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Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 29.09.2005
Aktenzeichen: 5 K 149/00
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 165 Abs. 1 S. 1
AO 1977 § 169 Abs. 1 S. 1
AO 1977 § 171 Abs. 8
AO 1977 § 181 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Schleswig-Holstein

5 K 149/00

Feststellung von Einkünften 1984 - 1991

In dem Rechtsstreit

[...]

hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 29. September 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Aufhebungsbescheid vom 7. Mai 1999 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2000 werden aufgehoben.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Dem Kostenschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kostengläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte (Bekl.), das Finanzamt, berechtigt war, die gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) vorläufigen Verlustfeststellungsbescheide 1984 - 1991 für die ehemalige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) "Hof ..." ersatzlos aufzuheben. Nach Ansicht der Kläger (KI.) ist die Aufhebung nach Ablauf der Festsetzungsfristen erfolgt und deshalb rechtswidrig.

Die KI. führen den Rechtsstreit als ehemalige Gesellschafter der inzwischen voll beendeten GbR "Hof ...".

Durch Kaufvertrag vom 25. April 1984 erwarben die KI. in GbR zu gleichen Teilen den in ... gelegenen 20,0554 ha großen Hof mit allen gesetzlichen Bestandteilen, insbesondere den aufstehenden Gebäuden, jedoch ohne totes und lebendes Inventar. Der Kaufpreis in Höhe von 860.000 DM wurde z.T. durch (überwiegend fremd finanzierte) Einzahlungen auf das Notaranderkonto und z.T. durch Übernahme der vom Verkäufer für dinglich gesicherte Kredite geschuldeten Tilgungsleistungen beglichen. Den restlichen Kaufpreis zahlten die KI. vereinbarungsgemäß zum 30. Januar 1992. - Übergabe- und Verrechnungstag war nach den getroffenen Vereinbarungen der Tag der Eigentumsumschreibung, die schließlich am 5. Oktober 1992 erfolgte. - Auf Grund einer Zusatzvereinbarung zum Kaufvertrag hatte der Verkäufer den landwirtschaftlichen Betrieb bis zum Übergabetag (5. Oktober 1992) auf eigene Rechnung weiter bewirtschaftet. Den KI. waren in der Zusatzvereinbarung im Hinblick auf die von ihnen erbrachten Vorleistungen Nutzungsrechte an nicht ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Teilen des Hofes und außerdem das Recht auf bauliche Umgestaltung von Gebäuden (Ausbau als Wohnung) eingeräumt worden. - Wegen der Einzelheiten der zwischen den KI. und dem Verkäufer getroffenen Vereinbarungen wird auf den Kaufvertrag und die Zusatzvereinbarung Bezug genommen.

Nach dem Eigentumsübergang (am 5. Oktober 1992) übernahmen die KI. die Bewirtschaftung des Hofes. Dabei ließen sie die erforderlichen Arbeiten durch den Verkäufer bzw. fremde Dritte als Lohnunternehmer durchführen.

Am 11. März 1993 verkauften die KI. den Hof für 800.000 DM. Als Übergabetag wurde der 21. Juli 1993 vereinbart. Den aus dem Verkauf resultierenden Veräußerungsgewinn gaben die KI. in ihrer am 13. September 1995 beim Bekl. eingereichten Feststellungserklärung 1993 und dem gleichzeitig vorgelegten Jahresabschluss 1992/1993 auf den 30. Juni 1993 mit 86.516 DM an.

Nach dem Akteninhalt haben die KI. die Gebäude des Hofes zu keiner Zeit eigenwohnlich genutzt.

Die KI. erklärten ab dem Wirtschaftsjahr 1984/1985 bis zum Verkauf negative Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Der Bekl. stellte die Einkünfte für die Veranlagungszeiträume 1984 - 1993 antragsgemäß wie folgt gesondert und einheitlich fest:

 Gewinn/Verlust Feststellungsbescheide
1984- 35.000 DMvom 9. Mai 1990
1985- 82.345 DMvom 9. Mai 1990
1986- 78.022 DMgeändert vom 11. Juni 1990
1987- 57.530 DMvom 9. Mai 1990
1988- 53.802 DMvom 9. Mai 1990
1989- 53.724 DMvom 13. Februar 1992
1990- 53.356 DMvom 19. August 1992
1991- 91.851 DMvom 24. Februar 1994
1992- 117.387 DMvom 31. Januar 1995
1993+ 63.279 DM*vom 14. März 1996
 - 559.739 DM

* einschl. Veräußerungsgewinn (86.516 DM)

Der Bekl. erklärte sämtliche Feststellungsbescheide gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO für "vorläufig hinsichtlich der Verluste aus Land- und Forstwirtschaft, da eine Zuordnung zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften oder Liebhaberei bzw. Einkommensverwendung noch nicht möglich ist".

Die bis zum Eigentumsübergang am 5. Oktober 1992 von den KI. als Verluste bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erklärten vorweggenommenen Betriebsausgaben bestanden hauptsächlich aus Schuldzinsen, Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Erhaltungsaufwendungen.

Am 23. August 1989 hatte der Bekl. den Hof "..." besichtigt. - Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf den Aktenvermerk vom 25. August 1989 Bezug genommen.

Am 26. Oktober 1998 fand eine Betriebsprüfung (Bp.) bei den KI. statt. Der Betriebsprüfer gewann die Überzeugung, dass die KI. auf Grund der Struktur des Betriebes von Beginn an ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden seien und dass die Tätigkeit infolgedessen dem Bereich der steuerlich unbeachtlichen sog. Liebhaberei zugeordnet werden müsse. - Wegen der einzelnen Prüfungsfeststellungen wird auf den Bp.-Bericht vom 2. Februar 1999 Bezug genommen.

Der Bekl. schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und hob die Feststellungsbescheide 1984 - 1993 nach vorheriger Anhörung der KI. durch Verwaltungsakt vom 7. Mai 1999 ersatzlos auf.

Hiergegen legten die KI. Einspruch ein. Sie machten geltend: Gegen die Aufhebung des Feststellungsbescheides 1993 würden keine Einwendungen erhoben. Die Aufhebung der Feststellungsbescheide 1984 - 1992 sei jedoch rechtswidrig. Die Feststellungsbescheide 1984 - 1991 hätten wegen Ablaufs der Festsetzungsfristen aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr aufgehoben werden dürfen. Außerdem sei es keinesfalls gerechtfertigt, die Tätigkeiten der KI. der sog. Liebhaberei zuzuordnen. Entgegen der Ansicht des Bekl. hätten sie eindeutig in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt.

Der Bekl. wies den Einspruch als unbegründet zurück und führte aus: Die Feststellungsbescheide 1984 - 1992 seien ohne Rechtsfehler aufgehoben worden. Der Ablauf der Festsetzungsfristen sei im Zeitpunkt der Aufhebung der Feststellungsbescheide 1984 - 1991 gemäß § 171 Abs. 8 AO gehemmt gewesen. Denn die Ungewissheit, ob die KI. in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hätten, sei nicht schon durch die Mitteilung der Betriebsveräußerung im September 1995 beseitigt worden. - Im Übrigen sei die Aufhebung der Feststellungsbescheide 1984 - 1992 gerechtfertigt, weil die Kl. nach dem Gesamtergebnis des Einspruchsverfahrens nicht in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hätten. - Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2000 Bezug genommen.

Mit ihrer Klage wollen die KI. durchsetzen, dass der Aufhebungsbescheid vom 7. Mai 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2000 hinsichtlich der Feststellungsbescheide 1984 - 1991 aufgehoben wird. Die KI. tragen vor: Die Aufhebung der Feststellungsbescheide 1984 - 1991 sei rechtswidrig. Am 7. Mai 1999, dem Tag der Aufhebung der Feststellungsbescheide, seien die Festsetzungsfristen bereits abgelaufen gewesen. Hinsichtlich der Feststellung für 1991 sei mit Ablauf des 31. Dezember 1997 (Abgabe der Feststellungserklärung im Mai 1993) Festsetzungsverjährung eingetreten. Für die Veranlagungszeiträume 1984 - 1990 seien die Festsetzungsfristen bereits vorher abgelaufen gewesen. - Der Ablauf der Festsetzungsfristen sei weder durch die Bp. noch durch die Beifügung der Vorläufigkeitsvermerke gehemmt worden. Die Bp. habe keine Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 4 AO) bewirken können, weil sie erst nach Ablauf der Festsetzungsfristen begonnen habe. Die Vorläufigkeit der Feststellungsbescheide führe ebenso wenig zu einer Hemmung der Festsetzungsfristen. Zwar ende die Festsetzungsfrist bei vorläufiger Steuerfestsetzung (§ 165 AO) nicht vor Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten habe (§ 171 Abs. 8 Satz 1 AO), im Streitfall sei die Festsetzungsverjährung nach dieser Vorschrift aber schon vor dem 7. Mai 1999 eingetreten. Entgegen der Ansicht des Bekl. sei nicht nur die Ungewissheit i.S. des § 171 Abs. 8 Satz 1 AO vor Abschluss der Bp. beseitigt worden, sondern der Bekl. habe auch vor Abschluss der Bp. Kenntnis von der Beseitigung der Ungewissheit erlangt. Entscheidend sei nicht der Abschluss der Bp., sondern die Abgabe der Feststellungserklärung 1993 und des Jahresabschlusses 1992/1993 am 13. September 1995. Dadurch sei dem Bekl. die Betriebsveräußerung und das Ende des Zeitraums für die Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht bekannt geworden, so dass die Ungewissheit entfallen sei; zugleich habe der Bekl. Kenntnis von der Beseitigung der Ungewissheit erlangt. Kenntnis von der Beseitigung der Ungewissheit erlange die Finanzbehörde nämlich bereits dann, wenn die einzelnen Tatbestandsmerkmale für die endgültige Steuerfestsetzung feststellbar seien. Positive Kenntnis von sämtlichen tatbestandsrelevanten Fakten sei entgegen der Ansicht des Bekl. jedoch nicht erforderlich. - Im Streitfall seien sämtliche entscheidungsrelevanten Tatsachen dem Bekl. bereits im September 1995 auf Grund der Mitteilung, dass der Hof veräußert worden sei, bekannt gewesen. Die Bp. habe keine neuen Tatsachen ermittelt, sondern sei auf Grund der bereits 1995 bekannten Fakten zu dem Ergebnis gekommen, dass der Betrieb dem einkommensteuerlich irrelevanten Bereich der sog. Liebhaberei zugeordnet werden müsse. Im Ergebnis sei die Festsetzungsverjährung gemäß § 171 Abs. 8 Satz 1 AO deshalb mit Ablauf des Jahres 1996 und damit vor Erlass des Aufhebungsbescheides eingetreten. Daran hätte sich auch dann nichts geändert, wenn es zur Beseitigung der Vorläufigkeit erforderlich gewesen wäre, weitere Fakten zu ermitteln. - Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der KI. wird auf die Klageschrift vom 14. Juni 2000 und den Schriftsatz der KI. vom 11. September 2000 Bezug genommen.

Die KI. beantragen,

den Aufhebungsbescheid vom 7. Mai 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2000 hinsichtlich der Gewinnfeststellungsbescheide 1984, 1985, 1987 und 1988 vom 9. Mai 1990, des geänderten Gewinnfeststellungsbescheides 1986 vom 11. Juni 1990 und der Gewinnfeststellungsbescheide 1989 vom 13. Februar 1992, 1990 vom 19. August 1992 und 1991 vom 24. Februar 1994 aufzuheben.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl. ist dem Vorbringen der KI. unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung mit Rechtsausführungen entgegengetreten. Nach seiner Ansicht ist die Klage nicht begründet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen verletzen die KI. in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO). Der Bekl. hat die Gewinnfeststellungsbescheide 1984 - 1991 zu Unrecht aufgehoben. Bei Erlass des Aufhebungsbescheides vom 7. Mai 1999 waren die Festsetzungsfristen für die gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungen 1984 - 1991 bereits abgelaufen.

Der Aufhebungsbescheid vom 7. Mai 1999 durfte nach Ablauf der Festsetzungsfristen nicht mehr ergehen (§§ 169 Abs. 1 Satz 1, 181 Abs. 1 Satz 1 AO), weil die regelmäßigen Festsetzungsfristen für die Gewinnfeststellungen 1984 - 1991 vor Erlass des Aufhebungsbescheides abgelaufen waren, durch die Bp. keine Ablaufhemmung eingetreten war und die durch Vorläufigkeitsvermerke (§ 165 Abs. 1 Satz 1 AO) ausgelöste Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfristen bereits vor Erlass des Aufhebungsbescheides beendet war.

Die regelmäßige Festsetzungsfrist beträgt für Steuern vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Abweichend hiervon beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 1 AO später beginnt (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).

Danach waren die regelmäßigen Festsetzungsfristen für die Gewinnfeststellungen 1984 - 1991 am 7. Mai 1999 bereits abgelaufen. Die Festsetzungsfrist für die Gewinnfeststellung 1991 begann mit Ablauf des 31. Dezember 1993 (Abgabe der Feststellungserklärung am 10. Mai 1993) und endete demgemäß mit Ablauf des 31. Dezember 1997. Die Festsetzungsfristen für die älteren Veranlagungszeiträume 1984 - 1990 endeten entsprechend früher.

Allerdings kann der Ablauf einer Festsetzungsfrist infolge bestimmter während der laufenden Festsetzungsfrist eintretender Ereignisse gehemmt, d.h. verlängert werden (§ 171 AO). Im Streitfall könnte sich die Ablaufhemmung lediglich aus § 171 Abs. 4 AO oder § 171 Abs. 8 AO ergeben. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelungen sind jedoch nicht erfüllt.

§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO, wonach im Falle des Beginns einer Außenprüfung vor Ablauf der Festsetzungsfrist der Fristablauf verlängert wird, ist im Streitfall nicht einschlägig, weil die Bp. erst im Oktober 1998 - nach Ablauf der regulären Festsetzungsfristen - begonnen hat.

Der Ablauf der Festsetzungsfristen war im Streitfall bei Erlass des Aufhebungsbescheides am 7. Mai 1999 auch nicht nach § 171 Abs. 8 AO gehemmt.

Nach § 171 Abs. 8 AO endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat, wenn die Steuer gemäß § 165 AO vorläufig festgesetzt bzw. die Gewinnfeststellung gemäß § 165 AO vorläufig erfolgt ist.

Zwar hat der Bekl. die Gewinnfeststellungsbescheide 1984 - 1991 "hinsichtlich der Verluste aus Land- und Forstwirtschaft, da eine Zuordnung zu einkommensteuerlich relevanten Einkünften oder Liebhaberei bzw. Einkommensverwendung noch nicht möglich ist" gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO für vorläufig erklärt, so dass - unabhängig von etwaigen Mängeln der Vorläufigkeitsvermerke (z.B. Bundesfinanzhof - BFH, Bundessteuerblatt - BStBl- II 1993, 338; BFH, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen - BFH/NV 1996, 929) - zunächst die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 8 AO ausgelöst wurde, die Ablaufhemmung war aber schon vor Erlass des Aufhebungsbescheides vom 7. Mai 1999 beendet. Durch die im September 1995 erfolgte Mitteilung von der Betriebsveräußerung ist nicht nur die Ungewissheit hinsichtlich der Einkunftserzielungsabsicht der KI. beseitigt worden, sondern der Bekl. hat gleichzeitig auch Kenntnis von der Beseitigung der Ungewissheit erlangt, so dass die Ablaufhemmung mit Ablauf des 31. Dezember 1996 beendet war.

Für die zeitliche Begrenzung der Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 8 AO genügt es, dass die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde Kenntnis von der Tatsache erlangt, dass die Ungewissheit beseitigt ist. Die Ungewissheit ist beseitigt, wenn die Finanzbehörde die Tatbestandsmerkmale für die endgültige Steuerfestsetzung feststellen kann; welcher Sachverhalt jetzt gewiss ist, braucht die Finanzbehörde dagegen nicht zu wissen; vielmehr hat sie den Sachverhalt in Kenntnis der Beseitigung der Ungewissheit zu ermitteln. Von der Beseitigung der Ungewissheit muss die Finanzbehörde jedoch positive Kenntnis haben. Voraussetzung hierfür ist die Kenntnis der wesentlichen Umstände, wegen deren Unkenntnis die Steuerfestsetzung vorläufig vorgenommen worden ist; das "Kennenmüssen" steht dabei der Kenntnis nicht gleich (vgl. z.B. BFH BStBI II 1993, 5; 2001, 9; BFH/NV 1993, 574; 1994, 148; 1996, 929; Frotscher in Schwarz, Kommentar zur AO, § 171 Rz 69; Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO/FGO, § 171 AO Rz 95; Rüsken in Klein, AO Kommentar, 8. Auflage 2003, § 171 Rz 91).

Im Streitfall ist die Ungewissheit, wegen deren Unkenntnis die Feststellungsbescheide 1984 - 1991 für vorläufig erklärt worden sind, spätestens durch die Abgabe der Feststellungserklärung 1993 und des Jahresabschlusses 1992/1993 am 13. September 1995 und die gleichzeitig erfolgte Mitteilung von der Betriebsveräußerung beseitigt worden. Spätestens in diesem Zeitpunkt stand der Zeitraum für die Beurteilung der Frage der Liebhaberei bzw. der Frage der Einkommensverwendung fest, weil der maßgebliche Sachverhalt nunmehr unveränderlich abgeschlossen war und der Bekl. folglich die Tatbestandsmerkmale für die endgültige Gewinnfeststellung ermitteln konnte. Der Bekl. hatte am 13. September 1995 auch positive Kenntnis von der Beseitigung der Ungewissheit. Denn ihm waren spätestens in diesem Zeitpunkt alle wesentlichen Besteuerungsgrundlagen bekannt, wegen deren Unkenntnis die Feststellungsbescheide 1984 - 1991 für vorläufig erklärt worden waren.

Hinsichtlich der Frage, ob die Betätigung der KI. als sog. Liebhaberei zu qualifizieren ist, waren dem Bekl. alle wesentlichen Umstände schon vor dem 13. September 1995 bekannt. Der Bekl. hatte insbesondere Kenntnis von der Betriebsgröße, der Höhe der von der GbR "..." in den Jahren 1984 - 1993 erwirtschafteten Betriebsergebnisse, der Zusammensetzung der Betriebsausgaben und der Betriebseinnahmen, der Lage des Betriebs an der Ostsee und der Art der Bewirtschaftung des Hofes durch den Verkäufer bzw. - ab Eigentumsübergang - durch die KI.. Außerdem war dem Bekl. bekannt, dass die KI. keine ausgebildeten Landwirte waren. Allein auf Grund dieser Tatsachen hat der Betriebsprüfer die Einkunftserzielungsabsicht der KI. verneint. Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zur subjektiven Seite der Einkunftserzielung war nicht erforderlich, weshalb der Bekl. hiervon abgesehen hat. - Auch die Frage der Einkommensverwendung war bereits vor dem 13. September 1995 geklärt. Auf Grund der am 23. August 1989 durchgeführten Betriebsbesichtigung stand fest, dass eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Der Bekl. ist dieser Frage deshalb auch nicht weiter nachgegangen.

Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der Aufhebungsbescheid vom 7. Mai 1999 nach Ablauf der Festsetzungsfristen ergangen ist, weil die Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 8 AO bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1996 beendet war.

Die hiergegen vom Bekl. erhobenen Einwände sind nicht begründet. Die vom Bekl. zitierten Gerichtsurteile betreffen anders gelagerte, mit dem Streitfall nicht vergleichbare Sachverhalte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und 5 FGO.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).



Ende der Entscheidung

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