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Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: 5 K 149/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5
EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2001 § 7 Abs. 1 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Schleswig-Holstein

5 K 149/05

Einheitliche und gesonderte Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2003

In dem Rechtsstreit

...

hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen

am 10. Juli 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2003 vom 21. Juli 2005 wird geändert und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 52.678,80 EUR festgestellt. Auf die Komplementärin, die X Immobilienverwaltungs-GmbH, entfällt ein Betrag von 1.250,00 EUR, auf die Kommanditistin A ein Betrag von 25.401,16 EUR und auf die Kommanditistin B ein Betrag von 26.027,64 EUR.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Finanzamt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob sich - nach einer Einlage eines bisher im Privatvermögen vermieteten Gebäudes in das Betriebsvermögen - die weitere Absetzung für Abnutzung (AfA) nach dem Einlagewert (Teilwert) abzüglich der bereits berücksichtigten AfA oder nach den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten bemisst.

Die Klägerin ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, die mit notariellem Gesellschaftsvertrag im Dezember 2002 errichtet worden war. Gesellschafterinnen sind als Komplementärin die X Immobilienverwaltungs-GmbH (ohne Einlage) sowie als Kommanditistinnen Frau A und deren Tochter Frau B mit einem Kapitalanteil von jeweils 2.000 EUR. Das Betriebsvermögen der Gesellschaft besteht ausschließlich aus einem fremdvermieteten Hausgrundstück, das im Bezirk des Finanzamts Y belegen ist.

Das Grundstück war im Jahr 1908 mit einem Mietwohnhaus bebaut und von dem Vater der Kommanditistin A erworben worden. Nach dem Tod des Vaters ging das Grundstück durch Gesamtrechtsnachfolge auf dessen Ehefrau und deren drei Kinder (u.a. die Kommanditistin A) über. Nach dem Tod der Ehefrau wurde diese von ihren drei Kindern beerbt, die sich dergestalt auseinandersetzten, dass letztendlich die Kommanditistinnen A und deren Tochter B Eigentümer des Grundstücks wurden.

Die jeweiligen Eigentümer erzielten aus der Vermietung der Wohnungen und Räume des Gebäudes Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Seit dem Jahr 1954 wurde jährliche AfA für das Gebäude geltend gemacht, bis das Haus im Jahr 1994 vollständig abgeschrieben war. Als Bemessungsgrundlage für die AfA dienten dabei nicht die historischen Anschaffungskosten, sondern als sog. Hilfswert der zum 1. April 1949 maßgebliche Einheitswert des Gebäudes abzüglich eines Pauschalbetrages in Höhe von 15% für den Grund und Boden. Dieser Wert belief sich auf 154.784 DM. Auf die Gebäudeabschreibungsliste des Finanzamts Y wird Bezug genommen.

Zum 1. Januar 2003 legten die Kommanditistinnen das im Privatvermögen gehaltene Mietwohngrundstück - ohne dass im Gegenzug Gesellschaftsanteile gewährt wurden - in das Betriebsvermögen der Klägerin ein. Der Teilwert des Gebäudes betrug zu diesem Zeitpunkt 1.870.000 EUR. Von diesem Einlagewert - abzüglich der bereits in den Jahren 1954 bis 1994 verbrauchten AfA-Beträge - nahm die Klägerin in ihrer Gewinnermittlung Abschreibungen vor.

Das beklagte Finanzamt folgte dem nicht, sondern erhöhte die erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb um die geltend gemachten AfA-Beträge von 44.772 EUR und stellte die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb mit Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2003 vom 21. Juli 2005 auf 97.451 EUR fest. Zur Begründung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass als Bemessungsgrundlage für die AfA der im Jahr 1954 angesetzte Hilfswert für das Gebäude in Höhe von 154.784 DM maßgeblich sei. Dieses AfA-Volumen mindere sich zudem um die AfA-Beträge, die bereits für das Gebäude geltend gemacht worden seien. Da das Gebäude mit Ablauf des Jahres 1994 vollständig abgeschrieben gewesen sei, ergebe sich als neue AfA-Bemessungsgrundlage ein Wert von 0 EUR. Mithin könne die Klägerin ab dem 1. Januar 2003 keine AfA mehr geltend machen.

Am 23. August 2005 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor: Das streitbefangene Gebäude sei gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Halbsatz 1 EStG mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Einlage im Gesamthandsvermögen anzusetzen. Dieser habe 1.870.000 EUR betragen. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG sei nicht einschlägig, weil das Gebäude aus dem Privatvermögen in das Gesamthandsvermögen übertragen worden sei. Da das Gebäude ein Wirtschaftsgut des abnutzbaren Anlagevermögens darstelle, könne gemäß § 7 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG bis zur vollen Absetzung jeweils für ein Jahr ein Betrag von 2,5% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgesetzt werden. Strittig sei, welchen Betrag die Klägerin als Anschaffungs- oder Herstellungskosten ansetzen dürfe.

Als Ersatzwert für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten habe bis zum 31. Dezember 1998 als sog. fiktive Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei Einlagen der Einlagewert (Teilwert) in Höhe von 1.870.000 EUR angesetzt werden können. Um Missbräuche zu vermeiden, sei zum 1. Januar 1999 durch das sog. Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG) vom 24. März 1999 in den damaligen § 7 Abs. 1 EStG ein neuer Satz 4 eingefügt worden (jetzt § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG). Danach minderen sich bei Wirtschaftsgütern, die nach einer Verwendung zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG in ein Betriebsvermögen eingelegt worden sind, für die Ermittlung der AfA die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um die AfA, Sonderabschreibungen etc., die bis zum Zeitpunkt der Einlage vorgenommen worden seien.

Das beklagte Finanzamt sei gemäß R 43 Abs. 6 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) der Auffassung, dass bei der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage stets an den Wert der historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten bzw. hier den sog. Hilfswert anzuknüpfen sei. Diese Rechtsauslegung lasse jedoch den Gesetzeszweck völlig außer Acht. Alleiniger Sinn und Zweck der Neuregelung sei es, ungerechtfertigte Steuervorteile auszuschließen. § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG solle verhindern, dass das AfA-Volumen, das bereits vor der Einlage eines Wirtschaftsgutes steuerlich geltend gemacht worden sei, nochmals abgesetzt würde.

Es habe danach nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen, während der Nutzung eines Wirtschaftsgutes im Privatvermögen eingetretene Wertsteigerungen der Abschreibung im Betriebsvermögen zu entziehen. Andernfalls wäre es jedenfalls unverständlich, dass § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG (§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG n.F.) nicht für Wirtschaftsgüter einschlägig sei, die bis zu deren Einlage ins Betriebsvermögen nicht der Erzielung von Einkünften gedient hätten. AfA-Bemessungsgrundlage sei hier weiterhin der Einlagewert (Teilwert). § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG (§ 7 Abs. 1 Satz 5 EStG n.F.) sei deshalb dahingehend auszulegen, dass der Begriff Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei Einlagen aus dem Privatvermögen durch den Teilwert ersetzt werde.

Im Übrigen führe ein Vergleich mit ähnlichen Fallkonstellationen zu gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip gemäß Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ergebnissen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2003 vom 21. Juli 2005 zu ändern und unter Berücksichtigung einer Absetzung für Abnutzung in Höhe von 44.772 EUR die Einkünfte aus Gewerbebetrieb entsprechend niedriger festzustellen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat der am 2. September 2005 zugestellten Sprungklage am 9. September 2005 zugestimmt und hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Ergänzend weist es darauf hin, dass § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG keine Bewertungsvorschrift darstelle. Mit dieser Vorschrift werde nicht der Einlagewert geregelt. Dieser bestimme sich weiterhin nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG. § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG regele nur die AfA-Bemessungsgrundlage. Die Regelung solle verhindern, dass dem Steuerpflichtigen mehr als 100 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes als Abschreibungsvolumen zugute komme. Die Klägerin begehre im Streitjahr eine Abschreibung in Höhe von 44.772 EUR, obwohl in den Vorjahren die Anschaffungs- oder Herstellungskosten in voller Höhe bereits abgeschrieben worden seien. Diese Vorgehensweise sei nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG nicht zulässig. Der Ansatz des Teilwerts sei nur für die Bewertung maßgebend, nicht für die Ermittlung der Abschreibungsbemessungsgrundlage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Feststellungsakten, Bilanzakten, Vertragsakten und 1 Hefter Sonderakten des Finanzamts betreffend die Klägerin Bezug genommen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Sprungklage ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1.) Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist eine Klage ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Behörde, die über den außergerichtlichen Rechtsbehelf zu entscheiden hat, innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht gegenüber zustimmt. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Die Klägerin hat keinen Einspruch eingelegt. Die Klageschrift ist dem beklagten Finanzamt am 2. September 2005 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 8. September 2005, eingegangen bei Gericht am 9. September 2005, hat das Finanzamt der Klage zugestimmt. Auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor.

2.) Die Klage ist auch begründet.

Streiterheblich ist allein die Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 (jetzt: § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG).

Entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamts ist diese Vorschrift dahingehend auszulegen, dass als Bemessungsgrundlage für die weitere AfA der Einlagewert abzüglich der bereits im Rahmen der Überschusseinkunftsarten vorgenommenen AfA-Beträge zugrunde zu legen ist.

Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 EStG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG jeweils in der im Streitjahr maßgeblichen Fassung mindern sich bei Wirtschaftsgütern, die - wie im Streitfall - nach einer Verwendung zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG in ein Betriebsvermögen eingelegt worden sind, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung, Sonderabschreibungen oder erhöhten Abschreibungen, die bis zum Zeitpunkt der Einlage vorgenommen worden sind.

Die Finanzverwaltung versteht § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG so, dass sich die weitere AfA nach den fortgeführten historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten bemisst (R 43 Abs. 6 Satz 1 EStR 1999). Dieser Auffassung folgt der Senat nicht, sondern schließt sich der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur an, wonach für die weitere AfA der Einlagewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG abzüglich der bereits im Bereich der Überschusseinkunftsarten in Anspruch genommenen AfA maßgeblich ist (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG vom 05. September 2006, 13 K 537/05, 2, EFG 2007, 112 m.w.N. aus der Literatur; FG Münster, Urteil vom 23. August 2006, 1 K 6956/03 F, EFG 2007, 178; FG Münster, Urteil vom 21. März 2007, 8 K 3908/04 F, EFG 2008, 32; Gröpl, Deutsches Steuerrecht 2000, S. 1285; Brandis in Blümich, Einkommensteuer, § 7 Rz. 265; Apitz in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, Band 20, Steuerreform 1999/2000/2002, § 7 R 10.; Stuhrmann, FR 2000, 511; Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 7 Rz. 225; Handzik in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 7 Rz. 153; Lamprecht in Kirchhof, EStG Kompakt Kommentar, 5. Auflage, § 7 Rz. 88; Keller in Korn, EStG, § 7 Rz. 79; a.A.: Urteil des FG Hamburg vom 4. November 2005, I 296/04, EFG 2006, 324; Urteil des Niedersächsischen FG vom 6. April 2006, 11 K 449/03, EFG 2006 1239; vgl. auch die weiteren Literaturhinweise bei Kulosa in Schmidt, EStG, 27. Auflage 2008, Rz. 80).

Zwar deutet der Wortlaut der Vorschrift auf die von der Finanzverwaltung vertretene Auslegung hin. Denn die Regelung erwähnt nicht den Einlagewert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, sondern nur die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Insoweit ist aber zu beachten, dass sich nach einer Einlage gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG die weitere AfA schon immer nach dem Einlagewert bemessen hat, obwohl nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 EStG eigentlich nur die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für die Bemessung der AfA maßgeblich sind (vgl. nur BFH-Urteil vom 27. Januar 1994, IV R 101/92, BStBl II 1994, 638). Die Einlage wird für Zwecke der AfA als anschaffungsähnlicher Vorgang und der Einlagewert als "fiktive" Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewertet. Wird der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG im Kontext mit der herkömmlichen Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage bei Einlagen in das Betriebsvermögen gesehen, kann § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG auch so verstanden werden, dass lediglich die AfA, die bereits im Rahmen der Überschusseinkunftsarten vorgenommen worden ist, aus der AfA-Bemessungsgrundlage auszuklammern ist (so zutreffend Urteil des Niedersächsischen FG vom 05. September 2006, 13 K 537/05, 2, EFG 2007, 112 m.w.N.).

Aus der Entstehungsgeschichte der Norm lässt sich der gesetzgeberische Wille nicht eindeutig herleiten. Zwar war die Vorschrift in dem ursprünglichen Gesetzesentwurf als weiterer Satz in § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG geplant (BT-Drucksache 14/23, S. 7). In diesem Regelungszusammenhang hätte der Wortlaut für die Fortführung der historischen Anschaffungskosten gesprochen. Doch wurde die Regelung durch die Dritte Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 2. März 1999 (BT- Drucksache 14/442, S. 11) als § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG eingefügt. In dem Dritten Bericht des Finanzausschusses vom 3. März 1999 ist hierzu ausgeführt, dass die Neuregelung der AfA-Bemessungsgrundlage nicht bei den Vorschriften des § 6 EStG über die Bewertung, sondern systemgerecht bei den Vorschriften des § 7 EStG über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung eingefügt werden solle (BT- Drucksache 14/443, S. 25). Damit wurde die Vorschrift bewusst in einen neuen Regelungszusammenhang gestellt. Im Zusammenspiel mit den allgemeinen Grundsätzen über die AfA-Bemessungsgrundlage im Falle einer Einlage in ein Betriebsvermögen stellt § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG nunmehr eine Spezialregelung für den Sonderfall dar, dass mit dem Wirtschaftsgut zuvor Überschusseinkünfte erzielt worden sind. Angesichts dieser systematischen Umstellung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber nunmehr "systemgerecht" die allgemeinen Grundsätze der AfA-Gewährung bei Einlagen angewandt wissen wollte. Ihm ging es ausweislich der Gesetzesbegründung nicht darum, die bisher unbestrittene Maßgeblichkeit des Einlagewerts für die AfA-Bemessungsgrundlage weitgehend aufzugeben. Er wollte lediglich die "Doppelabschreibung" für einen besonderen Fall der vorherigen Verwendung des Wirtschaftsguts verhindern (vgl. BT-Drucksache 14/23, S. 172).

Der Senat teilt auch die weitere Argumentation des Niedersächsischen FG (Urteil vom 05. September 2006, 13 K 537/05, 2, EFG 2007, 112), wonach es nur dann, wenn lediglich die bereits im Bereich der Überschusseinkünfte vorgenommene AfA von dem Einlagewert abgezogen wird und es im Übrigen beim Einlagewert als AfA-Bemessungsgrundlage verbleibt, zu einem systematischen Gleichklang mit ähnlichen Fallgestaltungen kommt. So kann ein Steuerpflichtiger, der ein Wirtschaftsgut im Privatvermögen nicht zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzt hat, dieses nach einer Einlage in ein Betriebsvermögen von dem hohen Einlagewert abschreiben. Wertsteigerungen, die im nicht steuerverhafteten privaten Bereich entstanden sind, werden über die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts im Betrieb gewinnmindernd berücksichtigt. In den Fällen einer vorherigen Nutzung des Wirtschaftsguts für die Erzielung von Überschusseinkünften ist es daher systemgerecht, wenn die im Privatvermögen entstandenen Wertsteigerungen nach der Einlage in das Betriebsvermögen - mit Ausnahme der bereits im Bereich der Überschusseinkunftsarten erhaltenen AfA - ebenfalls über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden können. Systemwidrig ist es dagegen, die Abschreibung auf die im Privatvermögen entstandenen Wertsteigerungen zu versagen und nur von den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten auszugehen. Folge einer solchen Auslegung wären weitgehend nicht abschreibbare Wirtschaftsgüter, obwohl sie in der wirtschaftlichen Realität einem Wertverzehr unterliegen.

Der Senat folgt zudem der Auffassung des Niedersächsischen FG (Urteil vom 05. September 2006, 13 K 537/05, 2, EFG 2007, 112) und des FG Münster (Urteile vom 23. August 2006, 1 K 6956/03 F, EFG 2007, 178 und vom 21. März 2007, 8 K 3908/04 F, EFG 2008, 32), dass auch der Gesetzeszweck für die oben dargestellte Auslegung spricht. In der Gesetzesbegründung ist als Grund für die Neuregelung angegeben worden, dass eine "doppelte" Abschreibung derselben Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowohl im Bereich der Überschusseinkunftsarten als auch im Betriebsvermögen verhindert werden solle (BT-Drucksache 14/23, S. 172). Dieser legitime Gesetzeszweck wird aber dadurch erreicht, dass die bereits im Rahmen der Überschusseinkunftsarten geltend gemachte AfA von dem Einlagewert abgezogen wird. Würde die Vorschrift dahingehend ausgelegt werden, dass für die weitere AfA die fortgeführten historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten maßgeblich wären, würde neben der Verhinderung der "Doppelabschreibung" außerdem noch bewirkt werden, dass die steuerfreien Wertsteigerungen im Privatvermögen nicht mehr zeitnah berücksichtigt werden könnten. Dass der Gesetzgeber ein solches - zweites - Ziel mit seinem Gesetzesvorhaben bezweckt hat, lässt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Dem Gesetzgeber ging es vielmehr nur darum, eine erneute Abschreibung ohne zusätzlichen Aufwand zu vermeiden. Mit der von dem Senat vertretenen Auslegung wird dieses gesetzgeberische Ziel erreicht. Eine darüber hinausgehende Auslegung, die die fortgeführten historischen Anschaffungskosten für die AfA-Bemessungsgrundlage zugrunde legt, entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Regelung.

Nach alledem waren die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wie folgt festzustellen und den Beteiligten (wie erklärt) zuzurechnen:

  ABX Immobilienverw.-GmbH
Lfd. Einkünfte51.758,8025.623,1626.135,64 
Vergütungen auf gesellschaftsr. Grundlage1.250,00 0,00 0,00 1.250,00
Zwischensumme53.008,8025.623,1626.135,641.250,00
Sonder-BA330,00 222,00 108,00 0,00
zuzurechnende lfd. Einkünfte52.678,8025.401,1626.027,641.250,00

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.



Ende der Entscheidung

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