwand an Zeit und Arbeitsleistung und das mit dem Ehrenamt oder der ehrenamtlichen Tätigkeit verbundene Haftungsrisiko darstelle. Da die Zahlungen jedoch nicht leicht und einwandfrei in ihre in der genannten Vorschrift aufgezählten Bestimmungsmerkmale aufgegliedert werden könnten, seien die Entschädigungen insgesamt als Ersatz für Kosten der privaten Lebensführung im Sinne von § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG einzuordnen. Der Ersatz solcher Kosten sei jedoch nicht steuerfrei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die ESt-Bescheide 2003 bis 2006 vom 23. Dezember 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2009 sind rechtmäßig. Der Beklagte hat die streitgegenständlichen Aufwandsentschädigungen für die Tätigkeit des Klägers als Mitglied im Hauptausschuss der Stadtvertretung der Stadt zu Recht in voller Höhe (monatlich 243,00 EUR) als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit besteuert. Diese Aufwandsentschädigungen sind nicht steuerfrei.

Die Aufwandsentschädigungen, die der Kläger für seine Tätigkeit als ehrenamtliches Mitglied der Stadtvertretung und zusätzlich als ehrenamtliches Mitglied des Hauptausschusses der Stadtvertretung erhalten hat, sind steuerpflichtig. Es handelt sich dabei um Einnahmen aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Mitglieder von Gemeinderäten erzielen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der das Gericht folgt, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (vgl. BFH-Urteil vom 5. August 1996 IX B 187/95, BFH/NV 1996, 1897).

Die streitgegenständlichen Aufwandsentschädigungen sind weder nach § 3 Nr. 12 Satz 1 noch Satz 2 EStG steuerfrei.

Steuerfrei sind gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG die aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlten Bezüge, die nach einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es handelt sich schon nicht um Aufwandsentschädigungen aus einer Bundes- oder Landeskasse sondern um Zahlungen der Stadt als kommunale Gebietskörperschaft. Die Aufwandsentschädigungen werden auch nicht im Haushaltsplan ausgewiesen.

Nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG gilt das gleiche für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie als Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen.

Die in Frage stehenden Bezüge des Klägers sind von der Stadt, also aus einer öffentlichen Kasse, gezahlt worden. Der Kläger leistete als Stadtvertretungsmitglied und Mitglied im Hauptausschuss der Stadtvertretung auch öffentliche Dienste, denn er ist als Mitglied der Stadtvertretung Teil der öffentlichen Hoheitsverwaltung.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der das Gericht folgt, haben die Finanzbehörden und -gerichte jedoch zu prüfen, ob Aufwandsentschädigungen im Sinne von § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG die dem Empfänger erwachsenen Aufwendungen nicht offenbar übersteigen. Zudem ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift nur die Erstattung solcher Aufwendungen von der Steuer befreit, die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind (vgl. BFH-Urteile vom 29. November 2006 VI R 3/04, BFHE 216, 163, BStBl II 2007, 308; vom 15. November 2007 VI R 91/04, BFH/NV 2008, 767). Die in § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG enthaltene Besserstellung der Empfänger von Bezügen aus öffentlichen Kassen gegenüber anderen Steuerpflichtigen - insbesondere den Empfängern von Aufwendungsersatz seitens privater Arbeitgeber - beschränkt sich darauf, dass bei der Nachprüfung, ob die Erstattung Betriebsausgaben oder Werbungskosten abdeckt, nicht kleinlich verfahren und dem Empfänger ein ins Einzelne gehender Nachweis nicht zugemutet werden soll. Dabei ist nicht zu prüfen, welche Aufwendungen dem einzelnen Steuerpflichtigen entstanden sind, sondern, ob Personen in gleicher dienstlicher Stellung im Durchschnitt der Jahre Aufwendungen in etwa in Höhe der Aufwandsentschädigung erwachsen. Zur praktischen Umsetzung dieser Prüfung können die obersten Finanzbehörden der Länder zur Arbeitsvereinfachung und Gleichbehandlung der Betroffenen in geeigneter Form und im Zusammenwirken mit den obersten Aufsichtsbehörden der in Betracht kommenden öffentlichen Kassen allgemein Sätze festlegen, die bei den einzelnen Gruppen als echte Aufwandsentschädigung anzuerkennen sind. Dementsprechend gibt es seit Jahren für eine größere Anzahl von Fallgruppen, in denen die als Aufwandsentschädigung gezahlten Beträge den durchschnittlichen tatsächlichen Aufwand übersteigen, in Form von Erlassen und Verfügungen Verwaltungsanweisungen der obersten Finanzbehörden der Länder mit Regelungen zur Aufteilung in steuerfreie und nicht steuerfreie Anteile. Soweit die obersten Finanzbehörden keine solchen fallgruppenspezifischen Einzelanweisungen erteilt haben, sind die nachgeordneten Finanzbehörden gehalten, nach R 13 Abs. 3-5 der jeweils gültigen LStR zu verfahren (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2006 VI B 129/05, BFH/NV 2007, 43).

Für ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeinde- oder Stadtvertretung trifft der Erlass des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein vom 7. Januar 2002 (VI 306-S 2337-107 I - [...]) eine fallgruppenspezifische Regelung im vorgenannten Sinne. Danach sind pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder für ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeinde- oder Stadtvertretung als Aufwandsentschädigung im Sinne von § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei, soweit sie insgesamt bei einer Gemeinde oder Stadt mit 150.001 bis 450.000 Einwohnern 223,00 EUR monatlich nicht übersteigen. Diesen steuerfreien Betrag hat der Beklagte auch zu Grunde gelegt, indem er ihn - wie auch der Kläger - von der Aufwandsentschädigung für die Mitgliedschaft des Klägers in der Stadtvertretung (269,00 EUR monatlich) abgezogen hat. Ein zusätzlicher steuerfreier Betrag für Mitglieder im Hauptausschuss einer Gemeindevertretung ist in dem Erlass ebenso wenig vorgesehen wie eine grundsätzliche Erhöhung bei gleichzeitiger ehrenamtlicher Tätigkeit in mehreren gemeindlichen Gremien oder Funktionen. Letzteres wird erstmalig ab dem Veranlagungszeitraum 2007 in der Neufassung des genannten Erlasses des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein geregelt, wonach Steuerpflichtige, die gleichzeitig in mehreren Funktionen ehrenamtlich in den Gemeinden, Ämtern und Kreisen tätig sind und dafür mehrere Aufwandsentschädigungen nebeneinander erhalten, steuerfreie Aufwandsentschädigungen nebeneinander beziehen können und R 3.12 Abs. 3 Satz 6 LStR 2008 insoweit nicht anzuwenden ist. Für die streitigen Veranlagungszeiträume 2003 bis 2006 gilt diese Regelung indes noch nicht.

In Bezug auf die Entschädigungen für die Mitgliedschaft in einem Hauptausschuss hat das Ministerium für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein mit Erlass vom 23. März 2001 (VI 306-S 2337-107 - [...]) vielmehr klargestellt, dass die zusätzliche Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit im Hauptausschuss einer Gemeinde nicht durch eine Kumulierung der steuerfreien Pauschalen zusätzlich steuerfrei gestellt werden kann. Dies entspricht R 13 Abs. 3 Satz 6 LStR 2003-2006, wonach Aufwandsentschädigungen für mehrere Tätigkeiten bei einer Körperschaft für die Anwendung der Mindest- oder Höchstbeträge zusammenzurechnen sind. Danach kann die steuerfreie Aufwandspauschale der Lohnsteuerrichtlinien von 154,00 EUR (R 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 LStR 2003-2006) ebenfalls nicht zusätzlich zu der oben genannten steuerfreien Pauschale von 223,00 EUR hinzukommen.

Für eine fehlerhafte Auslegung oder Anwendung der oben genannten Erlasse durch den Beklagten ist vorliegend nichts ersichtlich. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die auf den Erfahrungen der Verwaltung beruhende Schätzung des als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anzusetzenden Aufwands eines Gemeinde- oder Stadtratsmitgliedes in einer Gemeinde oder Stadt der Größenordnung der Stadt von 2.676,00 EUR jährlich unangemessen niedrig sein könnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufwandsentschädigung gemäß § 1 Abs. 2 EntschVO in der maßgeblichen Fassung pauschalierter Auslagenersatz und Entschädigung für den Aufwand an Zeit und Arbeitsleistung und für das mit dem Ehrenamt und/oder der ehrenamtlichen Tätigkeit verbundene Haftungsrisiko darstellt. Darin sind somit Elemente enthalten, die keine Werbungskosten- oder Betriebsausgabeneigenschaft haben (Aufwand an Zeit und Arbeitsleistung sowie Haftungsrisiko) und deshalb nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei sind. Zudem wird daneben nach § 15 EntschVO und § 14 Abs. 9 der Hauptsatzung der Stadt zusätzlich Kostenersatz für die Fahrten zwischen Wohnort und Sitzungsort geleistet; auch Aufwendungen für Dienstreisen werden extra erstattet (§ 16 EntschVO).

Dem Steuerpflichtigen bleibt es allerdings unbenommen, die ihm entstandenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten nachzuweisen, wenn er glaubt, dass die nur teilweise Anerkennung der ihm gewährten Aufwandsentschädigung als steuerfrei nach Maßgabe der jeweils festgelegten pauschalen Sätze nicht ausreichend sei (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Oktober 2006 XI B 129/05, a.a.O.).

Der Kläger hat indes weder dargelegt noch nachgewiesen, welche als Betriebsausgaben anzuerkennenden Aufwendungen ihm durch seine Tätigkeit in der Stadtvertretung (einschließlich der Mitgliedschaft im Hauptausschuss) entstanden sind, so dass für das Gericht auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Pauschale von 223,00 EUR monatlich zu niedrig bemessen sein könnte und dem Kläger weitere Beträge als Betriebsausgaben steuerfrei anzuerkennen sind. Auf die Frage, ob und inwieweit das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG vorliegend eingreift, kommt es deshalb nicht an. Gleichfalls unerheblich ist, ob der Erlassgeber den Hauptausschuss kommunalverfassungsrechtlich zutreffend eingeordnet hat.

Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die Differenzierung in § 3 Nr. 12 Sätze 1 und 2 EStG zwischen Bundes- oder Landeskassen und sonstigen öffentlichen Kassen hinsichtlich der Anerkennung der als Aufwandsentschädigung geleisteten Zahlungen dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) genügt. Auch im Falle der Verfassungswidrigkeit des § 3 Nr. 12 EStG hätte die Klage keinen Erfolg. Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz läge - hier rechtswidrig begünstigend - darin, dass eine Prüfung, ob der Aufwendungsersatz tatsächlich nur Werbungskosten oder Betriebsausgaben umfasst, nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG bei Zahlungen aus Landes- und Bundeskassen systemwidrig unterbleibt, während sie bei Zahlungen von sonstigen Kassen nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG unter den dort genannten Voraussetzungen zu erfolgen hat. Es läge somit keine gleichheitswidrige Benachteiligung des Klägers sondern eine systemwidrige Begünstigung der Zahlungen aus Landes- und Bundeskassen vor. Eine verfassungskonforme Regelung könnte nur so aussehen, dass § 3 Nr. 12 EStG insgesamt für nichtig erklärt werden würde. Der vom Kläger erstrebten Begünstigung wäre damit der Boden entzogen. Eine Vorlage des Rechtsstreits an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt mangels Entscheidungserheblichkeit der Verfassungsmäßígkeit des § 3 Nr. 12 EStG nicht in Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 13. August 1991 VI B 44/91, BFHE 165, 172, BStBl II 1991, 885; vgl. auch BFH-Urteil vom 11. September 2008 VI R 13/06, BFHE 223, 39, BStBl II 2008, 928). Der Gleichheitssatz begründet im Übrigen kein allgemeines und generelles Abwehrrecht eines jeden Steuerpflichtigen gegenüber solchen Vorschriften, die zu einer gleichheitswidrigen Steuerentlastung anderer führen (vgl. BFH-Urteil vom 11. September 2008 VI R 13/06, a.a.O.).

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass in dem Erlass des Ministeriums für Finanzen und Energie des Landes Schleswig-Holstein vom 7. Januar 2002 (VI 306-S 2337-107 I - [...]) für andere Aufgaben und Funktionen in der gemeindlichen Selbstverwaltung höhere Beträge als steuerfreie Aufwandsentschädigung anerkannt werden (etwa das Doppelte für Fraktionsvorsitzende). Es ist weder substantiiert vorgetragen worden noch im Übrigen erkennbar, dass der Erlassgeber die höheren als steuerfrei anzuerkennenden Pauschbeträge für bestimmte Aufgaben und Funktionen in der kommunalen Selbstverwaltung nicht realitätsgerecht ausgestaltet haben könnte. Sofern dies dennoch nicht der Fall sein sollte, hätte der Kläger keinen Anspruch auf Anwendung der zu hohen steuerfreien Aufwandspauschalen, weil es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO gegeben ist.

Ende der Entscheidung

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