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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 08.10.2008
Aktenzeichen: 4 K 904/07
Rechtsgebiete: AO, FGO, EStG


Vorschriften:

AO § 227
FGO § 102
EStG § 4 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 3
EStG § 11 Abs. 1
EStG § 11 Abs. 2
EStG § 11 Abs. 2
EStG § 52 Abs. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 4. Senat des Thüringer Finanzgerichts

auf Grund der mündlichen Verhandlung in der Sitzung vom 8. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Erlassanträge der Kläger hinsichtlich der Einkommensteuer und der Solidaritätszuschläge 1995 sowie der Zinsen zur Einkommensteuer 1995.

Die drei Kläger waren neben einer weiteren Person zu je 25% Mitgesellschafter an einer in 1991 gegründeten Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), die im Jahr 2001 in die X & Co. offene Handelsgesellschaft (OHG) und schließlich in die XB Aktiengesellschaften (AG) umgewandelt worden war (künftig kurz: B). Zweck der B war der Kauf und die Bewirtschaftung eines Grundstücks in A-Stadt. Auf Grund der Verpachtung dieses Grundstücks an die W-GmbH (Bauunternehmen, künftig: W), an der ausschließlich dieselben Personen beteiligt waren, bestand nach jetziger Auffassung beider Parteien zwischen B und W seit 1991 eine Betriebsaufspaltung.

B behandelte ihre Einkünfte für die Jahren 1991 bis 1993 in ihren Feststellungserklärungen zunächst aber als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die erklärungsgemäßen Feststellungsbescheide des Beklagten wurden bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 29. November 1995 teilte B dem Beklagten mit, dass der Feststellungsbescheid für 1993 geändert werden müsse, weil eine Betriebsaufspaltung vorliege und ihre Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb zu behandeln seien.

Zugleich wies sie darauf hin, dass sie in 1993 ein Grundstück in K mit einem von W erstellten Rohbau erworben habe, das nach Fertigstellung in 1995 verkauft worden sei. In der beigefügten Einnahme-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erklärte sie unter anderem bei den Betriebsausgaben einen Posten "Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe" in Höhe von 86.421,75 DM sowie insgesamt einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 55.772 DM. Der Beklagte lehnte die Änderung des Feststellungsbescheides 1993 mit Schreiben vom 23. Januar 1995 mit dem Hinweis ab, dass der Bescheid bestandskräftig und eine Änderung zu Gunsten der B nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) wegen des Verschuldens der B am nachträglichen Bekanntwerden neuer Tatsachen zu ihren Gunsten ausgeschlossen sei. Die B verfolgte, so der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung, den Anspruch auf Änderung des Feststellungsbescheids für 1993 nicht mittels eines Rechtsbehelfes weiter.

Für 1994 reichte die Klägerin zunächst am 30. November 1995 eine Feststellungserklärung ein, die einen Gewinn von 42.697 DM auswies. In der Gewinnermittlung waren bei den Betriebsausgaben 352,10 DM für "Roh-, Hilfs-, und Betriebsstoff" aufgeführt. Am 30. Januar 1996 reichte sie eine geänderte Feststellungserklärung ein, wonach sich nunmehr ein Verlust von 43.725 DM ergab. Diese Änderung beruhte darauf, dass der oben angeführte Posten "Roh-, Hilfs-, und Betriebsstoffe" um 86.421,75 auf 86.773,85 DM erhöht wurde. In einem Begleitschreiben wies der jetzige Prozessbevollmächtigte darauf hin, dass die Änderung wegen Berücksichtigung der zum 1. Januar 1994 beginnenden Betriebsaufspaltung erforderlich geworden sei. Die zusätzlichen Kosten beträfen das Grundstück mit aufstehendem Rohbau in K, das nach Fertigstellung veräußert worden sei und daher kein Anlagevermögen darstelle. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 23. Juli 1996 erklärungsgemäß einen Verlust von 43.725 DM und mit Bescheid vom 14. August 1996 einen vortragsfähigen Gewerbeverlust von 36.835 DM fest. Diese Bescheide wurden ebenfalls bestandskräftig.

Im Jahr 1998 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt. Der Prüfer stellte u.a. fest, dass die in der Gewinnermittlung ausgewiesenen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe die Aufwendungen für den Kauf des Grundstücks in K beträfen. Dieses Grundstück sei nach den ihm erteilten Auskünften zur Fertigstellung und anschließenden Veräußerung erworben und in 1995 verkauft worden. Die Mittel für den Kaufpreis seien aber bereits in 1993 abgeflossen und der Betriebsausgabenabzug in 1994 in Höhe von 86.421,75 DM sei daher zu versagen. Der Beklagte setzt mit geändertem Feststellungsbescheid vom 4. März 1999 für 1994 einen Gewinn von 8.400,77 DM fest. Außerdem hob er die Gewerbeverlustfeststellung 1994 mit Bescheid vom 19. Mai 1999 auf.

Gegen beide Bescheide legte die B Einspruch ein. Es sei zwar unstreitig, dass von Anfang an (seit 1991) eine Betriebsaufspaltung vorgelegen habe. Das Finanzamt habe aber den Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheides 1993 abgelehnt und die Berücksichtigung der Betriebsaufspaltung ab 1994 verfügt. Somit entstehe zum 1. Januar 1994 ein Betriebsvermögen und die dem Gewerbebetrieb dienenden Wirtschaftsgüter seien nunmehr zwingend mit den dafür vorgeschriebenen Werten einzulegen. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 13. September 2000 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, es sei zwar unstrittig, dass seit 1991 eine Betriebsaufspaltung vorliege und die Einkünfte der Klägerin aus der Verpachtung des Betriebsgrundstücks daher von diesem Zeitpunkt an als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln seien. Bei der von der B angewandten Ermittlung des Gewinns anhand des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 3 EStG sei aber für den Erwerb von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens grundsätzlich der Zeitpunkt des Zu- bzw. Abflusses von Geldbeträgen oder Sachwerten maßgebend (§ 11 EStG). Da aber unstreitig die Mittel für den Kauf des Grundstücks in K bereits 1993 abgeflossen seien, könnten diese Aufwendungen in 1994 nicht berücksichtigt werden.

Ihre dagegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Senats vom 4. September 2002 IV 1220/00 als unbegründet abgewiesen (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2004, 1607). Die vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassene Revision dagegen wurde durch Urteil vom 30. Juni 2005 als unbegründet abgewiesen (IV R 20/04, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2005, 758, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 210, 313). Der BFH führte darin aus, dass diese Aufwendungen unter keinem Gesichtspunkt steuerlich gewinnmindernd in 1994 berücksichtigt werden könnten, weil die B den Gewinn nicht nach § 4 Abs. 1 EStG (Bilanzierung), sondern nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung ermittele und deshalb für Kaufpreiszahlungen das Abflussprinzip anzuwenden sei (§ 11 EStG). Im Jahr 1994 seien aber keine Aufwendungen abgeflossen. Der BFH führte in diesem Urteil aber erstmals zu der für das Streitjahr an sich nicht maßgeblichen Rechtsfrage aus, dass bisher beim Erwerb nicht berücksichtigte Anschaffungskosten für ein im Umlaufvermögen befindliches Grundstück bei einem Unternehmer, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung ermittele, nicht verloren seien, sondern abweichend von dem in § 11 Abs. 2 EStG gesetzlich angeordneten Abflussprizip im Zeitpunkt der Veräußerung in 1995 steuerlich zu berücksichtigen seien. Dies begründete der BFH mit der Notwendigkeit der Angleichung der Gewinn-ermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Der Erlös aus der Veräußerung eines Gegenstandes - hier im Jahr 1995 - könne nur dann in voller Höhe als Betriebseinnahme angesetzt werden, wenn vorher die Kosten der Anschaffung des Gegenstandes in voller Höhe Betriebsausgaben gewesen seien. Hinsichtlich der Bescheide für 1995 war im Zeitpunkt der BFH-Entscheidung aber bereits Festsetzungsverjährung eingetreten, sodass eine Korrektur dieser Bescheide und der damit einhergehende Ansatz der verbleibenden Anschaffungskosten und Herstellungskosten im Jahr der Veräußerung nicht mehr erreicht werden konnte. Der BFH regte für diesen Fall der fehlenden Korrekturmöglichkeit an, eine Billigkeitsmaßnahme nach § 227 AO zu prüfen.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 beantragten die Kläger demgemäß jeweils den Erlass der auf dem oben geschilderten Vorgang beruhenden Einkommensteuern 1995, der Solidaritätszuschläge und der Zinsen zur Einkommensteuer 1995, weil aufgrund der fehlenden Möglichkeit der Änderung des Feststellungsbescheides der B und dem folgend ihrer Einkommensteuerbescheide die Einkommensteuer für 1995 im streitigen Umfang sachlich unbillig sei. Bis zu dem in dieser Sache ergangenen BFH-Urteil vom 30. Juni 2005, IV R 20/04, sei im Falle von Umlaufvermögen noch nicht entschieden worden, wann der Betriebsausgabenabzug geltend gemacht werden könne. B habe sich deshalb auch nicht von vornherein darauf verlassen können, den Abzug der noch nicht angesetzten Anschaffungs- und Herstellungskosten im Jahr der Veräußerung (1995) erreichen zu können. Dass weder Änderungsvorschriften der AO noch Rechtsmittel weitergeholfen hätten, sei der Besonderheit des Falles und dem Umstand geschuldet, dass der BFH zu einer bisher noch nicht geklärten Frage habe entscheiden müssen.

Mit Bescheiden vom 25. Oktober 2006 lehnte das Finanzamt die Anträge auf Erlass der Einkommensteuern und der Zinsen zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr 1995 ab, da weder sachliche noch persönliche Billigkeitsgründe einen Erlass rechtfertigten.

Die dagegen eingelegten Einsprüche wurden mit gemeinsamer Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen. Gemäß § 227 AO könne die Finanzbehörde Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen auch die Ansprüche auf eine steuerliche Nebenleistung gehörten, erlassen, wenn deren Einziehung nach der Lage des Einzelfalls unbillig sei. Unter den gleichen Voraussetzungen könnten bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden. Zu den im Streitfall nur maßgeblichen sachlichen Billigkeitsgründen führt der Beklagte aus, dass die Einziehung einer Steuer, die nach § 38 AO mit Erfüllung des entsprechenden Tatbestands entstanden sei, grundsätzlich nicht unbillig sei, da die vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommenen Härten, die im Gesetz selbst lägen, jeden Steuerpflichtigen gleich träfen. Ein Erlass aus sachlichen Gründen sei also nur möglich, wenn die Besteuerung im Einzelfall nicht mit Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar sei und dessen Wertungen zuwiderlaufe. Er komme bei Unanfechtbarkeit des den Steuerpflichtigen belastenden Verwaltungsaktes aber nur dann in Betracht, wenn der unanfechtbare Verwaltungsakt offensichtlich und eindeutig fehlerhaft sei und hinzukomme, dass der Inanspruchgenommene das seinerseits Erforderliche getan habe, um die richtige Festsetzung zu erreichen. Danach könnten im Erlassverfahren Erwägungen, die die Richtigkeit einer bestandskräftig durchgeführten Steuerfestsetzung beträfen, nur ausnahmsweise beachtet werden, wenn es dem Steuerpflichtigen nicht möglich und nicht zumutbar gewesen sei, sich rechtzeitig gegen die (fehlerhafte) Festsetzung zu wenden. Grundsätzlich sei es nicht Aufgabe des Billigkeitsverfahrens, bestandskräftige Entscheidungen in formeller oder materiell-rechtlicher Hinsicht zu überprüfen oder die Folgen unterlassener Rechtsbehelfe zu beseitigen.

Zudem gehe das Steuerrecht von der Annahme aus, es sei Sache des Steuerpflichtigen, seine Rechte und Interessen durch fristgerechte Einlegung von Rechtsbehelfen und Rechtsmittel selbst zu wahren. Es entspreche der Entscheidung des Gesetzgebers, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit in aller Regel den Vorrang haben solle vor dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit im Einzelfall, wenn ein Steuerbescheid unanfechtbar geworden sei. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze seien sachliche Billigkeitsgründe im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

Es sei der B bzw. deren Gesellschaftern nicht unzumutbar gewesen, durch rechtzeitige Einlegung eines Einspruchs das Eintreten der Bestandskraft des Feststellungsbescheides der B für 1995 und damit der für die Kläger fraglichen Einkommensteuerfestsetzungen 1995 zu verhindern. Die Unbilligkeit lasse sich zudem nicht damit begründen, dass sich die B bzw. ihre Gesellschafter auch nicht von vornherein darauf hätten verlassen können, den Abzug der noch nicht angesetzten Anschaffungs- und Herstellungskosten im Jahr der Veräußerung, mithin in 1995, zu erreichen.

Denn es stelle keinen Ausnahmefall dar, wenn Rechtsauffassungen und Gesetzesinterpretationen durch Gerichte korrigiert würden. Diese Chance, eine Korrektur zu erreichen, könne jeder Steuerpflichtige unter Übernahme des Kostenrisikos wahrnehmen.

Tue er das nicht, so sei es grundsätzlich nicht unbillig, wenn ihn dann die gesetzlichen Rechtsfolgen der Unanfechtbarkeit träfen. Nachdem die B habe erkennen müssen, dass das Finanzamt im Feststellungsbescheid 1994 den Betriebsausgabenabzug für die in Frage stehenden Anschaffungs- und Herstellungskosten des Rohbaus in K in Höhe von 86.421 DM versage, weil der Mittelabfluss für die betreffenden Anschaffungskosten des Grundstücks bereits in 1993 erfolgt sei, sei es den Klägern möglich und zumutbar gewesen, in diesem Punkt nicht nur Einspruch gegen den Feststellungsbescheid 1994, sondern auch gegen den Feststellungsbescheid 1995 zu führen. Dies gelte gerade mit Blick auf die Rechtsprechung des BFH zu Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Der BFH habe bereits damals die Auffassung vertreten, dass bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern, die sich in den Vorjahren noch nicht als Betriebsausgaben ausgewirkt hätten, bei der Veräußerung des Wirtschaftsgutes vom Veräußerungspreis als Betriebsausgaben abzuziehen seien, auch wenn die Absetzung für Abnutzung in den Vorjahren zu Unrecht unterlassen worden sei. Dem Kläger könne hier zwar insoweit gefolgt werden, dass die Frage des unterbliebenen Betriebsausgabenabzugs im Falle von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens bis dato noch nicht geklärt gewesen sei und auch das Gesetz hierfür keine Regelung vorgesehen habe. Gleichwohl hätte gerade deshalb die B das Eintreten der Bestandskraft für den Feststellungsbescheid 1995, dem Jahr der Veräußerung des Grundstücks in K, verhindern müssen, um eine Klärung der Rechtsfrage bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens herbeizuführen. Denn grundsätzlich sei es Sache des Steuerpflichtigen, seine Rechte durch Einlegung von Einsprüchen selbst zu wahren. Im Übrigen begründe der alleinige Umstand, dass eine durch bestandskräftigen Steuerbescheid festgesetzte Steuer in Widerspruch zu einer späteren Rechtsprechung stehe, keinen Steuererlass. Selbst die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes rechtfertige keinen generellen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen. Denn nur die Steuerpflichtigen kämen in den Genuss der günstigeren Regelung, deren Steuerbescheid insoweit, z.B. aufgrund eines eingelegten Einspruchs, noch änderbar sei. Soweit die Kläger ihren Erlassantrag damit begründeten, dass der BFH in seinem Urteil vom 30. Juni 2005 den Hinweis auf einen Billigkeitserlass nach § 227 AO gegeben habe, werde festgestellt, dass insoweit das BFH-Urteil für die Entscheidung über den Erlass keine Bindungswirkung entfalte.

Die drei Kläger reichten getrennt gegen diese Einspruchsentscheidung Klage ein, die unter den Aktenzeichen 4 K 904/07, 4 K 905/07 und 4 K 906/07 beim Thüringer Finanzgericht aufgenommen wurden. Die Klagen mit den Aktenzeichen 4 K 905/07 (Klage des Rudi Schad) bzw. 4 K 906/07 (Klage des Harry Wunder) wurden mit Beschlüssen vom 18. Dezember 2007 mit dem Verfahren 4 K 904/07 (Klage des Rolf X) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Kläger begründen ihre Klagen übereinstimmend damit, dass ausschließlich sachliche Billigkeitsgründe geltend gemacht würden. Im Urteil des BFH vom 30. Juni 2006 werde angeregt, im Falle der Festsetzungsverjährung der Bescheide 1995 eine Billigkeitsmaßnahme nach § 227 AO zu prüfen. Da die B in 1995 bei der Veräußerung des Grundstücks in K den vollständigen Veräußerungspreis ungekürzt dem Gewinn hinzugerechnet habe und inzwischen die Festsetzungsverjährung für Gewinnfeststellung und Gewerbesteuermessbetrag 1995 eingetreten sei, könne die Berücksichtigung des bisher nicht abgezogenen Teils der Anschaffungskosten nur noch über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 227 AO erreicht werden. Die B habe sich nicht von vornherein darauf verlassen können, den Abzug der noch nicht angesetzten Anschaffungskosten im Jahre der Veräußerung (1995) im Rahmen der Veranlagung oder im Rechtsbehelfsverfahren zu erreichen. Der Sachverhalt sei im Gesetz nicht geregelt. Bis zu dem in dieser Sache ergangenen Urteil (BFH vom 30. Juni 2005, IV R 20/04) sei hierzu für den Fall von Umlaufvermögen auch noch nicht entschieden worden. Deshalb habe der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 22. April 2005 (IV B 27/03) auch die Revision zugelassen. Es werde die Berücksichtigung von Betriebsausgaben begehrt, die unstreitig zur Erlangung von Einnahmen aufgewendet und im Abflusszeitpunkt auch erklärt worden seien, die den Gewinn aber im Ergebnis nicht gemindert hätten. Dass weder Änderungsvorschriften der Abgabenordnung noch Rechtsmittel weiterhälfen, sei der Besonderheit der Fallkonstellation und dem Umstand geschuldet, dass der Bundesfinanzhof in einer bisher noch nicht geklärten Frage habe entscheiden müssen. Sachliche Billigkeitsgründe seien nach Auffassung der Rechtsprechung dann gegeben, wenn nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers angenommen werden könne, dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - i. S. der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Dass jedoch der Gesetzgeber nicht nur den Begriff Gewinn sowohl in § 4 Abs. 1 als auch in § 4 Abs. 3 EStG anwende, sondern auch von der Notwendigkeit der Angleichung unabhängig von der Gewinnermittlungsart ausgehe, sei unstreitig und nicht spekulativ. Es sei deshalb davon auszugehen, dass, wenn der Gesetzgeber Regelungen zur Umwidmung von Anlage- und Umlaufvermögen oder von Privat- zu Betriebsvermögen bei der Gewinnermittlung nach Einnahmen- Überschuss-rechnung hätte treffen wollen, dies so getan hätte, dass, wie bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, die gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten während der Betriebszugehörigkeit Betriebsausgaben darstellten. Der Beklagte stütze die Begründung der Einspruchsentscheidungen insbesondere auch darauf, dass der Billigkeitserlass grundsätzlich nicht dazu bestimmt sei, die Folgen schuldhafter Versäumnis eines Rechtsbehelfs auszugleichen. Der nach einem Rechtsbehelfsverfahren aus anderem Grund geänderte Feststellungsbescheid 1995 der damaligen GbR vom 21. Februar 2000 sei in Bestandskraft erwachsen, noch bevor die Rechtsbehelfsstelle des Beklagten am 15. Juni 2000 das Einspruchsverfahren zum Feststellungsbescheid 1994 übernommen gehabt habe. Weder Kläger und Beklagter noch das Thüringer Finanzgericht (IV 1220/00) hätten bis zur Nichtzulassungsbeschwerde erwogen, dass ein Ansatz der streitbefangenen Anschaffungskosten im Veranlagungszeitraum 1995 habe in Betracht kommen können. In der Sache habe die B zwar im Februar 2000 das alles nicht vorhersehen können, habe jedoch durchaus nicht versäumt, Rechtsbehelf einzulegen (gegen den Feststellungsbescheid 1994). In welchem Veranlagungszeitraum die B letztlich durch einen Feststellungsbescheid beschwert gewesen sei, habe sich erst über fünf Jahre später als Kern der zu klärenden Rechtsfrage herausgestellt.

Ein dieser Meinungsbildung vorgreifendes prophylaktisches Rechtsbehelfsverfahren gegen den Feststellungsbescheid 1995 als zumutbar anzusehen, würde den erwartbaren Beitrag des Steuerpflichtigen zur Rechtsfortbildung im Steuerrecht überdehnen.

Die Kläger stellen den Antrag,

1. die Bescheide vom 25. Oktober 2006 hinsichtlich der Ablehnung der Anträge auf Erlass der Einkommensteuer 1995, der Zinsen zur Einkommensteuer 1995 und der zugehörigen Solidaritätszuschläge, in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 13. September 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Abgaben wie folgt zu erlassen:

3. dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrages verweist er auf die Einspruchsentscheidungen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angegriffenen Verwaltungsakte sind nicht rechtswidrig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

Der Beklagte hat durch die Ablehnung der streitigen Anträge auf Erlass der Einkommensteuern der Kläger für das Jahr 1995 die gesetzlichen Grenzen des Ermessens weder überschritten noch von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht.

Die endgültige steuerliche Nichtberücksichtigung eines Teils der Anschaffungskosten für das Grundstück in K nebst aufstehendem Rohbau bei der Ermittlung des Gewinns der B ist nicht sachlich unbillig im Sinne des § 227 AO. Nach dieser Regelung können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Eine im Streitfall von den Klägerin allein geltend gemachte Unbilligkeit aus sachlichen Gründen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 16. November 2005 X R 3/04, BStBl II 2006, 155, BFHE 211, 30) dann anzunehmen, wenn ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zwar nach dem gesetzlichen Tatbestand besteht, seine Geltendmachung aber mit dem Zweck des Gesetzes nicht oder nicht mehr zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwiderläuft (Urteile des BFH vom 26. Oktober 1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 , vom 23. September 2004 V R 58/03, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2005, 825 , vom 9. September 1993 V R 45/91, BFHE 172, 237, BStBl II 1994, 131, und vom 15. März 1995 I R 61/94, BFH/NV 1995, 1036), ohne dass dies durch teleologische Auslegung bei der Gesetzesanwendung beseitigt werden kann. Umstände, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des gesetzlichen Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat, können einen Billigkeitserlass nicht rechtfertigen. So liegt sachliche Unbilligkeit vor, wenn das Ergebnis der Anwendung der gesetzlichen Vorschrift, unter Benutzung der üblichen Auslegungsmethoden, die Besonderheiten des Einzelfalles nicht angemessen berücksichtigt.

Liegt ein solcher Fall vor, ist ein angemessenes Ergebnis im Weg des Erlasses nach § 227 herzustellen und zwar ein solches Ergebnis, das der Gesetzgeber durch eine entsprechende gesetzliche Regelung herbeigeführt hätte, wenn er dieses Problem gesehen und geregelt hätte. Maßstab für diese gedachte gesetzliche Regelung des jeweiligen Problemkreises ist dabei die im Gesetz zum Ausdruck gekommene Wertentscheidung des Gesetzgebers, die erforderlichenfalls durch Auslegung zu ermitteln ist. Die generelle Geltungsanordnung des Gesetzes darf durch eine Billigkeitsmaßnahme aber nicht unterlaufen werden.

Da es aber Aufgabe des Grundsatzes der Billigkeit ist, das bei richtiger Anwendung der (im konkreten Fall eventuell "unbilligen") Steuergesetze zustande gekommene Ergebnis erforderlichenfalls zu korrigieren, ist grundsätzlich für eine Billigkeitsmaßnahme dann kein Raum, wenn nur Gründe vorgebracht werden, die die materielle Richtigkeit der Entscheidung, also die richtige Anwendung der zu Grunde liegenden steuerrechtlichen Norm, in Zweifel ziehen, somit im Rechtsbehelfsverfahren hätten vorgebracht werden müssen (Frotscher in Schwarz, Kommentar zur AO, § 227 AO, Rdn. 5). Steuern, die bestandskräftig festgesetzt worden sind, dürfen deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur dann im Billigkeitsverfahren sachlich überprüft werden, wenn kumulativ die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig unrichtig ist und es dem Steuerpflichtigen nicht möglich oder nicht zumutbar war, sich gegen deren Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren (Urteil des BFH vom 14. November 2007 II R 3/06, BFH/NV 2008, 574). Dabei ist der Erlass eine Ermessensentscheidung der Verwaltung, die von den Gerichten gemäß § 102 FGO nur daraufhin überprüft werden darf (s. hierzu Urteil des BFH in BFH/NV 2005, 825), ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind (Ermessensmissbrauch) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (Ermessensfehlgebrauch).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Nichtberücksichtigung der verbleibenden (bisher nicht steuerlich wirksamen) Anschaffungs- und Herstellungskosten für das Grundstück nebst aufstehendem Rohbau in K als Betriebsausgabe im Jahr der Veräußerung des Grundstücks, also in 1995, nicht unbillig.

Es ist vorliegend zumindest zweifelhaft, ob die Steuerfestsetzung für das Streitjahr 1995 offensichtlich (!) unrichtig ist. In dem hier streitigen Zeitraum bis zum Inkrafttreten des § 4 Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG wurden die Anschaffungs- und Herstellungskosten für ein Grundstück mit aufstehendem Gebäude, das sich im Umlaufvermögen eines Gewerbetriebes befand, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt, nach § 11 Abs. 2 EStG im Zeitpunkt der Verauslagung steuerlich als Betriebsausgaben berücksichtigt (Abflussprizip). An der Richtigkeit einer derartigen steuerlichen Behandlung im streitigen Zeitraum ändert auch die wohl aus fiskalischen Gründen geänderte Gesetzeslage in § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG nichts, weil diese Regelung nach § 52 Abs. 10 Satz 2 EStG erst auf Anschaffungs- und Herstellungsvorgänge nach dem 5. Mai 2006 anzuwenden ist. Die Besonderheit des vorliegenden Streitfalls liegt aber vor allem darin, dass die steuerlich beratene B im Jahr des Erwerbs des Grundstücks in K (1993) steuerrechtlich zu Unrecht nur Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärte. Weder die B bei der Feststellungserklärung noch im Anschluss daran der Beklagte bei der Veranlagung erkannten, dass eine Betriebsaufspaltung und damit gewerbliche Einkünfte der B vorlagen und dass aus diesem Grund das Grundstück wegen seiner unstreitigen Zweckbestimmung zum Umlaufvermögen gehörte. Deshalb wurden erklärungsgemäß nur Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz in Höhe von 50 vom Hundert der Anschaffungskosten berücksichtigt. Wegen der auch durch die fehlerhafte Erklärung und durch die fehlende Rechtsbehelfseinlegung der beratenen B eingetretenen Bestandskraft des rechtswidrigen Feststellungsbescheides für das Jahr 1993 und wegen - so der Beklagte - des Fehlens einer einschlägigen Änderungsvorschrift konnten die restlichen Anschaffungskosten auch nachträglich nicht mehr entsprechend den Regelungen in § 11 Abs. 2 EStG im Jahr des Abflusses steuerlich berücksichtigt werden. Der BFH entschied im Urteil vom 30. Juni 2005 erstmals zu der für das Streitjahr an sich nicht maßgebliche Rechtsfrage, ob bisher beim Erwerb nicht berücksichtigte Anschaffungskosten für ein im Umlaufvermögen befindliches Grundstück bei einem Unternehmer, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt, abweichend von dem in § 11 Abs. 2 EStG geregelten Abflussprizip im Zeitpunkt der Veräußerung in 1995 steuerlich zu berücksichtigen seien. Der BFH begründete die von der Regelung des § 11 Abs. 2 EStG abweichend Abziehbarkeit dieser Aufwendungen mit der Notwendigkeit der Angleichung der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG an die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, die dadurch begründet sei, dass der Erlös aus der Veräußerung eines solchen Gegenstandes nur dann in voller Höhe als Betriebseinnahme angesetzt werden könne, wenn vorher die Kosten der Anschaffung des Gegenstandes in voller Höhe Betriebsausgaben gewesen sei. Dagegen führt der XI. Senat in seinem Urteil vom 21. Juni 2006 (XI R 49/05, BFHE 214, 218, BStBl II 2006, 712) aus, dass der Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit (Totalgewinnidentität) nicht verletzt werde, wenn in früheren Jahren Abschreibungen für Abnutzung (AfA) nicht im vollen Umfang berücksichtigt worden seien und jetzt keine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz EStG erfolge. Der Grundsatz der Totalgewinnidentität besage, dass die verschiedenen Gewinnermittlungsmethoden auf Dauer gesehen zu demselben Gesamtgewinn führen müssten. Dabei werde aber vorausgesetzt, dass die Regeln der jeweiligen Ermittlungsmethode beachtet würden; so hätten die Klägerin ihre steuerlichen Rechte im Veranlagungszeitraum durchsetzen können und müssen, um eine Gesamtgewinngleichheit zu erreichen.

Der Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit verlange indes nicht, dass Fehler, die nach der Lehre vom formellen Bilanzzusammenhang in späteren Veranlagungszeiträumen noch berichtigt werden könnten, in vergleichbarer Weise auch bei der Einnahmeüberschussrechnung zu korrigieren seien; die Möglichkeiten der bilanziellen Fehlerkorrektur seien nicht auf die Einnahme-Überschussrechnung zu übertragen, bei der im Hinblick auf die Erfassung von Einnahmen und Ausgaben auf § 11 EStG abzustellen sei. Diese Unterschiedlichkeit habe auch der Gesetzgeber gesehen, indem er in § 11 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 3 EStG ausdrücklich angeordnet habe, dass die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) unberührt blieben. Ob der Nichtansatz der streitigen Erwerbskosten für das Grundstück im Jahr der Veräußerung in 1995 im Lichte der Entscheidung des XI. Senats des BFH aber offensichtlich und eindeutig unrichtig ist, scheint zumindest zweifelhaft. Dies gilt umso mehr als dies Nichtberücksichtigung der Kaufpreisaufwendungen sowohl im Jahr des Erwerbs des Grundstücks 1993 als auch im Jahr der Veräußerung in 1995 auf den eigenen Erklärungen der B beruht.

Nach Auffassung des Senats war es der B aber auch zumutbar, ihre steuerlichen Rechte mittels Rechtsbehelf durchzusetzen. Nachdem der damals richtige Ansatz der Kaufaufwendungen in 1993 nicht mehr möglich war, stand es der B frei, die steuerliche Berücksichtigung der restlichen Kaufpreisaufwendungen in einem anderen Jahr zu beantragen und im Falle der Ablehnung auch durchzusetzen. Der Senat ist der Auffassung, dass der hier streitige Sachverhalt nicht anders behandelt werden kann als jeder andere Sachverhalt, bei dem nach Eintritt der Bestandskraft oder gar der Festsetzungsverjährung der Steuerfestsetzungen im nachhinein ein Entscheidung ergeht, die auch für ihn günstig gewesen wäre. Dieser Steuerpflichtige kann dann seine Rechte bezüglich der Bescheide für die Veranlagungszeiträume nicht mehr durchsetzen, für die Bestandskraft oder gar Festsetzungsverjährung eingetreten ist, weil er sich nicht gegen diese Veranlagungen durch die dafür zugelassenen Rechtsbehelfe mit dem entsprechenden Prozessrisiko gewehrt hat. In solchen Fällen kann den Steuerpflichtigen nach den oben dargestellten Grundsätzen regelmäßig auch nicht mittels einer Billigkeitsmaßnahme geholfen werden. Den Klägern in diesem Verfahren wurden dem Grunde nach auch keine steuerlichen Rechte abgeschnitten, weil es letztlich ihr eigenes Verschulden ist, wenn sie die hier streitigen Kosten nicht im Jahr der Verauslagung in 1993 oder aber spätestens im Jahr der Vereinnahmung des Kaufpreises in 1995 geltend machen, weil sie (steuerlich beraten) bei der Feststellungserklärung 1993 von einer falschen Einkunftsart und in 1995 nicht von der Möglichkeit der steuerlichen Berücksichtigung ausgingen.

Vorliegend ist der Nichtansatz der restlichen Anschaffungskosten auch nicht etwa deshalb sachlich unbillig, weil dies dem Willen des Gesetzgebers zuwiderliefe.

Denn der Ansatz der Aufwendungen scheitert im Streitfall nicht an einer gesetzlich lückenhaften Regelung - nach der Rechtsprechung konnten diese Kosten sowohl bei der Anschaffung als auch, so zumindest der IV. Senat des BFH in seinem Urteil vom 30. Juni 2005, bei der Veräußerung schon nach der früheren Regelung angesetzt werden -, sondern an der Nichtgeltendmachung durch die B. Doch jedem Steuerpflichtigen obliegt - wie oben ausgeführt wurde - selbst die Durchsetzung seiner steuerlichen Rechte. Dies gilt umso mehr als die B steuerlich vertreten war.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen in den Gründen der Einspruchsentscheidung gemäß § 105 Abs. 5 FGO Bezug genommen.

Die Revision ist zuzulassen, weil der BFH in seinem Urteil vom 30. Juni 2005 (IV R 20/04, BStBl II 2005, 758, BFHE 210, 313) für den vorliegenden Sachverhalt ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Billigkeitsmaßnahme nach § 227 AO hingewiesen hat. Der hier entscheidende Senat will den Klägern die Möglichkeit der Fortbildung des Rechts in Erlassverfahren offenhalten (§ 115 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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