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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 07.02.2006
Aktenzeichen: 3 K 290/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung.

Der Kläger stellte am 22. Mai 2003 bei der Beklagten einen Antrag auf Festsetzung von Kindergeld für seinen Sohn X, geboren im September 1983, wegen einer Berufsausbildung des Sohnes als Kfz-Mechaniker. Ausweislich eines Berufsausbildungsvertrages vom 13. Februar 2001 sollte diese Ausbildung am 31. Januar 2005 enden. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin ab Juni 2003 laufend Kindergeld für den Sohn X.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2005 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn X mit Ablauf des Monats Januar 2005 auf. Der Kläger reichte daraufhin am 1. Februar 2005 eine Bescheinigung über die Fortdauer der Berufsausbildung seines Sohnes X bis voraussichtlich Juli 2005 ein. Daraufhin zahlte die Beklagte dem Kläger auf Grund einer internen Kindergeld-Änderungsverfügung/Kassenanordnung ab Februar 2005 weiter laufend Kindergeld für den Sohn X.

Der Kläger teilte der Beklagten am 11. Juli 2005 mit, dass sein Sohn X das Ausbildungsverhältnis am 20. Juni 2005 durch Bestehen der Abschlussprüfung beendet habe. Er sei seit dem 21. Juni 2005 arbeitslos und entsprechend bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Trotz mehrfacher Bewerbungen habe X bislang keine Beschäftigung gefunden. Der Sohn werde zum 1. Oktober 2005 zum Wehrdienst herangezogen. Auch die kurzfristige Einberufung erschwere die Arbeitsfindung.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2005 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für das Kind X ab Juli 2005 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von Kindergeld lägen nicht mehr vor. Der Sohn habe die Berufsausbildung beendet und befinde sich somit nicht mehr in Ausbildung im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG. Eine Berücksichtigung als arbeitssuchendes Kind sei nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres möglich. Der Sohn des Klägers habe das 21. Lebensjahr aber bereits vollendet. Für die Zeit des gesetzlichen Wehrdienstes bestehe kein Anspruch auf Kindergeld.

Der Kläger legte dagegen am 14. Juli 2005 Einspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG ein Anspruch auf Kindergeld bestehe, da sein Sohn X am 20. Juni 2005 das erste Ausbildungsverhältnis durch Bestehen der Abschlussprüfung beendet habe und zum 1. Oktober 2005 zum gesetzlichen Wehrdienst herangezogen werde. Seine Einkünfte lägen unterhalb der gesetzlichen Grenze.

Auf Frage der Beklagten, ob der Sohn X nach dem Grundwehrdienst eine weitere Ausbildung beginnen werde, teilte der Kläger am 13. Oktober 2005 mit, dass er diese Frage nicht eindeutig beantworten könne. Es sei noch nicht entschieden, was X nach der Beendigung des Grundwehrdienstes machen werde. X sei nach dem Abschluss der Berufsausbildung arbeitslos gewesen. Es bestünden auch heute nur geringe Chancen, einen Arbeitsplatz in dem erlernten Beruf zu erhalten. Ziel sei es, in diesem Beruf auch Arbeit zu finden. Sofern es X nicht gelinge, nach Beendigung des Grundwehrdienstes eine neue Arbeit zu beginnen, könne auch eine weitere Fortbildung, Ausbildung oder Umschulung erforderlich sein. Nach dem Gesetz reiche aber eine abgeschlossene Berufsausbildung und die anschließende Ableistung des Grundwehrdienstes zur Weiterzahlung des Kindergeldes.

Mit Einspruchsentscheidung vom 1. November 2005 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 21. November 2005 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass er vom 1. Juli 2005 bis zum Beginn des Wehrdienstes seines Sohnes am 1. Oktober 2005 Anspruch auf Kindergeld gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG habe. Nach dem Wortlaut dieser Norm seien die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Auch Sinn und Zweck des Kindergeldes sprächen dafür. Zwischen dem Ablegen der Prüfung und dem Beginn des Wehrdienstes sei sein Sohn ausschließlich auf Unterhaltsleistungen und die Versorgung durch die Eltern angewiesen gewesen, da es unmöglich gewesen sei, vor dem 1. Oktober 2005 einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Belastung der Eltern sei im Grunde noch höher gewesen als während der Zeit der Ausbildung. Auch der letzte Teil der Ausbildung sei ein Ausbildungsabschnitt und zwischen diesem Ausbildungsabschnitt und dem Wehrdienst sei nach den gesetzlichen Vorgaben eine Kindergeldberechtigung gegeben. Der Sohn des Klägers habe sich allerdings während des Wehrdienstes entschlossen, zur Verbesserung seiner Chancen auf dem Arbeitsmarkt nach Beendigung des Wehrdienstes eine kaufmännische Lehre zu beginnen, und sich auch dementsprechend beworben. Eine Ausbildungsplatzzusage habe er allerdings noch nicht.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2005 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 1. November 2005 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffenen Bescheide und verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und die einschlägige Dienstanweisung des Bundesamts für Finanzen zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs vom 5. August 2004 (BStBl I 2004, 743). Anknüpfungspunkt für den Zugang zu einer Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG sei, dass ein Ausbildungsabschnitt beendet worden sei und ein weiterer Ausbildungsabschnitt folge oder beabsichtigt sei. Der Sohn des Klägers X habe seine Berufsausbildung aber im Juli 2005 beendet. Der erstmals in der mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2006 vorgetragene Umstand einer Bewerbung des Sohnes um eine neue Ausbildungsstelle könne im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Berichterstatters als Einzelrichter anstelle des Senats gemäß § 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Kindergeldakte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid vom 12. Juli 2005 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 1. November 2005 ist rechtmäßig.

Mit diesem Bescheid ist die konkludent von der Beklagten durch Kassenanordnung und laufende Auszahlung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG erfolgte Kindergeldfestsetzung (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 19. November 1999 18 K 8117/98 Kg, EF­G 2000, 272; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. April 1998 4 K 1755/97 - Juris) gemäß § 70 Abs. 2 EStG aufgehoben worden. Danach ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Kindergeldfestsetzung beruhte auf § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG. Danach wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird. Die Berufsausbildung des Sohnes des Klägers endete mit Bestehen der Abschlussprüfung am 20. Juni 2005. Ab Juli 2005 bestand für den Kläger auf Grund dieser Vorschrift kein Kindergeldanspruch mehr für den Sohn X. Auch durch die Arbeitslosmeldung des Sohnes am 21. Juni 2005 entstand kein Kindergeldanspruch des Klägers. Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein arbeitssuchendes Kind nur berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat. Dies war bei X zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung indes der Fall. Er vollendete sein 21. Lebensjahr im September 2004.

Entgegen der Auffassung des Klägers leitet sich ein Kindergeldanspruch ab Juli 2005 (bis einschließlich September 2005) für den Sohn X auch nicht aus § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG ab. Danach wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14 b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d EStG liegt. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Es liegen zwar weniger als vier Monate zwischen der Beendigung der Ausbildung des Sohnes des Klägers als Kfz-Mechaniker am 20. Juni 2005 und dem Beginn des Wehrdienstes am 1. Oktober 2005. Eine Übergangszeit zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes liegt aber nicht vor.

Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, dass für das Vorliegen einer Übergangszeit das Kind weiter ausbildungswillig sein muss, d.h. das ein nächster Ausbildungsabschnitt angestrebt wird. Steht fest, dass kein Ausbildungsabschnitt mehr nachfolgt, etwa wenn sich das Kind - wie hier - arbeitslos meldet, so endet die Übergangszeit vorzeitig (vgl. Jachmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG § 32 Rn. C 22 [Stand: März 2004]). Wenn vom Gesetzgeber allein auf den Abschluss einer Ausbildung und den spätestens nach 4 Monaten nachfolgenden Wehr- oder Zivildienst hätte abgestellt werden sollen, hätte es vielmehr nahe gelegen, in diesem Zusammenhang nicht von einem Ausbildungsabschnitt, sondern lediglich von einer Ausbildung zu sprechen.

Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Entstehungsgeschichte von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b 2. Alternative EStG bestätigt. Mit dem Zweiten Gesetz zur Familienförderung vom 16. August 2001 (BGBl I 2001, 2074) hat der Gesetzgeber die Übergangszeiten zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes den Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gleichgestellt und in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG ausdrücklich geregelt. Auf diese Weise wird ein Kind, das seine Ausbildung wegen Ableistung des Grundwehrdienstes unterbricht, für jeweils einen Übergangszeitraum von bis zu vier Monaten sowohl vor als auch nach diesem Dienst berücksichtigt (vgl. BTDrucks 14/6160, S. 11). Die Regelung bestätigt die frühere Verwaltungspraxis, wonach unter anderem Zwangspausen von höchstens vier Monaten Dauer vor und nach der Ableistung des gesetzlichen Wehr-/ Zivildienstes wie Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten berücksichtigt wurden (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 2004 VIII R 101/03, BFH/NV 2005, 198).

Auch Sinn und Zweck des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG sprechen für dieses Ergebnis. Diese Vorschrift knüpft an § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG an, der bezweckt, den Kindergeldberechtigten während der Ausbildung des Kindes in dem von Verfassungs wegen gebotenen Umfang durch die Gewährung des Kinderfreibetrages zu entlasten bzw. durch das Kindergeld zu fördern, soweit das Kindergeld einen solchen Förderanteil enthält. Bei der Schaffung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass sich das Kind während dieser Zeiträume typischerweise in einer Unterhaltssituation befindet, die der während der Ausbildung entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2001 VI R 39/00, BFHE 197, 92, BStBl II 2002, 481). Übergangszeiten von mehr als vier Monaten werden allerdings nicht erfasst, weil der Gesetzgeber typisierend davon ausgeht, dass ein Kind, welches Übergangs- und Wartezeiten von mehr als vier Monaten zu überbrücken hat, sich darauf einstellen kann und muss, während dieser Zeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (vgl. BFH-Beschluss vom 7. September 2005 III B 30/05 - Juris; BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 III R 78/99, BFHE 203, 90, BStBl II 2003, 841).

Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber nur zwangsweise Unterbrechungen zwischen zwei Ausbildungsabschnitten berücksichtigen will; solche können allerdings auch dann vorliegen, wenn nach Beendigung einer ersten Ausbildung eine neue, auch andersartige Berufsausbildung angestrebt wird (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2001 VI R 39/00, a.a.O.).

Der Umstand, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, sein Sohn habe sich während des Wehrdienstes dazu entschlossen, nach Beendigung des Dienstes eine neue Ausbildung in Form einer kaufmännischen Lehre zu absolvieren, führt zu keinem anderen Ergebnis. Unabhängig davon, ob die Tatsache der erneuten Ausbildungswilligkeit des Sohnes nach Ergehen der Einspruchsentscheidung am 1. November 2005 eingetreten ist, und von der Frage, ob sie - sofern dies der Fall wäre - bei der Entscheidungsfindung in diesem Verfahren berücksichtigt werden dürfte, führt dieser Umstand nicht zur Annahme einer Übergangszeit ab Juli 2005 im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b 2. Alternative EStG. Zwar kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob sich das Kind bereits vor Beendigung des ersten Ausbildungsabschnittes oder nachfolgend dazu entschlossen hat, eine neue Ausbildung zu beginnen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 2001 VI R 39/00, a.a.O.). Die Annahme einer Übergangszeit setzt aber nach den obigen Darlegungen voraus, dass das Kind während dieser Zeit ausbildungswillig ist oder (wieder) wird. Eine erst nach Beendigung der Übergangszeit - hier durch Beginn des Wehrdienstes Anfang Oktober 2005 - gefasste Entscheidung, eine Ausbildung fortzusetzen bzw. eine neue Ausbildung zu beginnen, führt nicht zur rückwirkenden Annahme einer Übergangszeit zwischen der Erstausbildung und dem Wehrdienst, sondern führt nach dem oben Dargelegten dazu, dass lediglich eine Übergangszeit von bis zu vier Monaten zwischen dem Grundwehrdienst und der nachfolgenden weiteren Ausbildung anzuerkennen wäre. Dieser Tatbestand kann indes im vorliegenden Verfahren, welches lediglich die Rechtmäßigkeit der Kindergeldaufhebung ab Juli 2005 zum Gegenstand hat, nicht berücksichtigt werden, sondern wäre vom Kläger bei der Beklagten mit einem neuen Kindergeldantrag geltend zu machen. Denn dem Kindergeldaufhebungsbescheid kommt Bindungswirkung nur bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe zu (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 2005 VI R 78/98, BFHE 196, 253, BStBl II 2002, 88).

Auch eine entsprechende Anwendung von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG kommt für die vorliegende Konstellation mangels Regelungslücke im Gesetz nicht in Betracht. Wie oben dargelegt, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass der Gesetzgeber die Anerkennung von Übergangszeiten nur für ausbildungswillige Kinder vorsehen wollte. Für arbeitssuchende Kinder - wie der Sohn des Klägers vor Ableistung des Wehrdienstes - hat er die Berücksichtigungsfähigkeit in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres abschließend geregelt.

Verfassungsrechtliche Bedenken sind dagegen weder vom Kläger substantiiert vorgebracht worden, noch im Übrigen ersichtlich. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber seinen erheblichen Spielraum für generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen überschritten haben könnte (vgl. dazu z.B. BVerfG, Beschluss vom 10. April 1997, 2 BvL 77/99, BVerfGE 96, 1; BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 78/99, a.a.O.). Die Einschränkung der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Klägers durch die von ihm vorgetragene Unterhaltspflicht gegenüber seinem Sohn während dessen Arbeitslosigkeit zwischen Beendigung seiner Berufsausbildung und Wehrdienst kann gegebenenfalls durch § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG abgefedert werden. Danach wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass Aufwendungen bis zu 7.680,00 EUR im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, die einem Steuerpflichtigen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person erwachsen. Voraussetzung ist, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld für die unterhaltende Person hat und diese kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Hat die unterhaltene Person andere Einkünfte oder Bezüge im Sinne von § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 4 EStG, so vermindert sich der Betrag von 7.680,00 EUR um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624,00 EUR im Kalenderjahr übersteigen, sowie um die von der unterhaltenen Person als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogenen Zuschüsse. Es ist weder vorgetragen worden noch im Übrigen erkennbar, dass mit dieser Abzugsmöglichkeit der vorgetragenen Einschränkung der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Klägers nicht im verfassungsrechtlich gebotenen Rahmen Rechnung getragen werden könnte.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil in der Rechtsprechung des BFH - soweit erkennbar - noch nicht geklärt ist, bis wann der Entschluss zu einem weiteren Ausbildungsabschnitt im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG spätestens gefasst werden muss.

Ende der Entscheidung

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